20.000 DAYS ON EARTH

Wenn du nicht willst, dass andere etwas über dich schreiben oder filmen, was dir möglicherweise nicht gefällt: mach es selbst oder übe Kontrolle aus. Siehe DIE TOTEN HOSEN und Philipp Oehmkes Buch über sie.

Siehe „20.000 Days On Earth“. Zusammen mit Iain Forsyth und Jane Pollard hat Nick Cave (die ersteren beiden führten Regie, alle drei schrieben das Drehbuch) dieses Doku-Drama produziert, das einen (fiktiven) Tag im 54.

Lebensjahr von Cave porträtiert – 20.000 Tage nach dessen Geburt. Man sieht Cave bei Proben in seinem Haus nahe Brighton in Südengland, man sieht ihn beim Psychiater, man fährt mit ihm in seinem nicht wirklich schicken Neunziger-Jahre-Jaguar herum, man begleitet ihn zu einem Auftritt – ist nah dran am Meister mit den keinesfalls gefärbten pechschwarzen Haaren und unglaublich langen, coolen Schuhen, im immer gleichen schwarzen Anzug.

So nah dran, wie Cave es zugelassen hat. Und man hört und sieht, was Cave uns hören und sehen lassen wollte. „20.000 Days On Earth“ ist – so schön und eindrucksvoll die Bilder und die Musik von Cave und Warren Ellis auch sind – so „echt“ wie die Scripted-Reality-Sendungen auf RTL, SAT1 & Co.

Ist man bereit, die Welt ganz bewusst durch die Brille des hageren Australiers (und der beiden Filmemacher) zu sehen, gewinnt der Film freilich: So, wie er hier dargestellt wird (und vielleicht mit einem kleinen spöttisch-ironischen Unterton), will Cave wahrgenommen werden, „Cave’s World“ gewissermaßen, und das wiederum lässt Rückschlüsse zu, aber eben nur über diesen Umweg.

Nein, dies ist kein erhellender, ausgewogener, gar kritischer Dokumentarfilm, aber ein unterhaltsamer. Und immerhin habe ich erfahren, dass Cave eigentlich nicht religiös ist, sondern ihm Religion nur zur Inszenierung dient.