LITTLE TULIP

Francois Bouco, Jerome Charyn

Jerome Charyn liebt seine Heimatstadt New York. Viele seiner Romane spielen in und um den Big Apple. Auch „Little Tulip“ beginnt hier, in den düsteren Ecken der Bronx im Jahr 1970. Doch die Handlung in New York bildet nur den Rahmen für eine verstörende Geschichte, die in Washington Heights, Manhattan beginnt, dann nach Moskau und schließlich über Jahre im Gulag wieder zurück nach New York führt.

Das Leben hat es dem hochbegabten Zeichner Paul, der als kleiner Junge im Gulag wegen seines ersten eigenen Tattoos den Spitznamen Kleine Tulpe erhält, nie leicht gemacht. Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Gewalt sind über Jahrzehnte hinweg die zentralen Themen seines Daseins.

Innerlich abgestumpft bietet ihm allein das Zeichnen eine Ausflucht aus der rauen Realität des Alltags. Die Tatsache, dass das Zeichnen von so zentraler Bedeutung für den Protagonisten ist, macht eine Umsetzung in Bilder zu einer entsprechend schweren Aufgabe.

Die hat Boucq bravourös gemeistert und die Handlung mit einem so schonungslos realistischen Strich in Szene gesetzt, dass es manchmal schon fast weh tut, dem scheinbar aussichtslosen Kampf des Protagonisten zu folgen.

Hier sitzt wirklich jede Kleinigkeit, Hässlichkeit, Schmerz und Brutalität werden in jedem einzelnen Panel greifbar. In der bis ins letzte Detail präzise ausgearbeiteten Koloration schimmert immer ein wenig grau hindurch, so nimmt der düstere Inhalt auch optisch Gestalt an.

Am Ende verschwimmen Realität und Traum so weit, dass es dem Leser überlassen bleibt, was nun tatsächlich passiert und was nicht. „Little Tulip“ ist nicht die erste Zusammenarbeit der beiden („Die Frau des Magiers“) und sicherlich auch nicht die letzte: Die deutsche Wiederauflage von „Teufelsmaul“ ist schon in Vorbereitung.