V.A.

Aus grauer Städte Mauern – Die Neue Deutsche Welle 1977-85 – Teil 4

Das Grauen mit der Musik aus den grauen Städten geht in Runde 4, und was ich den ersten drei Teilen vorwarf, ist auch hier zu bemängeln: das scheinbar wahllose, planlose Vermischen wirklich exzellenter, fast zeitloser und visionärer Musik mit solcher, die die Halbwertszeit und den Geruch eines reifen Camemberts auf einem heißen Parkplatz in der Mittagssonne hat.

„Kebab Träume“ von DEUTSCH AMERIKANISCHE FREUNDSCHAFT und „Beat of 2“ von PALAIS SCHAUMBURG dürfen hier also nicht hintereinander laufen, nein, der diktatorische, sadistische Kompilierer muss das unfassbar unerträgliche „Besuchen Sie Europa“ von GEIER STURZFLUG dazwischenschneiden.

Ja, GEIER STURZFLUG waren nur vordergründig eine Klamauktruppe, sie hatten durchaus politische Aussagen, aber anhören kann und will man sich das 2016 nicht mehr. Und wenn es nur GEIER STURZFLUG wären ...

IXIX und „Der Knutschfleck“ nerven, Markus („Kleine Taschenlampe brenn’“), PURPLE SCHULZ & NEUE HEIMAT („Sehnsucht“), STEINWOLKE („Katharina“), MÜNCHENER FREIHEIT, SPIDER MURPHY GANG, ERSTE ALLGEMEINE VERUNSICHERUNG, COSA ROSA, Frl.

Menke („Tretboot in Seenot“) – all dieser Mainstream-Mist, der von der Musikindustrie einer längst in Auflösung begriffenen (so sie jemals existiert hat) Szene untergeschoben wurde und nie mehr war als Musik für die Saufpartys von Schützenfest- und Karnevalsspießern.

Hätte man konsequent zwei getrennte CDs gemacht bei dieser Serie, es wäre ein Segen gewesen, aber aus sadistischen, kaum nachvollziehbaren Gründen kam es anders und so muss man sich jetzt mittels Skip-Taste vorankämpfen.

NICHTS („Tango 2000“), MALE („Clever & Smart“), GRAUZONE („Eisbär“), DIE UNBEKANNTEN („Radio war“), IDEAL („Eiszeit“), FEHLFARBEN („Dollars und Deutschmarks“), DEUTSCH AMERIKANISCHE FREUNDSCHAFT („Der Mussolini“), KASTRIERTE PHILOSOPHEN („Endzeitliebe“), FRONT („Alternativ“), BÄRCHEN UND DIE MILCHBUBIS („Jung kaputt spart Altersheim“), THE WIRTSCHAFTSWUNDER („Television“) und MITTAGSPAUSE („Militürk“) entschädigen dann für den Mist.

Kundig und eher sachlich-neutral ist das dicke Booklet. Wer zu jung ist, um diese Musik in den Achtzigern erlebt zu haben, findet in der Serie einen kompletten Überblick – die guten Platten nachzukaufen ist teuer, den Schrott gibt es auf jedem Flohmarkt.