DIE WÄCHTER DES LOUVRE

Jiro Taniguchi

In Japan liest man üblicherweise von rechts oben nach links unten. Heißt für Europäer: Ein Buch von hinten anfangen. Diese Leserichtung wurde bei „Die Wächter des Louvre“ auch in der deutschen Übersetzung beibehalten.

Was zunächst recht gewöhnungsbedürftig ist, erweist sich recht bald als eine der Stärken des Buches. Dass Japaner auch sonst ein wenig anders ticken, weiß jeder westliche Musiker, der schon mal durch das Land des Lächelns getourt ist: Westliche Kunst wird dort häufig mit an Hysterie grenzendem Enthusiasmus abgefeiert.

Diese oft unhinterfragten Schwärmereien ziehen sich im Falle dieser Graphic Novel nicht nur durch die per se immer ein wenig kindlich bis kitschig anmutenden Manga-Zeichnungen, auch auf inhaltlicher Ebene werden westliche Werte, in diesem Fall die (Geschichte der) Kunst, deren Erschaffer und Kuratoren, bis zum Abwinken glorifiziert.

Schade, denn eigentlich hat Japan, wie nicht nur Tattoo-Liebhaber wissen, reiche eigenständige Kunsttraditionen, die auch europäische Künstler des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts beeinflusst haben.

Die Thematisierung dieses eigentlich nicht nur einseitigen Austauschs hätte diesem Buch etwas mehr Würze geben können, findet aber lediglich in Ilan Nguyens sehr lesenswerten und informativen Anmerkungen am Ende des Buches Erwähnung.

Taniguchi selbst lässt seinen Protagonisten zwar in Tagträumereien neben van Gogh auch japanischen Künstlern begegnen, allerdings nur, wenn diese sich der europäischen Kunstlehre unterordnen.

Fazit: Ein japanisches Buch, das versucht, europäische Kunst zu durchdringen, dabei aber immer ein wenig zu sehr an der Oberfläche kratzt, deren dunkle Seite nahezu komplett ausblendet und dabei die eigene Identität vergisst.