BACKWOOD CREATURES

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Yesterday Emsland – tomorrow the world!!!

Ich hoffe, die BACKWOOD CREATURES sind den meisten von euch nicht erst seit ihrem Auftritt in Stefan Raabs Show „TV Total“ ein Begriff. Dass sie keine Fernsehcastings-Eintagsfliege sind, beweist allein schon die Tatsache, dass es die Band mittlerweile schon seit September 1996 gibt. Seitdem haben sie mehrere Singles, ein Album auf Screaming Apple, und Ende 2002 ihre neueste Scheibe „Living Legends“ auf Stardumb Records aus Rotterdam veröffentlicht. Um die BC zu sehen muss man auch nicht unbedingt den Fernseher einschalten, denn mittlerweile dürften sie in den meisten Winkeln dieser Republik ihren famosen Poppunk’n’roll-Sound schon live präsentiert haben.

Das folgende Interview wurde am Dienstag, den 17.06.03, nach dem Auftritt der BC im Münsteraner Gleis 22 geführt. Es gab einiges zu erzählen und neben meiner Wenigkeit nahmen Nilz Nonchalant (Gitarre), Heini Heartbreaker (Gesang), Leif Let’s Go (Bass) und Tommy Toilet (Gitarre) daran teil. Schlagzeuger Tough Timo war aufgrund akuter Diarrhoe leider verhindert.

Bisher wurdet ihr im Ox ja noch nie mit einem Interview bedacht. Nur im Ox #33 wurdet ihr mal im Rahmen des „Emsland Hypes“ erwähnt. Was steckte dahinter?

Nilz:
Das war eine Geschichte von Stefan Moutty, das ganze Ding hat er sich so ein bisschen selbst zusammen gesponnen. Der ist immer gerne auf diesem Dörflichen rumgeritten ...
Leif: Aber das war nie ein wirklicher Hype, und das ging auch nicht von uns aus!
Nilz: Obwohl man im Emsland mittlerweile die BATTLEDYKES, die SHELLS und andere Bands hat. Da sind echt gute Sachen dabei.

Früher habt ihr alle in Meppen gewohnt, mittlerweile sind alle Bandmitglieder nach Köln gezogen. Warum?

Nilz:
Ich bin als Erster aus Jobgründen nach Köln gezogen.
Heini: Und dann hat die Restband letztendlich auch die Ärsche nach Köln bewegt, weil es sonst einfach nicht mehr weitergegangen wäre.
Tommy: Wir wollten keine Bauern mehr sein, die Punkrock spielen!

Und dann immer noch der Bandname?

Leif:
Ja! Wir sind vom Lande und das bleiben wir auch in Köln. Und insofern sind wir halt BACKWOOD CREATURES.

Euer erstes Album kam 2000 auf Screaming Apple raus, das zweite letztes Jahr auf Stardumb Records aus Rotterdam. Gab es bestimmte Gründe für den Labelwechsel?

Nilz:
Wir haben gesehen, dass Stardumb sehr frisch und professionell an die Sache ranging. Die Ziele von Stardumb sind auch ganz klar anders definiert als die Ziele, die Ritchie mit Screaming Apple hat. Was für uns wichtig war, ist die Idee von Stardumb, so eine Art Familie zu gründen und ein europäisches Label zu sein. Die wollen Bands an sich binden und gucken auch, dass die Bands miteinander spielen und sich gegenseitig helfen. Und diese Familienidee funktioniert auch. Demnächst werden zum Beispiel zwei Songs von uns in einem X-Box Eishockey-Game von Microsoft als Hintergrundmusik veröffentlicht. Es ist echt genial, dass solche Sachen von Stefan Stardumb auf die Beine gestellt werden. Der Labelwechsel lief letztendlich so ab, dass wir uns überhaupt nicht im Streit getrennt haben. Wir haben da lange drüber geredet, auch mit Ritchie, und er fand es okay, weil er halt weiß, dass er selbst anders arbeitet. Wir sind immer noch gut befreundet und jetzt mit den MALLRATS aus Kalifornien auf Tour, die ja auch auf Screaming Apple sind.

Stardumb trägt ja so etwas den Poppunk-Stempel. Würdet ihr euch selbst in dieser musikalischen Ecke sehen?

Heini:
Als Poppunk-Band? Nee ...
Nilz: Wir sind nie, wie viele Bands in diesem Genre, von Anfang an hingegangen und haben gesagt: ‚Wir sind jetzt eine Poppunk Band!‘ Die erste Platte war Stoff von drei Jahren, der nach und nach zusammengekommen ist. Ich hab die Platte mehr oder weniger alleine geschrieben und in der Zeit hab ich halt sehr viel QUEERS gehört. Nachher war es so, dass wir alle sehr überrascht waren, dass wir so derbe in diese Poppunk-Ecke gerutscht sind. Ich würde sagen, dass wir natürlich noch jede Menge Poppunk-Elemente im Sound haben. Bei der zweiten Scheibe war’s aber so, dass wir ein bisschen genervt waren davon, in diese Ecke gerutscht waren, und aufgepasst haben, dass wir nicht mehr so extrem RAMONES-lastige Songs haben.
Heini: Es ist ja nicht so, dass das zweite Album total außergewöhnlich ist und irgendwas, was man überhaupt nicht von uns erwartet hätte. Vielleicht nicht mehr so poppig, ein bisschen mehr R’n’R, aber trotzdem immer noch ganz klar die BC.
Nilz: Wenn ich uns einordnen müsste, würde ich uns eine melodische R’n’R Band nennen. Grundsätzlich ist es so, dass auch Stardumb das einfach nur so passiert ist. Die haben irgendwann mal extrem viele Poppunk-Bands gehabt und sind dadurch ein Poppunk-Label geworden, was die so eigentlich auch nie wollten. Es gibt ja auch andere Bands auf dem Label, wie WISEGUY oder NERDS. Und ich denke, es werden noch einige Bands kommen die ein bisschen was anderes machen.

Von Mitte April bis Anfang Juni 2003 lief ja der Bandcontest „BC vs. CELLOPHANE SUCKERS“ bei Stefan Raabs TV Total auf Pro7 ...

Nilz:
Ja, Hauke von den SUCKERS und ich arbeiten schon seit Jahren bei Brainpool, der TV Total Produktionsfirma. Irgendwann kam es dann, dass wir mit unseren beiden Bands in die Show kommen sollten. Frei nach dem erfundenen Motto: Wir beide hätten am Schreibtisch immer Streit, welche die bessere Band ist, und wir wollten mal gucken, was die Nation darüber denkt. Wir haben gesagt: ‚Watt soll‘s, wir machen das jetzt einfach ...’ Das war für uns jetzt nicht so, dass da ein Traum in Erfüllung ging. Es war uns natürlich vorher auch klar, dass das viele alberne Elemente hat ...

Hattet ihr dabei nicht Angst, ausschließlich veralbert zu werden und nur der neue Gag von Stefan Raab zu sein?

Nilz:
Uns war schon bewusst, dass wir auf einer gewissen Basis verarscht werden. Allerdings arbeiten Hauke und ich da, so dass die uns als eigene Mitarbeiter ja auch nicht komplett zu Vollidioten machen konnten. Im Endeffekt war das Ganze wahrscheinlich als bloßer Sommerlochfüller gedacht. Wir haben dann einfach drauflos gemacht, weil wir auch nicht wussten, was uns erwartet. Mir ist da im Nachhinein nichts auch nur ansatzweise peinlich.

Also habt ihr das Ganze als Chance für euch gesehen?

Leif:
Es ist ja so, dass man es als Band gerne hat, wenn mal ein paar mehr Leute zu den Konzerten kommen, oder wenn mal eine Platte mehr verkauft wird. Diese Chance ist dadurch gekommen, dass man bei einer Sendung gezeigt wurde, die vielleicht eine Million oder mehr Zuschauer hat. Vielleicht sind da ja welche dabei, und wenn es nur fünf Leute sind, die die Musik gut fanden ... Wie Nilz schon sagte: Es ist uns nichts peinlich und hat sich vielleicht ja auch ein bisschen gelohnt.

Wie liefen denn die Beiträge für die Sendung ab? Und wie war es in der Sendung mit Stefan Raab zu reden?

Nilz:
Wir sollten ganz normal sein. Wir hätten alles machen können, aber wir haben auch teilweise erst zehn Sekunden, bevor die Kamera angestellt wurde, erfahren, dass etwas gedreht wird. Weil die natürlich wussten, dass uns irgendwelche Sachen vielleicht zu peinlich sind. Das war es vielleicht am Anfang auch, aber während man das dann gemacht hat, hat man gemerkt, dass das auch irgendwie abgefuckt lustig ist. Und wenn man das nachher geschnitten gesehen hat, habe ich mich auch selber darüber kaputt gelacht. Das Team hatte halt Angst, dass wir anfangen zu spielen und das wäre ja auch albern geworden. Na ja, und in der Show ... Du kommst ins Fernsehen und bist erst mal nervös. Wir haben da ja auch jedes Mal nur so höchstens drei Minuten Talk gemacht. Da hat der Raab meist geredet, da kommt man dann eh kaum dazwischen. Man hätte natürlich auch das Gespräch an sich reißen können, aber solche Typen sind Hauke und ich auch nicht.

Im Gästebuch eurer Homepage gab es natürlich auch Kritik an der TV Total-Sache. Dass so was ja nichts mehr mit Punkrock zu tun hat und so weiter. Wie steht ihr dazu?

Nilz:
Ich werde da nicht ansatzweise einen Gedanken dran verschwenden, ob irgendwelche Volltrottel uns anonym ins Gästebuch schreiben, um uns zu erzählen ob wir Punkrock sind oder nicht. Auch wenn einen teilweise Leute persönlich darauf ansprechen. Die reden mit einem und hauen dir dann im dritten Satz irgendwelche Kritik an den Kopf. Wir brauchen die Leute nicht, die uns erzählen wollen, was Punkrock ist und was nicht. Das machen wir selber auch nicht und ich weiß auch nicht, ob wir Punkrock sind oder nicht ...

Im Ox #51 kritisiert Jan Röhlk in seiner Kolumne explizit Solinger, Kölner und Bands aus dem Emsland, weil sie keine Aussagen haben außer Style und Posen. Das Verfolgen des „R’n’R Trends“ sei von diesen Bands eh nur geplant, um abzukassieren. Der Artikel ist sehr lang und ich kann euch hier leider nur mit einigen Auszügen konfrontieren, aber was sagt ihr dazu?

Nilz:
Ich denke, dass Punkrock immer so war, dass jeder das machen soll, was er für richtig hält. Dass es um Energie geht, um Spaß und gute Musik. Wir haben alle korrekte politische Meinungen, aber für mich muss die Musik das nicht transportieren. Wenn das jemand macht und er macht es gut, wie z.B. Ben Weasel oder eine Band wie NOFX, die jetzt ein extrem politisches Album gemacht haben, find ich das cool! Weil es mit Witz und mit Humor gemacht ist. Nur find ich’s auch okay, wenn man über Chicks in 20.000 Songs singt. Was ich nicht verstehe ist, dass man denken könnte, dass wir, wie in der Kolumne erwähnt, geplant wären. Wir sind wirklich keine Band, die mal irgendwas geplant hat. Wir haben 1996 einfach angefangen, Musik zu machen und ich habe mir nicht irgendwann überlegt: ‚Ich mach jetzt eine Band, ich zieh nur noch diese Klamotten an und ich sing über genau das.‘ Meine Texte werden in Zukunft auch nie politisch sein. Die werden sich nach meinen Ausdrucksmöglichkeiten zwischen den Zeilen vielleicht mal sozial beschäftigen, aber das ist auch alles, was ich mir vorstellen könnte. Ich find es lustig, dass sich einige Leute immer noch zu diesem Thema äußern. Das ist doch eine uralte Geschichte, und seit ich Fanzines lese, gibt es das immer wieder. Ist ja auch schön, wenn die Leute Spaß dran haben, sich da immer wieder drüber auszulassen. Nur mir geht’s mittlerweile echt am Arsch vorbei. Wir werden uns nicht hinsetzen und irgendwelchen Leuten predigen, was sie zu tun haben!

Die SUCKERS haben letztendlich bei TV TOTAL den Auftritt beim Hurricane-Festival gewonnen. Seid ihr todtraurig deswegen oder war euch das egal?

Heini:
Gegen andere Bands hätte uns das vielleicht was ausgemacht, aber gegen die SUCKERS nicht.
Leif: Es wäre vielleicht mal eine Erfahrung gewesen, so ein großes Festival zu spielen und mit dem Jägermeister-Nightliner und 20 Litern Jägermeister zwei Tage Party zu machen. Aber ansonsten: Die SUCKERS sind Freunde von uns und es war klar, dass da diese Konkurrenz nicht besteht.
Heini: Außerdem hätten wir gute Auftritte in Italien absagen müssen, um dort zu spielen.