HAVANA RAGDOLLS / HIDDEN CHARMS

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Frisches Blut in der Garage

Für all diejenigen, die beim Wort Garage nicht ans Auto, sondern an Gitarre, Bass und Schlagzeug denken, habe ich was mitgebracht. Tolle Talente nämlich, die mir in den letzten Monaten so mir nichts dir nichts vor die Flinte gelaufen sind und in Zukunft das Buchen sündhaft teurer anglo-amerikanischer Rock’n’Roll-Truppen wieder ein bisschen unnötiger machen. Gleich zweimal musste ich mir in der jüngeren Vergangenheit vor die feuchte Stirn patschen, ob des furiosen Rocken und Rollens, das sich da auf der Bühne vor mir gänzlich unerwartet ein begeisterndes Stelldichein gab.
Um es kurz zu machen: Zwei junge Hammerbands sind unterwegs und verdienen euer Ohr: THE HAVANA RAGDOLLS aus Köln spielen einen famosen rockenden wie groovenden PAGANS/LAZY COWGIRLS-artigen Punkrock, den ich so kompetent bisher nur von auswärtigen Bands gehört habe. Und bei den HIDDEN CHARMS handelt es sich um die Nachfolgeband von Holger Daniels schon großartigen SHAKEDOWNS, die genau da weiter machen, wo jene aufgehört haben, nur noch ein bisschen grandioser. 1A Childish-inspirierten Garagepunk mit schnodderiger Attitüde gibt’s bei den CHARMS (siehe hierzu das Demo-Review). Lest nun exklusiv im Ox ein Doppelinterview mit den beiden heißesten jungen Bands der Szene!


Gebt doch mal einen kurzen Abriss eurer Bandgeschichte!

H.R.:
Die HAVANA RAGDOLLS in der aktuellen Besetzung gibt es seit August letzten Jahres, allerdings arbeite ich an den Songs schon seit zwei Jahren. Ich habe zu der Zeit noch in anderen Bands gespielt, wollte jedoch immer mein eigenes Ding machen, also fing ich an, neue Songs zu schreiben und probierte das ganze mit diverse Musikern aus Köln aus, bis es zu der jetzigen Besetzung kam: Martin, Gitarre, Flo Bass und Panu am Schlagzeug. Die Vision von einem Rock’n’Roll-Ding hatten ich, Stathi, und Martin schon seit ungefähr acht Jahren, jedoch scheiterte es immer wieder an Differenzen mit den anderen Musikern, was uns aber nie zur Aufgabe zwang. Panu spielt mittlerweile zwei Jahre in der Band und ist mit Flo für die Energie und den treibenden Rhythmus verantwortlich. Sie sind auf jeden Fall sehr wichtig für den Sound und Groove der RAGDOLLS und passen perfekt zu der Art Musik, die wir spielen. Martin, der einige Monate nicht bei uns sein konnte, ist jetzt wieder in der Band – das Ganze ist noch druckvoller geworden, vor allem live. Mittlerweile hatten wir einige Auftritte mit den GORE GORE GIRLS, THE HARD FEELINGS, THE ODDBALLS BAND, THE CRIMES oder SPEEDBALLBABY. Seit August 2002 existieren zwei Demos: ‚The Boogie Attack‘ mit vier Songs und ‚Overloaded‘ mit sechs Songs.
H.C.: Als Holger letztes Jahr die SHAKEDOWNS drangegeben hat, wollte er eigentlich gar keine Musik mehr machen, zumindest hat er das andauernd gesagt. Nach einiger Zeit hat er sich aber doch breitschlagen lassen. Allerdings mussten wir ihm immer versichern, dass es auch wirklich nur aus Spaß sei und nichts ernsthaftes. Einen Tag, nachdem wir zum ersten Mal in dieser Besetzung gespielt haben, hat aber ausgerechnet Holger einen Gig zugesagt, bei euch in Oberhausen, beim ‚Crypt-Style Hop‘ im Druckluft. Einen Tag später mussten wir mit einem Namen rüberkommen und dann waren wir eine Band. Das war ungefähr vor einem halben Jahr. Nach etwa zweieinhalb Monaten Bandbestehen haben wir uns dann einen Tag im Proberaum eingeschlossen und die Demo-CD aufgenommen. Kosten: Bier, hartgekochte Eier, Mayo und eine Leerkassette. Eigentlich kann man diese jungen Bands mit ihren Spitzeninstrumenten auf der Suche nach teuren Studios nur bemitleiden ...

Wie ist das so, eine Punkrock-Band sein?

H.R.:
Armut, Drogen, arbeitslos, nie die Klamotten wechseln und sich selten waschen. Tja, sind wir eine Punkrockband? Denke schon, wobei wir einfach nur Rock’n’Roll-Songs spielen. Es macht auf jeden Fall eine Menge Spaß, weil man einige Dinge nicht ganz so ernst zu nehmen hat, aber ansonsten, denke ich, geht es da jedem Musiker gleich. Alle spielen Rock oder Pop, einige nutzen es als Schwanzverlängerung, andere wollen nur ihre Instrumente spielen und sich in dem, was man so macht, selbst verwirklichen. Frag doch mal die DONOTS oder STROKES, haha.

Wo tritt man denn auf mit einer Band, wie ihr sie seid? Und macht das Spaß?

H.R.:
Im Frauenknast, auf Bahnhöfen, AZ, Kneipen, dem Hurricane Festival, ach nee, das waren die SUCKERS. Wir machen das doch nicht aus Spaß, wir können halt nichts anderes.

Viel Geld kriegt man sicher nicht für so einen Auftritt, was?
H.R.:
Kommt immer darauf an, wie viel Leute zum Gig kommen und was die Hauptband verlangt. Manchmal bekommen wir gar nichts, bis auf ein Essen und begrenzt Freibier oder Benzinkohle. Ist aber im Moment auch egal, da wir sehr viel Spaß bei den Gigs haben.

Was war denn euer tollster Auftritt?

H.R.:
Ich denke, der erste Auftritt im Sonic Ballroom in Köln mit den GORE GORE GIRLS war genial – der Laden war voll und der Mob tobte. Alle unsere Freunde und Kumpels aus anderen Band waren da an dem Abend. Aber eigentlich war jeder Gig für sich gut.
H.C.: Das fragst du vielleicht besser eine Band mit mehr als fünf gespielten Gigs. Bis jetzt hat zumindest noch keiner von uns eine zirkusreife Kotzaktion hingelegt oder sich von aufgebrachten Antifa-Mädchen verprügeln lassen. Aber wir sind ja noch jung.

Habt ihr Träume bzw. große Ziele?

H.R.:
Unsere Sachen veröffentlichen, nicht soviel draufzahlen müssen, rumtouren, ein Bandbus. Jeder, der es mag, sollte Freude haben können an unseren Songs. Und hoffentlich können wir die Sache noch lange Zeit weitermachen.
H.C.: Manchmal träume ich nachts davon, die Welt wäre ein friedlicher Ort voller schöner, intelligenter Leute, die sich und vor allem mich lieben.

Habt ihr musikalische Vor- bzw. Feindbilder?

H.R.:
Das ist bei uns ganz verschieden und doch dasselbe. Wir lieben Oldschool-Punkrock aus den 70ern, Rhythm & Blues aus den 60ern und 50er-Garagerock, diverse Country- und Folk-Geschichten und natürlich die STONES, AC/DC und Glamrock sowieso. Also keine Idole, aber eine Menge Einflüsse. Feindbilder? Eigentlich soll jeder spielen, was er will und wie er es will. Aber sich selbst und andere musikalisch verarschen, ist nicht sehr ehrlich. Es gibt viele Bands, die ich einfach langweilig und nicht authentisch finde, trotzdem Friede für alle... Geschmacksache?“
H.C.: Vorbilder sind doch was für Schülerbands, wir halten uns lieber an Feindbilder. Skandinavische Mofaclubs zum Beispiel.

Was würdet ihr machen, wenn ihr 50 Euro finden würdet?

H.R.:
Paaaaaaaarty! Dem Herrn danken, sofort in die Spielhalle oder in den Pu...

Wie findet ihr denn das Ox so?

H.R.:
Wahrscheinlich eines der wenigen interessanten Magazine was die Vielfalt und Möglichkeiten für Underground-Bands betrifft. Schleim!

Von welchem Heft würdet ihr lieber interviewt werden?

H.R.:
Gene’s Tongue Magazine.

Was muss man machen, wenn man euch buchen will?

H.R.:
Einfach schreiben an ragdolls@gmx.de.
H.C.: Einfach schreiben an hiddencharms@gmx.de.

Können wir uns auf Platten von euch freuen?

H.R.:
Wir beginnen bald die Aufnahmen für unser erstes Album. Wenn alles gut geht, wird die Veröffentlichung im Oktober 2003 sein.
H.C.: Das wüssten wir auch ganz gerne. Aber es läuft wohl.