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Wer? Wie? Was? – Wieso? Weshalb? Warum?

Ergänzend zum Booking-Special in der letzten Ox-Ausgabe soll nun dieser Beitrag weitere Fragen in Sachen Event-, Konzert- und Tourveranstaltungen abdecken. Getreu dem Motto „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?!“, habe ich in meiner derzeitigen Heimat Münster vier kompetente Leute gefunden, die in Form eines Fragebogens umfassende Erläuterungen zu ihrem Arbeitsbereich festhielten. Frank Dietrich (33), (ehrenamtlicher) Booker im Gleis 22 (der „Spex“-Leserschaft bekannt als „Deutschlands beliebtester Club“!), Florian Böhlendorf (33), Booker bei Moskito Promotion, einer Agentur in Sachen Ska und Reggae, Timo Birth (22), Mitbegründer und Booker der Konzertgruppe und Veranstaltungsagentur Wankers United, mittlerweile eine Institution in Nordrhein-Westfalen in Sachen Hardcore, Oi und Punk, sowie Kristof Beliczey (33), Firmeninhaber des 2. Heimat Tourservice, der die Bands durch Tourbusvermietung und mehr auf die Straße und in deinen Club bringt.

Dies einleitend zu den Personen, die selbst noch ausreichend zu Wort kommen werden. Es gibt noch sehr viele, kleinere Rädchen, ohne die heute eine gelungene Einzelveranstaltung oder eine Tour nicht mehr möglich ist, umso mehr ist es mir ein Anliegen, die Sache mal aus dem Blickwinkel dieser vier Personen zu betrachten, um so vielleicht etwas mehr Licht in das Dunkel des manchmal so ominös erscheinenden Musikgeschäfts zu bringen ...

Bitte erst mal ein kurzes Selbstprofil, deinen persönlichen Background und wie du zu diesem Job gekommen bist.

Frank:
„Im Alter von zwölf Jahren begann mein Musikeinstieg mit Metal, sehr schnell gefolgt von Indie über Punk bis hin zu Ska und Dance. Meine ersten Erfahrungen machte ich 1989 mit einer Konzertgruppe im Bürgerzentrum Kinderhaus in Münster, mit Acts wie SAMIAM, GORILLA BISCUITS oder AFGHAN WHIGS. Unter dem Namen One Voice veranstalteten wir die nachfolgenden zwei Jahre Partys und Konzerte im Triptychon und in der Sputnikhalle in Münster. 1993 begann ich zunächst zusammen mit Almut Spittel das Booking im Gleis 22. Seit 1996 mache ich das alleine.“
Florian: „Beruflich komme ich aus einem ganz anderen Bereich. Ich habe in Hamburg als Erzieher in Kinder- und Jugendheimen gearbeitet, und nebenbei begann ich Konzerte und Partys zu veranstalten. Da ich selbst viel Ska und Reggae gehört habe, organisierte ich zwischen 1991 und 1994 ausschließlich Gigs aus diesem musikalischen Bereich in wechselnden Locations in und um Hamburg. Unter anderem willkommen heißen durfte ich: 100 MEN, BLUE CHATEAU, DR. RING DING & THE SENIOR ALLSTARS, NGOBO NGOBO oder SKA TRE. Über diese Arbeit habe ich Ossi von Moskito Promotion kennen gelernt. Im April 1999 bin ich mit meiner Frau und meinen beiden Kindern nach Münster gezogen, um bei Moskito zu arbeiten.”
Timo: „Aufgrund mangelnder Konzerte von Bands, die ich sehen wollte, fing ich mit 16 Jahren einfach selbst an, Konzerte mit Bands wie PUBLIC TOYS, DIE KASSIERER oder DRITTE WAHL zu organisieren. Das Ganze hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich immer mehr Konzerte und auch völlig andere Künstler machen wollte, so dass auf einmal nicht mehr Wolfgang Wendland, sondern Jochen Distelmeyer auf der Bühne stand. Wo auch immer der Unterschied bei den beiden besteht, es macht einfach sehr viel Spaß, Bands zu buchen, Konzerte zu organisieren, etwas zu bewegen und zu sehen, dass die Leute dabei ausrasten.“
Kristof: „Seit den späten 80ern bin ich mit Bands unterwegs. Über eine Managerin hatte ich einige Jobs als Stagehand und Security vermittelt bekommen. Von da an habe ich für diverse PA-Firmen auf Festival-Großproduktionen wie PINK FLOYD oder Peter Maffays ‚Tabaluga‘ gearbeitet: Boxen stapeln, Kabel legen, Trucks ein- und auspacken. Eines Tages rief mich Oswald Münnig von Moskito Promotion an, der kurzfristig einen Tourbegleiter für Desmond Dekker suchte. Danach habe ich erst als Aushilfe und später fest bei Moskito Promotion gearbeitet. Irgendwann musste ich feststellen, dass ich nichts Vernünftiges gelernt habe und dabei bleiben muss.“

Was genau tust du? Wie muss ich mir deinen Job vorstellen?

Frank:
„Ich sichte Angebote, höre Demos, checke das Publikums- und Medieninteresse, sowie die logistische Planung der Veranstaltung vom Dienstplan über das Catering, bis hin zum Hotelbooking und der Pressearbeit.“
Florian: „Vor allem spannend! Reduziert man es auf das Wesentliche, ist es ein ganz normaler kaufmännischer Beruf – ich ‚verkaufe‘ Musikgruppen und Künstler an interessierte Veranstalter. Ich denke, jeder Booker hat so seine eigene Art, Konzerte und Tourneen zu buchen. Ich unterscheide hier im Speziellen die unterschiedliche Herangehensweise von Einzel- oder Wochenendshows und Tourneen. Bei erstgenannten muss man nicht so sehr auf das Gesamtrouting achten, auch die Gesamtkalkulation ist bei Einzelshows übersichtlicher. Im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten, Shows zu buchen. Einfach ist es, wenn sich ein Interessent bei dir meldet und möchte eine Band buchen, was in der Regel recht einfach abzuwickeln ist. Schwieriger hingegen wird es, Veranstalter zu akquirieren. Viele Überlegungen führen zum Ziel: In welcher Region soll der Club strategisch oder zum Routing passend liegen? Welcher Club hat schon mal Interesse bekundet? Welchen Club kann man neu akquirieren? Wo gibt es gute Gagen? Wo hat die Band schon mal gespielt? Wo ist die Band gut angekommen? Wo möchte man selbst mal wieder spielen bzw. die Band spielen lassen? Und vieles mehr muss dabei berücksichtigt werden. Nachdem nun eine Show verkauft, sprich eine Gagenvereinbarung oder ein Deal mit einem Veranstalter getroffen ist, muss der Vertrag geschrieben werden. Neben dem benötigt der Veranstalter noch weiteres Material wie einen Cateringrider, einen technischen Rider, sowie Pressematerial in Form von CDs, Fotos, Bios, Plakaten und Flyern. Nachdem der unterschriebene Vertrag zurückgekommen ist, wird anhand dieser Angaben ein so genanntes ‚Itinery‘, ein IT, angelegt, das alle relevanten Infos zur Show wie Club, Hotel, Deal, Vertragspartner, Zeitplan, etc. beinhaltet. Diese ITs werden vor einem Gig oder einer Tour mit Wegbeschreibungen in einem Tourbuch zusammengefasst, und der Band zugeschickt.“
Timo: „Ich plane und organisiere Konzerte und Festivals, buche Bands, Locations, Hotels, Personal und die Veranstaltungstechnik und betreue das alles.“
Kristof: „2. Heimat Tourservice vermietet für die Durchführung einer Tournee Busse – ausgebaute Neunsitzer –, Backline, Personal und Tourbegleitung. Normalerweise verbringe ich täglich einige Stunden im Büro. Da ich außer Busübergaben keinen Kundenverkehr habe, sind die Zeiten flexibel. Ich beantworte Anfragen und Mails, erstelle Angebote, kümmere mich um die Backline und die Buchhaltung, und trinke Kaffee mit den Nachbarn. Steht eine Tour an, müssen technische Fragen beantwortet und Wegbeschreibungen organisiert werden. Wenn ich selbst unterwegs bin, werden die Bus- und Backlinevermietungen von geschultem Fachpersonal übernommen. Die Nachbereitung einer Tour beinhaltet eine Aufstellung aller Vorverkaufs- und Abendkassen-Zahlen mit anschließender Abrechnung.“

Mit welchen Bands und Musikern arbeitest du, und welche Voraussetzungen gewährleisten eine professionelle Zusammenarbeit?

Frank:
„Das Programm benötigt Profil, und das sieht bei uns wie folgt aus: Indie, Garagenpunk, Ska, Emo, Funk. Keine gecoachten Bands oder Industrieprodukte. Kein Metal, kein Goth! Die Band muss schlichtweg unserem Geschmack entsprechen, aber auch über eine gewisse Medienpräsenz verfügen. Konzerte sind teuer! Beschreiben wir es mal aus Sicht der Künstler am Zitatbeispiel NOTWIST: ‚Bei euch wird man nicht reich, aber die Atmosphäre ist super, top Catering, nette Leute, tolle Stimmung beim Konzert!‘ Dazu trägt eine professionelle und leidenschaftliche Einstellung der Mitarbeiter mit bei.“
Florian: „Da ich für Moskito Promotion arbeite, schränkt sich das Genre ein, da wir fast ausschließlich die Ska-, Reggae- und Dancehallszene mit Künstlern wie LAUREL AITKEN, DR. RING-DING, DR. WOGGLE & THE RADIO, HOTKNIVES, STINGERS ATX, INCITERS, um nur einige wenige zu nennen, bedienen. Ausnahmen bestätigen die Regel. In erster Linie bekomme ich den Auftrag von meinem Chef, für die Band XY Shows zu buchen. Um professionell arbeiten zu können, benötige ich einen Ansprechpartner der Band, der entscheidungsfreudig ist und das Vertrauen der ganzen Gruppe hat, über einen Internetanschluss verfügt und regelmäßig seine E-Mails checkt. Sehr oft müssen sehr schnell Entscheidungen getroffen werden. Natürlich ist es einfacher, wenn mir die Band auch persönlich gefällt, da ich diese so besser präsentieren und an den Mann bringen kann.“
Timo: „Vorwiegend arbeite ich mit Bands aus den Bereichen Punk, Hardcore, Ska oder Metal. Hier einige Beispiele: NAPALM DEATH, EXPLOITED, SNAPCASE, NO USE FOR A NAME, HOT WATER MUSIC aber auch METEORS, IN EXTREMO, BLUMFELD, KETTCAR oder LAUREL AITKEN.“
Kristof: „Meine Kunden sind meistens Agenturen, die Tourneen für ihre Bands buchen. Natürlich bin ich gerne mit Bands unterwegs, deren Musik ich auch privat höre, ausschlaggebend ist aber eine gute und professionelle Zusammenarbeit mit Band und Crew. Professionelles Arbeiten heißt in meinem Fall, für den reibungslosen Ablauf einer Tournee zu sorgen, und die finanzielle Abwicklung im Auftrag der Agentur zu übernehmen. Je mehr Erfahrung Künstler und Crew im Touralltag mitbringen, desto einfacher gestaltet sich meistens die Zusammenarbeit. Gleiches gilt für die Veranstalter vor Ort, mit denen man zu tun hat. Ausnahmen bestätigen die Regel!“

Was für eine Rolle spielt in deiner Arbeit der politische Background deiner Künstler/Kunden und ihrer Fanbase?

Frank:
„Vor zehn Jahren war ein politischer Background schon relevant. Im Rahmen der aktuellen Politikverdrossenheit ist diese Relevanz nicht verschwunden, aber in den Hintergrund getreten! Sicher ist, dass unsere Künstler/Publikum nicht zur reinen ‚Spaßgesellschaft‘ gehören. Natürlich machen wir auch nichts mit Bands aus dem rechten Spektrum.“
Florian: „Da die Szene, die wir mit unseren Shows bedienen, zu einem großen Teil aus Skinheads und Punks besteht, können und wollen wir den politischen Background, sowohl der Bands/Künstler, als auch der Promoter/Veranstalter nicht in den Hintergrund stellen. Es sollte doch jedem klar sein, dass die Wurzeln der Ska-Musik in Jamaika liegen, und ich kann mir keinen Nazi vorstellen, der Musik von Schwarzen aus Jamaika liebt.“
Timo: „Bestimmte Bands bedienen ein entsprechendes Szene-Publikum. Klar, dass man sich im Vorfeld darauf einstellt. Ein Abend mit Emo-Bands verläuft sicherlich anders als ein Oi-Konzert. Unser Spektrum ist da relativ weit, natürlich stoßen wir immer wieder auf unterschiedliche Situationen. Es kommt halt darauf an ...“
Kristof: „Alles mit radikalen, menschenverachtenden Tendenzen scheidet aus. Fanatisch dürfen höchstens Fußballfans sein. Ansonsten ist für die Zusammenarbeit für mich eher zweitrangig, ob jemand politisch weiter links oder mittig steht, ob er Tiere isst, und ob er sonntags in die Kirche geht. Generell finde ich politisches Engagement von Künstlern begrüßenswert, allerdings müssen diese sich auch ihrer Verantwortung bewusst sein und ihren Verstand benutzen. Anderenfalls gilt: Schnauze halten und Gitarre spielen.“

Thema Finanzen: Wie läuft das bei dir so?

Frank:
„Addiere ich die Kosten für Personal – Theke, Aufbau, Kasse, Technik, Catering, PA, GEMA, Hotel und Porto, kommen schon mal locker 600 Euro zusammen, ohne dass die Band einen Cent davon gesehen hat. Eintrittspreise von acht bis zehn Euro sind knallhart und superfair kalkuliert. Im Gleis 22 wird gegen Aufwandsentschädigung gearbeitet. Hier zählt noch der Spirit. Für weniger als fünf Euro in der Stunde würde sich das sonst wohl kaum einer antun. Ich arbeite selbst auch nur ehrenamtlich, kann das Ganze aber gut mit meinem Hauptjob – Kulturmanagement/Sozialarbeiter – bei der Stadt Münster verbinden.“
Florian: „Da ich Angestellter bin, habe ich den großen Luxus, nicht von dem abhängig zu sein, was ich erwirtschafte. Trotzdem oder gerade deshalb muss meine Arbeit bezahlt werden. Kosten für Promomaterial und für dessen Versand fallen im hohen Maße an. Kosten, die während einer Tour entstehen, also Sprit, Mautgebühren, Tourmanager, usw., werden meistens aus den Toureinnahmen gedeckt. Aber leider gibt es Tourneen, die noch nicht einmal diese Kosten einfahren.“
Timo: „Jede Veranstaltung benötigt eine gewisse Vorarbeit, die finanziert werden muss. Wenn die Künstleragentur auf eine Vorkasse einer garantierten Summe verzichtet, kommen in der Regel trotzdem noch Kosten für Werbung, Tickets, Catering, Mietaufwendungen, Technik, Plakatierung, Security, GEMA, Ausländersteuer, Hotel, Reinigung usw. hinzu.“
Kristof: „Sehr wichtig ist es, die laufenden Kosten möglichst genau zu ermitteln und genau zu überlegen, wie viel man zum Leben braucht. Dann muss man einschätzen, wie viel man mit seiner Arbeit verdienen kann und vor allem realistisch bleiben. Falls man Geld von der Bank benötigt, um seinen Betrieb zu starten, wollen die eine so genannte Rentabilitätsvorschau für die ersten drei Jahre sehen, das heißt erst mal, konkrete Zahlen vorlegen. Dazu gehören alle Anschaffungen und besonders die laufenden Kosten wie Miete, Versicherungen, Steuer, Betriebsausgaben, Lohn- und Lebenshaltungskosten. Das macht alles keinen Spaß, muss aber sein.“

Mit welchen Leuten, Behörden, Firmen bist du in deinem Tagesgeschäft konfrontiert – also in welchem Umfang und zu welchem Zweck –, um ein „Projekt“ organisatorisch, rechtlich und versicherungstechnisch „wasserdicht“ zu machen?

Frank:
„Das Jugendamt der Stadt Münster, das uns Obdach und mehr gibt, das Kulturamt Münster, lokale Medien, Konzertagenturen, Hotels, Druckerei, Grafiker, PA-Verleih.“
Florian: „Ich bin in Sachen Promomaterial auf die Unterstützung der Plattenfirma der jeweiligen Band angewiesen. In unserem Fall läuft das meistens über unser eigenes Label Grover Records. Außerdem arbeite ich mit Sponsoren, die mir Dienstleistungen oder Geld zur Verfügung stellen, was für unsere Arbeit und für unsere Bands sehr vorteilhaft ist.“
Timo: „In der Regel benötigen wir bei einem Konzert die Mitarbeit eines PA-Verleihs, einer Security und eines Tourbookers, der uns internationale Künstler anbietet. Um vieles andere, aber nicht minder wichtiges, wie Werbung und Catering kümmern wir uns selbst.“
Kristof: „Wichtig sind für mich eine gute KFZ-Versicherung und eine gute Werkstatt, wo die Busse regelmäßig gewartet werden. Dasselbe gilt für die Backline. Außerdem gibt es natürlich meinen Netzwerkgott, den ich Tag und Nacht anrufen darf, wenn mein Computer nicht funktioniert und einmal im Jahr ein Termin mit dem Steuerberater. Ansonsten habe ich im Tagesgeschäft hauptsächlich mit Booking-Agenturen und Bands zu tun. Wenn ich selbst auf Tour mit dabei bin, auch mit der Crew und den Veranstaltern.“

Wie hat sich dein Arbeitsbereich im Laufe der Jahre, was Musik, Szene, wirtschaftliche Situation und Konkurrenz anbelangt, entwickelt und verändert?

Frank:
„Vor zehn Jahren konntest du eine unbekannte polnische Jazzcoreband machen, und es kamen hundert Leute. Heute würden zehn kommen. Die Post-Grunge-Bandschwemme und der Hipness-Faktor diverser Magazine hat das Ausgehverhalten maßgeblich beeinflusst. Es gibt zu viele Veranstaltungen und Plattenveröffentlichungen, und wer kein Label hat, das ordentlich Kohle in Werbung und Toursupport steckt, der sieht alt aus. Die Leute gehen inzwischen lieber zu reinen Konsumveranstaltungen, 08/15-Partys mit 15 Euro Freisaufen. Konzerte sind anstrengend! Der Medienmultiplikator-Faktor ist sehr groß. Was nicht von Spex, Intro oder Ox gefeaturet wird, hat es schwer! Kohle ist bei kaum jemandem noch vorhanden. Die Konkurrenz hingegen ist in Münster nicht irre groß.“
Florian: „Wie in vielen anderen Bereichen auch hat das Internet an Einfluss gewonnen, was die Werbemöglichkeiten für Festivals und Konzerte betrifft. Da die meisten Clubs ihre eigenen Webseiten haben, kann dadurch auch mehr Service für die Bands geleistet werden. Andererseits haben nun auch kleinere Agenturen viel leichter Zugriff auf Informationen, so dass die Konkurrenz zugenommen hat.“
Timo: „Meiner Meinung nach ist der Anspruch bei vielen Bands gewachsen. Die Punk- und Hardcoreszene hat sich geschäftsmäßig stark vernetzt, ist weltweit gut organisiert und strukturiert. Mittels Internet präsentieren sich Bands, die so ihre Szenebekanntheit steigern können. Bei vielen Bands jedoch ist der spontane Gedanke in den Hintergrund gerutscht: Es wird erst gerechnet, bevor sie auf die Bühne klettern.“
Kristof: „Gerade der Live-Musik-Sektor in 200er bis 500er Clubs hat sich etwas von der Flaute der letzten Jahre erholt. Die Leute gehen wieder zu Clubkonzerten und sind bereit, die etwas gestiegenen, aber meist auch angemessenen Eintrittspreise zu bezahlen. Vielleicht liegt das auch daran, dass es entgegen aller Jammerei einfach viele gute Bands gibt, die auf Tour gehen. In einem Sommer, wie wir ihn 2003 hatten, laufen natürlich auch die Open-Air Festivals besser. Ich hoffe jedenfalls, dass sich dieser Trend fortsetzt.“

Kommerzielles Arbeiten versus D.I.Y.-Mentalität - wurdest du mit derartigen Konflikten bereits konfrontiert?

Frank:
„Ach, Gemecker gibt es immer mal, aber das ist inzwischen halb so wild. Die reine D.I.Y.-Mentalität oder auch Non-Profit ist heute kaum noch denkbar. Schau doch mal, welche Bands bei den großen Bookern sind. Man muss eben eine gute Mischung zwischen beiden Polen anstreben.“
Florian: „Ganz im Gegenteil. Sowohl Veranstalter als auch die Szene wissen es zu schätzen, dass wir unsere Künstler professionell betreuen. Im Grunde kommt es doch allen Seiten zugute, weil man professionell arbeitet. Das heißt ja nicht, dass die Szenenähe verloren geht.“
Timo: „Leider sind die Eintrittspreise besonders seit der Einführung des Euro gestiegen. Vieles liegt an höheren Festgagen und den allgemein gestiegenen Kosten. Den Besucher interessiert das wenig. Fälschlicherweise denken viele, der Veranstalter gestaltet die Ticketpreise. Egal ob Punk, Hardcore oder Metal, die Agenturen möchten im Voraus kalkulieren, legen zum Großteil den Eintrittspreis selbst fest und gestalten daraus den kompletten Deal.“
Kristof: „Nein, bisher nicht. Ich sehe es aber auch nicht als Verbeugung an das imperialistische Schweinesystem, wenn ich für meine Tourbusse Versicherung und Steuern bezahle und das Geld dafür auch irgendwie einnehmen muss.“

Aus Fehlern wird man klug. Wichtige Erfahrungen und Tipps von dir?

Frank:
„Nie eine schlechte PA am Start haben. Catering besteht nicht nur aus trockenen Brötchen und Aldi-Bier. Gute Unterkunft stellen. Jede Abmachung schriftlich fixieren. Weniger ist oft mehr: Zwei Bands pro Abend reichen in der Regel! Okay, Kompromisse müssen hin und wieder sein, aber im Prinzip gilt: Eigenes Ding machen und nicht nur auf Trends schielen!“
Florian: „Egal, ob Band oder Veranstalter, man sollte sich nur das leisten, was man finanziell tragen kann. Sowohl eine Band, als auch eine Booking-Agentur kosten Geld. Unangenehmes im großen Stil habe ich noch nicht erlebt. Störend ist manchmal, wenn Veranstalter sich nicht an alle Absprachen halten. Auch vermeintlich kleine Dinge sind wichtig! Für mich ist die wichtigste Erfahrung, dass mir die Arbeit nur dann Spaß macht und den nötigen Erfolg bringt, wenn ich mit allen Seiten in einem guten Kontakt stehe, das ist sozusagen das Salz in der Suppe. Aus diesem Grund ist das für mich so was wie eine Belohnung, wenn ich mit einer Band auf Tour gehen kann. Ich treffe die Veranstalter, lerne die Musiker kennen und bekomme zeitgleich das Wesentliche, das Feedback der Konzertbesucher mit, denn ohne Leute, die die Gigs der Bands besuchen, könnte ich einpacken.“
Timo: „Kurzfristige Absagen, besonders von älteren (Kult-)Bands sind sehr ärgerlich, leider nicht sehr selten und wohl nicht vermeidbar. Einen direkten Tipp dafür oder dagegen gibt es nicht, außer man lässt es eben ...“
Kristof: „In der Garderobe vom Jazzhaus in Freiburg hat mal jemand angefangen, allgemeingültige Tourfloskeln an die Wand zu schreiben. Andere haben diese feine Idee aufgegriffen und die Liste fortgeführt. Da stehen solche Sachen drin wie: ‚Rider? We never got your rider!‘, ‚The sound will be much better when there are people inside‘, ‚Yeah, you guys really rocked‘ oder ‚The … were here also and didn’t complain about the food‘. Um diese Frage umfassend zu beantworten, sollte man sich diese Liste mal in Ruhe durchlesen und auswendig lernen.”

Vielen Dank für eure Antworten.

 


Soviel möchte ich schon mal verraten, weitere Specials dieser Art werden folgen, denn auch die Jobs vor und hinter der Bühne können durchaus spannend sein und sind eine eigenständige Story wert.
Anregungen auch gerne unter: simon@ox-fanzine.de