ONE MAN AND HIS DROID

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Homecomputer-Punk

Ende 2003 gab‘s eine verdammt schnieke Pop-Gitarrenrock-Wie-auch-immer-Platte von ONE MAN AND HIS DROID namens „Party People“, ihr bisher zweites Album. Rockt genug für die Jungs, herzt genug für die Mädels. Die Band gibt‘s bereits seit fünf Jahren, vor dem ersten Album gab‘s die traditionellen Singles und ähnliches. In dieser Formation rocken ONE MAN AND HIS DROID (das ist der Name eines Computerspiels aus der guten alten C64-Zeit, Jungs!) seit drei Jahren, und solange ist auch Sänger/Gitarrist Matthias mit dabei. Damals sind Sänger und Gitarrist gleichzeitig ausgestiegen, und auf einmal hatte Matthias den Job. Ist eben so, wenn man aus der norddeutschen Provinz (Ostfriesland) kommt, und alle sich schon ewig von diversen lokalen Bands kennen.

Eigentlich doch schön, wenn man beides kann, Singen und Gitarre spielen...


„Das hat sich irgendwie ergeben, es musste ja einer machen, so blöd das klingt. Und so kam es, dass ich auf einmal auch vorm Mikrofon stand. Mit dem Singen ist das ja so eine Sache, für mich war das die erste Zeit immer ein bisschen so wie komplett nackt dazustehen. Mit der Gitarre da hat man ja immer was vorm Bauch, und hinter dem Schlagzeug kann man sich super verstecken, aber Singen ... Das ist so wie: Ja, hier bin ich, und da gibt‘s nichts mehr zu beschönigen.“

Ja, das ist ein Dilemma: Alle gucken nur auf dich.

„Das kommt auch noch dazu, das muss man erstmal aushalten, haha. Ich habe zwar schon vorher gesungen, aber nicht wirklich in einer Band, da fehlten auch Mut und Selbstvertrauen, aber irgendwie ging‘s dann zwangsläufig nicht anders. Mittlerweile fühle ich mich auch ganz wohl damit. Ich habe für mich rausgefunden, dass Singen und Gitarrespielen die von mir am liebsten gewählte Form des, ich sag‘s mal hochgestochen, künstlerischen Ausdrucks ist. Musik war auch immer ein Ventil für mich, das geht wohl jedem Musiker so, und wenn man sich dann mit seinem Instrument bzw. der Art und Weise, wie man sich damit ausdrückt, wohlfühlt, dann ist das eine sehr schöne Sache.“

Und ihr kommt tatsächlich alle aus diesem Kaff in Ostfriesland?

„Ja, wir kommen alle aus dem Kreis Aurich, und dort war auch das Jugendzentrum, wo wir in verschiedenen Bands gespielt haben, und wo sich sozusagen das Szeneleben abgespielt hat. Das war das einzige Angebot jugendlicher Subkultur in dieser Region.“

Bist du mit Hardcore eingestiegen?

„Definitiv, also vielleicht eher Punkrock. Hardcore hat ja viel mit dem Auseinandersetzen mit der Gesellschaft zu tun, und das kam dann eher durch das Jugendzentrum, und durch das Aufeinandertreffen mit dieser Gesellschaft. Da kann man nicht vor weglaufen als junger Mensch, glaube ich. Gerade wenn sich so eine Kultur etabliert hat, findet man da sehr schnell rein, und findet sehr viele Sachen, die einem als wütender junger Mensch sehr entgegen kommen. Grundlegende politische Ansichten, die sich hoffentlich im Laufe des Heranwachsens weiter entwickeln. Dann ist es natürlich umso angenehmer, wenn man auf Gleichgesinnte trifft. Zum anderen hat das ja auch mit dem Vegetarismus zu tun, wir sind alle noch Vegetarier. Und natürlich die große Liebe zur Musik, die einen verbindet, und das alles auf den Punkt bringt.“

du dich denn dieser Szenerie noch zugehörig, rein ideologisch betrachtet?

„Rein ideologisch vielleicht ja, aber im Laufe der Zeit bzw. je älter man wird, relativieren sich natürlich auch einige extreme Ansichten.“

Wird man weniger wütend?

„Nee, das würde ich gar nicht sagen, ich bin immer noch ziemlich sauer auf einiges, aber man gewöhnt sich ein bisschen das Schwarzweißdenken ab.“

Vielleicht ist es einfach so, dass es irgendwann andere Wege gibt, mit dem Sauersein umzugehen?

„Das ist wohl wahr. Meine Form damit umzugehen, ist sicher die Musik, aber ich hüte mich auch davor, dass wir als Hardcoreband auftreten, weil das ja bedeuten würde, ganz klar politische Ansagen zu machen, oder in den Texten meine Weltanschauung zu propagieren – das möchte ich nicht.“

Und was machst du stattdessen?

„Es sind eher versteckte, kleine Botschaften, ich hüte mich aber davor, zu deutlich zu sein. Und gerade diese Platte ist auch eher eine persönliche Platte geworden, gerade was die Texte angeht, da geht es um eine persönliche Auseinandersetzung mit alten Freunden, Freundinnen, den Leuten um uns herum. Ich sage bewusst ‚Wir‘, weil ich diesmal die Texte nicht alleine geschrieben habe, sondern viele Texte zusammen mit Peter entstanden sind. Was auch eine ganz neue Erfahrung für uns war, also Texte zu zweit zu schreiben, was aber ganz wunderbar geklappt hat. Weil man ja beim Texten immer an einen Punkt kommt, wo es nicht weitergeht, aber wenn bei zwei Leuten so eine gewisse Seelenverwandtschaft vorhanden ist, findet man schneller einen Weg, auf dem es weitergeht.“

Es gibt einen Song auf der Platte, „You could give your cat a a better name“, der macht auf eine ganz angenehme Art melancholisch, diese angenehme Traurigkeit. Seid ihr „Selbstmitleider“?

„Manchmal schon, ja. Aber wenn man das weiß, kann man das ja auch schon wieder relativieren. Aber das ist ja auch ein ziemlicher Luxus, den ich mir da erlaube – Selbstmitleid.“

Selbstmitleid quasi als Schaumbad?

„Da, wo es warm ist, kann aber manchmal auch ziemlicher Dreck sein, und da darf man natürlich den Weg nach draußen nicht verlieren. Aber könnte ich das nicht über die Musik artikulieren, wäre es schlimmer mit dem Selbstmitleid.“

Was wäre denn dann?

„Dann würde ich mit einer Spraydose vielleicht Sprüche an die Wand malen. Vielleicht würde ich auch mit einem Megaphon durch die Strasse laufen oder so was ... Musik ist ja nun nicht die einzige Ausdrucksform, jeder sucht sich sein eigenes Portal.“

Aber raus muss das doch?

„Ich denke schon, sonst wäre das ziemlich ungesund. Ich kenne auch Menschen, die das runterschlucken, aber dann macht sich das in Form von Magengeschwüren bemerkbar, oder findet auf ganz andere Weise seinen Ausgang. Aber irgendwie kommt das auf jeden Fall an die Oberfläche.“

Was ist das Schlimmste, was Leute über deine Musik sagen könnten?

„Am schlimmsten ist immer ‚Klingt wie ...‘, und dann kommt irgendeine Band, die man überhaupt nicht leiden kann. Da nenne ich jetzt mal lieber keine Namen, haha. Und schlimm sind dann auch noch diese Kategorien. Den Emo-Stempel kriegt man natürlich oft, aber das finde ich gar nicht mal so schlimm. Richtig schlimm finde ich eigentlich gar nichts, weil es für mich immer noch erstaunlich ist, dass sich Leute Gedanken über unsere Musik machen. Das muss jeder für sich selber entscheiden, was es für ihn ist, da habe ich im Prinzip auch nichts gegen.“

Was ist es denn für dich?

„Für mich ist es Rock. Und das war auch der Ansatz – eine Rockplatte machen. Wir wollten keine Emo-Platte machen, auch wenn wir aus dem Bereich kommen, und womit wir sicherlich auch noch verwurzelt sind, aber der Ansatz war, eine richtig laute Rockplatte zu machen, und das ist uns in Ansätzen gelungen, womit ich auch zufrieden bin. Aber mit der Zufriedenheit ist das ja wieder eine ganz andere Sache ... Der Tag, an dem man sich selber auf die Schulter klopft, da geht es meistens bergab.“