SNUFF

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Not ‘snuf said yet

Als wir SNUFF-Frontmann Duncan zuletzt für das Ox interviewten, redete der kryptisch was von einem baldigen Ende der Band, doch wie so oft tat man auch hier gut daran, die Aussagen eines Musikers zu seiner musikalischen Zukunft nicht zu ernst zu nehmen. Und so waren die Engländer im März also mal wieder auf Tour, solo, was bedeutete, dass man sie nicht im Rahmen eines Zehner-Packages in einer miesen Riesenhalle schon um 18:30 Uhr sehen musste, sondern in ganzer Pracht zu später Stunde, wenn auch ohne Hammond-Orgel. Vorher passten wir die Band im Backstageraum des Bochumer Bahnhof Langendreer ab, wo Duncan, Lee und Loz gerade damit beschäftigt waren, mittels Flatulenzen für schlechte Luft zu sorgen. Männer!

Okay, also diesmal keine Packagetour wie „Deconstruction“, sondern nur ihr. Wie kommt‘s?

Duncan:
„Stimmt, die letzten drei, vier Jahre waren wir nicht mehr alleine hier. Es waren gute Deals, es machte Spaß, aber teilweise kamen wir uns in so großen Hallen schon etwas fehl am Platze vor. Und dann mussten wir recht früh auf die Bühne, für 20, 25 Minuten.“

Haben euch solche Touren denn wenigstens reichlich neue, junge Fans eingebracht?

Duncan:
„Teilweise, die kommen und gehen auch wieder, in letzter Zeit sind es eher weniger – keine Ahnung warum, so ist das eben.“

Und warum gibt‘s SNUFF überhaupt noch? Im letzten Interview hast du deinen Abgang verkündet.

Duncan:
„Haha, uns überrascht das selbst. Damals steckten wir fest, ich sah einfach keine Perspektive mehr für die Band. Na ja, irgendwie hatten wir dann eben doch nichts anderes zu tun, und so sind wir immer noch dabei. Aber eigentlich hat sich nichts geändert, wir wissen nicht, wie es weitergeht. Aber (schnieft theatralisch) so lange uns die Leute in Deutschland noch mögen, ist ja alles in Ordnung, und es gibt wenigstens noch ein Land, wo uns die Leute kennen und mögen. Na ja, die letzten
beiden Shows waren okay.“

Eure letzten Platten und auch die neue sind auf eurem eigenen Label 10 Past 12 erschienen – wie kommt‘s? Keine Lust mehr auf Fat Wreck?

Duncan:
„Ja, wir hatten einen Deal mit Fat Wreck, die waren auch immer
sehr nett und fair zu uns, aber wir hatten einfach Lust, es auf eigene Faust zu versuchen. Und es läuft eigentlich ganz gut, auch wenn wir uns von den Einnahmen noch keinen Swimming Pool leisten konnten. Unser Manager Jim hilft uns mit dem Label, wir haben eine neue Website, auf der man sich umsonst ein exklusives Livealbum downloaden kann und Merchandise kaufen kann. Äh, und jetzt habe ich den Faden verloren ... Wie kamen wir jetzt da drauf, was war die Frage?“

Das Label.

Duncan:
„Ach ja. Und was habe ich gesagt? Ach ja, die Pläne. Wir haben vor, diverse alte SNUFF-Platten neu aufzulegen, und außerdem von unseren Nebenprojekten GUNS‘N‘WANKERS und YOUR MUM. Und dann gibt es noch 10 Past 10 Records, unser Sublabel, mit dem wir anderen Bands helfen, ihre Platten rauszubringen und zu vertreiben. Da ist jetzt die Platte von ANONYMOUS TIP erschienen.“

Wo ist der Platz von SNUFF in der heutigen englischen Musikszene? Ich habe das Gefühl, wenn man da nicht irgendwie „garage“ ist, hat man verloren.

Loz:
„Welche englischen Bands meinst du? Die kommen doch alle aus Neuseeland oder Australien ...“
Duncan: „Unser Platz? Das ist eher ein Plätzchen irgendwo in der Ecke, wo einem kaum Aufmerksamkeit zu Teil wird. An sich mag ich die ganzen Garage-Bands, gerade die etwas älteren, da war ich früher oft auf Konzerten.“
Loz: „Viele Bands in England tendieren dazu, das zu kopieren, was gerade angesagt ist, und so gibt es ein paar eher emoige und newmetallige, während es eher weniger punkige gibt. SNUFF funktioniert eher losgelöst von der ganzen Szene, aber, haha, wir spielen ja auch jedes Jahr tausende Gigs.“
Duncan: „Vor Millionen von Leuten! Wir sind ja soooo erfolgreich! Wir können uns sogar schon Swimming Pools für unsere Swimming Pools leisten – nicht, weil wir die brauchen, sondern nur, weil wir uns das leisten können.“
Loz: „Ja, und Hubschrauber für unserer Hubschrauber.“

Und mit denen seid ihr auch auf Tour.

Duncan:
„Nein, denn wir waren ja auch die letzten zwei Jahre kaum unterwegs, nur hier und da mal was.“
Loz: „Das letzte Album hat uns lange aufgehalten, und auch sonst waren wir viel im Studio.“
Duncan: „Ja, da war ja noch die EP für die Japan-Tour, und die Cover-EP. Und außerdem hält mich meine Familie auf Trab, ich habe mittlerweile drei Kinder.“

Ach ja, die Cover-Songs ... Wie kommt man auf die Idee, „Let the music play“ von SHANNON zu covern – so geschehen auf der „Greasy Hair Makes Money“-EP!?

Duncan:
„Weil das ein Klassiker ist!“

Aber wer kennt den noch? Doch nur alte Säcke, die sich an die frühen 80er erinnern können.

Loz:
„Ja, aber wir können uns erinnern. Ich glaube, Duncan war besoffen und fand die Idee entsprechend großartig.“

Das war die goldene Zeit der 12“s damals, mit extralangen Versionen auf der B-Seite.

Duncan:
„Ja, ich stand darauf, und auch auf die ersten Elektrosachen damals. Der Song hat für mich also was mit Nostalgie zu tun, scheiß drauf, dass wohl kaum jemand kapiert, wer oder was das ist. Die 12“ hatte ich selbst auch mal, aber irgendwann habe ich sie verloren. Ich arbeitete damals in einem Versandlager für Schallplatten, und so hörte ich jede neue 12“, die erschien, und das war vor allem Dance und Electro.“

Was ist das noch für Zeug auf dieser Platte?

Duncan:
„Alles Scheiße!“
Loz: „‘A lovers concerto‘ ist gar nicht die fertige Version des Stückes, das hat nicht mehr geklappt. Du musst dir das mit Bläsern vorstellen, aber das kommt noch nach. Das gibt‘s dann auf der Website unseres Labels zu kaufen.“

Was hatte es mit den „Blue Gravy“-Platten und „Innafayce“ auf sich? Die waren ja kaum irgendwo zu bekommen.

Duncan:
„Also, die grüne ‚Blue Gravy‘ enthält Dub-Versionen unserer Songs, wir sind da also gar nicht selber zu hören, wir haben da nur ein bisschen geholfen. ‚Innafayce‘ war unsere japanische Tour-EP, die es derzeit nur noch als Download zu kaufen gibt, und die blaue ‚Blue Gravy‘ haben wir auch selbst rausgebracht, deshalb war die nirgends zu bekommen, hahaha. Du siehst, wir planen unsere Karriere sehr professionell. Der Trick ist, ständig was Neues rauszubringen, um das Interesse der Leute wach zu halten.“
Loz: „Und deshalb haben wir auch ein Video gedreht zu ‚Chocks away‘ vom ‚Disposable Income‘-Album.“
Duncan: „Ja, da durften wir uns endlich mal wie richtige Rockstars fühlen,
wir hatten so einen Vergnügungspark einen Tag lang nur für uns. Na ja, okay, es war ein billiger, wir mussten nur 150 Pfund für den ganzen Tag zahlen. Die hatten sowieso geschlossen, und wir haben dann auf der Achterbahn verkleidet als Kampfpiloten das Video gedreht, mit dicken Schnurbärten unter die Nase geklebt.“

Ihr seid hier schon die ganze Zeit wie Sau am Furzen, wie haltet ihr das im Bandbus aus?

Duncan:
„Das ist nur Lee!“
Lee: „Nun ja, jeder in der Band schafft gewisse Probleme, und ich gebe zu, dass mein Beitrag diese Flatulenzen sind. Andere in der Band schnarchen sehr laut, und es werden auch ständig schreckliche Drogen geraucht.“
Duncan: „Ja, die Umweltverschmutzung im Tourbus ist wirklich immens.“
Lee: „Es ist ein Geben und Nehmen – der eine furzt, der andere schnarcht, so geht das. Und wieder andere furzen, rauchen, stinken und schnarchen.“

Würde sich daran was ändern, wenn ihr eine Frau in der Band hättet?

Loz:
„Hatten wir ja, auf der letzten Tour.“
Duncan: „Ein bisschen besser war es, aber unterm Strich nicht wirklich.“

Und was hat die Dame gemacht?

Duncan:
„Sie hat Keyboard gespielt.“

Äh, das meinte ich nicht.

Loz:
„Ach so, ja, die hat auch gefurzt.“

Aber was wirklich das Schlimmste, was euch jemals auf Tour passiert ist?

Loz:
„Einmal, bei einer Landung in Schweden, hat der Pilot die Landebahn verpasst und musste durchstarten, das war nicht schön. Und wie wir über diesen Taifun geflogen sind, das war auch abenteuerlich, das Flugzeug schaukelte wirklich schrecklich.“
Lee: „Schlimm war, als der australische Zoll auf meinem Rasierspiegel Spuren von Heroin gefunden hat, und dabei habe ich das Zeug noch nie in meinem Leben angerührt. Kein Ahnung, wie das passiert ist, aber als die das fanden, ist mir wirklich alles Blut aus dem Gesicht gewichen, und als nächstes war ich knallrot. Die Typen vom Zoll sahen meine geschockte Reaktion und ließen mich gehen ...“
Duncan: „Vielleicht lag es auch daran, dass er die ganze Zeit furzen musste vor Schreck und damit fünf Drogenspürhunde außer Gefecht gesetzt hat, hahaha.“

Und sonst, wie gefällt‘s euch in Deutschland?

Duncan:
„Wie immer ist es schön, wobei mir der Norden besser gefällt als der Süden, da fühle ich mich immer unwohl. Es irritiert mich, wie siegesgewiss die Polizisten immer lachen, wenn sie meine Papiere kontrollieren – die denken wohl, sie hätten mal wieder einen erwischt. Nein, wir sind echt froh, dass so viele Leute zu den Shows kommen, man weiß ja nie, wie das läuft, wenn man länger nicht mehr alleine unterwegs war.“

Was kommt als nächstes?

Duncan:
„Rumsitzen und abwarten, was passiert, hahaha. Ein neues Album ist aber in Arbeit.“