COPY CATS

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Tales From The Freezer

Normalerweise gibt es aus Frankfurt am Main in Sachen Punkrock wenig zu berichten. Umso schöner ist es dann, wenn doch mal eine Band von sich Reden macht. Die COPY CATS sind in der „Mainmetropole“ schon lange als hervorragende Live-Band bekannt. Vor allem die Konzerte zur Halloween-Zeit, bei denen die Band komplett verkleidet auftritt, sind legendär. Einziger Kritikpunkt: Die Band hatte sich bisher fast ausschließlich auf das Covern von Rock’n’Roll- und Punkrockklassikern beschränkt. Mit „Living In A Pumpkin“ veröffentlichte das Quartett um Frontfrau Silke nun sein Debütalbum, auf dem sich – Überraschung! – fast nur Eigenkompositionen befinden. Partykompatibler Punkrock der Marke ‘77, so catchy, druckvoll und einfach nur gut, dass hier ein Interview zwingend notwendig ist. Aber nicht nur das: Halloween steht bald vor der Tür, und die COPY CATS dann wieder auf der Bühne. Wer das verpasst, ist selber schuld.

Der verknatterte Haufen, der sich um zwölf Uhr mittags um Silkes Frühstückstisch versammelt, besteht zu drei Vierteln aus der Band COPY CATS und einem Viertel Ex-COPY CATS. Neben der Sängerin ist noch Gitarrist Mülli und Bassist Heiko anwesend, sowie Steff, der in der allerersten Besetzung die vier Saiten zupfte.
Der Name COPY CATS legt es nahe: Als man 1991 anfing, spielte die Band ausnahmslos Coversongs. „Es war ja nie so, dass wir nur Songs nachspielen wollten. Wir konnten damals nichts anderes. Eigentlich konnten wir noch nicht einmal richtig covern. Damals waren wir eben vier Leute, die sich bei irgendjemandem zu Hause im Keller getroffen und gesagt haben: ‚Wir machen jetzt Musik‘.“ Trotzdem verwundert es, dass die Band ganze 13 Jahre gebraucht hat, um ihre erste LP einzuspielen. „Die LP war die logische Folge der beiden Singles und der 10“. Man muss ja immer ein bisschen größer werden. Dass so viele eigene Stücke auf der neuen Platte zu finden sind, liegt an der Kombination Mülli und ich“, erklärt Silke. „Vorher hat Paul von DUMBELL bei uns Gitarre gespielt. Das hat zwar auch wunderbar harmoniert, aber es war nie so, dass ich Texte schreiben und an den Gitarristen geben konnte, so dass der dann ein Lied daraus gemacht hat. Und jetzt mit dem Mülli klappt das.“ Jener relativiert aber: „Das lag auch daran, dass wir früher nie geprobt haben. Wir haben uns alle zwei Wochen zum Proben getroffen und dann doch lieber nur gesoffen.“ „Frei nach dem Motto: Wer übt, kann nix“, ergänzt Heiko.
Auch wenn der Party-Gedanke bei den COPY CATS eindeutig im Vordergrund steht, so will man doch nicht als reines Freizeit-Projekt angesehen werden. Dafür steckt zu viel Herzblut in der Band und vor allem in der neuen Platte, die komplett in Eigenregie aufgenommen wurde und vertrieben wird. Auch das Cover wurde von der Band selbst gestaltet. „Ja, hier in der Küche, an dem Tisch an dem du gerade sitzt, haben wir das gemacht. Ich kann dir noch die Figuren zeigen, die auf dem Cover zu sehen sind.“ Die Mumie, das Frankensteinmonster und das Skelett, die gemeinsam in einem Kürbis hausen, lassen auf ein gewisses Faible für Halloween schließen. Heiko und Mülli wollen mit der Geschichte aber nichts zu tun haben und lassen Silke erklären: „So lange ich denken kann, liebe ich Bela Lugosi und Boris Karloff. Früher habe ich immer deren Filme gesehen. Ich bin ja auch schon etwas älter, hihi, 385, um genau zu sein. Jedenfalls mag ich diese ganzen 50er, 60er Jahre Filme, allerdings nicht die neuen. Also dieser ganze Splatter-Scheiß ist nicht meine Welt.“
Die übrigen Bandmitglieder haben schwer unter Silkes Fanatismus zu leiden. „Das ist totale scheiße“, jammert Heiko, „nach dem letzten Konzert, das wir in Verkleidung gespielt haben, musste ich zum Arzt gehen. Irgendwie habe ich allergisch auf die ganze Schminke reagiert. Meine Augen haben geschmerzt, als hätte mir jemand einen Nagel durchgehauen.“ Mülli findet aber, dass es im Laufe der Zeit besser mit Silkes Kostümierungswahn geworden ist. Die tobt sich mittlerweile eher in den Texten aus. Der Song „Monster Mummy“ handelt von der sexuellen Beziehung zu einer Mumie. Es folgt der Erklärungsversuch von Silke: „Hast du schon mal eine Mumie ausgewickelt? Also, ich hatte schon mal das Vergnügen. An Halloween gibt es ja viele verkleidete Menschen, bei verschiedenen Parties. Ich bin ja schon oft auf Halloween-Parties gewesen, und ich kenne viele Leute, auch Männer ... Also, du hattest doch auch schon mal Sex, und da ist eine Mumie doch auch nichts Besonderes, außer dass der Mann eben eingewickelt war, und ich habe ihn wieder ausgewickelt.“
Weniger romantisch geht es in dem Song „Cat In The Freezer“ zu. Aber auch dieser Text basiert auf einer wahren Geschichte, die Silke von einer Kollegin in der Fußballkneipe ‚Backstage‘ erzählt wurde. „Diese Kollegin hatte früher einmal vier Katzen – mittlerweile ist es nur noch eine –, und einmal ist eine dieser Katzen gestorben. Die Frau wollte das Tier beerdigen, aber das ging nicht, weil ihr Freund gerade mit seiner Band in den Staaten tourte. Also blieb der Kadaver so lange in der Gefriertruhe, bis der Freund zurück war. Dass der Freund die Katze dann aus Versehen gebraten und gegessen hat, ist frei erfunden, aber alles andere stimmt an dem Text.“
Die COPY CATS genießen einen guten Ruf in Frankfurt. Man fühlt sich wohl hier, Silke ist gebürtige Frankfurterin, aber die Punkszene führt mittlerweile nur noch ein Schattendasein im Vergleich zu früheren Tagen. „Es gibt keine Leute mehr. Frankfurt ist eine Stadt, die nur noch von der Arbeit lebt, also von diesen ganzen Bürojobs. Und diese Büroleute gehen abends natürlich nicht auf ein Konzert. Es gibt auch keine Läden mehr, wo man hingehen könnte. Der Elfer vielleicht, der ist von den Räumlichkeiten super. Dort habe ich vor einigen Jahren ja auch das Booking gemacht, einige wirklich geile Bands geholt, wie z.B. THE HUNNS, THE BONES oder STEAKKNIFE. Aber trotzdem kam da kaum Publikum, obwohl ich bestimmt genug Werbung dafür gemacht habe. Aber wie auch immer, ich fühle mich wohl in Frankfurt, und ich bleibe auf jeden Fall hier. Ich hab ja auch mein Kind hier.“
Der fünfjährige Filius der Sängerin durfte die Band übrigens das erste Mal vier Wochen zuvor live bewundern, beim Vorabend-Gig auf einem Open-Air-Festival. Mit großen Augen und offenem Mund verfolgte er das Treiben auf der Bühne, den Auftritt fand er ganz toll. Das Kind in musikalischer Hinsicht bevormunden würde Silke jedoch nie: „Selbst wenn mein Sohn auf Britney Spears abfahren würde, würde ich ihm ganz viele Britney Spears-Platten kaufen, bis es ihm zu den Ohren herauskommt. Wahrscheinlich würde ich es selbst dauernd hören, bis er irgendwann denkt: ‚Meine Mutter hat sie nicht mehr alle. Das höre ich nicht mehr.‘ Nur ‚I love Rock’n‘Roll‘ würde ich ausklammern. Das hat die Spears ja gecovert. Furchtbar! Da würde ich sagen: ‚Mach das aus, oder ich schmeiß‘ dich aus dem Fenster!‘, hahaha.“ Denn Joan Jett ist heilig für Silke, besagter Song war die allererste Coverversion der COPY CATS.
Wie weit es die Band in Zukunft aus Frankfurt zieht, bleibt abzuwarten. In Magdeburg beispielsweise spielte man vor einem Rudel Kampfhunde. Diese dienten den linksautonomen Kids als Schutz vor den Rechtsradikalen, mit denen man sich regelmäßig Straßenschlachten lieferte. Heiko: „Nicht mal die Bullen können irgendwas machen. Wenn ein Bulle da was gegen Neonazis unternimmt, kriegt der zu Hause einen Besuch abgestattet, und wird platt gemacht.“
Dieser Tage gehen die COPY CATS wieder auf Tour. Damit man wie in Kassel nicht nur vor einem einzigen zahlenden Zuschauer spielt, darf sich der werte Leser aufgefordert fühlen. Also: Hingehen!

Fotos: Claus Sprenger