DANZIG

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Gefangen im Teufelskreis

Glenn Danzig lacht wenig. Und wenn er lacht, hat es einen zynischen Unterton. Aber es gab Zeiten, da wirkte die Düster-Rock-Ikone geradezu nihilistisch. Das hat sich geändert. Wahrscheinlich, weil „Danzig 8“ seine Schatten zum Zeitpunkt des Interviews voraus wirft. Und Glenn ziemlich zufrieden mit seinem Werke ist. Auch wir durften kurz reinhören und im Vorfeld der Veröffentlichung des aktuellen „Circle Of Snakes“ betitelten Albums ein paar Fragen stellen.

Mittlerweile liegt uns die Scheibe vor. Die im Interview angesprochenen Blast-Beats sucht man darauf letztendlich doch mit der Lupe, und mit Black Metal hat DANZIG auch 2004 nicht viel zu tun. Allerdings kann man auch beim gesamten Album keine starke Umorientierung zu den Wurzeln der Band feststellen. Neuigkeiten gibt es allerdings bezüglich der MISFITS-Reunion. Die findet quasi statt. Allerdings weder unter dem Namen MISFITS, noch mit Jerry Only am Bass. Glenn Danzig hat sich für seine angeblich letzte US-Tour – die „Blackest of the Black“-Festivals – einen prominenten Gitarristen an Bord geholt, um ein langes MISFITS-Set im Anschluss an die DANZIG-Songs zu spielen: Doyle Wolfgang von FRANKENSTEIN zupft lieber als Special-Guest mit DANZIG die Saiten, als in der MISFITS-Besetzung seines Bruders Jerry zu spielen. Familienkrach ist damit wohl vorprogrammiert ...

Warum heißt die neue Platte „Circle Of Snakes“ und nicht „Danzig 8“?


„Der erste Titel war ‚One Thousand Devils Reign‘ ... Es hat ein bisschen was damit zu tun, dass ich dieses Album aus dem DANZIG-Gesamtkontext herausheben wollte. ‚Danzig 1 - 7‘ waren Statements dazu, was ich als Solo-Künstler leisten konnte. Und jetzt bin ich an dem Punkt, wo ich machen kann, was ich will. Jedes Album hatte ein bestimmtes Thema, dieses wird alles beinhalten, was je mit DANZIG zu tun hatte, und mehr.“

Beides sind auch Songs des Albums, von dem bisher unter Fans erst zu vermuten war, wie es sich anhören könnte. Von Black Metal-Einflüssen war natürlich die Rede ...

„Es wird wirklich Blast-Beats geben. Die wollte ich eigentlich schon auf ‚Danzig 7‘ haben, aber Joey konnte nicht so schnell spielen. Jetzt, mit Bevan an den Drums, war das möglich und Double-Bass wird es auch geben. Aber die Fans werden es trotzdem sehr mögen.“

Die bisher zu hörenden Stücke schienen wie eine Rückkehr zum „How The Gods Kill“-Songwriting zu klingen, gemischt mit einer Weiterentwicklung durch die extrem tiefen Gitarren und gelegentliche Nu-Metal-Feedbacks. Die Vocals wirkten wieder überraschend kraftvoll und klar, die Atmosphäre erscheint dagegen sehr sehr düster.

„Dieses Album ist sehr düster. Das habe ich bisher noch nie über ein Werk gesagt, diesmal aber passt es. Es ist so, wie ich im Moment die Welt sehe. Aber nicht nur auf Politik, sondern auch auf die Musik bezogen. Ich bin einfach so angepisst von diesen Bands in den USA und teilweise hier in Europa, die sich einen Dreck um Musik kümmern, sondern nur angesagte Sounds kopieren. Sie wollen nur schnell verkaufen, ihnen geht es nicht um Kreativität. Ich hasse diese Scheiß-Bands, sie haben keine Integrität und werden nach einem Mega-Seller in der Versenkung verschwinden. Und ich hasse Major-Labels, die so etwas unterstützten und Fans, die so etwas tolerieren.“

Die angesprochene Düsternis deines neuen Werkes hat also nichts mit den Line-Up- und Label-Wechseln der letzten Zeit zu tun?

„Ich wechsle ja eigentlich nicht Labels, sondern lizenziere meine jeweilige Scheibe an die Firma, die sie rausbringen will. Ich bin mein eigener Herr und habe völlige kreative Freiheit. Und was das Line-up angeht: Die Band DANZIG war von Anfang an so konzipiert, dass ich die einzige Konstante bin. Auch wenn das bei den ersten Alben nicht so war, und deshalb leider auch der Sound nicht immer so klang, wie ich es eigentlich haben wollte. Ich mag es lieber so, wie es jetzt ist. Dafür hat heute jeder Musiker bei DANZIG totale Freiheit, auch in anderen Bands zu spielen.“

Was ja speziell Wiedereinsteiger Tommy Victor nutzen wird, der gerade recht erfolgreich eine PRONG-Reunion hinter sich gebracht hat ...

„Das kann er ruhig tun. Tommy ist so kreativ, dass er genau weiß, was DANZIG braucht, und für seine Band und DANZIG das Richtige macht. Bei Eerie Von und John Christ war das nicht so, die haben ihre Kreativität noch nicht mal bei DANZIG genutzt.“

Bringt Tommy sich auch bei DANZIG ins Songwriting ein?

„Nein, aber er ist sehr professionell und spielt einfach seine Gitarren großartig ein und hat einen ganz eigenen Stil. Es ist sein Sound, der so gut zu DANZIG passt, es ist super, mit ihm zu arbeiten. Aber für immer besteht das Line-up wohl trotzdem nicht.“

Wen suchst du aus, wenn du aus allen Musikern, tot oder lebendig, eine Wunschband zusammenstellen könntest?

„Oh, schwere Frage ... Ich arbeite mit Tommy, ich habe schon mit Jerry Cantrell Musik gemacht. Johnny Thunders war ein Super-Typ. Ansonsten, Dave Lombardo oder der Drummer von MARDUK.”

Apropos MARDUK: DANZIG wird mit seinem neuen Werk Labekollege des MARDUK-Nebenprojets DEVILS WHOREHOUSE, welches sich den SAMHAIN/MISFITS-Sound auf die Fahnen geschrieben hat.

„Ja, eine sehr coole Band. Allerdings finde ich nicht, dass sie sich genau wie meine alten Sachen anhören. Der Einfluss ist aber natürlich da.“
Derzeit scheint es, als würden überall Bands auftauchen, die von deiner Musik bei MISFITS, SAMHAIN oder DANZIG beeinflusst wurden. TIGER ARMY, AFI, SON OF SAM, BLITZKID, MISTER MONSTER ...
„Ich bin natürlich geehrt, wenn sich gute und erfolgreiche Künstler dazu bekennen, von mir beeinflusst worden zu sein. Aber es gibt immer auch welche, die nach MISFITS oder DANZIG klingen, von mir stehlen, und behaupten, die Bands nie gehört zu haben. Morgan von DEVILS WHOREHOUSE oder Davey von AFI geben ihre Einflüsse offen zu, was sehr cool ist. Dafür waren AFI dann auch Vorgruppe auf unserer ‘99er Tour und ich habe für SON OF SAM ein paar Gitarren und Keyboards eingespielt. SON Of SAM klingen ja sehr nach SAMHAIN und teilweise nach MISFITS. Und mit Steve Zing von SAMHAIN, der bei SON OF SAM und jetzt bei DOOMTREE spielt, verstehe ich mich super, er hat immer zu mir gestanden. DOOMTREE ist das beste, was er je selber gemacht hat.“

In Deutschland bringt Bela B. die Comics deines Verlags Verotik über seinen Vertrieb EEE auf den Markt.

„Das war mal, er hat nur vier Ausgaben von ‚Death Dealer‘ und ‚Satanika‘ lizensiert. Ich weiß gar nicht, ob er mich schon bezahlt hat. Aber Bela ist ein netter Kerl. Als er das erste Mal mit DIE ÄRZTE aufhörte und sich mit DEPP JONES am Metal versuchte, war er sogar unser Support auf einer Deutschland-Tour.“

Kennst du denn den Song „Anti-Zombie“ auf dem ÄRZTE-Album „Unrockbar“? Mehr DANZIG zu „Lucifuge“-Zeiten geht wohl nicht.

„Wirklich? Werde ich mir schleunigst anhören.“

Was passiert mit deiner Schauspielkarriere? Du hast ja mal in einer Fortsetzung von „God‘s Army“ mitgespielt. Wäre das eine Option, wenn du keine Lust mehr auf Musik hast?

„Das war 1996. Ich habe mir zwei Tage von der Ozzfest-Tour freigenommen und ein bisschen mitgespielt. Ich habe hier und da mit Leuten gesprochen, z.B. damals über ‚X-Men‘, aber bis jetzt kam mir immer die Musik in die Quere. Ich werde allerdings bald meinen ersten Film produzieren – eine Verfilmung eines Verotik-Comics. Schauspielerei halte ich auch in der Zukunft jedoch für ausgeschlossen.“

Genauso wie eine MISFITS-Reunion?

„Es gibt keine Reunion!“

Beim letzten Gespräch mit Jerry Only, MISFITS-Gründungs- und einziges verbleibendes Original-Mitglied, sagte dieser, dass du dazu bereit wärst. Auch, weil du das „Famous Monsters“-Album sehr gut finden würdest.

„Der Typ ist ein Lügner. Besonders dieses Album ist einfach das schlechteste, was ich je gehört habe. Nein, entschuldige, ‚Cuts From The Crypt‘ war noch schlechter. Für mich hat all das rein gar nichts mit den MISFITS zu tun. Das ist ein Witz, allerdings ein schlechter. Nicht mal Doyle ist dabei ...“

Wie weit interessieren dich die MISFITS heute noch? Dein Nachfolger Michale Graves z.B. hat ja kürzlich als Kolumnist bei dieser Website namens Conservativepunk angefangen.

„Die MISFITS haben sich 1983 aufgelöst, somit könnte es mir eigentlich egal sein. Aber dieser Typ ist sowieso ein Witz. Keiner interessiert sich für ihn. Als er mit seiner Band kürzlich in L.A. gespielt hat, waren 30 Leute da. Es ist scheißegal, was der Kerl sagt, das sollte man ignorieren.“