BIERBEBEN

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Was wird am 31.02.2049 passieren? Die Schaltjahre werden abgeschafft und DAS BIERBEBEN gibt endlich ein Solidaritätskonzert für die aus dem Cyberschlaf erweckte Gruppe „Cotzbrocken“ in Köln. Linksradikaler Antifa-Techno, schön, dass es das auch noch gibt. Verrückt sind sie aber nicht! Die Texte sind etwas seltsam. Schon der Titel des ersten Longplayers zeigt dies ganz deutlich. Keine Zukunft? Keine Vergangenheit? Das bedeutet aber, dass die Künstler Mut zur Provokation haben. Maximal plumpe Beats mit garantiertem Tommi Stumpf-Lustfucktor. Überlaute Parolen raushauen und danach „Prost!“ sagen. Wohin wird uns das Bierbeben begleiten? Abwärts ... Abwärts ... Abwärts ...

Das Kollektiv DAS BIERBEBEN (Achse Hamburg-Berlin! Ruckzuckhinundzurück!) rekrutiert sich aus Mitgliedern der Künstlergruppe „Im Namen des Volkes“, einer der letzten Berliner Hausbesetzer-WGs. Aber keine Angst, auch wenn der Bandname erst mal nach testosteron- und alkoholgeschwängertem Hardrock der unfeinen Art klingt: Hier wird nicht auf Bierbänken stehend gebrüllt, sondern zu Spontisprüchen getanzt. Es ist also Zeit, an der Repolitisierung des Pop zu basteln, doch wie funktioniert und koordiniert sich DAS BIERBEBEN als Musiker?
„Ein Mitglied A, der Textautor, schreibt den Text, verständigt sich dann mit einem weiterem Mitglied B, dem Ratgeber, das Mitglied A eventuell Änderungsvorschläge aufdrängt. Zuweilen wird der Text auch von anderen Mitgliedern oder gemeinsam verfasst. Mitglied C, D und E begutachten den Text ebenso; daraufhin singen Mitglied C und/oder D den Text ein. Zuvor wurde jedoch schon eine ‚Skizze‘ der Musik angefertigt, meist von Mitglied E und A – jedoch nicht immer. Diese Skizze mit Text wird nun von Mitglied E und A produziert.“
Das Resultat überzeugt in diesem Fall. Man umgibt sich mit einer Aura humorvoller Anonymität und versteckt sich hinter „Pseudonymen“ wie Alfred Bierlek, Wolf Dosenbiermann, Brian Vino, Der Osten und Der Westen, die dazu dienen, künstlerische Parallelidentitäten auszuleben. Obwohl dann wieder dick auf der Platte steht, wer von wo überall dabei ist. Künstler-, Kinder- und Stammtischscherze. Über die Originalität solcher Namensgebung kann man natürlich streiten, nicht jedoch über den schieren Unterhaltungswert dieser Platte. Hier die Auflösung: „Wir wollten vermeiden, dass die ehemaligen Mitglieder Uschi Bierglas und Manfred Bierkrug unwahrerweise behaupten können, an unserem Schaffen noch beteiligt zu sein. Deshalb der Aufkleber!“
Entgegen jeder Erwartung ist der glamouröse Gesang weiblich, und es erklingen Texte, verpackt in smarter, deutschsprachiger Punk-Retro-Form. Der aktuelle Trend des Rocks wird somit sogar noch etwas übertroffen und nicht einfach auf das Prinzip Techno übertragen. „Ohne das Klischee vom desinteressierten Künstler bedienen zu wollen: Darum schert sich nun wirklich kein einziges Mitglied von DAS BIERBEBEN! Deutschsprachig oder nicht – für uns ohne Belang. Überlegungen über Destruktivität oder Konstruktivität finden hierbei keine Berücksichtigung. Unsere Texte kommen jeweils direkt aus dem Herzen des jeweiligen Verfassers, und die Internationalität überlassen wir lieber den Organisations-Genies von Attac! Die durchschauen alles ...“
Verzweifelt versucht man, den Abend in der Diskothek zu retten, wenn wieder einmal der Fehler gemacht wurde und tiefer im Kiefer nachgebohrt wird. Der sensible Künstler sieht sich gezwungen darauf zu reagieren: „Warum jetzt so viele deutschsprachige Bands auftauchen?!“ Einspruch! DAS BIERBEBEN auch nur eine weitere Neo-NDW-Band? Das Licht flackert und geht schließlich ganz aus. Pochende Herzen und hervorgetretene Halsschlagadern. „Die zweite NDW ist leider schon längst da! Es gibt vor allem mehr schlechte Bands, die ihren menschelnden Neokonservativismus über dieses Land ergießen. Es bleibt alles beim Alten!“
Bleibt immerhin noch die Gegenwart. Und die sieht ja, wir wissen es alle, nicht so rosig aus, und so mancher wird wieder schreien, dass vor Urzeiten schon ein Aufstand im Kinderzimmer mehr hermachte. Was bleibt ist die Ewigkeit und der berühmte letzte Wunsch: „Eine Kola trinken.“
Und die Inschrift des Grabsteines ist auch schon bestellt: „Wir wollten keine Penner sein.“
Ende einer weitergeleiteten Nachricht.