LOMBEGO SURFERS

Sieben Freuden in einem Album

Viel Wasser ist die Flüsse hinuntergeflossen, seit das letzte Interview mit den Garage-Surf-Punks LOMBEGO SURFERS im Ox zu lesen war. Da sich bei den Schweizern (und Exil-Amerikanern) in den letzten Jahren einiges getan hat, und sie im letzten Jahr ein wirklich exzellentes Album namens „Seven Pleasures“ (auf dem Hauslabel Flight 13 Records) abgeliefert haben, ist es längst mal wieder Zeit für eine kleine Unterhaltung. Das Interview wurde am Abend des 7. Januars per Telefon mit einer Hörmuschel am Ohr von Tony (Vocals/Gitarre) in Basel und meiner Wenigkeit auf der anderen Seite in Regensburg geführt.
Das letzte Interview mit dir war in der Ausgabe 40, was schon eine Weile her ist. Was ist seitdem denn so passiert?

„Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir dieses Interview in Crailsheim gemacht. Nach dieser Tour hat Danny die Band verlassen, für ihn haben wir jetzt Rolle als Schlagzeuger. Es hat auch etwas gedauert, mit dieser Umstellung zurechtzukommen, da sich unser Stil schon ein wenig verändert hat. Auch war diese Tour die letzte, die Bernd von Manic Music für uns gebucht hat. Diese Arbeit macht jetzt Thomas von Naughty Dog für uns, der zwar mit Bernd zusammen arbeitet, aber eine eigene Agentur aufgemacht hat, weil er eben mehr Rock‘n‘Roll-Bands buchen wollte, als das vorher möglich gewesen wäre. Das war es eigentlich ganz kurz zusammengefasst. Was Platten angeht, haben wir die Single ‚Temptation/Third Stage‘ auf Sheep Records und die Alben ‚Full Tank of Tiki‘ und ‚Seven Pleasures‘ veröffentlicht, beide auf Flight 13.“
Wie war es dieses Mal im Studio, und was hältst du persönlich vom neuen Album?
„Aufgenommen haben wir es bei Christoph Rath in Köln. Relativ schnell, wie immer: Vier Tage, inklusive Abmischen. Es gefällt mir persönlich sehr gut. Ich glaube, es sind einige Songs drauf, die zu unseren besten gehören. Verglichen mit ‚Full Tank of Tiki‘ ist es ein wenig freier und nicht so rockig. Aber beide Alben kommen ja von denselben Leuten, von daher erkennt man den Stil der Band schon irgendwie.“
Glaubst du, dass die Band sich weiterentwickelt hat seit 2001?
„Ja, natürlich! Je mehr du zusammen spielst, umso besser wird die Band, umso dichter wird der Sound. Das Spektrum der Band ist gewachsen: Es sind zwar die gleichen Wurzeln, aber dafür freier und weiter gefasst. Auch hinsichtlich der Reaktionen der Leute ist es eine Weiterentwicklung zu ‚Full Tank of Tiki‘. Wir haben mehr Möglichkeiten – schnelle Songs, langsame Songs, Country ... Es wird immer gemischter.“
Habt ihr vor, wieder einen zweiten Gitarristen ins Boot zu holen?
„Nein, definitiv nicht. In diese Richtung wollen wir nicht gehen, da wir alle der Meinung sind, dass es so besser funktioniert. Man hat als Trio größere Freiräume und die Band hat einen stärkeren Garage-Klang. Für mich als Gitarristen ist das auch interessanter. Mit Max zu spielen war zwar auch immer sehr gut, aber ich möchte auf die Art und Weise, wie die Songs seit ‚Full Tank of Tiki‘ entstehen, welche Akkorde du wie spielst und so weiter, nicht mehr verzichten.“
Warum heißt das neue Album „Seven Pleasures“?
„Die Idee stammt von einer Tiki-Bar in San Diego. Wir haben zu der Zeit einen Titel gesucht, und Dirk hatte die Hand bei dieser Bar gesehen. Dirk macht ja immer die Cover für uns, das hat sich nicht geändert. Die Hand hat uns sehr gut gefallen, und deshalb haben wir sie genommen. Wir überlassen es aber auch der Phantasie der Leute, denn mit dem Titel kann auf jeden Fall jeder Mensch etwas verbinden. Einige Leute haben auch gesagt, dass die sieben Dinge auf dem Cover, also Völlerei oder Lust schon zu ihren Freuden gehören.“
Wo wir gerade von Namen sprechen, wie legt ihr die Titel von Instrumentals fest?
„Das ist eine gute Frage. Manchmal gibt es da Verweise auf etwas oder jemanden. Oder wir suchen einen Titel, der dem Gefühl des Songs irgendwie entspricht. Ich weiß nicht, ob das immer funktioniert. Zum Beispiel ‚Sausage Link‘ bezieht sich auf Link Wray, ‚Waverunner‘ klingt irgendwie nach Surfsong, ‚Mesquite‘ ist eine Art von Wald im Südwesten der USA und ‚Headhunters Cove‘ hat auch irgendwie dieses Western-Feeling. Bei ‚Indian Pipe‘ muss ich immer an indianische Musik denken, aber ich kann es nicht erklären ...“
„Waverunner“ erinnert mich an „Lombego Surfer“, zumindest der langsame Part darin klingt sehr nach einem alten Surfsong, was ihr schon seit einigen Alben nicht mehr gemacht habt ...
„Ja, es ist der Song, der von allen am nächsten am alten Surfsound ist. Bevor wir ins Studio gegangen sind, klang er eigentlich anders, aber Christoph hat im Studio viel daran herumgespielt. Für ihn hat sich der Song schon mehr nach Surf angehört, als wir ihn selber eigentlich gespielt haben. Aber so wie der Song jetzt ist, gefällt er uns sehr.“
[/b]Warum habt ihr den Part von „Ring of Fire“ in „Mesquite“ eingebaut? [/b]
„Das Album ist veröffentlicht worden, bevor Johnny Cash gestorben ist. Wir haben mit dem Country-Teil im Studio herumgespielt, und dann einfach einen Teil von ‚Ring of Fire‘ mit eingebaut. Irgendwann mal werden wir ein Medley von alten Country-Songs aufnehmen. Aber grundsätzlich hatten wir schon von Anfang an immer Country-Elemente in unseren Liedern. Das ist nichts, was mit Absicht passiert. Es scheint wohl teilweise daran zu liegen, dass meine Mutter früher immer Country gehört hat.“
Wie mischt ihr Instrumentals und Vocals auf den Alben?
„Wir hatten ja zwei Alben, bei denen wir diese beiden Arten streng getrennt hatten, bei ‚Gates Of Graceland‘, unserer ersten Platte, und bei ‚Let It Rip‘. Live versuchen wir eine Mischung zu finden, ohne zu krasse Übergänge zu produzieren. Am liebsten wäre es mir, zwei Alben zu veröffentlichen – eines nur mit Instrumentals und eines nur mit ‚normalen‘ Songs. Aber das ist sehr schwer, denn bei vielen Surfbands wird das sehr schnell sehr langweilig. Wenn wir das machen wollten, müssten wir viele Songs mit unterschiedlichen Instrumenten aufnehmen, mit alten Gitarren, mit anderen Drums, auch mit Bongos und solchen Dingen. Schon durch andere Instrumente kreierst du ja einen anderen Sound. Jemand wie Link Wray muss so was nicht machen, seine Songs sind einfach genial, aber wir Sterbliche müssen da auf andere Mittel zurückgreifen. Machen möchten wir so etwas schon, aber wir können es uns nicht leisten. Wir haben uns auch schon überlegt, ein paar Singles zu veröffentlichen, vom Sound her so trashig wie die ‚El Cheapo‘-Single, auf denen wir dann solche Sachen machen können.“
Wie waren die Touren seit 2001 denn so?

„Die Touren sind seit dieser Zeit eigentlich immer besser geworden. Für das ‚Full Tank of Tiki‘-Album hat Flight 13 ein wenig Promotion gemacht, was vielleicht für die Plattenverkäufe nichts gebracht hat, aber wir hatten jede Menge Presse, und es kamen mehr Leute zu den Konzerten. Für ‚Seven Pleasures‘ hatten wir keine Promotion, da Tom einfach kein Geld dafür hatte, aber es kamen immer mehr Leute zu den Konzerten und ‚Seven Pleasures‘ verkaufte sich in wesentlich kürzerer Zeit besser als jedes andere Album. Die Tour im Herbst war ein wenig kürzer, aber wir hatten davor ein paar komplette Wochenenden und auch noch danach. Und eines haben wir gelernt: Es macht mehr Sinn, ein paar Konzerte in Österreich und Süddeutschland zu spielen und dann später einen Block in Nord- bzw. Ostdeutschland. Es macht einfach keinen Sinn, von Norddeutschland nach Wien zu fahren, um da einen Gig zu spielen, denn der Weg kostet uns ja auch Geld. Wenn dann noch eines der Konzerte am Wochenanfang ist, kommt niemand auf die Konzerte. Aber wir müssen spielen, weil wir sonst Geld verlieren. Aber wenn wir dann am Montag oder so spielen, kriegen wir auch nicht wirklich welches, die Konzerte dienen manchmal mehr oder weniger dazu, etwas zu essen und einen Platz zum Schlafen zu bekommen. Wenn wir dann an einem Wochenende in Bayreuth, Nürnberg und Schopfheim spielen können, dann macht es richtig Spaß, und wir verdienen auch ein wenig Geld damit.“
Was wolltest du schon immer mal gefragt werden?
„Sicherlich nicht, wie alt ich bin, haha. Was ich zwar schon indirekt, aber noch nie direkt gefragt worden bin: Wie fühlt sich eine Band wie die LOMBEGO SURFERS, wenn sie Bands sieht, die ähnliche Musik machen, aber viel mehr Aufmerksamkeit erhalten? Wenn über uns geschrieben wird, kann man diesbezüglich viel zwischen den Zeilen lesen. Ich persönlich habe kein Problem damit, wenn das bei Bands passiert, die wie die HIVES richtig gut sind. So ist es manchmal eben, manche Bands werden herausgepickt, obwohl sie dasselbe machen, was wir seit zehn Jahren machen. Es geht dabei ja nicht nur um Geld. Die Leute respektieren uns dafür, dass wir das ‚echte Ding‘ sind, deswegen habe ich kein Problem damit. Wenn dir gerade von jüngeren Kids dieses Gefühl vermittelt wird, ist das wirklich cool. Das ist wirklich wichtig. Jemand hat mir einen Song von BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB geschickt und dazu gesagt, ‚Hey, die klingen ja wie ihr!‘. Und der Song klang wirklich wie wir. Darüber kann man aber nicht böse sein. Aber wenn die Leute uns genau zuhören, werden sie auf jeden Fall mehr Originalität hören. Manchmal ist es aber schon so, dass wir uns ein bisschen mehr Promotion wünschen würden. Das hat schon viele Bands wie uns behindert, Bands wie CAVE 4 zum Beispiel. Die Leute wissen einfach nichts von solchen Bands. Wir haben da aber den Vorteil, dass es uns schon so lange gibt, so dass uns ein paar Leute einfach kennen. Als wir mit den HELLACOPTERS gespielt haben, hat deren Schlagzeuger erzählt, dass er unser ‚Blow Your Lunch‘-Album hat. So was gefällt uns natürlich. Da wir nie viel Promotion hatten, läuft bei uns fast alles über die persönliche Ebene, ein paar Freunde in jeder Stadt, die Leute mitbringen und so weiter. Aber manchmal denken wir uns eben schon, dass ein bisschen mehr Promotion vielleicht 50 Leute mehr bringen könnte.“

Claus Kick
Livefoto: Michael Klarmann