NOW IT‘S OVERHEAD

Foto

Überflieger

Auch mit „Fall Back Open“, ihrem zweiten Album auf Saddle Creek nach dem selbstbetitelten Debüt, ist NOW IT‘S OVERHEAD, der aus Athens, GA stammenden Formation – weitgehend das Soloprojekt von Studiobesitzer und Multi-Instrumentalist Andy LeMaster (unter anderem bei AZURE RAY und BRIGHT EYES tätig) –, ein wundervoller Longplayer geglückt. Dabei waren diverse Gastmusiker und -sänger behilflich, etwa Orenda Fink von AZURE RAY oder – man kennt sich in Athens eben – Michael Stipe von R.E.M. Auf der Tour im Frühsommer bot sich Gelegenheit, Andy zu interviewen.
Wie war eure Tour bisher?

„Gestern waren wir in Belgien. Es ist das erste Mal für uns in Deutschland, und es läuft wirklich gut. Das Publikum ist hier sehr aufmerksam und dankbar, und das ist schließlich das Wichtigste.“
Gab es beim Schreib- und Aufnahmeprozess Unterschiede im Vergleich zu eurem Debütalbum?
„Oh ja, hauptsächlich, weil wir beim Schreiben des ersten Albums noch gar keine richtige Band waren. Anfangs hatte ich nur ein paar Songs geschrieben. Nach der Hälfte der Aufnahmen, merkte ich, dass meine Songs auch reif für ein Album waren, und dachte mir, dass es Sinn machen würde, in diesem Zusammenhang eine zu Band gründen. Zu dieser Zeit traf ich dann auch Orenda and Maria von AZURE RAY. Mit Clay habe ich sowieso schon immer zusammen Musik gemacht. Wir haben uns dann irgendwann dazu entschlossen, uns als Band zusammenzutun, um ein vollständiges Album aufzunehmen. Ich wusste beim Aufnahmebeginn dieses Albums also noch gar nicht, wie sich alles anhören und entwickeln würde, ich musste erstmal ein zusammenhängendes Bild entwickeln.“
Deine Songs sind sehr emotional und tiefsinnig. Wie schaffst du es, diese Balance zu halten, einerseits deinen Songs eine sehr persönliche Note zu verleihen, andererseits jedoch nicht zu viel von deiner Privatsphäre preiszugeben?
„Das ist sehr, sehr schwer. Jeder löst das Problem natürlich auf seine Art. Je nach dem, wie man selbst damit umgeht. Ich verändere auch Texte, nachdem ich sie schon fertig habe, aber mich mit dem Text nicht wirklich wohl fühle. Manchmal ist die Grenze zwischen Kunst und deinen persönlichen Gefühlen hauchdünn.“
Du produzierst ja auch selber andere Bands. Mit wem hast du in der Vergangenheit denn schon zusammengearbeitet?
„Das mache ich eigentlich schon, seitdem ich selbst spiele. Da hat sich in den letzten Jahren schon einiges angesammelt. Die meisten Bands kennen viele bestimmt nicht, trotzdem bin ich stolz darauf. Zusammengearbeitet habe ich z.B. mit großartigen Bands wie MARCHA oder THE GLENS, die aus meiner Heimatstadt Athens kommen. Es gibt eine wirklich erstaunliche Musikszene dort. Dann habe ich noch einen Remix für REM gemacht, übrigens auch eine gute Band aus Athens ... Für Saddle Creek habe ich dann noch bei Alben von BRIGHT EYES, AZURE RAY, GOOD LIFE und BEEP BEEP mitgearbeitet.“
Du machst ja viel für Saddle Creek, ebenso machen auch Leute aus anderen Saddle Creek-Bands viel für die Bands des Labels. Es scheint eine große Familie zu sein.
„Das stimmt wohl. Man kann sich Saddle Creek schon als eine Art Hippie-Kommune vorstellen, nur dass wir nicht so viel kiffen. Es geht uns allen eigentlich hauptsächlich um die Musik, als Kunst an sich, und das kompromisslose Arbeiten daran, und das teilen wir alle gerne. Auch die Leute, die für das Label verantwortlich sind, denken genauso darüber. Und das ist wirklich etwas Besonderes.“
Was für Musik hast du in letzter Zeit oft gehört?
„Die letzte Platte, in die ich mich echt verliebt habe, ist die EP von TV ON THE RADIO. Die machen irgendwas zwischen Jazz und MY BLOODY VALENTINE. Vielleicht würden sie es selbst nie zugeben, aber irgendwie erinnert mich der Gesang auch an frühen Grunge-Rock. Alles andere, was mich sonst interessiert, führt in eine ähnliche Richtung. Ich bin nicht wirklich an bestimmten Genres interessiert, sondern eher an allem, was dazwischen liegt. Ich mag auch viel Singer/Songwriter-Kram wie z.B. M. Ward, Bob Dylan, Bruce Springsteen. Und ich mag immer noch Musik aus den 80ern, mit der ich damals aufgewachsen bin, und durch die ich die Liebe zur Musik erst für mich entdeckte habe. Zum Beispiel THE CURE, REM, DEPECHE MODE oder U2.“
Wie kann ich mir die Band-Atmosphäre bei NOW IT‘S OVERHEAD vorstellen? Ihr seid ja doch schon ein ziemlich zusammengewürfelter Haufen, und ihr habt ja noch andere Projekte laufen.
„Für mich hat es sich auf jeden Fall von einem Neben- zu meinem Hauptprojekt entwickelt. Clay war ja auch schon immer mit dabei. Mit Orenda and Maria ist es da ein bisschen schwieriger, da sie nicht immer auf Tour mit dabei sein können, wenn sie mit AZURE RAY beschäftigt sind. Zum Glück haben wir dann noch ein paar gute Freunde aus Athens, die dann schon mal für Maria eingesprungen sind. Ich fühle mich eigentlich sehr wohl bei dem Gedanken, mich hauptsächlich auf NOW IT‘S OVERHEAD zu konzentrieren, und andere manchmal neue Elemente hinzufügen, so dass die Musik in eine ganz neue Richtung gehen kann.“
Wie kam es zur Kooperation mit Michael Stipe?
„Eigentlich nur, weil wir beide aus der gleichen Stadt kommen. Athens ist nicht groß und alle sind irgendwie deine Nachbarn. Und wenn man wie ich seit zehn Jahren dort Musik macht, lernt man sich irgendwann kennen. Ich hatte ja auch schon einen Remix für REM gemacht. Michael Stipe mochte unser Debütalbum, und deshalb war es eigentlich ein ganz natürlicher Schritt für mich, ihn danach zu fragen.“
Wenn deine Musik eine Farbe hätte, welche würde das sein?
„Irgendein Blauton ... Das würde mir jetzt in den Sinn kommen. Ich assoziiere damit die Farbe des Himmels bei Dämmerung, und das war auch immer die Zeit für mich, wenn ich Musik geschrieben und aufgenommen habe. Ich glaube auch, dass es der schönste Zeitpunkt ist, um die Musik zu hören.“

Foto: Chris Bilheimer