DEAD MOON

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Independent Rock’n’Roll Outlaws

Dead Moon ist einen Rock’n’Roll Institution, die wohl jeder Ox-Leser kennt (oder kennen sollte), also will ich euch nicht mit Details langweilen - nur eine kurze Einführung: Sänger und Gitarrist Fred Cole ist eine Garagerock-Ikone (LOLLIPOP SHOPPE und ungezählte andere Bands), seine Frau Toody spielt den Bass. Ich stehe mit einem kalten Carlsberg vor dem Studenterhuset, als sie mit ihrem Minibus ankommen. Schlagzeuger Andrew Loomis sieht mich und bittet um einen Schluck Bier. Ich gebe ihm mein Bier und frage, ob sie ein Interview geben möchten. Er stimmt zu, und es kommt zu einem Gespräch mit Andrew „The Entertainer“ Loomis, der soviel wie ich rauchte und trank während dieses Interviews, ein cooler Typ, kann ich euch sagen …

Wie sieht es mit dem Doku-Film „Unknown Passage: The Dead Moon Story“ aus? Ist er fertig?

„Ja, er läuft Ende diesen Jahres auf ein paar Independent-Filmfestivals. So eines gab‘s auch in meiner Heimatstadt Portland, wo in einem Kino einst der CLASH-Film ‚Rude Boy‘ und der PISTOLS-Film ‚Great Rock‘n‘Roll Swindle‘ gezeigt wurden. Und Jahre später ist dort ein Film über meine Band auf der Leinwand. Wirklich ein tolles Gefühl. Ich glaubte, ich habe wirklich etwas erreicht, ich bin schon etwas stolz auf mich.“

Hast du den MC5 Film „MC5 - A true testimonial“ gesehen?

„Nein, ich lebe ja schon seit einer Ewigkeit in einem Bus und komme kaum mal ins Kino. Ich will aber unbedingt mal den Film über Andy McCoy von HANOI ROCKS sehen ...“

„The Real McCoy“, ein ziemlich seltsamer Film, teilweise dokumentarisch, teilweise mit nachgestellten Szenen aus der Zeit, als er im Krankenhaus war.

„Ja, ich habe gehört, dass er während eines Interviews aus dem Fenster gefallen sein soll. Drogen ...“

Was gibt es denn in der DEAD MOON-Dokumentation zu sehen? Neue Aufnahmen gemischt mit Fred Coles Vergangenheit?

„Da gibt es von allem etwas, jeder bekommt darin seinen Platz. Die Filmcrew hat uns auf einer Europa- und einer USA-Tour begleitet. Eine der besten Aufnahmen ist aus Chapel Hill, North Carolina, mit drei Kameras gefilmt, das ist richtig professionell. Es dauert 92 Minuten.“

Wie ist euer neues „Dead Ahead“-Album, verglichen mit den anderen?

„Es ist eine DEAD MOON-Platte, aber leiser und weniger agressiv als ‚Trash‘n‘Burn‘. Fred schreibt alle Sachen, und es ist die Stimmung, in der er ist, die auf der Platte rüberkommt. Manche der Aufnahmen sind ziemlich hektisch abgelaufen, weil wir es satt haben, dass die Nachbarn vor Gericht ziehen, um uns vom Aufnehmen abzuhalten. Wegen diesen Umständen ist es ziemlich hastig aufgenommen, und da sind einen Menge Fehler auf der Platte.“

Machst du auch bei Tombstone Records mit?

„Das ist Freds und Toodys Sache, ich bin nur bei der Band dabei.“

Ich habe heute mal eure Website angesehen, da gibt es mehr als nur Platten.

„Ja, Tombstone Music ist auch ein Laden für Gitarren, Verstärker und Reparaturen.“

Der Laden sieht aus wie aus einem John Ford-Western, wie eine Touristenattraktion.

„Fred hat alles selbst gebaut. Jetzt ziehen sie aber in ein anderes Gebäude, mit einem Gemüseladen zusammen. Da gibt es dann Tombstone Music und Tombstone Territory.“

Viele Bands predigen ja heutzutage den D.I.Y/Independent Ethos, aber die einzigen, die wirklich dazu stehen, sind Bands wie die CYNICS oder DEAD MOON.

„Wir sind absolut independent! Die meisten Bands heute sind ja nichts als Tochterunternehmen von Warner, Geffen oder Sony. Mit independent hat das nichts zu tun. Ich bin stolz darauf, 100% unabhängigzu sein, denn so hast du es auch mit viel weniger Arschlöchern zu tun. Mehr Geld bedeutet mehr Probleme und mehr Leute, die dir in die Taschen greifen wollen.“

Eine Band bekommt heutzutage einen zig Dollar-Deal, aber sie muss dann auch die Aufnahmen bezahlen, die Werbung und die Tour finanzieren, und spätestens in einem Jahr ist sie pleite.

„Ich will nicht über andere Bands herziehen, aber sieh dir mal MONSTER MAGNET an. Die waren auf einem Major-Label, hatten dann aber diese ganze Scheiße satt, und jetzt sind sie wieder auf einem Independent-Label. Wir machen alles selbst, fahren, Anlage schleppen etc. Meine Frau verkauft unser Merchandising, ein Freund aus Neuseeland kümmert sich um den Bühnenaufbau und macht uns Cocktails, haha. Toody übernimmt die Navigation, Fred ist unser Fahrer und ich bin der Entertainer.“

Auf nahezu jedem Foto von dir trägst du ein Jack Daniels-T-Shirt, und du hast eine JD-Flasche an deinem Schlagzeug. Vielleicht ist es gegen das Independent-Credo, aber Jack Daniels sollten euch sponsorn.

„Ich weiß, ich liebe Jack Daniels, nicht wegen Rockstars wie Slash oder Keith Richards, aber das ist einfach das richtige Zeug für mich. Klar, du kannst davon auch einen Kater bekommen, aber der ist ganz anders, als wenn du etwa eine Flasche Gin trinkst. Ganz andere Körperchemie. Nimm zum Beispiel Scotch, egal ob es eine $400 Flasche ist: Wenn‘s Scheiße schmeckt, scheiß drauf.“

Weißt du, dass Dänemarks größte und beste Garagerock-Band BABY WOODROSE stark von euch beeinflusst sind?

„Ja, ich habe gehört, dass sie einen Song von LOLLIPOP SHOPPE, Freds alter Band, spielen. Es ist sehr schmeichelhaft, dass junge Bands uns bewundern. Ich habe auf dieser Tour viele Leute kennen gelernt, die uns mit 14-15 zum ersten Mal gesehen haben, noch nie eine Gitarre in der Hand hatten, und dann gesagt haben: ‚Ich muss auch so was machen!’ Sie sind jetzt alle in Bands, sie geben uns ihre CDs und da ist dann immer ein DEAD MOON-Song drauf. Fuck yeah, das ist großartig!“

Ich war auch mal in einer Band, die DEAD MOON gecovert hat. Was ist so attraktiv an DEAD MOON? Ich denke es ist einfacher, reduzierter Rock‘n‘Roll, keine übertriebenen Produktionen, einfacher purer Rock‘n‘Roll.

„Ja, genau, wenn wir live spielen gibt es keine Effekte, den einzigen Effekt, den wir benutzten, ist Lautstärke.“

Ich habe letztens Arthur Lee live gesehen. DEAD MOON sind von LOVE beeinflusst, oder? Ihr spielt „Signed D.C.“

„Ja, ich habe gehört, dass er heute immer noch Arsch tritt. Aber jeder will über die 60s reden, und bei Freds Background verstehe ich auch, warum, aber hey, ich bin 1961 geboren, ich war ein Kind zu der Zeit.“

Ich auch. Ich bin 1964 geboren, meine ersten Helden waren THIN LIZZY.

„Yeah, Phil war großartig. Ich stand aber auch auf Soul, Stax und Funk wie George Clinton. Und dann ... KISS! Ja, THIN LIZZY und KISS! Ich habe auch zum ersten Mal CHEAP TRICK gesehen, als sie mit KISS auf der ‚Love Gun‘-Tour spielten. Letztes Jahr haben wir mit CHEAP TRICK in England gespielt. Ich liebe sie, sie gehören zu meinen Idolen. Zu ihrer Musik habe ich eine Menge Mädchen flachgelegt, haha. Sie sind so unterbewertet, aber ich verehre sie total. Ich musste meine Mutter anrufen und ihr erzählen, dass wir mit ihnen spielen, und sie sagte ‚Echt? Das ist großartig!‘. Und nach dem Konzert kam Rick Nielsen zu mir und meinte ‚Ich finde eure Version von ‚Milk cow blues‘ klasse‘, und ich denke mir ‚Wow! Er kennt meine Band, er gehört wirklich zur Szene‘. Wer ist sonst noch so drauf? Oh ja, ich habe gehört, dass Lemmy mal bei einem Interview in Griechenland nach seinen Lieblings-Bassisten gefragt wurde, und scheiße noch mal, er hat Toody Cole genannt. Und Iggy Pop ist auch cool, diese Typen sind echt, wirklich echt.“

Ihr spielt heute als einzige Band, keine Vorband …

„Wir spielen aber auch 2 1/2 Stunden. Ich hasse Bands, die nur 40 Minuten spielen, ohne Zugaben. Ich meine, die Leute haben sich die ganze Woche lang den Arsch abgearbeitet, sie verdienen auch eine richtige Show für ihr hart verdientes Geld!“

Für den Gig gab es keine aufwändige Werbung, aber die Hardcore-Fans kommen trotzdem, Leute aus Schweden und Norwegen. DEAD MOON-Fans kommunizieren von Mund zu Mund und über das Internet.

„Wir sind eben eine Kult-Band. Und die beschissene Courtney Love gibt eine Million Dollar im Jahr für Werbung aus. Eine Scheiß-Million. Sie lässt die Leute vom NME einfliegen, damit sie bei denen auf das Cover kommt. Wir haben nicht einen Scheiß Penny für Werbung ausgegeben! Wir sagen uns ‚Behandle die Leute so, wie du behandelt werden willst, und sie lassen dich auch wieder kommen‘. Veranstalter sind immer zufrieden mit uns, denn mit uns kann man gut zusammenarbeiten.“

Foto: Sponge-Pix