VON SPAR

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Kein gehaltloser Festplattenrock

So langsam aber sicher sollte es sich rumgesprochen haben, wer sich alles hinter VON SPAR verbirgt, und was bei dieser Band Sache ist. Nennen wir es Electro-Dance-Punk, oder eine eigenwillige Mixtur aus den GOLDENEN ZITRONEN, GANG OF FOUR und THE RAPTURE, was Thomas Mahmoud (THE OLIVER TWIST) und Philipp Janzen (URLAUB IN POLEN) auf die Beine stellen. Zu Beginn des Jahres 2003 gegründet, folgte kurz darauf die erste sagenhafte EP „Vielen Dank für Ihr Verständnis“. Jetzt, kein Jahr später, „Die uneingeschränkte Freiheit der privaten Initiative“.

Ein Debüt, bei dem vorschnell ein böses Urteil gefällt werden könnte: Klingt bei halbherzigem Hinhören nach Berlin-Mitte. Stop! Denn lässt man sich auf die zehn Stücke der Platte ein, entpuppen sich VON SPAR aus Köln nicht als weitere Phrasenschwinger der Hauptstadt, sondern als äußerst innovative Musiker, die mit der Zweckentfremdung des Gedankenguts anderer Neues schaffen. „Ich bin eine Ich-Maschine, ich bin eine Ich-AG“ oder „Wir brauchen mehr Dynamit, Regie!“ sind vielleicht auch nur simple Textzeilen, aber solche, die dennoch Parolen gleichen. Umso verwunderlicher ist daher, wie Joachim in der letzten Ausgabe über das Trio schreibt: „Was bleibt ist der Eindruck, einer halbgaren Scheibe, die von den richtigen (netten!) Menschen mit den richtigen Ideen und Intentionen gemacht wird, aber das macht eben noch keine gute Platte. Aber okay, ich gestehe ein, dass man das als Germanistik-Erstsemester, neu angekommen in der großen Stadt, vielleicht anders sieht.“ Einspruch (von einem nicht Germanistik-Erstsemester, der auch schon etwas länger in der großen Stadt lebt)! Zugegeben, „Die Uneingeschränkte Freiheit der Privaten Initiative“ ist ein zweifelsohne polarisierendes Werk, aber sicherlich nicht halbgar, vielmehr normbrechend, was Platte und Band wiederum nicht zur leichten Kost verkommen lässt. An einem der wenigen Sommertage in diesem Jahr nahmen Christopher Marquez (Bass, Gitarre, Programming) und Philipp Janzen (Schlagzeug, Percussion, Piano, Programming) in der Küche ihrer gemeinsamen Parterre-Wohnung Stellung zur Supergroup VON SPAR.

VON SPAR – Band oder „nur“ ein Projekt neben THE OLIVER TWIST und URLAUB IN POLEN?

Philipp:
„VON SPAR ist eine absolut eigenständige Geschichte neben TOT und UIP. Wie sich das weiterentwickelt? Keine Ahnung. Christopher und ich hatten bereits zusammen Musik gemacht, und wir wollten schon seit längerer Zeit auch mal etwas gemeinsam mit Thomas machen. Falls wir in einem Jahr keine Lust mehr haben, dann lassen wir es sein, selbst wenn es dann garantiert Knatsch mit dem Label geben wird, haha.“

Leiden TOT und UIP unter VON SPAR oder habt ihr genügend Ideen?

Philipp:
„Natürlich leiden sie nicht darunter, denn es geht bei VON SPAR ja um etwas völlig anderes. Wir alle wollten nicht immer nur mit einer bestimmten Musikrichtung arbeiten, und ich persönlich hatte jede Menge Lust, neben UIP mit neuen Sachen zu experimentieren.“

Gibt es irgendein Konzept hinter dem Album?

Philipp:
„Es gab anfangs kein wirkliches Konzept. Nachdem wir drei in unserem kleinen Studio zusammen saßen, hat sich alles langsam entwickelt bis die erste 12“ fertig war. Wir haben am Computer Schritt für Schritt die Spuren gemacht, sind dann in den Proberaum gegangen, um für Konzerte zu üben und haben aus der Schnittmenge im Studio die endgültigen Stücke für das Album zusammengefügt. Wichtig war, dass es mehr live als nach Festplattenrock klingen sollte.“
Christopher: „Ja, der Grundgedanke war, die Platte so aufzunehmen, wie wir sie auch live umsetzen können.“

Welche Gewichtung haben die Inhalte eurer Songs im VON SPAR-System?

Philipp:
„Wir vertreten eine bestimmte politische Grundeinstellung, die in den Texten thematisiert wird. Es geht uns nicht darum, die Leute zu belehren oder politisch zu erziehen. Vielmehr verarbeiten wir persönliches, in unserem Fall oftmals mit politischem Inhalt gefärbt, weil wir uns nicht verstellen wollen. Letztendlich reden wir hier aber von nichts anderem als Popkultur und keinem Mittel zur Revolution.“
Christopher: „Wenn die Leute zu unserer Musik tanzen wollen oder sie sich einfach nur die Platte anhören wollen, bitte. Wenn sie sich auf das Sofa setzen wollen und eine Textanalyse machen möchten, auch gut.“

Warum L‘Age D‘Or? Wäre es nicht nahe liegender gewesen, wie mit TOT und UIP über Rakete zu veröffentlichen?

Philipp:
„Thomas hatte den Kontakt zu Lado, und nachdem sie unser Demo gehört hatten, war klar, dass wir an einem Strang ziehen. Ich fand schon immer einige der Elektro-Künstler auf Lado beeindruckend. Und mit größeren Labels zu arbeiten, hat auch Vorteile – z.B. mehr Geld, haha.“

Dann seid ihr also nicht wie eure Labelkollegen von THE ROBOCOP KRAUS eher skeptisch gegenüber größeren Plattenfirmen eingestellt?

Philipp:
„Nein, im Grunde sind wir diesbezüglich nicht sonderlich skeptisch. Wenn es möglich wäre, was ich nicht glaube, durch Musik politisch zu beeinflussen, dann wäre auch Universal in Ordnung. Die bieten dir eine Bauzaunplakatierung, auf der man seine politische Meinung vertreten kann. Was willst du mehr? Das Label ist in diesem Fall ja nur ein Mittel zum Zweck. Falls man eine Revolution mit den Waffen von Heckler & Koch führen wollte, ist es politisch wohl auch eher unkorrekt, dies mit den Knarren einer österreichischen Waffenschmiede zu machen. Andererseits funktionieren die Dinger aber auch ganz gut, um eine Bank auszurauben.“

Wie würdet ihr das beschreiben, was VON SPAR ausmacht?

Philipp:
„Es ist wohl zeitgemäß. Ich denke, dass wir bemüht sind, etwas mit unserer Musik zu transportieren. Vielleicht trifft die Bezeichnung einer Art extrem tanzbarer Gitarrenmusik zu, die amerikanischen Gruppen wie THE RAPTURE gegenübersteht und die Partykultur vielfältiger macht.“
Christopher: „Zudem ist festzustellen, dass es einen unglaublichen Deutsch-Hype gibt, von dem wir als Band wie auch z.B. die MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER profitieren.“

Ihr habt auf der Platte mit Peter Hein (FEHLFARBEN) und Frank Spilker (DIE STERNE) zwei Gastmusiker an Bord geholt. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Christopher:
„Die Textzeile, die Peter Hein bei ‚Schockwellen aufs Parkett‘ singt – ‚Geschichte wird gemacht‘ –, ist ein Zitat aus einem FEHLFARBEN-Song, und so zitieren wir ihn und er sich auf unserer Platte gleichzeitig selbst. Wir haben ein paar Konzerte mit FEHLFARBEN gespielt und fragten ihn einfach, ob er Lust hat, uns bei dem Stück zu unterstützen. Nach dem ersten gemeinsamen Konzert war er doch recht patzig zu uns, der Abend verlief rein besuchertechnisch nicht wirklich gut, aber als er uns am zweiten Abend der Tour live gesehen hatte und wir auch alle mit ihm und der Band etwas vertrauter waren, sagte er schließlich zu.“
Philipp: „Bei Frank Spilker war es ähnlich. Während der gemeinsamen Jubellado-Tour lernte man sich näher kennen, und wir suchten für den Track ‚Ist das noch populär‘ noch nach einem stimmlichen Gegenstück zu Thomas. Zum einen heißt es im dem Song ‚Das Funkeln der Sterne‘, was zu Frank perfekt passt, und zum anderen bot es sich an, da wir in Hamburg die Platte aufnahmen.“

Foto: Frederic Lezmi