CLAIR DE LUNE

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Hauen in die Tasten

Auch Gruppen, die sich nach dem Licht des Mondes benennen, können rocken. Im Falle von CLAIR DE LUNE und deren Debüt „Marionettes“ auf Deep Elm sogar gewaltig. Nachdem das Keyboard wieder mehr als salonfähig ist, schrecken die fünf Musiker aus Minnesota vor nichts mehr zurück und wagen eine Synthese aus Hardcore, Punk und klassisch anmutendem Piano. Dabei klingen sie unglaublich hip und sind, wie Gitarrist Tom Caughlan versichert, auch noch politisch und von der Wiederwahl des von ihm liebevoll „Fuckhead“ genannten Präsidenten gar nicht begeistert.

Wie lange gibt es euch und wer steckt dahinter?


„CLAIR DE LUNE sind Adam, Justin, Tom, Ben und Jon. Wir spielen nun seit fast drei Jahren zusammen. Musikalisch haben wir verschiedene Interessen, aber wir konnten uns auf eine Hand voll Bands einigen, die uns allen gefallen. Durch die verschiedenen Charaktere in der Band entwickelt sich das Songwriting sehr vielseitig. Justin bringt harten Punk ein, Adam die süßen Pop-Melodien, Ben ist für den Rhythmus und die wirren Tempiwechsel verantwortlich, während Jon den psychedelischen Aspekt hinzufügt. Und ich bringe einfach die Gitarre mit.“

Stimmt es, dass euer Name aus der Klassik kommt?

„Ja und nein. Wir wussten, dass es eine gleichnamige Komposition von Debussy gibt, aber eigentlich hat uns ein Freund den Namen vorgeschlagen, und wir mochten seine Melodie. Danach hatte er aber keine spezifische Bedeutung mehr, außer dass er für uns stand. Man kann die Dinge nicht immer wörtlich nehmen, man muss eine persönliche Bindung zu ihnen herstellen.“

Seid ihr eine aktiv arbeitende Band oder habt ihr euch entdecken lassen?

„Wir arbeiten auf manchen Gebieten schon sehr hart. Zum Beispiel schreiben wir ständig Songs, gehen auf Tour und spielen live. Wenn es dann an die Werbung und die Vermarktung unserer Kunst geht, dann gehen wir in Deckung. Daran mussten wir aber im vergangenen Jahr ziemlich arbeiten. Wir hatten Glück, dass unser Demo so gut bei Deep Elm angekommen ist und wir nun dort unter Vertrag sind.“

Seid ihr politisch?

„Wir haben in einem Lied noch nie über Privates geschrieben. Es gibt bei uns auch keine Liebeslieder. Zwar sehen wir uns nicht als eine Band an, die zwingender Weise eine Botschaft hat, aber wir geben auf dem Album doch viele unserer Ansichten preis. Momentan bin ich über die Politik so verärgert, dass ich darüber lästern könnte, bis es keinen Sinn mehr macht. Wir wollen jetzt nicht nur über Politik singen, sondern sie aktiv betreiben.“

„Life On Remote“ richtet sich gegen das Fernsehen, wie siehst du die mediale Landschaft in den USA?

„Die Medien bei uns sind genauso böse und rechtslastig, wie es sich die Europäer wohl vorstellen. Seit ‚Fuckhead‘ wieder gewählt wurde, gibt es unter den 48% der Amerikaner, die tatsächlich über ein Gehirn verfügen, die Tendenz zum Selbsthass. Die Medien hier werden durch die Bank von großen Firmen gesponsert. Es war zwar schön, die Solidarisierung unter den Intellektuellen, Demokraten und Künstlern zu sehen, aber leider konnten wir die 52% der Wähler nicht schlagen, die denken, G. W. Bush wäre direkt von Jesus berufen worden.“

Ist das Internet nur ein Update des Fernsehens und ebenso schädlich, oder macht es unser Leben wunderbar und um so vieles einfacher?

„Auch da bin ich geteilter Meinung. Es gibt sehr viel Werbung im Internet und gerade die großen Labels stecken viel Geld in ihre Webseiten und auch in Banner, da kann man nur schlecht mithalten, wenn man einfach nur möchte, dass die Leute mal die Musik anhören. Anderseits kann jeder sich eine Seite machen und alles sagen, was er möchte und seine Kunst für alle bereitstellen, und die Seite unterliegt keinem Eingriff von Außen. Ich persönlich habe keinen Fernseher, aber ich liebe das Internet.“

Keyboards sind wieder sehr in Mode, wie kamt ihr dazu?

„Wir benutzen von Anfang an Keyboards, vor allem von Rhodes, weil sie so einen warmen, organischen Sound haben. Später haben wir dann öfters das Piano benutzt und Effekte damit gekoppelt, aber je mehr Songs wir schreiben, desto mehr verschiedene Klänge verwenden wir. Wir hatten nie eine bestimmte Absicht, die das Keyboard erfüllen sollte, aber ich denke, es macht die Songs melodischer, als wenn nur zwei Gitarren röhren.“

Hardcore und Indie sind sehr oberflächlich geworden und das Aussehen sowie Designer-Booklets haben großen Einfluss gewonnen. Ihr negiert das Konzept – Zufall oder Absicht?


„Wir haben es immer verachtet, dass die meisten Bands Image und Aussehen über die Musik stellen. Die Szene ist sehr auf den Schein bedacht. Wir haben auf unserer letzten Tour im CBGB’s in New York gespielt und als wir dort ankamen, um auszuladen, waren dort acht Vans voller hübsch frisierter Typen, die alle $180-Jeans und Shirts in Kindergrößen anhatten. Man konnte die Gruppen auch auf der Bühne stilistisch nicht mehr unterscheiden.“

Ihr erhebt den Anspruch, die Dekonstrukteure des Hardcore zu sein. Wieso sollte das passieren?

„Wir sind eine Rockband und wir werden uns weiterentwickeln und schreiben, was immer wir wollen. Ich persönlich denke, dass Hardcore tot ist, aber dient dazu, den Kids die Augen für andere musikalische Stile zu öffnen. Man braucht diese Energie, wenn man jung ist.“

Was steckt hinter dem Titel „Marionettes“?

„Der Titel zeigt, wie wir uns während des Schaffungsprozesses fühlten. Er deutet an, wie wenig Kontrolle man über das eigene Leben hat. Es geht darum, dass man in einem nervtötenden Beruf arbeitet, damit man abends Musik machen kann. Wenn man das Album am Stück hört, kann man die Höhen und Tiefen wahrnehmen. Wir haben die Titel so angeordnet, dass die Hörer den klaren Zusammenhang sehen.“