BLOOD BROTHERS

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Keine Angst vor Pop!

Nach ihrem aktuellen Album darf man die BLOOD BROTHERS entweder lieben oder hassen. Ob sie nun ihren Hardcore-Wurzeln den Rücken gekehrt haben oder sie den Hardcore weiterentwickeln, daran scheiden sich die Geister. Bei Liveshows hingegen ist es schön zu sehen, dass alte Fans sie immer noch abfeiern können und die neu hinzugekommenen doch sichtlich erschreckt über die im Vergleich zur Platte härtere und schnellere Gangart sind. Vor ihrer Show im Berliner Maria traf ich Cody, Gitarrist der Quietsch-Boys Of Noise, zu einem Interview.

Euer aktuelles Album „Crimes“ klingt ja nun sehr viel ausgereifter als frühere Platten. Was war euer Haupteinfluss, um in diese Richtung zu gehen?


„Ich weiß nicht so genau, wahrscheinlich gab es sehr viele kleine Einflüsse, die auf uns wirkten. Aber hauptsächlich war es einfach nur unser natürlicher Reifeprozess. Wir hätten uns wahrscheinlich nur sehr gelangweilt, wenn wir noch mal ein Album wie unser letzteres gemacht hätten. Wir haben es einfach nur zugelassen, bestimmte neue Ideen auszuarbeiten und somit Musik zu spielen, die wir vorher noch nie spielten.“

Also habt ihr keine Angst vor Pop?

„Nein, überhaupt nicht!“

Kannst du dir vorstellen, dass ihr im Zusammenhang mit anderen Bands wie THE LOCUST und MARS VOLTA, die ja alle ihre Ursprünge im Hardcore haben, aber auf ihre Art und Weise mit anderen Stilen mischen und neu definieren, neue Möglichkeiten für nachkommende Bands und Musiker ebnen könnt?

„Das wäre natürlich großartig! Davon träumt man natürlich, dass das, was man selbst schafft, so wichtig und wegweisend ist, dass es neue Wege für nachkommende Musik öffnet. Man ist ja auch irgendwie ein Teil eines Prozesses, wo jeder die anderen antreibt, etwas Kreatives zu machen. Und mit den beiden Bands, die du gerade nanntest, ist es schon so, dass man sich musikalisch sehr verbunden fühlt, auch wenn jede Band selbst ganz anders klingt als die andere. Ich selbst würde uns als Band nicht so wichtig einschätzen, aber es wäre schön, wenn man in 25 Jahren noch von uns sprechen würde, als eine Band, die alles aus sich herausgeholt hat.“

Woran, glaubst du, liegt es, dass immer mehr Majorlabels an dieser Art von Musik interessiert sind?

„Ich glaube es hat viel damit zu tun, dass die Majors nicht mehr soviel Platten wie früher verkaufen. Ich kann mir auch nicht direkt vorstellen, woran es jetzt liegt, dass sich die Plattenindustrie in den letzten Jahren so auf alle möglichen Bands stürzt. Meistens verkaufen diese auch gar nicht wirklich so viele Platten, obwohl sich die Bands gut machen. Vielleicht liegt es daran, dass die Industrie momentan nichts anderes hat, woran sie sich halten kann. Ich denke, die Musik dreht sich immer mehr im Kreis, wobei der Mainstream immer langweiliger wird. Ich dachte früher, Majorlabels würden Kontrolle über alles haben, wie die Band aussieht, wie sie klingt und so weiter. Als ich aber selber die Erfahrung machte und ein Major an uns herantrat, ging es nur darum, was wir wollten und dass das Label mitzieht. Für mich hinterließ es einfach nur den Eindruck, dass es wohl momentan einfach die Art und Weise ist, Bands zu behandeln, weil sie keine andere Wahl haben. Bands wie wir kosten ja nicht so viel Geld.“

Welchen Grund hattet ihr dieses Mal, nicht wieder mit Ross Robinson zusammenzuarbeiten?

„Wir wollten diesmal einfach mit einem anderen Produzenten arbeiten, um etwas anderes auszuprobieren. Wir mochten all die Platten, die John Goodmanson produzierte. Deshalb fühlten wir uns bei ihm gut aufgehoben, und er kommt ja auch aus Seattle wie wir.“

Johnny und Jordan haben ja auch schon die Zeichnungen und das Layout für das Artwork von „Crimes“ gemacht. Gibt es noch andere außermusikalische Betätigungen bei den BLOOD BROTHERS?

„Ja, Johnny betreibt noch ein T-Shirt Unternehmen namens ‚Chrystal City‘. Von meiner Seite aus gibt’s nichts Aufregendes zu erzählen. Ich könnte mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, einem normalen Beruf nachzugehen. Wenn ich nicht Gitarre spielen würde, würde ich wahrscheinlich nur mehr skateboarden.“

Heißt das, dass ihr auch in Sachen Merchandise mit Johnny kooperiert?

„Nein, überhaupt nicht. Das ist seine Sache und hat gar nichts mit BLOOD BROTHERS zu tun.“

Welche Platten hört ihr gerade in eurem Tourbus?

„Also heute habe ich Joanna Newsom gehört und ansonsten in den
letzten Tagen z. B. viel von Miles Davis und CAPTAIN BEEFHEART.“

Glaubst du, ihr werdet immer noch Musik machen, wenn ihr älter seid?

„Das habe ich mich auch schön häufiger gefragt. Einige Bands scheint es ja wirklich schon eine Ewigkeit zu geben. Wenn ich in 20 Jahren noch Musik spielen würde, denke ich schon, dass ich ähnliche Musik wie heute spielen würde. Aber ich glaube, ich würde nicht immer noch versuchen zu rocken, wie es viele dann noch versuchen. Manchmal wünsche ich mir, dass alte Bands wie U2 oder die ROLLING STONES einfach nur mal aufhören würden, Musik zu machen. Ich meine, ich bin erst 22, kann also nicht nachvollziehen, woher ihre Musik wirklich kommt. Doch ich hoffe nur, wenn ich in 20 Jahren noch Musik mache, dass es anders klingt.“