CLICKCLICKDECKER

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„Der Name ist scheiße und der Typ sieht aus wie Husten ...“

Menschenmassen machen mir Angst. Sogar kleine Menschenmassen in Form von Musikkapellen. Einzelne Leute, das bekomme ich ab und zu hin. Aber auch das hat mir niemals jemand so recht erklärt. Dennoch bin ich bemüht und versuche regelmäßig Gespräche zu führen. So auch mit Kevin Hamann aka CLICKCLICKDECKER. Der hat nämlich bei den Hamburger Labels Audiolith und Meerwert eine neue Platte gemacht, die ganz in der Tradition großer Einzelkünstler steht.
Noch denkt man an Tom Liwa oder einen CLICKCLICKDECKER-Fan wie Bernd Begemann, so kann einem schon bange werden. Denn kann man sich mit solchen oder so ähnlich klingenden Leuten unterhalten? Ach, irgendwie schon. Und wenn nicht? Dann sollte man sich dennoch nicht davon abschrecken lassen und sich ruhig mal ein paar Lieder dieser Menschen anhören. Schöne Geschichten, dichte Atmosphäre und hübsche Metaphorik, das mag man doch, wenn man Songwriterpop mag, was?! Manche Menschen sind für solche, andere wiederum für ganz andere Dinge gemacht. Hier der eMail-Talk mit Kevin, wer viel mehr über ihn erfahren möchte, der muss schon seine Texte lesen, am besten zweimal, oder ihm ein Bier bezahlen ...

Warum schreibst du überhaupt Songs?


„Keine Ahnung, weil ich Lust dazu habe. Warum machst du das hier?“

Selbstdarstellerei? Fürs Ego? Weil man irgendjemandem die Meinung sagen will? Wegen der Mädels? Kreativer Überdruck ...

„Weil ich eben Bock drauf habe und das als mein Tagebuch nutze. Der Mädels wegen, ja, das durfte ich mir auch schon von einigen Leuten anhören. Natürlich sage ich jemandem bzw. jedermann damit meine Meinung. Ich will aber niemanden verändern oder jemandem etwas vorschreiben. Ich sage nur meine Meinung, das darf ich ja schließlich.“

Bist du Landei oder Städter, wo gibt es deiner Ansicht nach Unterschiede?

„Zur Zeit wohne ich in der Stadt, aber auch ich habe den geheimen Wunsch, später auf dem Land ein Haus zu bauen oder was weiß ich ... Und dort mit meiner Frau und meinen Kindern alt zu werden. Ich glaube das will jeder/jede irgendwann, aber jetzt ziehe ich das Stadtleben vor. Der Unterschied? Die Präsenz. Du hast in der Großstadt viel mehr Möglichkeiten, sie liegen auf der Straße und du musst sie nur aufheben.“

Was hörst du zur Zeit zu Hause für Musik?

„Eher instrumentale Sachen: DYLAN GROUP, MICE PARADE, GASTON, aber auch die neue YO LA TENGO-‚Best of‘ hab ich mir gekauft, dann muss ich nicht mehr die Platten einzeln auflegen, um meine Lieblingsstücke zu hören ... Ansonsten hab ich gerade noch die Vorabversion vom neuen TCHI-Album bekommen. TCHI sind geil, check die neue Split mit GRAF ZAHL!“

Welche Jugendsubkulturen haben dich sozialisiert?

„Trainingsjacken und die deutsche HC-Szene in den 90ern, Per Koro, X-Mist ...“

Wann hast du denn mit Trainingsjacken-Hardcore gebrochen und warum?

„Es gibt kein Warum oder einen Zeitraum bzw. Zeitpunkt, man entwickelt sich halt weiter. Eigentlich habe ich nie bewusst damit gebrochen; es veränderte sich mit mir und ich mit ihm.“

Wovon zahlst du deine Miete?

„Ich arbeite bei einer Assistenz-Genossenschaft und unterstütze einen Querschnittsgelähmten in seinem Leben, das sind 20 Stunden in der Woche. Dann habe ich noch einen Job, wo ich einen Jungen ohne Kurzzeitgedächtnis betreue ... Aber da bin ich zum Schweigen verdonnert, bzw. habe ich in meinem Vertrag eine Klausel unterschrieben. Ich darf nichts erzählen. Aber nur soviel: Der Junge hat kein Kurzzeitgedächtnis, also vergisst er alles innerhalb weniger Minuten. Meinen Namen kann er sich nach einem Jahr Betreuung merken.“

Bist du ein Beziehungsmensch?

„Ja, ich und meine Freundin sind seit knapp drei Jahren zusammen und werden es hoffentlich auch bleiben, zumindest ist es so geplant ... Beziehungen zu anderen Leuten halten oder entwickeln, tja, da gelte ich eher als schwierig. Ich bin sehr eigen und sage das, was ich denke, sehr direkt. Viele Menschen kommen damit nicht klar, aber ich kann ihnen das nicht abnehmen, mich selber stört das nicht.“

Hat deine Freundin viel Einfluss auf deine Musik? Beteiligt sie sich oder du sie irgendwie aktiv an den kreativen Prozessen?

„Meine Freundin hat einen großen Einfluss auf meine Texte. Sie ist auch die Erste, die ein Lied hört und auch bei der Auswahl zum Album war sie aktiv beteiligt und hat mir viel weitergeholfen. Ohne sie wäre z. B. ‚In Altona trank ich mal einen guten Kaffee‘ nicht auf dem Album. Und die Leute finden den Song geil.“

Gibt es heute noch eine Jugendsubkultur, zu der du dich hingezogen oder der du dich zugehörig fühlst?

„Nein, ich bin mit meiner Kultur älter geworden und sie mit mir. Da hab ich schon genug Kultur, dann kann ich mich nicht auch noch mit der heutigen Jugendkultur beschäftigen. Allerdings frage ich mich manchmal, ob es noch diese HC-Szene aus den Neunzigern gibt, Bremen und so, davon bekomme ich gar nichts mehr mit. Die Kids und Teens tummeln sich doch alle nur noch auf emopunk.de.vu und halten BLINK 182 oder GOOD CHARLOTTE für Emo. Für was soll ich mich da noch interessieren? Oder denen erzählen?“

Was ist denn deiner Meinung nach Emo?

„Keine Ahnung. Mein Bruder, der ist Emo. Aber GOOD CHARLOTTE sind das auf jeden Fall nicht.“

Hörst du heutzutage noch irgendwelche Klassiker von „damals“? Oder überhaupt nix mehr dergleichen?

„Oh doch. Deshalb brauch ich mir aus diesem Genre auch nichts mehr zu kaufen, also was da an neuen Sachen kommt. Ich habe eine ACME, eine MALVA, AKEPHAL, INITIAL STATE, MAXIMILIAN COLBY, ASSAY, AGE und vieles mehr im Schrank stehen. Gerade gestern erst habe ich RUSTY JAMES mal wieder gehört.“