Ken Stringfellow

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THE POSIES, R.E.M. & WHITE FLAG

Größer als zwischen dem Sonic Ballroom in Köln und dem Schlosshotel in Bergisch Gladbach könnte der Unterschied zweier Locations nicht sein. Im charmanten Kölner Kneipenclub trat Ken zuletzt als Gitarrist von WHITE FLAG auf, vor ein paar wenigen Eingeweihten, im Luxushotel dagegen stieg er ab als Tour-Mitglied von R.E.M., die sich dort in den Tagen vor dem Auftritt auf dem Bonner Museumsplatz vergnügten. Und das Schlosshotel war auch die Kulisse für die Interviews, die der drahtige, komplett in schwarz gekleidete Musiker zum neuen Album der POSIES gab. Mit denen fing auch alles an, damals, Ende der Achtziger. Ich unterhielt mich über eine Stunde lang mit Ken, einem sehr smarten, aufmerksamen, interessanten Gesprächspartner, der freilich die Tendenz hat, etwas abzuschweifen – und der allergisch ist auf vermeintlich dezenten Dudeljazz, wie er gerne in feinen Etablissements wie etwa dem Schlosscafé gespielt wird. Weshalb Ken erstmal für Ruhe sorgte und dann einen Blick ins Ox warf.

Du hast ja schon mit unzähligen Bands und Musikern gespielt. Hast du das irgendwie festgehalten, oder kannst du dich einfach so daran erinnern?

„Wenn ich daran denke, dann schreibe ich das auf. Moment, jetzt läuft schon wieder diese grausame Musik, ich kümmere mich mal eben drum ... So, jetzt ist’s besser. Ganz speziell diese Musik nervt mich auf ganz penetrante Weise. Würden hier jetzt die RAMONES ganz leise laufen, wäre das okay. Aber zurück zu deiner Frage: Ich habe leider viel zu wenig aufgeschrieben. Ich bin ja schon seit Jahren ständig unterwegs, nehme hier und da mit Leuten auf, aber idiotischerweise führe ich kein Tagebuch. In gewisser Weise sind ja die Aufnahmen selbst eine Art Tagebuch, dokumentieren, was ich wann wo gemacht habe. Und sobald ich eine Platte anhöre, auf der ich selbst gespielt habe oder bei der ich jemandem geholfen habe, kann ich mich wieder an jedes kleine Detail erinnern. Das ist ein echt gutes Stimulans für die Erinnerung. Und dann gibt es heute ja noch die Erfindung des Blog, und solange meine Website existiert, sind da auch eine ganze Menge Erinnerungen gespeichert.“

Also denkst du noch nicht an das Verfassen einer Autobiografie?

„Ich bin jetzt 36, und ehrlich gesagt habe ich schon mal daran gedacht, ich meine, ich habe schon ein paar verrückte Dinge erlebt, mit den verschiedensten Musiker und in den seltsamsten Situationen.“

Aber das ist was für nach der aktiven Karriere, oder?

„Hm, na ja, ich frage mich sowieso, ob überhaupt jemand so ein Buch würde lesen wollen, ich bin ja keine Berühmtheit. Andererseits finde ich oft die Lebensgeschichte von Menschen interessanter, die scheinbar kein besonders aufregendes Leben führen. Und ich höre mir, wenn ich unterwegs bin und Menschen treffe, auch viel lieber die Geschichten von anderen an, als immer von mir zu erzählen. Aber natürlich erzähle ich auch gerne mal in einem Interview von mir.“

Nun, deine Bescheidenheit ehrt dich, aber ich denke, wer mit so vielen bekannten und guten Musikern spielt und arbeitet wie du, der hat doch immer etwas zu erzählen. Und das Ganze dann auch noch auf so verschiedenem Niveau, also von kleinen Punkrock-Kneipen mit WHITE FLAG bis zu riesigen Festivalbühnen mit R.E.M. ist da alles dabei. Wie geht das zusammen?

„Indem ich es passend mache. Und ich hoffe auch, dass ich in solch verschiedenen Situationen immer der gleiche Mensch bleibe. Ich bin eigentlich ein eher naiver Typ, und das wird mir auch immer wieder bewusst. Ich denke, der Umgang mit Musik und Musikern hat sich seit den Sechzigern massiv verändert. Damals versammelten sich die Menschen noch um große, bekannte Bands und Musiker, und das vereinte die Menschen damals auch. Heute ist das anders, unsere Generation hat da ein gesünderes Verhältnis, es kann sich keiner mehr so ohne weiteres zum Gott erklären, so wie das einst ein Robert Plant gemacht hat. Damals brauchten die Leute aber wohl so jemand, heute kommt keiner mehr mit so was durch, das ist alles viel gemäßigter. Es ist ein Zeichen der Reife unserer Kultur. Und so macht es für mich keinen Unterschied, in Köln im Sonic Ballroom zu spielen oder in Bonn auf dem Museumsplatz. Andererseits entspricht es auch der Political Correctness dieser Tage, dass jeder gleich wichtig ist. Andererseits wissen wir aber auch, dass ...“

... manche Leute gleicher sind als andere ...?

„Nein, nein, manche Menschen haben einfach eine gewisse magische Ausstrahlung, in bestimmten Aspekten. Etwa wenn sie ein Instrument spielen, dann haben sie eine ganz besondere Ausstrahlung. Und wenn jemand ganz besonders talentiert ist an seinem Instrument, dann ist das ein Geschenk, und auch nicht unfair, dieses Talent herauszustellen. Und es kann auch vorkommen, dass jemand mit so einem Talent zum Arschloch wird, weil er der Meinung ist, das sei sein persönliches Verdienst.“

Gibt es da auch einen spirituellen Aspekt?

„Das kann durchaus sein, ich kann mich davon auch nicht ganz freimachen. Man kann da auch von einer gemeinsamen menschlichen Erinnerung sprechen, die Sache wissenschaftlich untersuchen – oder eben spirituell. Meine Erfahrung, basierend auf dem Musikmachen, ist eben die, dass man sich mit seinem Tun in die Position versetzt, mit anderen Menschen auf ganz spezielle Weise zu kommunizieren. Und wenn man dann ein Konzert spielt, hat jeder auf der Bühne seine eigene, spezielle Energie, und wenn man dann noch auf der Bühne die Energie von drei, vier Leuten bündelt, ergibt das etwas ganz besonderes. Dann passiert da etwas auf der Bühne, und das ist mehr als die Reflektionen von Licht in den Augen deiner Mitmusiker. Das ist vielmehr, als ob man sich in die persönliche Energiequelle des anderen einstöpselt. Wenn ich ein Solokonzert spiele, versuche ich deshalb auch immer, mit dem Publikum Kontakt aufzunehmen, die Leute quasi auf die Bühne zu ziehen, und wenn es dann Klick macht, wenn wir eine Erfahrung teilen, dann ist das eine ganz besondere Erfahrung.“

Das klingt ja beinahe nach einer ganz tribalistischen Erfahrung, nach dem, was irgendwelche Eingeborenen beim Tanz ums Lagerfeuer vollziehen.

„Ja, nur dass das nicht nur einen Stamm umfasst, sondern potenziell alle Menschen. Musik, unsere Musik, hat eine sehr starke verbindende Wirkung. Jemand, der beispielsweise in Singapur aufgewachsen ist, unter ganz anderen kulturellen Bedingungen als etwa ich, ist wie ich Neil Young-Fan, und doch haben wir in diesem Aspekt ganz ähnliche Empfindungen. Diesen Effekt finde ich höchst erstaunlich, und er war von jemandem wie Neil Young ja nicht einmal beabsichtigt, als er sich einst eine Gitarre griff und begann, Musik zu machen. Und wenn ich heute dazu beitragen kann, dass zwei Menschen, die sich nicht kennen, etwas gemeinsam haben, ist das wunderbar. Klar, Menschen benutzen Musik auch, um ihre eigenen Stämme zu gründen, um sich abzugrenzen, um sich anders und besser zu fühlen, aber das ist eben die dunkle, die andere Seite dieser Erfahrung. Aber ich denke, Musik hat als Grundtendenz immer das Potenzial, Menschen zusammen zu bringen, und das wird in Zeiten wie diesen umso wichtiger, da Politiker versuchen, aus der Angst der Menschen um das Anderssein Kapital zu schlagen. Ganz gleich, ob die Politiker jetzt George Bush oder Osama Bin Laden heißen, sie versuchen immer, die Menschen gegen die anderen zu vereinen. Und das zieht sich ja durch die gesamte Menschheitsgeschichte: Die Angst vor dem Anderen zu nutzen, um Menschen für eine Sache zu einen. Heute wird das eben ganz besonders deutlich im Konflikt zwischen der muslimischen und der judäo-christlichen Welt.“

Mit Musik kann man die Welt also auch nicht retten.

„Nein, denn Kultur vereint Menschen, aber Politik bringt sie auseinander. Deshalb halte ich politische Kunst für schlechte Kunst. Die Politik ist eine Institution, die in erster Linie ihren eigenen Zwecken dient, und institutionalisierte Kunst ist immer schrecklich. Kunst, vor allem von der Politik sanktionierte Kunst, wird dann zu Propaganda. Politik will Menschen zwar auch vereinen, aber immer unter bestimmten Bedingungen, während Kunst da sehr flexibel ist. Und auch ein ganz brutaler Protestsong wird nur einen ganz beschränkten Einfluss haben. Dazu kommt, dass ich nicht der Typ bin, der sich vor dem Weißen Haus auf den Rasen setzt, um zu protestieren. Stattdessen bin ich mit R.E.M. auf Tour, aber Politik und politisches Engagement ist eben auch nur ein kleiner Teil des Lebens.“

Ich finde es interessant, wie wir jetzt völlig abgedriftet sind mit unserem Gespräch – und bin auch erstaunt über die ungewöhnlichen Themen. Das zeigt mit, wie erschreckend einfältig viele andere Musiker sind, die scheinbar über nichts anderes reden können oder wollen als ihre Instrumente, das Studio, und so weiter.

„Na, das hängt aber auch vom Interviewer ab. In vielen Interviews wirst du auch nur genau danach gefragt, und dann versuchst du auch, darauf zu antworten. Natürlich ist es okay, darüber zu sprechen, aber auch nur von eng begrenztem Interesse. Wenn ich Interviews mit Musikern, Schauspielern und so lese, dann interessiert mich eigentlich immer, was diese Leute über das Leben ganz allgemein denken, wie ihr Alltagsleben ist, und weniger, wie sie ihr Album produziert haben. Das ist ja letztlich immer der gleiche Prozess. Bei Filmen ist das etwas anders, da ist die Dimension oft eine andere. In Berlin war ich Anfang des Jahres auf einer Ausstellung über die Filme von Stanley Kubrick und ihren Entstehungsprozess, und das war sehr interessant. Jedem Film war ein Raum gewidmet, und in einem Zimmer fand sich Kubrick gesammeltes Material zu einem geplanten, aber nie umgesetzten Film über Napoleon. All die Bücher standen da, über hundert, eine Stichwortkartei, er hatte das Leben Napoleons minutiös rekonstruiert, Woche für Woche, und dazu noch die Informationen, was Napoleons Frau, seine wichtigsten Generäle parallel dazu taten, was sich politisch auf der Welt ereignete. Das war unglaublich beeindruckend, beinahe schon krank, einfach die Menge an Energie, die da investiert wurde. Und dann kam letztlich mit ‚Barry Lyndon‘ auch noch ein ganz anderer Film dabei heraus, ein Film, zu den ihm seine Recherche letztlich geführt hatte.“

Wenn du schon von Filmen redest, die unter großem persönlichem Einsatz entstanden sind, kommt mir natürlich Werner Herzogs „Fitzcarraldo“ in den Sinn, mit Klaus Kinski.

„Oh ja, ich bin ein großer Fan von diesem Film! Denn da sind Methode und Film eins: ein Mann mit einer Vision und er zieht das einfach durch – und scheitert. Okay, am Schluss spielt das Orchester, aber nicht so, wie geplant, und er lacht einfach darüber. Er verliert die Kontrolle, nichts läuft so, wie geplant, und da lässt er den Dingen einfach ihren Lauf. Das ist ein unglaubliches Statement über kreative Menschen an sich. Und ich kenne das ja von mir selbst: Am besten läuft es musikalisch, wenn man die Dinge einfach geschehen lässt, wenn ich am wenigsten versuche, etwas in eine bestimmte Richtung zu steuern. So war das auch bei diesem neuen POSIES-Album: Wir haben uns getroffen, wussten, dass wir uns vertrauen können, und haben aufgenommen. Zu Beginn war also die Frage, ob wir ohne große Vorbereitung Musik machen können, und die Antwort lautete ja. Jeder konnte seine Ideen einbringen, niemand fühlte sich vernachlässigt, und entsprechend großartig ist das Ergebnis – zumindest für uns. Um noch einmal auf den Film zurückzukommen: Methode, Message und Machart sind hier deckungsgleich, das ist ein unglaubliches Statement über einen kreativen Prozess, über persönliche Grenzen und selbst auferlegte Beschränkungen. Und darüber, wie man bestimmte Ereignisse bewertet, wie man ein Scheitern als eine Chance begreift.“

Sprechen wir über die POSIES: Ich war richtig überrascht, dass das
„Frosting On The Beater“-Album, mit dem damals der Durchbruch kam, wirklich schon zwölf Jahre alt ist. Wie gehen dieses Album und die neue Platte zusammen?


„Oh ja, so lange ist das her ... Ich war damals gerade mal 24, hatte keine Ahnung von irgendwas. Wie diese Platten zusammenpassen? Ich denke, man kann sie nicht vergleichen, das ist wie mit Äpfeln und Birnen. Und ja, der Name ist der gleiche, und es sind Jon Auer und ich. Jon und ich haben für diese Platte unsere Freundschaft wiederbelebt, haben beide gelernt, flexibel zu sein, sich von einer Sache nicht völlig in Beschlag nehmen zu lassen. Als wir damals zusammen Musik machten, war das völlig frei, wir trafen uns nach der Schule. In seinem Elternhaus gab es ein Tonstudio und damit natürlich phantastische, unbegrenzte Möglichkeiten.“

Wieso gab es in Jons Elternhaus ein Studio?

„Sein Vater war ebenfalls Musiker, und eine seiner Ehefrauen war Musiklehrerin, sie waren also sehr aktiv in dieser Hinsicht. Als ich dann Jon Anfang der Achtziger kennen lernte, arbeitete sein Vater als Professor an der Uni, zwar nicht im Bereich Musik, aber Musik war ihm schon noch wichtig, es wurde zu Hause musiziert. Zum Freundeskreis von Jons Familie zählten auch viele Musiker aus der Gegend von Bellingham, Washington, vor allem Hippies, die Folkmusik machten. Jedenfalls gab es also, es war eben das Hobby von Jons Eltern, ein Studio im Haus, mit einem kleinen Controlroom mit Mischpult und Bandmaschine, aus dessen Fenster man ins Fernsehzimmer blickte. Das wiederum war durch so eine Art Rolltor mit der Küche verbunden, das man erst mal schließen musste, wenn man aufnehmen wollte. Und so nahmen wir dort auf, wenn ich fürs Wochenende aus Seattle nach Bellingham zurückkam. Damals, in den Achtzigern, interessierte sich noch keiner für die ganzen Aufnahmegeräte und Instrumente aus den Sechzigern, da war das einfach nur alt und unmodern. Und das war der Grund, weshalb die ganzen Sachen aus den Sechzigern dort noch herumstanden: alte Gitarren, alte Effektgeräte, alte Verstärker ... Das Schlagzeug nahmen wir meist in der Garage auf, aber auch nachts an der Uni. Die hatten dort ein Studio, in dem die gleiche Bandmaschine stand wie bei Jons Eltern, so dass das perfekt funktionierte. Und das Beste war: Wir mussten für das alles nicht bezahlen, und wir waren völlig frei in unserem Handeln. Irgendwann hatten wir dann den Punkt erreicht, wo wir das Aufgenommene auch veröffentlichen wollten, und so kopierten wir ein paar Kassetten, druckten an der Uni Etiketten und Cover, und so ging das los. Und irgendwann wurden wir dann von einer großen Plattenfirma unter Vertrag genommen, bekamen einen Haufen Geld, hatten dann auch einen Bassisten und einen Drummer gefunden, und die Sache nahm ihren Lauf. Dazu muss ich sagen, dass wir noch sehr jung waren, als wir den Plattenvertrag unterschrieben, ich war 21, Jon 20, und wir waren eingeschüchtert, hatten keine Erfahrung. Wenn man so unerfahren und eingeschüchtert ist, verhält man sich nicht natürlich, und so war all das, was ab da geschah, nicht mehr so frei und unbeschwert, wie wir vorher Musik gemacht hatten. Wir wurden unserer Unbekümmertheit beraubt, wussten nicht mehr, welche Idee besser ist ... Als wir dann ‚Frosting On The Beater‘ aufnahmen, schrieben wir Songs, nahmen zu Hause Demos auf und gaben diese an unsere Mitmusiker weiter, damit sie die Songs genauso auswendig lernen. Und dann gingen wir ins Studio und nahmen auf. Alles war so organisiert, aber Spaß machte das nicht mehr.“

Und wie lief das jetzt, beim neuen Album?

„Wir hatten natürlich eine gewisse zeitliche und finanzielle Beschränkung, aber ersteres speziell war kein Problem. Ein Monat reicht völlig aus für ein Album. Viel wichtiger war, dass es keine einschränkenden Strukturen gab, wir konnten nach Herzenslust experimentieren und ausprobieren wie ganz zu Beginn, bei unserer ersten Platte. Und seitdem hatten wir auch nicht mehr so aufnehmen können. Die Aufnahmen der Platten dazwischen waren oft kein wirklich großer Spaß, was die Studioarbeit anbelangt.“

Wie wichtig ist dir die Band heute? Im Gegensatz zu den frühen Neunzigern sind deine musikalischen Aktivitäten heute ja sehr vielfältig.

„Es stimmt schon, es gibt mehr im Leben, als diese neue Platte, und ich muss im Hinterkopf behalten, dass ich vielleicht nur einer von Vieren bin, die wirklich sehr begeistert sind von der Platte. Aber die Platte ist fertig, ich habe jetzt keine Kontrolle mehr darüber, was passiert, und es ist Aufgabe der Plattenfirma herauszufinden, ob sich noch andere Leute für die Platte begeistern können oder nicht. Aber da fängt es für mich schon an, abstrakt zu werden. Und ich habe mir auch die Frage gestellt, wie ehrgeizig ich an diese Platte herangehen soll. Ich beobachte ja oft selbst Leute, die ehrgeizig daran arbeiten, Erfolg zu haben, und mir tun die manchmal richtig Leid, denn die machen den Eindruck, sie wären richtig unglücklich, wenn sie es nicht schaffen. Dabei kann man Erfolg nicht erzwingen, und selbst bei den Bands, die mit viel Ehrgeiz daran gearbeitet haben, war es letztlich doch Glück. So was passiert eben, und man kann eigentlich nur dazu beitragen, indem man sehr offen ist und somit ‚anfällig‘ ist für Chancen, die sich bieten. Unter diesem Aspekt gehen wir auch das Touren mit den POSIES an. Mal sehen, wie weit es uns bringt, vielleicht verdienen wir etwas Geld damit, vielleicht nicht. Egal, wie es ausgeht, es wird eine Erfahrung für uns sein. Die Band ist jetzt unser Baby, und die stolzen Eltern wollen es jedem zeigen. Und ich weiß, wie das ist, ich mache das mit meinem Kind ja auch so.“

Trotzdem bist du mit R.E.M. alleine auf Tour, während die mit Familie reisen.

„Ja, aber meine Tochter ist einfach noch zu klein. Auf Tour zu sein, ist mein Job, ich will da nicht noch mehr Arbeit für alle Beteiligten schaffen, indem ich meine Frau und mein Baby mitnehme. Ein ein Jahr altes Kind braucht ja zudem viel mehr Aufmerksamkeit als ein Erwachsener. Meine Frau hat mich aber bei einem Konzert in Schweden neulich besucht. Ich werde natürlich auch immer wieder gefragt, ob das denn gut sei für eine Beziehung, wenn ich ständig unterwegs bin. Ich denke, ich wäre sehr unglücklich, wenn ich nicht Musik machen könnte, und ich denke, es ist auch nicht schlecht für meine Familie, denn wenn ich zu Hause bin, habe ich viel Zeit und bin ein zufriedener, glücklicher Mensch. Ich führe eben ein etwas anderes Leben als andere Leute, und denen fällt es entsprechend schwer, meines zu verstehen. Und es kommt auch sicher der Zeitpunkt, da meine Frau wieder arbeiten gehen will, und dann wird es meine Aufgabe sein, ihr das zu ermöglichen. Außerdem muss man auch noch mal klarstellen: Auf Tour zu sein, ist keine Folter, außer du machst es dazu. Wenn du es als Folter auffasst, dann solltest du etwas anderes machen.“

Ken, vielen Dank für das Interview.