SPIDER RICO

Sensation: „Frikandeln“ auch für Vegetarier essbar!

Das Garagenpunk-Aufkommen im Nachbarland Holland ist zur Zeit ausgesprochen beachtlich. Alle Nase lang flattern einem da bemerkenswerte Singles auf Mini-Labels in die Post, die den Connaisseur aufmerken und mit seiner pelzigen Zunge schnalzen lassen. So ging es mir unlängst auch mit der Single einer Band namens SPIDER RICO, die mir zum Besprechen zugeteilt wurde.

Ein astreines Stück Genrerock war das, was die Firma „Kuriosa“ da verlegt hatte. Grund genug für mich, ein gnädiges Review-Urteil zu sprechen und nebenbei meinem Compadre Frankovic Mozzicone den Tipp zu geben, die Band für seine Konzertreihe im Oberhausener Druckluft zu verpflichten. Das Kuriose, was er heraus fand: Die Band hatte bislang noch nicht einen Schlappen auf außerholländische Bühnen gesetzt. Ein Thema, das im hier abgedruckten Interview natürlich gebührend zur Sprache kommt. Jener erste Auslandsauftritt hat – zum Zeitpunkt des Interviews war das noch nicht der Fall – inzwischen stattgefunden und festigte den guten Eindruck von der Band. Der Zeitpunkt ihres Druckluft-Auftritts war freilich ein unglücklicher: Da die polizeiliche Räumung eines neben dem Haus gelegenen Bauwagenplatzes drohte, befanden sich zahlreiche Autonome auf dem Gelände sowie in heller Aufregung. Zugleich hatten sich vor dem Areal einige Mannschaftswagen der Ordnungskräfte eingefunden – deshalb auch die Aufregung der Autonomen. Just in diese Szenerie platzte nun die ankommende Band. Der Clou: Begleitet wurde die Garagepunk-Combo von einem Team von MTV-Holland, die ein Special über Frontmann Dennie drehen wollte (irgend so ein Realitiy-TV-Kram). Zum Glück fiel die Räumung am Abend aus, wegen des ganzen Theaters musste das Konzert jedoch in einer Halle stattfinden. Die 50 Zuschauer – im eigentlich vorgesehenen kleinen Club eine ideale Kulisse – verloren sich hier etwas, weshalb es leider ein wenig an Atmosphäre mangelte. Egal, die Band rockte ihre Mischung aus NEW BOMB TURKS und HIVES und irgendwas souverän von der Bühne und ließ keinen Wunsch offen. Verdientermaßen wirft das folgende Interview deshalb nun ein Schlaglicht auf die Band und macht sie vielleicht bald schon superpopulär.

Bitte vorstellen!


„Hallo, wir sind Dennie (Git/Vocals), Lennie (Git/Vocals), Leffie (Drums) und Bassie (Bass). Und wir sind SPIDER RICO. Aus der dunklen Stadt Den Haag in Holland.“

Bandgeschichte bitte!

„Uns gibt es jetzt schon einige Jahre. Zuerst waren es nur Dennie, Lennie und Robbie, unser erster Drummer. Damals war die Band nur ein Hobby und eine Möglichkeit, ein bisschen Dampf abzulassen. Wir nahmen damals alles nicht so ernst: Wenig Proben, trotzdem hinterließen wir schon einen Eindruck überall. Man sprach von ‚weird and trashy shows‘. 2002 entschieden wir dann, es ein bisschen ernster anzugehen. Bassie übernahm den Bass, und Leffie, der schnellste und lauteste Drummer, den es gibt, kam in die Band. Von da schrieben wir einen Schwung neuer Songs, lernten ein wenig besser zu spielen – nur ein wenig ... – und unsere Gitarren zu stimmen. Wir nahmen in unserem Proberaum in Scheveningen ein 4-Song-Demo auf, und – faule Säcke die wir sind – verschickten es ganze viermal. Nur vier Kopien! Das Aufregende war, dass es super ankam: Es wurde zum Demo des Jahres gewählt, im Radio gespielt, wir spielten auch live im Radio und es bekam super Reviews in verschiedenen Fanzines – sogar in denen, denen wir es gar nicht geschickt hatten. Vom Erfolgsgeruch wurden wir dann richtig geil und suchten uns ein Label. Wir fanden eins, nahmen ein Album auf und seitdem spielen wir so viel, wie es geht.“

Warum bislang noch nicht außerhalb der Niederlande?

„Wie ich schon sagte, wir sind recht faul! Wir lieben das Songwriting und die Live-Auftritte, die gesamte Organisationsarbeit ist dagegen nicht so unser Ding. Aber jetzt passiert es ja endlich: unser erster Auftritt im Ausland. Auf den Gig im Druckluft freuen wir uns schon sehr, Bands wie die FIREBIRDS oder GREEN HORNET haben uns nur Gutes von ihren Auftritten dort erzählt.“

Ist Holland eigentlich immer noch der Himmel für Live-Bands? Gibt es noch Kohle vom Staat?

„Pfft. Da haben wir noch gar nichts davon mitgekriegt. In den ersten Jahren haben wir Shows gespielt, ohne auf unsere Kosten zu kommen, vielleicht mal gerade soeben. Jetzt, wo wir ein bisschen bekannter sind, können wir schon mal ein bisschen mehr verlangen ...“

Wie sieht es denn zur Zeit aus mit der holländischen Garage-Szene? Man kennt ja die SKIDMARKS, FIREBIRDS, KRONTJONG DEVILS, GREEN HORNET ...

„Die Szene ist klein und wir dürften im Moment wohl so die jüngste Band sein. Es gibt ein paar kleinere Lokalszenen. Aus der Gegend um Meppel kommt z. B. das Label ‚Kuriosa‘, die eine unserer 7“s rausgebracht haben. Das war übrigens die Vinyl-Version des erwähnten Demos.“

Was kann das Publikum von einem SPIDER RICO-Gig erwarten? Man hört von wildem Bühnengebaren ...

„Wir versuchen immer, so gut und intensiv zu spielen wie möglich. Lodert das Feuer nicht gleich von alleine, dann hängen wir uns auf der Bühne richtig rein. So weit, bis wir an unsere körperliche Grenzen kommen.“

Habt ihr eigentlich vom Hype um HIVES und Co. profitiert?

„Ja, und wir brauchen nicht einmal schicke Anzüge, um gut auszusehen!“

Anderes Thema: Wer hat eigentlich die „Frikandel“ erfunden? Und was ist da eigentlich drin?

„Aaah, die berühmte holländische Haute-Cuisine-Kultur! Sie wurde von Wilhelm von Oranien erfunden. Die Leute denken zwar, seine größte Leistung wäre die Gründung des holländischen Königreiches, das war aber nur eine Nebensache. Es geht zurück auf die Schlacht gegen Spanien und seinen Ausruf ‚Let’s fry those candels!‘ – ‚Candels‘ ist alt-holländisch für ‚Spanier‘. Was drin ist in einer Frikandel? Tulpen natürlich!“

Stefan Nimrod