HIGHSCHOOL ROCKERS

Ich habe diese Geschichte schon in einem Single-Review für die letzte Ausgabe erzählt. Da es dann allerdings nicht abgedruckt wurde, kann ich es nun also guten Gewissens noch einmal tun. Die Geschichte ist auch ziemlich kurz. Sie handelt davon, dass ich vor längerer Zeit mal ein Demo geschickt bekommen habe, das scheiße war. Das war es schon.

Nicht besonders aufregend, was!? Wirklich interessant wird diese Geschichte auch erst durch ihre Fortsetzung. Ungefähr ein halbes Jahr nach diesem Demo schob mir der Briefbote nämlich eine Single derselben Band in den Briefschlitz, und was soll ich sagen, aus dem häßlichen Entlein war ein spitzenmäßiger Schwan geworden! Ein super Singschwan quasi, der auf dem LoFi-, Garagepunk-Weiher rumschwimmt und stolz sein prächtiges Gefieder präsentiert, wie das so junge Schwäne gewöhnlich tun, haben sie doch noch so dicke Eier und müssen sich erst ihren Platz in der Schwangesellschaft erkämpfen.

Hier fängt das dem Tierreich entliehene Bild langsam gewaltig zu hinken an, daher verlasse ich den Bereich der visuellen Ausdrucksweise nun schleunigst und berichte ganz sachlich von Deutschlands momentan vielversprechendster Budgetrock-Band.

Die Single, die mir da seinerzeit so unverhofft in den Briefkasten plumpste, trägt die Nummer snatch 004, was bedeutet, dass uns das momentan sehr angesagte Alien Snatch-Label aus Untergruppenbach diese Perle simplen, aber extrem shakenden Punkrock´n´Rolls bescherte. Hut ab vor dem Labelmacher Daniel dafür, hat er damit doch allen, die auch fast 10 Jahre nach Erfindung des Genres immer noch auf Billig-Rock´n´Roll à la SUPERCHARGER, STATICS, RIP OFFS, TEENGENERATE und SPACESHITS stehen und sich nicht von Trends wie Tätowierungen und Gitarrensoli haben einseifen lassen, einen riesen Gefallen getan. Natürlich hat er auch sich selbst einen Gefallen getan, schließlich hat er nun einen heißen Anwärter auf die europäische Budgetrock-Krone auf seinem Label, und außerdem hat er sich und seiner jungen Firma schon mit seiner 4. Veröffentlichung ein Denkmal gesetzt. Die "Danger!"-7" der HIGHSCHOOL ROCKERS ist nämlich, und das sage ich ohne Übertreibung, schon jetzt ein Klassiker des Genres. Das hängt vor allem mit dem Opener "I Love Anna Kournikova" zusammen, hinter dem sich - was man bei dem etwas infantilen Titel vielleicht nicht vermuten mag (Norbert hat ihn in seiner statt meiner abgedruckten Besprechung ja auch schon ausgiebig gegeißelt!)- ein schlichtweg grandioser Song verbirgt, ein Hit von Natur aus, so wie etwa ELVIS´ "Suspicious Minds" oder SUPERCHARGERS´ epochales "Icepick (In My Head)" (also in etwa zumindest). Die restlichen drei Songs fallen neben dieser Ausnahmekomposition zwangsläufig ab, sind aber immer noch couragiert wummsende 3-Akkord-Diät mit inhaltlich zeitloser Thematik, wie etwa beim kumpelhaft auffordernden "Get Drunk!".

Was an den HIGHSCHOOL ROCKERS nun so verblüfft, ist diese immense Steigerung, die ein Vergleich der 7" mit dem vorangegangenen Demo dokumentiert. Von 0 auf 100 ging das in dem halben Jahr, das mag für ein Auto zwar ganz schön langsam sein, ist aber für eine Band superschnell bzw. super. Und es stellt sich die Frage: Wieviel Potential ist da noch vorhanden? Da ich die Band mittlerweile zweimal live gesehen habe, kann ich hier vorsichtig verraten, dass die drei Buben sehr wohl noch nicht bei Top-Speed angekommen sind, denn selbst der zweite Gig war schon wieder besser als der 1 1/2 Monate zuvor, bot er doch wiederum neue Songs mit großen Hitqualitäten. Festzuhalten bleibt allerdings auch, dass die Auftritte noch nicht das Niveau der Debüt-Single haben, und das lag nicht nur an den weiten Hosen der Band. Noch haben sie ein paar profillose Füller im Programm, die den Gesamteindruck nivellieren.

Kaum sind jedoch wiederum nur wenige Wochen den Bach herunter gegangen, hat man schon wieder ein Erfolgerlebnis zu verbuchen! So erzählt mir Alien Snatch-Tycoon Daniel gerade am Telefon begeistert vom jüngsten Auftritt der HIGHSCHOOL ROCKERS im Vorprogramm der QUEERS. Gut, denke ich mir da, Joe Queer in Sachen Enthusiasmus auf der Bühne auszustechen, ist in etwa so schwierig wie irgendwas anderes ganz leichtes (nämlich nicht besonders), aber Daniel ist geradezu berauscht, und dem ollen Joe hat es wohl auch richtig gut gefallen.

Apropos Daniel! Seine Rolle in dieser Punk-Erfolgsstory gilt es besonders zu würdigen, ist sie doch nicht mehr und nicht weniger als die des Entdeckers und Mentors der Band. Das kam so, dass man früher dieselbe Schule besuchte, wenngleich sie auch ein paar Jahrgangsstufen trennten. Bis auf einen (der Drummer macht gerade Abitur) haben sie das aber mittlerweile hinter sich. Na jedenfalls haben sich die drei Fanten irgendwann ein Herz gefasst und dem älteren Jungen, von dem man wusste, dass der eine Platte ´rausbringen wollte (die JOHNIES-LP war das damals), auf einer Party mal ein Demo zugesteckt. Im Gegensatz zu mir (s.o.) erkannte Daniel auch sogleich das Potenzial der Band und nahm sich fortan ihrer an. Er spielte ihnen vielleicht (ich weiß es ja nicht!) noch ein paar Platten vor, die sie nicht kannten, und vermutlich half er ihnen auch beim Ansetzen öffentlicher Auftritte.

So geschah es, dass man eines Abends das Publikum der NEW WAVE HOOKERS warmspielen durfte und hernach die Backstageräumlichkeiten mit selbigen teilte. Da man demselben Landstrich entstammt, dieselbe Mundart schwätzte und dies zudem an diesem Abend mit vom süßen Weine geschmeidigter Zunge tut, bleibt man sich nicht lange fremd, lacht, singt und reißt der Possen viel. Außerdem schmiedet man noch einen Plan und stellt damit die Weichen für die Plattenkarriere der Band. Man verabredet nämlich eine Aufnahmesession im selbstgebauten Heimstudio der HOOKERS. Das Resultat davon ist dann auch just die Single, die ich hier bereits so ausschweifend über den Schellenkönig gelobt haben. Und wenn ich oft auch aus Profilierungssucht keine Massenmeinung vertrete, so teilt doch in diesem Fall ein ganzer Haufen Leute die meinige, und zwar weltweit! Das HIGHSCHOOL ROCKERS-Debüt - aus schwäbischer Vorsicht und Sparsamkeit nur in 600er Auflage erschienen! - verkauft sich nämlich wie Frischgebackenes, so dass die letzten 100, die jetzt (Ende März) noch da sind, beizeiten (wenn du dies liest, dürfte der Kalender ja wohl frühestens Juni vermelden) aufgebraucht sein werden. Wohl mir, dass ich eine habe, wie übrigens auch ein paar Söhne und Töchter Nipppons, denn selbst aus Fernost trudelten in Untergrupppenbach Orders ein. Aber das ist ja nun auch wirklich kein Geheimnis mehr, dass die Japaner ganz narrisch nach dem Garagengerocke sind.

Wie geht´s aber nun weiter?! Wie zuvor bereits von mir berichtet, basteln die jungen ROCKERS beständig neue hoffnungsvolle Songs zusammen. Was bleibt da anderes zu tun, als die mal wieder aufzunehmen?! Der Daniel ist diesbezüglich auch am Ball und möchte das Trio so schnell als möglich erneut im HOOKER´schen Dachkammerstudio aufnehmen sehen. Die sind allerdings gerade selbst ziemlich damit beschäftigt, Karriere zu machen, haben sie doch eine Platte bei dem Rodrigo von den ÄRZTEN herausgebracht. Kann also vielleicht noch ein bißchen dauern, bis man da mal eine Verabredung getroffen hat. Indes das Warten lohnt sich bestimmt, und wir alle zusammen wollen nicht hoffen, dass sich Daniels heimliche Angst, die nach ihrem Zivildienst anstehenden Studienjahre könnten die HIGHSCHOOL ROCKERS auseinanderreißen, bewahrheiten möge.