HOT WATER MUSIC

An dieser Band scheiden sich viele Geister. Ist das, was sie da treiben nun Emo oder Punkrock, ist es Hardcore oder gar einfach nur Rock´n Roll? Eigenständig sind sie allemal, live einfach grandios und eine ziemlich eingeschworene Gemeinschaft. Diesen Eindruck wußte zumindest Chuck, seines Zeichens Sänger und Gitarrist der Band aus Florida, am doch schon empfindlich kühlen Abend des 2.9. auf der Kellertreppe des Backstagebreiches des Jugendhauses in Roßwein zu vermitteln.

Wie lange gibt es euch nun schon, wie habt ihr damals zusammengefunden?


"Wir sind seit Oktober ´94 zusammen. Wir haben alle in verschiedenen Bands gespielt, und in der Stadt, in der wir lebten, gab es keine Szene, keine Auftrittsmöglichkeiten und auch sonst nichts besonderes. Wir mußten da einfach weg, und so zogen wir zusammen und gingen nach Gainsville, Florida. Wir spielten in zwei verschiedenen Bands, die beide nicht so liefen, und letztendlich spielten wir dann zusammen, und so ist es auch jetzt noch."

Könnt ihr euch noch an euer allererstes Konzert erinnern ?


".Oh ja, es war schrecklich, furchtbar. Wir waren zusammen seit Oktober und es war ... Januar, vielleicht, ...vielleicht gerade mal ein paar Monate seit denen wir dabei waren, wir hatten gerademal sechs Songs. Jason, unser Bassist, hatte einen Freund, der in einer Verbindung war, ich weiß nicht wie ihr das hier nennt, aber zu Hause nennen wir die "Fraternities" - das war eine verdammt falsche Verbindung, einfach Bullshit - und Jason hatte halt einen Freund, der da dabei war, und er wollte uns auf ihrer Party spielen sehen. Und so spielten wir eben auf dieser Party in dieser kleinen Kneipe, und es war wirklich schrecklich. Wir hatten sechs Songs, aber nach dem fünften schmissen sie uns raus, das war also unsere erste Show. Am Anfang schien es auch allgemein so zu sein, daß uns nicht so viele Leute mochten, es kamen eine ganze Zeit lang immer nur so vier/fünf Leute zu den Shows, und es schienen immer die selben zu sein."

Wer ist denn überhaupt bei HWM dabei, und wie lange?

"Ich bin Chuck und dann ist da noch Chris, der genau wie ich Gitarre spielt und singt, George an den Drums und Jason Black spielt Bass. Und wir waren schon immer in der Besetzung zusammen, es gab nie Line-up-Wechsel, und es wird auch nie welche geben, wenn einer aussteigt oder sonstwas passiert, dann ist es einfach vorbei."

Kannst du dich überhaupt noch daran erinnern, wie viele Releases ihr schon hattet?

"Releases allgemein ? Also da bin ich mir nicht sicher, das sind zu viele. "Finding The Rhythms" war unsere erste LP, es war aber keine richtige LP, eher eine Compilation aus Seven-Inches, Compilationbeiträgen und ähnlichem Zeug. Dann kamen "Fuel For The Hate Game", " Forever And Counting", " Push the Corner", was ein Demo war, und unsere Neue, "New Division".Na und dann haben wir halt noch jede Menge Seven Inches und anderen Kram gemacht."

Wenn man euer Schaffen so betrachtet, kann man schon meinen, ihr wärt sehr kreativ. Wie siehst du das ?

"Oh, ich weiß nicht ... Ich würde mal sagen, wir schreiben halt viel, und das auch ununterbrochen, weil bei uns nicht nur einer alles schreibt. Wir verstehen uns als Kollektiv, und größtenteils ist jeder im selben Umfang daran beteiligt, und das macht uns halt aus."

Und wie sieht dann euer Songwriting konkret aus?

"Naja, manchmal hab ich zum Beispiel eine Idee, stelle sie den anderen vor, und dann bringt jeder seine Vorstellungen dazu ein, und so schreiben wir dann zusammen den Song. Ausnahmen sind natürlich die Texte, die schreiben Chris und ich, aber ansonsten beginnt alles mit der Musik, beginnt alles mit den vier Vierteln der Band."

Laßt ihr euch dabei von anderen Bands inspirieren ?

"Ja, sicher. Also ich höre mir, genau wie alle anderen, jede Menge Bands an. Wir, also alle vier, schätzen jede Art von Musik, solange sie mit Herz und Seele gemacht ist. Hauptsächlich lasse ich mich aber von meinen Freunden inspirieren: ich habe eine Menge Freunde, die in Bands spielen, und ich lasse mich von ihrer Arbeit, ihr Musik, ihrer Energie inspirieren. Es ist ja auch so, daß eine Menge Bands kommen und gehen, ich auch ihre Musik sehr schätze, die Leute aber nicht kenne. Zu Hause gibt es so viele Leute, die in Bands sind, und die für mich enge Freunde, wie, sagen wir mal, meine Geliebten oder meine Familie, sind, und ich kenne sie gut. Neben der Musik, die sie schreiben, und den Texten, die sie singen, neben all dem was sie da tun, weiß ich auch um ihr tägliches Leben, und das inspiriert mich wesentlich mehr als es irgendwelche Musik tun kann."

Wie würdest du deine Musik beschreiben: Punkrock, Hardcore, oder einfach nur Rock´n´Roll?

"Vielleicht Rock´n´Roll, obwohl wir eine gewisse Punkrockeinstellung... Ach, eigentlich sind mir diese Kategorisierungen völlig egal, aber ich denke, daß wir eine Menge Dinge mit einer gewisse Punkrockhaltung getan haben und immer noch tun, so sind wir halt aufgewachsen, aber wir sind keine Punkrockband. Vielleicht sind wir Punk, ich weiß eben nicht recht, ob wir ein Haufen Punker oder ein Haufen Spinner sind. Wie auch immer, finde deine eigene Definition, ich weiß ja nicht, wie du es nennen würdest!?"

Ihr kommt aus Gainsville, wie auch viele andere Bands, so z.B. AS FRIENDS RUST, DISCOUNT...

"... oder ASSHOLE PARADE... Wir leben alle in der selben Ecke. Fast jeder, den ich in Gainsville kenne, spielt in irgendeiner Band, und es gibt da so unglaublich viele gute Bands. Gainsville ist eine Stadt, wo jeder irgendwie, auch teilweise extrem, aktiv oder produktiv ist."

Ich hab mir mal sagen lassen, daß es eine Studentenstadt ist. Kann es sein, daß dadurch die Grundlage für diese Aktivität gegeben ist ?

"Ja, Gainsville ist eine große College-Stadt. Und es ist so, wie du sagst: Gainsville ist ein sehr guter Ort sich zu organisieren, egal ob du politisch oder musikalisch aktiv werden willst, oder ob du der Bildenden Kunst verfallen bist oder der Schriftstellerei, da ist alles machbar, das ist auch das Schöne an Gainsville, man kann da alles so einfach machen. Einerseits herrscht da eine starke und enge innere Verbindung, aber dann ist man da auch sehr offen und vielschichtig ,was die Kultur angeht."

Was machst du, wenn du grade mal keine Musik machst ?

"Ich bin eigentlich Zimmermann, aber... Naja, ich mache jede Menge, aber oft schätze ich es einfach mal meine Ruhe vor den Anderen zu haben und fahre raus in die Berge."

Habt ihr eigentlich alle noch irgendwelche normalen Jobs ?

"Oh ja, wie ich schon sagte, bin ich Zimmermann, ich baue Häuser, und wenn ich zu Hause bin, arbeite ich meistens ziemlich hart. Aber ich arbeite nicht des Geldes wegen, ich mache diese Arbeit um mehr zu lernen, um mir später mal ein eigenes Zuhause für mich und meine Familie zu bauen, vielleicht auch um etwas Geld anzusparen, daß man sich später mal eine kleine Farm kaufen kann, aber hauptsächlich will ich was lernen."

Wenn ihr schon in einer College-Stadt lebt, studiert dann wenigstens auch einer von euch da ?

"Ja, Jason hat einen Abschluss in Englisch, er will mal Lehrer werden. Chris geht auch gerade zur Uni, er will auch Lehrer werden, vielleicht für Englisch oder Geschichte. George und Jason wuchsen allein mit der Musik auf, und die werden das auch machen bis sie sterben, sie sind auch sehr, sehr gut. Ich kann dagegen nur meine Gitarre anstöpseln, Krach machen, und etwas rumschreien, aber mir macht es Spaß und das ist wichtig, und deshalb tue ich es."

Eure letzte Tour, die ja nun auch schon einige Zeit zurückliegt, kam sehr gut an, fand ich. Ich sah euch damals in Nünchritz, und ich sprach damals kurz mit George, und er sagte mir, ihr würdet euch nach der Tour auflösen - was war da dran?

"Ja, wir entschieden uns auf dieser Tour, uns aufzulösen. Wir waren on the road, sind das ganze Jahr getourt, hatten uns gegenseitig einfach satt und gingen uns auf die Nerven. Wir mußten uns einfach mal trennen, um eigene Wege zu gehen, um unsere eigenen Identitäten wiederzufinden. Unser ganzes Leben lang waren wir nur HOT WATER MUSIC, wir zogen übers Land und waren nur immer HOT WATER MUSIC, wir wollten aber auch einfach mal nur Chuck, George, Jason und Chriss sein. Irgendwann verloren wir das, was uns zusammenhielt und unsere Freundschaft zerbrach langsam. Glücklicherweise erkannten wir das rechtzeitig und zogen die Notbremse. Es gab da keine Frage, wir mußten einfach Schluß machen. Das ging aber auch völlig problemlos, es war egal, wir mußten Freunde bleiben, eine Band mußten wir dazu nicht sein, und die Freundschaft zu erhalten war wesentlich wichtiger, als die Band."

Irgendwie meinte George damals, daß es da zwei Nachfolgebands geben sollte. Gab es die denn je ?

"Nein, nicht wirklich. Wir haben höchstens mal Back-Up-Vocals für einen Song von AS FRIENDS RUST beigetragen, ansonsten war da nichts. Ich bin eine Zeit lang unterwegs gewesen, bin einen Monat lang in die Berge gegangen, ich mußte mich erstmal von allem etwas abgrenzen. Und als wir uns trennten, konnten wir auch überhaupt nicht mehr zusammen spielen."

Und wie kam dann die Entscheidung, wieder anzufangen ?

"Wir hingen zusammen in einer Kneipe rum, spielten Billard und tranken Bier und fingen an zu labern, über alte Bandtage und so, und wir fragten uns, was wir denn überhaupt hier machten, wir sollten doch besser rausgehen und spielen. Und so planten wir für unsere Abschiedsshow zu proben, die Show, die dann auf dem "Live at the Hardback"-Album zu haben sein sollte. Wir fingen also an für diese Show zu proben und am Ende hatten wir wieder einen Song geschrieben. Und so mußte es einfach weitergehen."

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit LEATHERFACE bzw. dem Split-Album auf BYO?

"Das kam so: Vor langer Zeit coverten wir mal einen LEATHERFACE-Song. Wir waren alle große LEATHERFACE-Fans und als wir hörten, daß sie sich auflösten, entschlossen wir uns einen ihrer Songs zu covern, "Spring Time" war das. Am Ende nahmen wir ihn auf und wollten ihn rausbringen, und so riefen wir Frankie an, um ihn um seine Meinung dazu zu fragen. Ihm war es egal, und er sagte, wir sollten es nur machen. Letztendlich sprachen wir mit Shawn Stern von BYO-Records, der uns erzählte, daß er ein neues LEATHERFACE-Album rausbringen würde und deren US-Tour präsentieren möchte. Und dann hat er uns eben irgendwie gefragt, ob wir da mitmachen würden. Wir tourten zur selben Zeit durch die Staaten und wir fragten sie, ob sie nicht mit uns zusammen touren möchten, denn sie waren eben auch nicht mehr zu sehen, seit sie sich vor ´ner Zeit auflösten."

Wie muß man sich die Entstehung dieses Albums vorstellen? Habt ihr was zusammen aufgenommen, oder lief das völlig unabhängig voneinander?

"Sie nahmen ihr Zeug auf, wir nahmen unser Zeug auf und schickten es dann zu BYO und die brachten es dann raus. Wir haben sie ja nicht mal getroffen, bis wir dann mit ihnen auf Tour waren. Wir gingen zusammen auf Tour und freundeten uns mit ihnen an."

Wird es weitere Split-Sachen in nächster Zukunft geben

"Wer weiß, vielleicht !? Wir haben schon mit DISCOUNT wegen einer Split-Platte gesprochen, und auch mit AS FRIENDS RUST, unseren Freunden aus Gainsville halt, aber wer weiß schon was noch kommen wird?"

Die meisten eurer Platten habt ihr auf Doghouse oder No Idea rausgebracht. Was ist für euch das besondere an diesen beiden Labels?

"Alle bei No Idea sind gute Freunde von uns, das ist beinahe wie eine Familie, sie stehen uns näher als andere Leute in Gainsville. Wir haben immer mit Warren und No Idea zusammengearbeitet, er wohnt auch gleich bei uns um die Ecke. Bei Doghouse haben wir mehr oder weniger nur eine Platte rausgebracht, in der Hoffnung da weiter zu bleiben, aber das funktionierte nicht so gut wie es entweder sie oder wir wollten, und so endete unsere Zusammenarbeit schon nach "Forever and Counting". Wir wollten immer nur die Freiheit, das zu machen, was wir tun wollen."

Letzte Frage: Welche Aktualitäten beschäftigen dich im Moment, oder gibt es sowas nicht?

"Im Moment ist für mich meine Frau das wichtigste, sie inspiriert mich mehr als alles andere, was mein Leben vorher berührt hat."

Wie sieht´s mit Politik oder dem allgemeinen Tagesgeschehen aus ?

"Wir leben in einer beschissenen, verrückten und verkehrt laufenden Welt. Die menschliche Rasse ist wie eine große, nicht funktionierende Familie, sie schlagen sich dauernd gegenseitig die Schädel ein und bringen sich gegenseitig um, was auch immer. Mich inspiriert dieses Für und Wider, dieses verrückte Chaos auf der ganzen Welt. Aber ich sehe z.B. nicht fern, ich lese auch kaum Zeitung oder höre Radio, so hab ich im Moment nicht die große Ahnung, was in der Welt abgeht. Ich versuche auch mehr mein Bestes zu geben, mich darauf zu konzentrieren, was bei und zu Hause los ist, in meiner persönlichen Umgebung, und ich denke, daß das der beste Weg ist, um die Gesellschaft zu beeinflussen. Zuerst konzentriere ich mich darauf, mich selbst zu ändern, bevor ich andere ändern möchte. Aber Inspiration hole ich mir überall."