LAGWAGON

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„For every mood you’re in, there’re probably a hundred records to represent that mood.“

Ich denke nicht, dass LAG WAGON wirklich noch irgendjemandem vorgestellt werden müssen. Nichtsdestotrotz: Die Band aus Santa Barbara gibt es seid knapp 18 Jahren, mit ihrem 1992 veröffentlichten Debüt „Duh“, besonders aber mit den folgenden Alben „Trashed“ und „Hoss“ definierten sie Melodic Hardcore (oder wie man den Sound auch immer nennen möchte) wie kaum eine zweite Band des Genres. Letztes Jahr gab es neben einem Livealbum mit „Resolve“ auch das siebte reguläre Studioalbum der Band. Dass der Anlass für das Album ein sehr tragischer ist, werden die meisten Hörer spätestens in dem Moment mitbekommen, in dem sie sich mit den Texten beschäftigen. Das Album ist eine Hommage an den verstorbenen Derrick Plourde, und dieser war nicht nur Schlagzeuger auf den ersten drei LAG WAGON-Alben und Mitglied von BAD ASTRONAUT, sondern auch der beste Freund von Sänger Joey Cape.

Besser als der Opener „Heartbreaking music“, kann man die Tragik, die in der Entstehung von „Resolve“ liegt, wohl nicht zusammenfassen, trotzdem habe ich im Telefongespräch noch einmal nachgefragt und Joey brachte die Situation in ein paar Sätzen auf den Punkt: „Es ist traurig, aber wahr, dass Kunst, besonders Musik, sich meistens besser von Leid inspirieren lässt. So ist es einfach. Das Album wäre nicht so gut geworden, wäre nicht der ganze Schmerz dabei gewesen. Mal abgesehen davon, hat der Prozess des Schreibens mir immer dabei geholfen, mit Dingen umzugehen.“
Eine Tatsache, die sich nicht erst auf dem neuen Album niedergeschlagen hat, sondern eigentlich schon immer ein großer Teil von LAG WAGON war. Auch wenn das viele bis jetzt anders gesehen haben, und die Band häufig in die Happy-go-lucky-Ecke gedrängt wurde. „Ich habe mich oft gefragt, ob die Menschen sich überhaupt meine Texte durchlesen. In all den Jahren war der melancholische Teil immer sehr deutlich vorhanden. Aber für die Leute kommt die Interpretation von Texten meistens erst nach der Musik, und die ist auf dem neuen Album teilweise schon etwas dunkler als zuvor.“
Trotz der Tiefe in den eigenen Texten nimmt es sich Joey aber nicht heraus, den Output von anderen zu kritisieren: „Jedem das seine, und wenn jemand lieber über die fröhlichen Dinge im Leben schreibt und dabei andere Aspekte unter den Tisch fallen lässt, soll er das tun. Ich nehme mich selbst nicht so wichtig, um arrogant genug zu sein und über andere zu urteilen. Ich weiß, was mich bewegt, das sollte reichen.“
Von der ursprünglichen Idee, das komplette Album live zu spielen, sieht die Band dann aber aus einem sehr einfachen Grund doch ab: „Es sind halt neue Stücke, das Publikum will nun mal die alten hören. Besonders poppigere Songs brauchen etwas länger, um gute Livesongs zu werden, die Fans brauchen länger, um Spaß mit ihnen zu haben. Im Endeffekt haben wir aber neun Songs von ‚Resolve‘ gespielt, das ist immerhin fast das ganze Album. Wobei besonders die Reaktionen auf ‚Sad astronaut‘, ‚Heartbreaking music‘ und ‚Automatic‘ sehr gut waren.“
Apropos Popsongs, hier gibt es neben der offensichtlichen Einflüsse auch welche, auf die man beim Hören eines LAG WAGON-Albums nicht direkt kommen würde. „Ich mochte schon immer die BUZZCOCKS. ‚Singles Going Steady‘ ist voller großartiger Pop-Punk-Songs, genauso wie auf ‚Milo Goes To College‘ von DESCENDENTS hervorragende Popsongs drauf sind. Außerhalb von Punk gibt es dann auch noch so Sachen wie David Bowie oder Elton John, „Goodbye Yellow Brick Road“ ist eines meiner absoluten Lieblingsalben. Außerdem liebe ich die PIXIES, die auf der einen Seite wirklich düster waren, aber zeitgleich auch perfekte Popsongs hatten.“
Elton John? Nun gut ... Ein zwar sehr kurzer, aber dennoch treffender Kommentar zur medialen Situation in der westlichen Welt befand sich schon im Booklet zu „Duh“. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren wohl eher in die falsche Richtung geändert. „Wir bekommen hier nicht wirklich einen fairen Überblick darüber, was auf Welt geschieht. Es sieht so aus, als würden sich die Medien schlimmer als je zuvor auf Dramen oder das Privatleben von Berühmtheiten konzentrieren, anstatt wirkliche Probleme in den Blickwinkel zu rücken.“ Dem kann man eigentlich nur noch beipflichten.