SABOT PRODUCTIONS

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Holzschuh-Sabotage

Jordan Kleeman, den Betreiber des Labels Sabot Productions aus Gainsville, Florida, lernte ich 2002 während der ersten Europatour von AGAINST ME! kennen, die Jordan neben seinem Label seit Jahren betreut. Schon damals stand mir ein sehr offener und interessanter Mensch gegenüber, mit dem es sich lohnt über sich und sein Leben zu reden. Doch erst drei Jahre später, im September diesen Jahres, mittlerweile war AGAINST ME! bereits das dritte Mal in Deutschland, kam es zu einem offiziellen Gespräch. Nach einem Interview mit AGAINST ME! durfte auch Jordan endlich mal zu Wort kommen.

Jordan, wie bist du zur Independent-Musik gekommen?

Das war zusammen mit meinen Kumpels. Ich war dreizehn und lebte damals noch in Baltimore, MD, wo ich mich später auch der ortsansässigen Crasshole-Kollektiv und der Band A/POLITICAL anschloss. Die erste Punkplatte, die ich erstand war „... And Out Come The Wolves“ von RANCID. Mittlerweile habe ich mir diese Platte bereits viermal gekauft.

Wann hast du das Label gegründet?

Nachdem ich im Oktober des Jahres 2000 nach Gainsville, FL, umgezogen war. Die Pressung der „Crime“-EP von AGAINST ME! war damals bereits beschlossene Sache. In Baltimore hatte ich mit Crasshole Records bereits erste Labelerfahrungen sammeln können. Ich wollte nach dem Umzug noch mal ganz von vorne anfangen und so kam es zu Sabot Productions.

Was steckt hinter dem Namen Sabot und dem labeleigenen Logo?

Das Wort „Sabot“ kommt ursprünglich aus dem Französischen. Vor der Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert trugen europäische Arbeiter Schuhe aus Holz, so eine Art Klotschen. Gab es nun ein Problem in ihrer Fabrik, wurde nicht etwa gestreikt. Man steckte stattdessen einfach einen der Holzschuhe in die Maschine und unterbrach damit die Produktion. Das ist auch der Ursprung des Wortes „Sabotage“. Das Logo von Sabot Productions ist genau so ein Holzschuh in einer zerbrochenen Maschine. Es soll ein Aufruf sein, aufzustehen und sich einer sinnvollen Bewegung anzuschließen. Diese Idee der „Direct Action“ schlägt sich sogar in meinem Katalog nieder. Jedes Release trägt die Buchstaben ACT, wie eine Art Sabotageakt. Ist das jetzt zu dick aufgetragen?

Wer arbeitet bei Sabot?

Größtenteils mache ich das ganz alleine. Wenn ich unterwegs bin, spanne ich aber auch meine Mitbewohnerin Nicole ein, die dann den Mailorder übernimmt. Ich muss an dieser Stelle auch den großartigen Replay Dave erwähnen, der bei No Idea Records hier in Gainsville arbeitet und mich stets tatkräftig bei jeder Platte unterstützt. No Idea kümmert sich freundlicherweise auch um meine Website.

Bist du auch für das Artwork der Releases verantwortlich?


Bei den zwei AGAINST ME!-EPs und der COMMUNIQUÉ-CD habe ich das Layout mitgestaltet beziehungsweise überarbeitet, das Artwork machen meist externe Künstler. Ich kümmere mich um jegliches Artwork außerhalb der Releases wie Anzeigen oder Promo-Stuff.

Ist das Label ein Fulltimejob geworden?

Jeden Tag, den ich nicht unterwegs bin, widme ich zu gleichen Teilen meinem Label und AGAINST ME!. Wenn man das zusammennimmt, dann ist ein Fulltimejob.

Was sind deine persönlichen Lieblings-Labelplatten?

Das ist schwer zu sagen. Ich mag sie alle, jede Platte auf ihre ganz eigene Art. Ich bin sehr wählerisch in Bezug auf das, was ich herausbringe. Es sollte daher auch etwas Herausragendes sein, an das man sich gerne erinnert.

Du hast eine ganze Reihe Singles herausgebracht. Sind Singles dein Lieblingsformat?

Ich bevorzuge ganz einfach Vinyl, die Größe ist egal. Ich habe mir vorgenommen, nichts auf CD herauszubringen, was nicht auf Vinyl zu haben ist. Singles mag ich, weil sie sich auf zwei bis drei Songs beschränken, die dann etwas ganz Besonderes sind.

Mit welchen Platten können wir demnächst rechnen?

Demnächst wird die erste AGAINST ME!-Single als CD-Digipak wiederveröffentlicht. Nächste Jahr sollen zudem alle alten AGAINST ME!-Aufnahmen gesammelt auf einer CD erscheinen, das heißt die „s/t“-12“-EP, das „Vivida Vis“-Demo plus ein paar Specials. Außerdem sieht es ganz gut mit TIGER LOU aus Schweden aus.

Was für Leute stehen auf das Label, soweit du das beurteilen kannst?

Das ist schwer zu beantworten. Aus Erfahrung weiß ich, dass zu den Konzerten von AGAINST ME! immer auch Fans von Sabot kommen, aber mehr wage ich nicht zu sagen, da die Releases von Country bis Punk reichen.

Schließt du richtige Verträge mit den Bands ab?


Nein, das habe ich noch nie gemacht. Ich finde es sehr wichtig, dass sich sowohl Label als auch Band vertrauen. So lange das von beiden Seiten geschieht, besteht für Verträge kein Anlass.

Wie idealistisch muss man heutzutage sein, um ein Label zu gründen?

Eine optimistische Grundhaltung ist unabdingbar und die drei Worte „never give up“ sollte man stets im Hinterkopf haben. Ich habe schon so oft gedacht, alles einfach hinzuschmeißen, als das Geld zum Beispiel mal wieder knapp wurde, bin aber trotzdem stets dabei geblieben. Es ist manchmal wirklich hart.

Wie ist deine Beziehung zu No Idea Records?


No Idea fungiert als mein Exklusiv-Distributor. Ich bin mittlerweile acht von zwölf Monaten des Jahres unterwegs und brauche daher verlässliche Partner, die meine Platten herausschicken. Vor ein paar Jahren musste ich Großaufträge wie zum Beispiel von Ebullition immer bis auf meine Rückkehr vertrösten. Die Zusammenarbeit mit No Idea lag daher auf der Hand. Ihr Büro ist nicht einmal eine Meile von meinem entfernt und sie sind einfach nette Menschen.

Du bist ein enger Freund von AGAINST ME!. Wann und wie hast du die Band kennen gelernt?


Das war in Baltimore, als ich noch Crasshole Records betrieb. Sänger Tom Gabel hatte mir ein Demo von AGAINST ME! geschickt und ich verfiel ihnen. Ich buchte eine Show in Baltimore für sie auf ihrer allerersten Tour und später entschieden wir uns für eine Zusammenarbeit. Das führte zur berüchtigten ersten 12“-EP, von der wir insgesamt 500 Stück pressten. Auch für die zweite Tour holte ich sie dann nach Baltimore, was gleichzeitig die Record-Release-Party wurde. Kurz darauf entschied ich, nach Gainesville zu ziehen und zog bei Tom ein. Dann machten wir die „Crime“-EP. Ich betreue die Band jetzt seit April 2001, ihrer dritten Tour. Da ich kein Instrument spiele, musste ich diesen Job quasi übernehmen. Seitdem habe ich keine Show von AGAINST ME! verpasst.

Was ist die größere Herausforderung, das Label oder die Band?


Beides ist sehr spannend. Es ist nie einfach, sich auf eine der beiden Sachen zu konzentrieren. Irgendwie bekomme ich es aber immer hin und kann mich nicht beklagen. Ich muss immer etwas tun und kann nicht zwei Minuten stillsitzen. Ich bringe seit gut zehn Jahren Platten raus und organisiere Konzerte, es ist also fast natürlich, dass ich das zu meinem Beruf gemacht habe. Hoffentlich hält dieses gute Gefühl noch lange an.