DIE INNUNG

Seit ein paar Jahren schon geistert DIE INNUNG durch die deutsche Subkulturlandschaft. Neben der 1998er Mini-CD "Cool in Detmold" haben die vier Burschen mittlerweile fast ein ganzes Album auf Band gebannt. Sänger Lloyd hat zudem in grauer Vorzeit mit den AUTOS eine Band mit Junge von EA 80 am Start gehabt, auf die er eigentlich nicht mehr angesprochen werden möchte, was ich aber natürlich trotzdem gemacht habe. Da die Jungs alle in der Nähe wohnen, und mir vor allem die neuen Aufnahmen erstaunlich gut gefallen, habe ich den Sänger und Bandmotor Lloyd und den Bassisten und nebenberuflichen Versicherungsmakler Timo ausgequetscht.

Wer ist DIE INNUNG und was habt ihr bislang gemacht?


Timo:
"DIE INNUNG sind vier Leute, die schon in verschiedenen, nicht ganz unbekannten Bands oder Projekten aktiv waren und sind. Wir sind eher durch Zufall aneinander geraten, um das zu machen, was schon viele Bands vor uns gemacht haben: Songs zu schreiben, mit denen man nie eine müde Mark verdienen wird."

Lloyd: "Die Band besteht aus Fox, Martin, Timo und mir. Fox spielt Gitarre, Martin Schlagzeug, Timo Bass und ich singe. Fox war früher bei Düsseldorfs legendary AXEL SWEAT, Martin bei CHANGE YOUR CHUCKS, Timo spielt noch bei SMALL BUT ANGRY und seit neuestem auch bei NOTHING IN COMMON. Und ich bemüh´ mich schon seit Urzeiten aus der Innung ´ne richtige Band zu machen. DIE INNUNG gibt´s unter dem Namen schon seit zehn Jahren, wir sind aber erst seit drei Jahren wieder richtig aktiv. 1998 haben wir dann die "Detmold"-EP rausgebracht. Yep."

Ich finde, dass ihr ziemlich gute und vor allem unpeinliche deutsche Texte habt. Das kann nicht jeder. Wie kommt´s?

Timo: "Mit der Einschränkung, dass es immer um das gleiche Thema geht. Aber da kann der Lloyd mehr zu sagen, schließlich sitzt der immer in der Nacht vorm nächsten Studiotermin an seinem Schreibtisch und grübelt darüber, was er am nächsten Tag eigentlich singen soll."

Lloyd: "Wart´s nur ab! Die peinlichen Texte werden wir demnächst nachliefern. Dann wirst du dir wünschen, dass du uns nie als Band mit guten deutschen Teten bezeichnet hättest! Also, bis jetzt hat´s vielleicht halbwegs geklappt Sätze oder Bilder zu vermeiden, zu denen man später nur noch schwer stehen kann. Meistens reihe ich ganz simple Lebensweisheiten oder Beobachtungen aneinander. Nix wirklich Weltbewegendes. An Abstraktes und Absurdes habe ich mich bisher nicht ´rangewagt. Vielleicht sollt ich´s auch lassen."

Richtigen Deutschpunk macht ihr ja nicht, obwohl schon alles schön laut und dreckig ist. Wie stuft ihr euren Stil ein?

Timo: "Ach nee, komm´ jetzt nicht mit diesen Spex-Standardfragen. Nenn´s wie du willst!"

Lloyd: "Ich fürchte wir haben einfach keinen. Es soll rocken und knallen, aber vor allem sollen die Melodien im Ohr bleiben. Die Lieder sollen noch im Kopf sein, wenn sie schon nicht mehr zu hören sind. Das klappt natürlich nicht immer. Die Einflüsse bei uns sind vielfältig: DRI, BUZZCOCKS, PENNYWISE, MELVINS, das sind so Sachen, die alle ´ne Rolle bei uns spielen. Oder zumindest versuchen wir, uns an solche Leute ranzutasten. Eine Band auf die sich, glaube ich, alle bei uns einigen können, sind die RAMONES. Das gilt sowohl für das Verständnis von Musik als Lebensstil, als auch für die Songs selber. Aber es kommen sicher noch zwanzig andere Bands hinzu, die uns beeinflussen. Wahrscheinlich sind wir einfach nur ´ne Rockband wie tausend andere auch."

Euer Line-Up ist ja nicht eben das stabilste. Seid ihr Menschen, mit denen man nicht so gut auskommt?

Timo: "Die alten Bandmitglieder hatten einfach keine Lust sieben Tage die Woche sieben Stunden am Tag zu proben."

Lloyd: "Hey, was soll denn der Scheiss auf einmal? Jetzt hör mal gut zu, ja? Wir sind total nett. Und das schreibst du auch in deiner Zeitung, klar? Wir wissen wo du wohnst, denk daran! Also das Problem ist gar nicht, dass ständig Leute verschwinden; eher das einfach keine kommen. Find´ du mal ´nen guten Gitarristen, der dir nicht schon im ersten Gespräch offenbart, dass er eigentlich eher so was wie FANTOMAS oder NEBULA machen möchte. Gute Punkrock-Schlagzeuger kann man irgendwie auch mit der Lupe suchen. In der Besetzung spielen wir jetzt aber bald ´n Jahr zusammen. Für unsere Verhältnisse ganz ordentlich."

Der Altersunterschied der Musiker ist ja auch recht beachtlich?!

Lloyd: "Allerdings. Wenn ich in Rente gehe wird Martin wohl gerade sein Abi machen. Also, das hat sich einfach so ergeben. Bei uns dauert alles ewig. Ich glaube, jeder in der Band hat schon immer irgendwie Lärm gemacht und wird ich wohl noch machen, wenn er nur noch die Mundorgel bedienen kann."

Timo: "Ja, also Lloyd wollte tatsächlich auch bei den HOSEN einsteigen und Martin hat wirklich neulich ein Angebot von ECHT bekommen. Aber Guntram, Du machst diesen ganzen Scheiß hier doch auch immer noch mit, obwohl du ein schon ´n alter Sack bist, oder?"

Warum heißt die Mini-CD "Cool in Detmold"? Ihr kommt doch alle aus Düsseldorf, Neuss und neuerdings auch Köln?

Lloyd: "Äh, also ich wohne ja nicht so richtig in Köln. Es ist eher so, dass dieser Vorort von Düsseldorf in dem ich wohne - Ehrenfeld - schon ziemlich nah bei Köln liegt. Aber deswegen ist man ja nicht sofort Kölner. Ursprünglich bin ich aus Heiligenhaus, wo ich diese klassische Reihenhaussiedlung-Teeniezeit verbracht habe, die mich wohl für alle Zeiten geprägt hat. Detmold ist dafür nur eine Metapher. Detmold ist ´ne Nachbarstadt von Bielefeld und als ich da studiert hab´, dachte ich, dass wäre der exemplarische Name für eine Stadt in der Mitte von Nirgendwo, in der man durch eine böse Laune des Schicksals vielleicht für immer gefangen gehalten wird. Als ich das Lied geschrieben habe, kannte ich Detmold noch gar nicht. Ich weiss aber mittlerweile, dass ich der Stadt in der Wirklichkeit mit der Beschreibung im Song sehr nahe gekommen bin."

Timo: "Wie du siehst, hat Lloyd da den persönlichen Draht. Von mir aus könnte der Song auch "Cool in Bagdad" heißen."

Was hat es mit dem Namen auf sich? Erinnert mich irgendwie an "Industrie und Handelskammer" oder so.

Timo: "Hey Guntram, du hast doch mal drei Wochen eine Lehre als Elektriker gemacht. Hättest du die mal erfolgreich abgeschlossen, wüsstest du auch was eine Innung ist."

Also, erstens waren das keine drei Wochen, sondern anderthalb Jahre, und zweitens war das eine Ausbildung zum Industrieelektroniker in der Fachrichtung Gerätetechnik und nicht zum Strippenzieher. Aber wenn ich mich recht entsinne, habe ich dich vor zehn Jahren auch mit Trenchcoat und Krawatte auf deinem Didi-Thurau-Rennrad von deiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank nach Hause zu Mami radeln sehen, oder?


(Anm.: Nur dank meiner geübten Reflexe kann ich an dieser Stelle dem Faustschlag Timos geschickt und elegant ausweichen.)

Lloyd: "Hey, jetzt haut euch mal nicht. Also Innung. Es ist einfach ein sehr schönes deutsches Wort für eine Gruppe von Menschen, die sich aus einem bestimmten Grund zusammenschließen. Bei uns ist dieser Grund, dass wir rocken wollen. Klingt ausserdem irgendwie sehr weich und rund. Äh. Moment, was rede ich da?"

Lloyd, ich weiß, dass du das nicht erwähnt haben willst, aber wir vom Ox sind nun mal die brutalst möglichen Aufklärer. Du hast vor Jahren eine Band mit Junge von EA 80 gemacht. War das vor EA80? Erzähl mal was darüber!

Timo: "Tja Lloyd, da musst du jetzt wohl durch!"

Lloyd: "Also gut. Zu deiner Vorbemerkung muss ich sagen, dass weder DIE INNUNG noch DIE AUTOS wirklich was mit EA 80 zu tun haben. Ich hab aber sehr gute Erinnerungen an die Band. Als Junge dazustieß, war das eigentlich schon keine richtige Band mehr. Ich hab 1983 für ein Lied der AUTOS, die aus ein paar Schulkameraden aus Heiligenhaus bestanden, und die zu dem Zeitpunkt schon eher in der Auflösung begriffen waren, einen Sänger gesucht. Ich hab mich damals selber noch nicht getraut. Da hab ich einfach Junge gefragt, der immer auf denselben Konzerten wie ich rumhing, und von dem ich wusste, dass er singen konnte. Ich glaube, das war so´n Jahr nach der ersten EA 80-Single. Wir haben dann insgesamt drei Lieder zusammen gemacht. Zwei für ´ne Single, die wir selber in ´ner zweihunderter-Auflage rausgebracht haben, der Titel-Song hieß "Niemals!" und ein Lied für den "Pesthauch des Dschungels"-Sampler, das hieß "1000 Jahre". Der Single-Titelsong war ein Aufruf zum Weltaufstand und klingt heute noch sehr, sehr schön. Der Sampler-Beitrag, auf dem ich dann zum ersten mal überhaupt selber gesungen hab, sollte dann das klassische Liebeslied revolutionieren: Es ging um Lustmord und Nekrophilie. Das mit der Revolution ist dann aber irgendwie daneben gegangen. Sowohl der Text als auch mein Quäk-Gesang sind mir heute ziemlich peinlich. "Niemals!" hat auch ´n ziemlich pubertären Text, aber ich finde ihn noch immer o.k.. Ich glaube, alle Beteiligten sind heute noch ganz happy mit der Platte. Inklusive die Bläser der Heiligenhauser Musikschule, die wir damals mit vorgehaltener Waffe zur Beteiligung an einem Punkrock-Stück ins Studio geholt haben. Musik und Cover waren für damalige Verhältnisse vielleicht ziemlich ungewöhnlich. DIE AUTOS sind aber deswegen noch lange keine Kultgruppe."

Wollt ihr die Single nicht wieder veröffentlichen? Dafür gibt es sicher genügend Interessenten.

Lloyd: "Ehrlich, kann man damit Geld machen? Also, wenn das wirklich so ist.... Nee, ich hab mit Martin in den letzten Jahren bei unseren sporadischen Treffen schon öfter darüber gesprochen. Wir werden´s definitiv machen, vielleicht schon in den nächsten Monaten. Wir müssen uns noch mal kurzschließen. Ich antworte einfach mal mit einem klaren JA!"

Timo: "Ja Lloyd, vielleicht kannst du ja noch im hohen Punkrock-Alter noch den ganz großen Reibach machen."

DIE INNUNG ist ja eine der fleissigsten Livebands der letzten Jahre. Habt ihr da irgendwelche guten Stories auf Lager?

Timo: "Ja, live spielen ist doch das wichtigste für das Musikerherz. Und genau deswegen ist DIE INNUNG auch so eine großartige Band für mich. Bei welcher Band kann man sonst so viel Live-Erfahrung sammeln, außer vielleicht bei FUGAZI. Aber Guntram: In der heutigen Medienlandschaft kosten gute Stories auch gutes Geld. Und Ihr vom OX habt doch keins, oder hat sich das in letzter Zeit geändert? Also: Kein Geld, keine guten Stories!"

Lloyd: "Nur soviel: Wir spielen wirklich so oft live, dass ich mich nicht an den Text von "Cool in Detmold" erinnern konnte als SMALL BUT ANGRY mich letztens unvorbereitet auf die Bühne geholt haben, um den Song mit mir zu spielen. Aber dafür entwickeln wir ständig neues hochwertiges Merch, dass man natürlich bei www.dieinnung.de bestellen kann! Fox-Longboards wird nächstes Jahr sogar eine INNUNG-Edition bei uns anbieten! Best Boards! Unbedingt bestellen."

Was macht ihr als nächstes?

Timo: "Einen Beitrag zum legendären "Extreme Neuss Terror"-Sampler. Anschließend werden wir an der Fertigstellung des Albums arbeiten. Vielleicht reduzieren wir ja auch unsere Proben auf sechs Mal die Woche, um live noch mehr für unsere Fans da zu sein!"