KILLRAYS

Mit ihrer aktuellen CD "Dependence Day" haben die KILLRAYS aus Frankfurt/Main ihre bislang beste Leistung abgeliefert. Nach zwei CDs und verschiedenen Singles bzw. Split-Platten auf dem sehr umstrittenen Label Lost & Found und einer CD auf Bite Your Ear haben sie einen mutigen Schritt gewagt und ihre neue Scheibe auf dem eigens dafür gegründeten eigenen Label Keep Smiling veröffentlicht. Ich habe Gitarrist Tom vors Mikro gezerrt und befragt.

Wie fühlt man sich so als frischgebackener Plattenfirmenboss?


"Sehr gut. Ist zwar alles etwas stressig, aber endlich sind wir selbst für den Mist verantwortlich, der verbockt wird. Besonders die Zeit vor der offiziellen Veröffentlichung von "Dependence Day" Anfang April war etwas hektisch. Es läuft bisher aber überraschend problemlos."

Was führte euch zu der Entscheidung keine andere Plattenfirma mehr zu suchen?

"Gesucht haben wir schon, nur leider nix passendes gefunden. Die Entscheidung ein Label zu gründen ist dann auch nicht sehr schwer gefallen. Es gibt uns mittlerweile lange genug, so dass wir ungefähr wissen was geht. Jetzt passiert es uns beispielsweise nicht mehr, von irgendwelchen Platten- und Promofirmen als die "deutschen NOFX" tituliert zu werden, in der Hoffnung mehr CDs zu verhökern. Für solch lächerliches und noch dazu unpassendes Namedropping hatte noch nie einer von uns Verständnis. Lost & Found waren da ja echte Meister und auch bei unserer letzten CD "On Common Ground" war die Promoarbeit teilweise erschreckend."

Ihr seit nur noch zu viert. Warum ist denn Chris nicht mehr dabei?

"Vor ungefähr zwei Jahren hat er einen neuen Job angefangen und einfach nicht mehr genug Zeit aufbringen können. Er ist immer noch ein guter Freund und wird die Band auch weiterhin begleiten. Bei unserer CD-Release-Party Anfang April hatte er sogar einen kurzen Gast-Auftritt. Ansonsten sind wir mit der Viererbesetzung recht zufrieden und werden auch so weiter machen."

Der Drummer ist aber erstaunlicherweise noch der gleiche wie auf der letzten CD.

"Wir hatten nach der "Space Giant", als Olaf zu TANKARD gewechselt ist, ziemliche Probleme einen neuen Schlagzeuger zu finden. Seit den Aufnahmen zur "On Common Ground" ist Marcus aber festes Mitglied. Ich hoffe, das wird noch lange so bleiben, nicht nur weil er auch im Marsupilami-Kostüm Schlagzeug spielen kann."

Nico Poschke von GIGANTOR hat eure Platte ja soundtechnisch betreut. Der Kontakt stammt ja sicher noch aus eurer Lost and Found Zeit.

"Ja, Nico hat die Songs gemastert. Wir kennen ihn schon seit ´94, als wir die Aufnahmen zu der Split-CD mit FREEZE gemacht haben. Unsere Zusammenarbeit war immer klasse und da Nico selbst Punkrock spielt, weiss er einfach was er zu tun hat, dass es sich gut anhört. Die Aufnahmen und der Mix wurden im KS-Studio in Bottrop gemacht. Die Jungs produzieren recht häufig Punkrockbands, und haben daher reichlich Erfahrung mit solchen Chaoten. KAFKAS und SO WHAT haben uns den Laden empfohlen und wir sind wirklich zufrieden mit dem Ergebniss. Der Sound unserer CD ist richtig gut geworden. Mit Lost & Found haben wir ansonsten nichts mehr zu tun."

Trotz nur einer Gitarre klingen eure Songs auf der neuen CD irgendwie viel abwechslungsreicher und durchdachter. Wie habt ihr das hinbekommen?

"Hmm, gute Frage! Genau kann ich dir das nicht sagen. Vielleicht lag das eben daran, dass ich alleine für den Gitarrenkram zuständig war. So konnte ich mehr oder weniger machen was ich wollte, ohne Kompromisse. Dazu kommt dann noch die generelle Weiterentwicklung der Band und eine etwas konzentriertere Arbeitsweise. Wir haben die Songs unserer neuen CD schon bevor wir ins Studio sind einige Male aufgenommen und geändert. Außerdem kommen im Laufe der Zeit natürlich immer mehr Einflüsse hinzu. Man kann wohl hören, dass es uns Spaß macht, die dann in unsere Musik zu integrieren. Die Songs sind insgesamt etwas emotionaler ausgefallen, jemand hat das als "Peace Punk" beschrieben. Find ich sehr lustig, man selbst macht sich über Bezeichnungen ja eher weniger Gedanken."

Seit ihr mit den bisherigen Reaktionen auf die neue CD zufrieden?

"Absolut. Was uns wirklich gefreut hat, ist dass die meisten Leute unsere Musik als sehr eigenständig empfinden. Das ist auf jedenfall ein sehr großes Kompliment für uns. Dass wir melodischen Punkrock spielen ist klar, allerdings sehen wir uns absolut nicht als eine der unzähligen Clon- oder Retorten-Melodycore-Bands. Wir geben uns sehr große Mühe unsere Songs abwechslungsreich und eigenständig zu gestalten, daher ist es schon klasse, wenn das die Zuhörer ebenfalls so empfinden."

Diesmal habt ihr im Gegensatz zu euren letzten Platten keinen Coversong gemacht. Habt ihr alle guten Songs schon gecovert?

"Ja klar, alle guten Songs, haha. Die Covers von CAUGHT IN THE ACT und COOLIO waren Spaß. Wir hatten einfach Bock den Dreck zu verhunzen. Aus "Love is everywhere" wurde dann halt "Lard ist everywhere". Wir spielen den Song manchmal sogar noch live. Bei der "Dependence Day" hatten wir aber keine Lust sowas zu machen. Es entsprach einfach nicht unserer Stimmung, beim Schreiben der Stücke noch einen Quatschsong mitreinzunehmen. "PPP" ist aber fast ein Coversong. Wir haben da etwas bei einem spanischen Volkslied geklaut. Die Idee zum Text ist mir bei meiner letzten Spanientour gekommen. Stierkampf ist da wirklich noch ein Volkssport. In allen regionalen Fernsehsendern läuft Sonntag Morgen ein Zusammenschnitt von den "besten" Kampfszenen des Tages. Fast jedes Furzkaff hat eine eigene Stierkampfarena. Obwohl ich versucht habe, offen für den anderen kulturellen Hintergrund zu sein, muss ich sagen, dass es wohl nichts widerlicheres gibt, als aus Spass zu töten. Die Stiere werden gequält und die Matadore, meist irgendwelche pickligen Bubies, sind richtige Volkshelden. Der Text macht sich also über diese Situation lustig, auf Spanisch natürlich, soweit meine Sprachkenntnisse dazu ausgereicht haben."

Was habt ihr als nächstes vor?

"Da wir alle begeisterte Zuschauer des Musikantenstadels sind, kann es auch durchaus sein, dass wir uns demnächst einen großen Traum erfüllen und eine Zusammenarbeit mit den WILDECKER HERZBUBEN starten. Hierfür suchen wir auch noch Leute, die befähigt sind, volkstümliche Instrumente in der doppelten Geschwindigkeit zu spielen. Wir sind schon mitten in den Vorbereitungen, besonders Marcus hat seinen Körperumfang bereits vervielfacht."