TRAKTOR

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Us Against Them

Bei der schwedischen Chaoscore-Gruppe TRAKTOR geht es um Freundschaft. Das mag kommerziell kein sonderlich wirksamer Aufhänger sein, aber für mich persönlich ist es der beste Ausgangspunkt, um Musik zu machen. Zudem erklärt es vielleicht die Tatsache, weshalb TRAKTOR-Mitglieder dazu gewinnen, während anderswo alle ihren Job an den Nagel hängen. Kürzlich veröffentlichte das frisch gebackene Quartett das Debüt "Lights" und fügte seinem frischen Stakkato-Sound weitere Facetten hinzu. Höchste Zeit, sich zur Abwechslung mal ernsthaft mit den sympathischen Jungs zu unterhalten. Zumindest versuchsweise.


Ihr seid neuerdings zu viert. Hat das musikalische oder persönliche Gründe?


Wir haben Georgios in die Band genommen, weil wir den Punkt erreicht hatten, an dem wir einen zweiten Gitarristen brauchten, um den verbesserten TRAKTOR-Sound umzusetzen. Da er ein guter Freund von uns ist und kürzlich bei seiner früheren Bands THE SOUND O.E ausgestiegen ist, war es eine nahe liegende Entscheidung.

Georgios hat für euch das Booking gemacht, war euer Manager und eben der Sänger einer anderen Band, die ihr kennt. Führte es zu Spannungen, dass ihr ihn "gestohlen" habt?

Anfangs war es schon ein seltsames Gefühl, da wir gemeinsam viel auf Tour waren, aber inzwischen gibt es keine Spannungen mehr. Georgios lebt mit dem zweiten Sänger von THE SOUND O.E in einer Wohngemeinschaft und die beiden sind immer noch die besten Freunde. Und daher planen wir auch wieder, zusammen auf Tour zu gehen.

Euer aktuelles Album "Lights" wurde von Carl Vikman produziert, klingt aber doch sehr roh. War es Absicht, dass ihr die Titel so authentisch eingefangen habt?

Unsere Absicht war es, den Live-Klang einzufangen und ihn etwas aufzupeppen. Tatsächlich ist es sogar so, dass wir ziemlich viel Arbeit in die Aufnahmen gesteckt haben. Wir sind zusätzlich noch mit einem Typen, dem Paul McCartneys Metronom gehört, in ein anderes Studio gegangen, um alle Keyboardpassagen aufzunehmen.

Das englische Label Art For Blind half bei der Veröffentlichung eurer 7" "The God's Own Zilla Session". Hat euch das in England weiter gebracht?

Eigentlich sollten wir dort auch auf Tour gehen, aber aus mehreren Gründen hat das leider nicht geklappt. Einer war, dass Fredrik krank wurde und obwohl es das Schlimmste ist, was man sich vorstellen kann, eine Tour mittendrin zu canceln, hatten wir keine Wahl, weil er nicht mehr auf seinen eigenen Beinen stehen konnte. Wir haben aber den Vorsatz, das bei Gelegenheit in nächster Zukunft nachzuholen.

Wie läuft denn eine Probe bei TRAKTOR ab?

Wir proben dreimal in der Woche und es fängt für gewöhnlich damit an, dass David, Fredrik und Rickard Georgios am Bahnhof abholen, weil er in Stockholm wohnt und arbeitet. Dann gehen wir in den Proberaum und spielen oder schreiben neue Lieder. Meist hat jemand schon eine Idee im Kopf und gemeinsam entwickeln wir das dann weiter. Bei den Proben kurz vor der Tour spielen wir immer und immer wieder die Songs für die Konzerte.

Ihr seid viel auf Tour, studiert ihr denn, oder habt ihr anständige Jobs. Wie findet ihr die Zeit dazu?

Touren ist die beste Sache, die wir kennen, und deshalb machen wir das auch so oft wie möglich. Rickard, unser Schlagzeuger, ist Student und arbeitet auch als Grafikdesigner. David, der Gitarre spielt und singt, arbeitet als Botenjunge. Fredrik, Bass und Gesang, arbeitet in einem Lager und studiert auch. Georgios arbeitet als Booker für eine schwedische Agentur. Wir sind alle froh, dass wir Jobs haben, die uns genügend Freizeit zum Touren geben.

Ihr tragt alle dieselben Klamotten auf der Bühne, wechselt ihr die vor dem Gig, oder rennt ihr immer wie Vierlinge rum? Und überhaupt, wascht ihr die Sachen auf Tour?

Es ist doch ganz egal, was wir für Klamotten anhaben. Die Leute denken immer, dass wir zwei Zwillingspärchen sind. Bekleidung ist ja wirklich ziemlich teuer, also nehmen wir jeweils nur ein Paar davon mit. Klar stinken die nach einer Weile, aber hey, Touren ist eh ein stinkendes Geschäft.

Euer Sound ist gereift und ich würde ihn gar nicht mehr als traditionellen Screamo bezeichnen. Wo seht ihr euch im aktuellen musikalischen Kontext?

Ehrlich gesagt ist es uns egal, ob wir in den aktuellen Kontext passen oder ob man uns eine Screamo-Band nennt. Wir sind TRAKTOR, weil wir gerne gemeinsam Musik machen und scheinbar gefällt es den Leuten auch. Vielleicht sind wir dann dadurch auch ein Teil der aktuellen Musikszene.

Haben TRAKTOR eine Message, worum geht es in euren Liedern?

Meist haben die Lyrics eine "Us Against Them"-Mentalität. Wir schreiben auch sehr metaphorisch, so dass der Hörer sich zum Thema auch seine eigenen Gedanken machen kann.

Wie würdet ihr die momentane skandinavische Szene beschreiben und wieso hat euch dort oben das Metalcore-Virus nicht infiziert?

Die skandinavische Punkszene ist wieder auf dem Vormarsch. REFUSED trugen die Szene mit sich zu Grabe, aber nun sehen die Leute, dass Punk Spaß macht und es sich dabei aber auch um mehr als Musik handelt. Metalcore ist von unseren persönlichen Hörgewohnheiten weit entfernt, also beeinflusst uns das gar nicht.

Wo siehst du die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der nord- und mitteleuropäischen Szene?

Also der größte Unterschied ist wohl, dass ihr in Deutschland euch viel mehr mit Musik beschäftigt und auch aufgeschlossener seid als die Menschen in Skandinavien. Die Gemeinsamkeit ist wohl, dass es immer Leute gibt, die sich mit voller Seele der Musik widmen, Shows veranstalten, Alben veröffentlichen und die Szene dadurch am Leben erhalten.

Letzte, ganz wichtige Frage. Hat einer von euch einen Traktor?

Nein, aber wenn die kommende Tour gut läuft, dann können wir es uns leisten, einen von Fredriks Vater zu kaufen.