DAMNED

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A Band Of The People

"In a funny way, I thought THE DAMNED catched the true spirit of punk, as understood by punks, better than their rivals." (John Peel) Damit hat der verstorbene Pate der "alternativen" Musik die 1976 entstandene Band um die Gründungsmitglieder Brian James (Gitarre), Rat Scabies (Chris Millar/Drums), Ray Burns (später bekannt als "Captain Sensible"/Bass) und Dave (Lett) Vanian (Vocs) treffend charakterisiert. Denn was sonst machte die Anfänge der Punkbewegung aus, wenn nicht die "Du kannst alles tun, wenn du es willst"-Mentalität. Die Individualität als oberstes Prinzip des Punk geriet leider bald und nicht zuletzt aufgrund des Uniformitätszwanges und der Vereinheitlichung der Weltanschauungen in Vergessenheit. Wir wollen die Zeit, als der Punk in Britannien noch jung war, kurz zurückholen und zitieren Dave Vanian: "The main thing was, it wasn't so much of a style. Punk was an idea, an idea of being original and being true to yourself."


THE DAMNED waren von Anfang an ein Kollektiv von einzigartigen und völlig unterschiedlichen Persönlichkeiten. Sie trugen keine Punkklamotten aus dem Zubehörladen von Vivienne Westwood, sondern kleideten sich augenscheinlich für die Teilnahme an Bela-Lugosi-Lookalike-Contests, trugen Krankenschwesternuniformen, Tütüs oder gar nichts. Rat wurde schnell bekannt dafür, bei Live-Auftritten sein Drumkit mit Feuerzeugbenzin anzuzünden. Es ging ihnen nicht darum, "die Gesellschaft zu verändern", sondern auf die Bühne zu gehen, Spaß zu haben und eine Lastwagenladung Kohle damit zu machen. "Music was our way out ...", befand der ehemalige Toilettenreiniger Sensible, der davon träumte, ein Popstar wie Marc Bolan zu sein, dem die Mädchen zu Füßen liegen.

Ex-Totengräber Dave Vanian wurde Sänger, weil Rat und Brian James der Ansicht waren, er sähe "gut" aus (und weil Sid Vicious nicht zum Vorsingen erschienen war). Das war es, worum es beim Punk ging. Von THE CLASH, deren Bandmitglieder einen Upper-Class-Hintergrund hatten, wurden THE DAMNED deswegen für eine kaum ernst zu nehmende Joke- oder Comedy-Band gehalten. Ihre Fans lieben sie dafür bis heute. Denn bei aller Anarchie und Spielfreude waren die Punk-Attitüde und der politische Protest der SEX PISTOLS von McLaren kalkuliert. Bei THE CLASH wiederum - so Captain Sensible - konntest du morgen im Radio hören, was gestern als Schlagzeile in der Zeitung stand. Beide glitten sie mithilfe klimatisierter Reisebusse von Gig zu Gig, während THE DAMNED in einem klapprigen Van hinterherfuhren.

Glen Matlock: "THE DAMNED was a bit of a downer kind of thing ..."

Und weder die gesellschaftskritischen CLASH, noch die anarchistischen SEX PISTOLS hatten je Probleme, bei den wirklich großen Plattenlabels dieser Zeit unter Vertrag zu kommen, während man THE DAMNED für "not manageable" hielt (Dave Robinson, Stiff Records). Letzteres traf natürlich auch zu, schließlich nutzten THE DAMNED die Gunst der Stunde. Jedes Bandmitglied nahm sich die Freiheit, sich zu benehmen, anzuziehen und anzuzünden (Drumkits, Mini-Vans, Elvis Costello ...) was und wie er wollte. Captain Sensible sagte einmal, dass Siouxsie von SIOUXSIE & THE BANSHEES ihm vorgeworfen habe, er sei nicht "Punk". Sensible kam dies lächerlich vor, weil sie in einem 200-Pfund-Outfit steckte, während er Klamotten für 1,50 Pfund trug.

Also, was war "Punk"? Eine politische Bewegung, die aus der Arbeiterklasse heraus geboren wurde, wie Captain Sensible meint. Oder doch ein "Designerprodukt", welches in der New Yorker Kunstszene geboren wurde, von dort nach Großbritannien schwappte und von Leuten wie Malcolm McLaren gezielt genutzt wurde? Oder von beidem etwas?

Rat: "McLaren always said, that three Bands are a movement. He was very keen on ?movements' (...). "

Es ist sattsam bekannt, dass Vivienne Westwood sich selbst und McLaren als Erfinder oder - wie es vielleicht treffender ist - "Designer" der britischen Punkbewegung sieht. Ob dies nun den Tatsachen entspricht, oder nicht: augenfällig ist, dass sich die führenden englischen Protagonisten dieser "Bewegung" alle kannten. Dave, Rat und Captain waren zunächst Teil eines frühen McLaren-Projektes(!) zusammen mit Chrissie Hynde (später THE PRETENDERS), aus dem jedoch nie etwas wurde. Brian wiederum befand sich zunächst unter anderem mit Mick Jones (später THE CLASH) in einer Band mit dem Namen LONDON SS. Auch wenn es diese Bands nie zu einem Auftritt brachten, ist doch auffällig, wie überschaubar der Kreis der Akteure in der damaligen Zeit war.

Selbstverständlich ist der große Einfluss der Musikindustrie und die Vereinnahmung von popkulturellen Bewegungen durch die Musikpresse (wie es in den 90er Jahren auch der Grunge-Bewegung widerfuhr) sowohl der Grund dafür, warum einerseits die Journaille nie gebührende Notiz von THE DAMNED genommen hat, andererseits vielleicht auch der Grund dafür, warum THE DAMNED - in verändertem Line-up - noch heute existieren, während die anderen Bands der ersten Punk-Generation, wie die SEX PISTOLS oder die CLASH ihre Halbwertzeit schon vor Langem überschritten haben.

THE DAMNED sind nämlich eines der ganz wenigen Beispiele für Bands, die es "trotz der Record-Labels und trotz der (fehlenden) Musikpresse" (P. Morrison) geschafft haben, am Leben zu bleiben und seit knapp 30 Jahren eine stabile Fanbasis zu erhalten, für die THE DAMNED mehr sind, als nur eine Band jenseits der gut geölten Maschinerie der Musikindustrie, sondern eine Lebenseinstellung. Dave Vanian hat das Verhältnis zwischen der Band und ihrem Publikum einmal treffend beschrieben, indem er feststellte: "This is a band of the people."

Rat: "We don't regard ourselves being anything special or different so it does actually give us a much greater responsibility to our fan."

Ein weiteres Merkmal, das THE DAMNED von Anfang an von ihrer Konkurrenz unterschied, war das musikalische Potenzial der einzelnen Bandmitglieder. Man orientierte sich zunächst an amerikanischen Gruppen wie MC5, IGGY & THE STOOGES oder NEW YORK DOLLS. Captain war zudem ein großer Fan von SOFT MACHINE sowie Syd Barret, was dabei hilft, eine Reihe später folgender DAMNED-Songs zu erklären. Zu der frühen PINK-FLOYD-Single "See Emily play" bemerkt Sensible: "It was a psychedelic masterpiece. It changed my life."

1976 erschien die Debütsingle "New Rose", die erste Single des britischen Punkrock überhaupt und vielleicht einer der besten Punksongs dieser Zeit, von dem Brian James behauptet, er habe ihn in einer Viertelstunde geschrieben.

Anfang 1977 folgte mit "Damned Damned Damned" das erste Album der Punkbewegung, welches hervorragend die Stimmung der Live-Auftritte der damaligen Zeit einfängt und zu den herausragenden Meilensteinen der Rockgeschichte gehört. Die durchgehend von Brian James komponierten Songs sind energiegeladene und knackige Punkhymnen, mit eingängigen bis genialen Riffs und Melodien. Das ganze Album wurde an einem einzigen Studiotag aufgenommen, ohne Overdubs und das heute sonst so gebräuchliche Gefummel. Verglichen hiermit war das kurz darauf folgende SEX PISTOLS-Debüt "Never Mind The Bollocks ..." hoffnungslos überproduziert. Auch erkennt man auf "Damned, Damned, Damned" bereits die musikalischen Fähigkeiten der einzelnen Bandmitglieder, allen voran die von Brian James und Rat Scabies, dem wahrscheinlich besten Schlagzeuger der gesamtem britischen Punkbewegung.

Herausragende Titel sind "Neat neat neat" mit Captains treibendem Bass, das verschlagene "Feel the pain" sowie das genial-krawallige Cover des STOOGES-Titels "I feel alright". Auch kommerziell wurde "Damned Damned Damned" ein großer Erfolg. Die Songs haben bis heute nichts von ihrer Klasse verloren und gehören teilweise noch zum Live-Set, ohne auch nur im Ansatz angestaubt zu wirken.

Captain: "If you want to know, what punk rock is, put that record on."

Im November 1977 folgte dann leider das von PINK FLOYDs Nick Mason produzierte, einschneidende Missverständnis "Music For Pleasure". Ursprünglich wollte wohl vor allem Captain Sensible PINK FLOYD-Mastermind Syd Barret verpflichten. Letztlich kam jedoch "nur" Floyds Drummer und aus einem zweiten "Piper At The Gates Of Dawn" wurde nichts. Da half auch das Kandinsky-Artwork auf dem Albumcover nicht weiter.

Brian James zielte für "MFP" auf einen fetteren Gitarrensound, weshalb als "Verstärkung" Lu Edmunds in die Band geholt wurde. Tatsächlich fällt die zweite Gitarre auf "Music For Pleasure" kaum ins Gehör. Teile der Band waren ohnehin der Auffassung, dass Brian keine Verstärkung an der Gitarre benötigte. Allerdings existiert das unbestätigte Gerücht, Brian James habe mit der Anheuerung von Lu Edmunds beabsichtigt, den ebenfalls sehr talentierten Gitarristen Sensible weiter an den Bass zu binden.

Obwohl zerfahren, bietet "Music For Pleasure" natürlich auch gute Titel, beispielsweise "Idiot box" oder das schräge "You know" (mit Lol Coxhill am Saxophon). Das hervorragende Cover des BEATLES-Hits "Help" kann man hier als Zeitzeugen eigentlich kaum nennen, da der Titel bereits 1976 als B-Seite der "New-Rose"-Single erschienen war. Insgesamt wirkte das Album im Vergleich zum Vorgänger noch "amerikanischer", war leider jedoch deutlich zu glatt produziert und hatte nicht mehr den rauen Live-Charakter des Vorgängeralbums. Auch versammeln sich auf "Music For Pleasure" eine Reihe sehr durchschnittlicher Titel, beispielsweise "You take my money", "Your eyes" oder "Politics". Lückenfüller waren aber nun einmal zu jeder Zeit völlig untypisch für ein DAMNED-Album. "Music For Pleasure" floppte.

Kurze Zeit darauf ließ Stiff Records (Slogan: "If It Ain't Stiff, It Ain't Worth a Fuck") die Band fallen. Auf einer Frankreich-Tour kam zu allem Überfluss auch noch Rat abhanden, der die Band völlig entnervt verließ und kurzzeitig durch Jon Moss (später CULTURE CLUB!) ersetzt wurde. Da standen sie also, ohne regulären Schlagzeuger und ohne Plattenvertrag.

Anfang 1978 folgte die Auflösung der Band durch Brian James (der später mit Ex-DEAD BOYS Stiv Bators THE LORDS OF THE NEW CHURCH gründete) und - nach diversen Soloprojekten aller Beteiligten (Brian James gründete TANZ DER YOUTH, Dave wurde Mitglied bei THE DOCTORS OF MADNESS, John Moss und Lu gründeten THE EDGE, Rat Scabies THE WHITE CATS und Captain King) - die Reformierung, zunächst als THE DOOMED.

Rat: "We (Captain and I) got Dave on the phone and told him about lots of money and contracts and the fool believed us."

Ende 1979 folgte schließlich unter dem maßgeblichen Einfluss des jetzt zur Gitarre gewechselten Captain Sensible und dem ehemals SAINTS-Bassisten Algy Ward der Meilenstein "Machine Gun Etiquette" auf dem zur Rettung geeilten Label Chiswick Records. "MGE" stellt im Vergleich zu den beiden Vorgängeralben einen musikalischen Quantensprung dar. Stammten die Songs der ersten beiden Alben fast gänzlich aus der Feder von Brian James, war nun mehr oder weniger die Band als Ganzes gefragt, einen Input zum Songwriting zu liefern, insbesondere Captain. Das Ergebnis war phänomenal. Zwar finden sich auch auf "MGE" typische Zwei-Minuten-Punksongs wie die brillante und vorab erschienene Single "Love Song", die auf Platz 20 der englischen Charts kletterte und deren Lyrics "Just for you, here's a love song, and it makes me glad to say, it's been a lovely day and it's o.k." die rohe Musik freilich konterkarieren und ironisch brechen, oder "Melody Lee", mit dem zuckersüßen Piano-Intro, dessen Lyrics Sensible angeblich vollständig aus dem Mädchen-Comic "Bunty" abgekritzelt hat, und endlich natürlich das apokalyptische MC5-Cover "Looking at you". Was "Machine Gun Etiquette" jedoch von den Vorgängeralben und vielen Alben ihrer Zeitgenossen unterschied, war: Spaß!

Dieses Album machte Spaß und das hörte man jedem Song auch an. Beispielhaft hierfür steht das anarchische "Smash it up", das aufgrund seines gewaltverherrlichenden Textes bei Veröffentlichung aus dem Radio verbannt wurde, sich nichtsdestotrotz vor einem poppig-ausgelassenen Hintergrund präsentiert, der am ehesten dem von Brian James bezeichneten, DAMNED-typischen "kindergarten chaos" entspricht. Das melodische Intro zu "Smash it up" ist Legende und zeigt zudem ebenso wie das Cover des JEFFERSON AIRPLANE-Klassikers "White rabbit" die große musikalische Differenziertheit der Band. "Machine Gun Etiquette" beinhaltete all das, was THE DAMNED bis heute ausmachen, nämlich den Versuch, mit verschiedensten Persönlichkeiten, die sich für die unterschiedlichsten musikalischen Richtungen interessieren, ein gemeinsames Album aufzunehmen. Das Ganze wird zusammengehalten durch Spielfreude, Energie und nicht zuletzt eine gute Portion englischen Humors.

Dave: "THE DAMNED is like Frankenstein's monster, stitched together from pieces of other people ...".

Aus dieser Zeit stammt auch das auf einer gemeinsamen Jam-Session mit MOTÖRHEAD aufgenommene "Over the top", das erst im Jahre 1988 unter dem Jahrhundert-Band-Pseudonym "MOTORDAMNED", auf der "Long Lost Weekend Best 1 1/2"-EP veröffentlicht wurde, sowie das Cover von "Ballroom Blitz". Lemmy Kilmister hatte während der DOOMED-Periode auf einigen Gigs den Bass für THE DAMNED gespielt.

Die Entwicklung zu einer komplexeren und experimentellen Musikalität wird 1980 - nun mit Paul Gray (Ex-EDDIE & THE HOT RODS) am Bass - auf dem "Black Album" fortgesetzt, das für viele Fans bis heute beste Album der Band. Hier finden sich Klassiker wie der Rocker "Wait for the blackout" und das fast wavige "History of the world pt. I", psychedelisch geprägte Songs wie "Dr. Jeckyll and Mr. Hyde", das mit Klavier untermalte "13th floor vendetta" und zum Abschluss Dave Vanians seltsames 16-Minuten-Epos "Curtain call". Mit Punk hatte dies nur noch am Rande zu tun, wenn auch Punksongs wie "Drinking about my baby" (ein nicht verwendeter EDDIE & THE HOT RODS-Song, den Paul Gray mitgebracht hatte) oder "Hit or miss" durchaus vertreten waren - und die schwächeren Seiten des "Black Album" markierten. Wie der Name schon andeutet, war dieses Album insgesamt "dunkler" als die Vorgängeralben und (nicht zuletzt für die Musikpresse) stilistisch kaum einzuordnen. Trotz oder wegen des musikalischen Anspruchs, blieb der kommerzielle Erfolg hinter den Erwartungen zurück.

Das Plattenlabel Chiswick ließ die Band fallen, weigerte sich jedoch, THE DAMNED aus dem bestehenden Vertrag zu entlassen, weshalb man 1981 erneut nach einem Label suchte, das bereit war, THE DAMNED aus dem Chiswick-Vertrag heraus zu kaufen. Schließlich erschien am Freitag, den 13. November 1981 und in Absprache mit Chiswick auf dem NEMS-Label die "Friday The 13th."-EP, die neben "The limit club" und "Billy bad breaks" den DAMNED-Klassiker "Disco man" sowie das ROLLING STONES-Cover "Citadel" enthielt. NEMS ging prompt pleite und Roman Jugg (Keyboard) kam über Paul Gray zu THE DAMNED. Und wieder begann die Suche nach einem neuen Plattenlabel.

Captain: "All the British labels are frightened of us because we are considered a violent, stupid and crazy band who smashes record company offices and kick the windows in! Yes, we have done that! But, only because the record company people were wankers! We won't do that to a good truthful label!"

Aufgrund der guten Kontakte von Paul Grays Freundin Lynne kam es schließlich zu einem Vertrag mit dem Bronze-Label. Hier erschien 1982 das im Vergleich zu den Vorgängeralben deutlich poppigere, aber sehr unterhaltsame Album "Strawberries", welches mehr als alle anderen Alben zuvor von Captain Sensible geprägt war und bis in die Top 20 der englischen Album-Charts kletterte.

Herausragende Titel hierauf sind Vanians großartiges "Stranger on the town" und das musikalisch vielschichtige "Under the floor again", daneben typische Captain-Stücke wie "Life goes on" oder "Don't bother me". "Strawberries" lieferte drei Singles, nämlich "Lovely Money" im Juni 1982, den DAMNED-Klassiker "Dozen Girls" im September ("He's alright and he don't care, he's got thermal underwear ...") und als letzte Single auf dem Bronze-Label das poppige und im Vergleich zu den vorgenannten Titeln etwas schwächere "Generals" im November 1982.

Parallel hierzu trieb Sensible sein Soloprojekt voran. Die Debüt- und Coversingle "Happy Talk" belegte im Juli 1982 in den britischen Charts für zwei Wochen Platz 1 und führte dazu, dass Captains größter Traum endlich wahr wurde: über Nacht zum Popstar zu werden. Wie sich später zeigen sollte, war dies der Anfang vom Ende für Captain Sensible bei THE DAMNED. Über "Happy Talk" sagt er heute augenzwinkernd: "It was a bucket of shit, but I needed the cash. When you're a working-class bloke and a former toilet-cleaner and somebody says: Would you accept this large suitcase of cash? All you have to do is sing this stupid old tune from SOUTH PACIFIC, I mean ... you would do the same thing, wouldn't you?"

Zeitgleich hierzu entwickelten sich innerhalb der Band Spannungen zwischen Rat und Paul Gray, welche insbesondere auf die Einmischungen von Pauls Freundin in das Management der Band zurückzuführen waren.

Rat: "She deserves being hung, drawn and quartered. (...) Every time I see ?Spinal Tap' and the girlfriend arrives, it was just like it."

Schließlich wurde Paul bei Aufnahmen im Studio von Rat übel zusammengeschlagen und ins Krankenhaus eingeliefert. Er verließ die Band 1983. Als Ersatz folgte im selben Jahr Bryn Merrick und Roman Jugg wechselte zur Gitarre.

1984 veröffentlichte die Band unter dem Pseudonym NAZ NOMAD & THE NIGHTMARES ein Album mit Coverversionen von Titeln der 60er Jahre und schließlich mit "Thanks For The Night" die letzte Single mit Captain Sensible im Line-up. Auch das freundschaftliche Verhältnis des einst untrennbaren Gespannes Sensible/Scabies war längst zerstört.

Der ehemalige DAMNED-Manager Roger Armstrong (Chiswick) fasst die Karriere so zusammen: "THE DAMNED always suffered the fact, that they knew they were good and no one else would recognize that (...). The main problem is, that they never managed to hold on a manager."

Die Band war wieder einmal auf dem Nullpunkt angekommen, ohne Plattenvertrag, ohne Geld und ohne Manager. In dieser Phase mühte sich Rat verzweifelt und letztlich erfolgreich, die Reste der Band zusammen zu halten. Sie kratzten ihre letzten Pennys zusammen und nahmen im Studio ein paar Demos auf, was nach einigem Hin und Her tatsächlich zu einem Deal mit dem Riesen MCA führte. Ein Wagnis, immerhin waren THE DAMNED zu dieser Zeit praktisch tot und Captain, dessen plötzliche Popularität auch den Absatz des "Strawberries"-Albums positiv beeinflusst hatte, hatte der Band definitiv den Rücken gekehrt.

Captain: "THE DAMNED's career has been a roller coaster. One minute, the record is out and it looks like people might actually buy a few and the record company might actually pay you. And the next minute, the band is split up; you're bankrupt and you've got the police banging on your door. They want to re-possess your house."

Im März 1985 folgte die hervorragende Single "Grimly Fiendish" und kletterte bis auf Platz 21 der UK-Charts, trotz des relativen Erfolgs eine Enttäuschung für die Band, die von einem Hit überzeugt war. Auch die folgende Single, die Gothic-Hymne "Shadow Of Love", schaffte es nur auf Platz 25. Im Juli veröffentlichte die Band ihr sechstes reguläres Studioalbum: "Phantasmagoria". Im Herbst folgte die hochkommerzielle Single "Is It A Dream", die Platz 34 erreichte.

Anfang 1986 veröffentlichte die Band das Cover des 60er-Jahre-Hits "Eloise" von Barry/Paul Ryan. Die Single kletterte bis auf Platz 2 der englischen Charts und verschaffte THE DAMNED den bis heute einzigen Top-Ten-Hit.

"Phantasmagoria" wurde schließlich das erfolgreichste Album von THE DAMNED. Es wurde immer wieder kolportiert, die Band hätte hier eine völlig neue Richtung - Gothic - eingeschlagen und den Punk verlassen. Natürlich war "Phantasmagoria" wiederum dunkler und hatte einen unbestreitbaren Gothic-Einfluss. Zudem gab es eine massive Image-Kampagne von MCA, die in diese Richtung zielte. Trotzdem markiert das Album musikalisch kaum einen Stilschwenk, sondern war eindeutig eine Weiterentwicklung dessen, was teilweise bereits auf "Strawberries" zu hören war. Damit steht "Phantasmagoria" ganz in der Tradition seiner Vorgängeralben, insbesondere jedoch von "Black Album". Es scheint eher der Fall zu sein, dass die teilweise heftige Kritik der Fans damit zusammen hängt, dass THE DAMNED sich und ihre Musik im Rahmen des MCA-Deals nun unbestreitbar kommerzialisiert hatten. Aber wer wollte ihnen das verübeln?

Rat: "It's very difficult to try and retain your individuality while at the same time knowing that you're still part of the same rat race that everybody else is going through and you're just another band, another freak show that's arrived for the punters to go and look at."

1985/1986 tourten THE DAMNED durch Amerika, Europa und in Asien. Auf Druck von MCA sollte schnell das Nachfolgealbum "Anything" entstehen. Dies erschien 1986 und geriet kommerziell wie auch musikalisch zu einer Enttäuschung, auch weil THE DAMNED aufgrund des vollen Tourkalenders nicht in der Lage gewesen waren, neues Songmaterial zu entwickeln. Zwar waren mit "Anything" und dem herausragenden "Psychomania" auch qualitativ hochwertigere Titel vertreten, insgesamt jedoch wirkte die Platte farblos und uninspiriert, was angeblich darauf zurückzuführen sein soll, dass der damalige Bandmanager Andy Cheeseman die Band wochenlang in eine Blockhütte in Dänemark einsperrte, um die Konzentration zu steigern. Es ist allgemein bekannt, dass dies denkbar schlechte Voraussetzungen für das Entstehen eines DAMNED"-Albums sind. "Anything" floppte folgerichtig.

1988 kam es wieder einmal zur Trennung der Band. Zum Abschluss spielte THE DAMNED jedoch ein furioses Reunion-Konzert im Londoner Town & Country Club, auf dem die Gruppe eine Reihe ihrer Klassiker von "Damned Damned Damned" bis zum "Black Album" darbot. Mit von der Partie waren unter anderem auch die Gründungsmitglieder Brian James und Captain Sensible, der angeblich das "Happy-Talk"-Salär verjubelt hatte. 1989 folgte dann die letzte UK-Tour unter dem einigermaßen DAMNED-typischen Motto "We Really Must Be Going". Auch 1991/1992 tourten THE DAMNED sporadisch, auf der "I Didn't Say It"-Tour 1991 sogar wieder gemeinsam mit Paul Gray.

1993/1994 starteten Dave Vanian und Rat Scabies zusammen mit Alan Shaw (Gitarre), Kris Dollimore (Ex-GODFATHERS/Gitarre) und Moose Harris (Ex-NEW MODEL ARMY/Bass) eine Tournee durch Japan und Europa, aus der 1995 das Album "Not Of This Earth" (aka "I'm Allright Jack And The Bean Stalk") entstand. "Not Of This Earth" (Cleopatra) ist ein ruppiges Rockalbum, das ebenfalls oft zu Unrecht kritisiert wird, da das Songmaterial direkt und authentisch ist. THE DAMNED klingen hier deutlich härter als auf den unmittelbar vorangegangenen Alben. Überflüssig zu sagen, dass auch dieses Album kein Erfolg wurde. Dave Vanian, der das hier veröffentlichte Demo-Material angeblich für eine Reunion in Originalbesetzung aufgenommen hatte, distanzierte sich später von dem Album und behauptete, er habe keine Ahnung gehabt, dass Rat das eingespielte Material in dieser Form veröffentlichen wollte. Dies sei zudem ohne seine Einwilligung geschehen. Rats Version der Geschehnisse klingt natürlich völlig anders. Über seine ehemaligen Bandkollegen sagt er heute:"They didn't give a shit about anything except getting paid (...)".

Wie auch immer, es folgte die abermalige Auflösung der Band und diesmal hatte es mit dem "lovable bastard" Scabies das Herz der Band getroffen. Rat hatte THE DAMNED nach der Trennung von Sensible und Gray und dem Zusammenbruch des Bronze-Labels durch die dunkelsten Stunden manövriert. Nun war es vorbei.

Doch THE DAMNED sind mehr als die Summe ihrer einzelnen Mitglieder. Die Band hatte sich zwischenzeitlich so häufig aufgelöst, reformiert und so viele Line-ups gesehen, dass sie eine Art Eigenleben entwickelt zu haben scheint. Und so waren es 2001 wiederum Dave Vanian und Captain Sensible, die THE DAMNED mit Monty Oxy Moron an den Keyboards, Patricia Morrison am Bass (Ex-THE GUN CLUB und Ex-THE SISTERS OF MERCY) sowie Pinch am Schlagzeug (Ex-ENGLISH DOGS) wieder belebten und ein neues Album auf dem OFFSPRING-Label Nitro Records einspielten: "Grave Disorder" wirkt wie ein Schnelldurchlauf durch die Historie der Band von "Machine Gun Etiquette" bis heute. Es umfasst schnelle Rock- und Punkrocksongs, zum Beispiel den klasse Rocker "Amen" inklusive Glockengeläut und das an ihre amerikanischen Vorbilder MC5 erinnernde "Looking for action", das direkt von "Machine Gun Etiquette" stammen könnte. Ebenso vertreten sind dunklere Stücke, wie das Meisterwerk "Absinthe" und das im besten Sinne theatralische "Beauty of the beast". Hier treffen der oftmals seichte TV-Commercial-Pop des selbst ernannten Progrockers Sensible einerseits und dessen großes Songwriting-Talent andererseits auf die dramatische, teilweise zum Schwulst neigende Gothic-Diva Dave Vanian, der sich für Musik der 60er Jahre und Filmscores begeistert. Das alles im Zusammenspiel mit einer sehr guten Rhythmusmaschine, Pinch/Morrison, und einem durchgeknallten Jazz-Rock-Keyboarder im Hintergrund. Trotzdem und vielleicht gerade deshalb ist "Grave Disorder" das vielleicht Beste, was THE DAMNED seit der Veröffentlichung des "Black Album" produziert haben. Wiederum ist es überflüssig zu erwähnen, dass "Grave Disorder" kein großer Erfolg wurde und die Band mit der Promotion des Albums durch Nitro Records alles andere als zufrieden gewesen ist.

Konsequenterweise folgte daher Ende des Jahres 2005 auf dem eigenen(!) Label Lively Arts der Release der Single "Little Miss Disaster", einem typischen Sensible-Song, der nach einem schönen und völlig deplatzierten Intro leider deutlich abflacht und trotz Vanians Gesang eher an die musikalisch düsteren Momente in Sensibles Solokarriere erinnert als an einen DAMNED-Song. Steht zu hoffen, dass das für 2006 in Fan-Kreisen erwartete Album größeren Tiefgang entwickelt und Dave Vanians Bemerkung, dass jedes DAMNED-Album anders sei als das Vorhergegangene, nicht als Drohung verstanden werden muss. Den Bass spielt übrigens Neuzugang Stu West, da sich Patricia aktuell der Erziehung der kleinen Emily Vanian widmet.

Was bleibt noch zu sagen?

"Don't go out and spend money on Eddie van Halen records, those guys don't need your money! Save your money and buy a flute, drum kit, guitar or whatever. Just be creative. Don't strive for perfection. Perfection is boring. Be creative, do something you've always wanted to do. Just go out and do it!" (Captain Sensible)

Ingo Mertens