JUST WENT BLACK

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Stop looking for answers in a world of disappointment

Wir schreiben das Jahr 2001. Eine Band gründet sich und löst sich bereits 2002 wieder auf. Wahrscheinlich das Schicksal vieler Bands und von daher auch nicht sonderlich berichtenswert. Wenn aber diese Band nach kurzer Zeit in anderer Besetzung wieder zusammenfindet, sich einen exzellenten Ruf als Live-Band erspielt und 2005 ein Album aufnimmt, dessen sich New Age Records annimmt, ist es eventuell schon zu spät, sie als Geheimtipp abzufeiern. Sie als eine gute Band, die samt und sonders aus sympathischen Menschen besteht, einer breiten Leserschaft vorzustellen, hingegen nicht. Sven gibt am Telefon bereitwillig Auskunft.


Wer sind JUST WENT BLACK? Wo kommt ihr her? Wo geht es hin?


Ich bin Sven, der Sänger. Wir sind fünf junge Leute aus Hamburg. Uns gibt es seit Sommer 2002. Wir machen Hardcore, nicht mehr, nicht weniger. Wo geht es hin? Hoffentlich dieses Jahr auf Tour. Bei uns gibt es keine festen Ziele.

Ihr habt ein Album, das bei New Age Records herausgekommen ist. Wie kam der Kontakt zustande?

Das Album heißt "Tides", ist auf CD bei New Age erschienen und die LP hat Jan von Assault gemacht. New Age ist sicherlich nicht mehr das Label, das es vor Jahren war. Mike Hartsfield hat dieses Label aber wieder reanimiert, bringt Sachen raus, auf die er persönlich Lust hat, oder Bands, die er persönlich kennen gelernt hat, wie in unserem Fall. Er arbeitet sicherlich nicht daran, einen neuen Klassiker rauszubringen wie zum Beispiel UNBROKEN. Der Kontakt kam einfach dadurch zu Stande, dass wir mit AMENDMENT 18 zusammen in Husum gespielt haben, wo Mike zu der Zeit auch Gitarre gespielt hat. Es war eine ganz "furchtbare" Show, es war kaum jemand da, nichtsdestotrotz haben wir unser Set gespielt, versucht, wie immer alles zu geben, und das hat Mike wohl irgendwie imponiert oder er hat gesehen, dass uns die ganze Sache ernst ist. Er hat uns direkt danach angesprochen, ob wir nicht etwas gemeinsam machen wollen. Danach ging es eben so weiter, dass wir ziemlich viele eMails von ihm bekommen haben, dann hat er uns irgendwann gefragt, ob wir nicht gleich eine ganze Platte machen wollen.

Euer Album heißt "Tides", auf Deutsch soviel wie "Gezeiten". Was ist die Bedeutung des Titels?

Einerseits geht es in den Texten sehr um Stimmungsschwankungen. Um Gefühle, die sich in irgendeiner Art und Weise ändern. Gleichzeitig wollte ich auch irgendwie versuchen, so eine maritime Grundstimmung in den Titel reinzubringen. Das zu verbinden, war recht schwierig. Da hat "Gezeiten" gut gepasst. Ich mag auch das Meer und das Maritime, es spiegelt für mich sehr viel des Gefühlslebens wieder.

Wenn man sich die Platte ganz anhört, hat man das Gefühl, dass du im Vergleich zu den vorigen Releases mehr mit deiner Stimme spielst. Wolltest du der Sache mehr Emotionalität verleihen?

Das hört sich so professionell an, wenn man sagt: Ich spiele jetzt mehr mit meiner Stimme. Platt gesagt, ich schreie und ich grunze so ein bisschen. Das ist aber im Vergleich zu der Single schon ein Fortschritt. Es ist jetzt keine eintönige Stimme, sondern ich versuche, ein wenig mehr zu machen: Das Geschreie, das Gekreische, dazu ein wenig tiefer Gesang oder auch das Sprechen. Ursprünglich war es nicht so gedacht. Ich hatte die neuen Songs für mich soweit auch fertig und hatte diesen "neuen Gesang" auch noch nie probiert. Ich hab es dann einfach mal alleine im Proberaum gemacht, und im Nachhinein muss ich auch sagen: Gott sei Dank, dass wir das gemacht haben. Sonst wäre es wohl ein wenig eintöniger, zumindest vom Gesang her. Jeder Musiker hat ja auch sein Ego und das hätte mich auf jeden Fall auch irgendwie gestört, wenn ich mit der Platte nicht zufrieden wäre.

Habt ihr lange an den Songs gearbeitet? Bei dem vorletzten Song auf der Platte, "Behind bars", kam es mir so vor, als ob der Text verdammt gut zu der musikalischen Untermalung passt.

Das ist ganz lustig, dass du diesen Song hervorhebst, weil es tatsächlich so ist, dass der eine oder andere Teil von mir gekommen ist. Ich bin natürlich nicht mit fertigen Noten zu den anderen hingekommen, ich habe ihnen vorgesungen, wie ich mir einige Teile vorstelle. Scheint dann doch anzukommen, dass das irgendwie zusammen passt. Normalerweise ist es eher der Weg, dass ich die Texte mache, die anderen Jungs die Musik dazu machen und ich am Ende versuche gegenzusteuern, wie ich denke, dass die Musik zum Text klingen sollte. Was in den meisten Fällen nicht so einfach ist. Da ich, wie ich leider zugeben muss, nicht so musikalisch bin. Komischerweise ging "Behind bars" auch sehr schnell, das war keiner der Songs, an dem wir jetzt gesessen haben und immer wieder rumgeschraubt haben. Das war eher so ein Song, der nebenbei entstanden ist.

Wenn ich die Texte des Albums lese, habe ich das Gefühl, ich habe es mit einem innerlich sehr zerrissenen Menschen zu tun. Kannst du dir vorstellen, immer so etwas zu schreiben? Man gibt doch viel von sich preis ...

Das ist richtig. Es ist auch so, dass ich gerade eine gewisse Blockade habe, Texte zu schreiben. Mir geht es zu Zeit ganz gut und es ist tatsächlich so, dass ich einfach keinen Output habe. Im Gegensatz zu der Zeit, in der die Texte entstanden sind, da ging es mir unglaublich schlecht. Das hängt auf jeden Fall zusammen. Deswegen weiß ich auf einer nächsten, imaginären Platte auch nicht, wie die Texte sein werden. Weil ich dann andere Themen habe, mit denen ich mich beschäftige.

Du zeigst in deinen Texten eine sehr verletzliche Seite, etwas sehr Sensibles. Darüber hast du im vorneherein wahrscheinlich gar nicht nachgedacht. Der Sport nennt sich immer noch Hardcore, das ist ein Jungensport ...

Ja, das ist ein Jungensport und da muss man immer die neusten Tanzeinlagen parat haben. Nein, also vielleicht ist das auch gerade der Reiz: die Texte, die sehr angreifbar sind und sehr sensibel, und die dazu nicht unbedingt passende Darstellung. Das gefällt mir auch ganz gut an uns. Dass wir trotz der Texte auch das entsprechende Auftreten haben, bei einigen vielleicht auch ein bisschen prollig ankommen. Das ist aber auch okay so, aber gleichzeitig ist das Ganze echt. Was ich auch schon gehört habe, ist, dass unser Auftreten zu männlich sei, was immer das heißen mag. Das macht mich auch immer ein wenig traurig, wenn die Leute das hinter deinem Rücken sagen. Ich mache einfach Texte, in denen ich beschreibe, was ich fühle, und wir stellen das Ganze so dar, wie wir denken.

Mal einen kleinen Schlenker weg von den Texten: Auf der A-Seite ist ein Instrumentalstück. Was war das denn? Indie-Altherren-Rock?

Es war tatsächlich so, wie man es von großen Rockstars kennt. Wir hingen im Studio rum, die Jungs haben ein wenig gejammt und ich saß mit dem Tontechniker im Aufnahmeraum, wie immer haben wir wahrscheinlich über die Jungs gelästert und die so nebenbei dudeln gehört. Irgendwann haben sie dann etwas gespielt und ich bin sofort hellhörig geworden. Es passte zu der Stimmung, die die Platte einfangen sollte. Bin also zum Mischpult gesprungen, damit ich die Jungs über Kopfhörer ansprechen konnte und habe ihnen gesagt, dass sie sich das sofort merken müssten, das sei total wichtig. Dann haben sie das noch zwei-, dreimal gespielt und dann sofort aufgenommen.

Wenn ich dich privat sehe, habe ich immer das Gefühl, dass ich einen ruhigen Zeitgenossen vor mir habe, aber wenn man dich auf der Bühne sieht, bist du echt ein Tier. Was spielt sich da für dich ab? Du bist ja mit Arne der Blickfang auf der Bühne, der Rest ist eher ruhiger.

Ich bin nicht in dem Umfang der Blickfang, wie ich es mir wünschen würde, da der kleine, liebe Arne mittlerweile die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Neben ihm bin ich eine kleine Nummer und deswegen versuche ich mein Bestes und stecke da die ganze Energie rein. Ernsthaft: für mich ist es einfach normal, alles zu geben. Ich hoffe, man merkt mir das auch an, dass das nicht unbedingt aufgesetzt ist, sondern von innen kommt. Sonst würde ich mich teilweise gar nicht so bescheuert bewegen. Wenn ich da mal Fotos sehe, fasse ich mir natürlich auch an den Kopf. Aber das ist einfach ein Ventil, das man in einer solchen Art nicht wieder findet. Ebenfalls ein Grund, warum ich die Band wiederhaben wollte.

Kriegst du denn auch mal einen von den anderen auf den Deckel, sagen dir die dann: "Sven, schalt doch mal einen Gang runter"?

Die sind da in der Tat so. Vor allen Dingen, wenn es darum geht, dass ich in ihre Instrumente renne, am Gitarrenhals die Saiten verstimme, das kommt natürlich nicht so gut an, das gibt dann schon häufiger mal das eine oder andere böse Wort. Aber die haben sich damit abgefunden, die kennen das nicht anders.

Eure Fan-Basis scheint größer geworden zu sein, etwa wenn man das Carthago-Fest, auf dem ihr schon letztes Jahr gespielt habt, mit dem vergleicht, was dort in Ibbenbüren bei eurem Auftritt vor zwei, drei Wochen los war.

Ich gebe zu, ich war überrascht. Wenn man das Carthago-Fest nimmt, das war das genaue Gegenteil davon: Wir kamen uns ein wenig blöd auf der Bühne vor, weil niemand Interesse an uns zeigte, das will ich auch gar nicht verlangen, aber das war schon sehr extrem, man dachte sich: Was ist denn hier los? Haben wir irgendein Verbrechen begangen? Das Konzert vor zwei, drei Wochen war also eine Überraschung, zumindest für mich. Dass die Leute die Texte kannten und mitgesungen haben, das fand ich sehr schön und hätte ich auch so nicht erwartet.

Einige von euch sind an der Schwelle zum Berufsleben, haben die Uni abgeschlossen und fragen sich sicherlich, wie es jetzt weitergehen soll, was mit der Band wird. Redet ihr da auch drüber?

Das ist auf jeden Fall so ein ganz klassischer Moment, wo für viele Bands der Scheidepunkt kommt. Ich für meinen Teil arbeite jetzt seit sechs, sieben Jahren, für mich ändert sich nichts. Für die anderen ist es natürlich eine neue Situation, sie sind jetzt mit ihrem Studium fertig, müssen sich um einen Job bemühen, sich vielleicht eine andere Stadt aussuchen, wo sie mehr Chancen haben, einen zu kriegen. Das ist der Punkt, an dem sich viele Bands auflösen. Dort stehen wir ziemlich genau, aber wir arbeiten alle daran, dass wir es weiter hinbekommen.

katxyes