USE TO ABUSE

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Rock'n'Roll-Baue(r)n

Mit Album Nr. 3 haben sich die aus Regensburg stammenden USE TO ABUSE sowohl von ihrem langjährigen Drummer wie auch von dessen Label verabschiedet, wechselten zu X'n'O aus Berlin und legten mit "Jesus Made My Rock'n'Roll" ein Album vor, das abwechslunsgreicher und ausgereifter denn je Punkrock in all seinen Facetten zu Gehör bringt - und käme man aus Skandinavien, hätte ich so einen Sound auf Bad Afro vermutet. Es war also einfach mal an der Zeit, den sich hart, aber herzlich gebenden Herren ein paar Fragen zu stellen, die Jürgen Streu alias J.D. Stroy beantwortet wurden, den man eventuell auch noch von der Hardcore-Formation GROWING MOVEMENT kennt.


Dann mal los: Bitte schildere euren Werdegang.


Gegründet wurde die Band 1993 von Sgt. Peter an der Gitarre und Max Kraus, ex-SOULS ON FIRE und jetzt bei SCRAPY, am Schlagzeug hier in Regensburg. Noch mit dabei war damals Fratz von Hulk Räckorz am Bass. Ich selbst stieg, glaube ich, 1994 ein. 1999 hat dann Fratz Schlagzeug gespielt und unser jetziger Basser ScX, sprich Shek, stieß hinzu. Wir veröffentlichten in der folgenden Zeit unsere beiden Alben "It's All About Nothing" und "Nothing Left To Lose" auf Hulk Räckorz. 2003 haben wir uns dann von Fratz getrennt und nach einigem Hin und Her unseren neuen Schlagzeuger "eingestellt": Rev. Max the 5th, das ist ein anderer Max als der zuerst erwähnte, und "the 5th", weil er der fünfte Drummer in der Use-Geschichte ist. Zeitgleich hat auch Sgt. Peter die Gitarre an den Nagel gehängt, um sich voll aufs Singen zu konzentrieren. Neuer zweiter Gitarrist ist Stich. 2005 sind wir dann bei XNO untergekommen und veröffentlichten im Februar 2006 unsere aktuelle Scheibe "Jesus Made My R'n'R".

Euer Labelwechsel von Hulk zu XNO hat sicher nichts mit Fratz' Abgang zu tun, oder? Schmutzige Wäsche oder bleibt ihr höflich?

Fratz war ja schon 1993 als Basser dabei und es gab keine Veröffentlichung auf Hulk. Erst 1999, als es an unser Debütalbum ging, überlegten wir mit Fratz, ob wir das überhaupt machen sollen oder ob wir uns doch besser ein anderes Label suchen. Bei der zweiten Veröffentlichung hat sich das Ganze dann zur einer Selbstverständlichkeit entwickelt - ob jetzt Hulk wirklich zu USE TO ABUSE passte oder nicht, haben wir gar nicht mehr hinterfragt. Tja, und als wir uns von Fratz trennten, war es klar, dass es keine Zusammenarbeit mehr geben würde. Schmutzige Wäsche gibt es da keine zu waschen, wenngleich wir uns doch wegen musikalischer Differenzen getrennt haben. Mit Fratz haben wir auf jeden Fall die Band einen großen Schritt nach vorne gebracht und dessen ist sich jeder in der Band bewusst. Der Wechsel zu XNO war einfach die logische Schlussfolgerung. Ich kenne Torsten schon seit Anfang der 90er und er ist ein großer Use-Fan. Auch musikalisch passen wir super auf das Label. Klasse Zusammenarbeit und Leute, die hundert Prozent hinter uns stehen! Was will man mehr?

So, "Jesus" hat euch den Rock'n'Roll gebaut. Bitte erklären. Und: Hat das was mit Bayern zu tun?

Na ja, Al Jourgensen hat sich ja auch seinen Hotrod von ihm bauen lassen ... Nee, die Idee, das Album so zu nennen, wurde nicht über Nacht "geboren". Wir hatten auf der letzten Scheibe schon einen gleichnamigen Song und der doch hochtrabende und pathetische Titel gefiel uns schon damals sehr gut. Dann gab es einfach ein paar Entwicklungen im Leben der Band, zu dem das Thema beziehungsweise der Titel gut gepasst hat. Auch wenn du dir die Texte durchliest, ist das die passende "Überschrift" für das Ganze. Es ergab einfach Sinn, das Album so zu nennen - Jesus als Stil-Ikone unserer Zeit. Das Cover sollte dann auch in dem Stil ausfallen, so mit Dornenkrone und den ganzen Klischees, doch das war uns dann zu kitschig. Wir finden, der Künstler, also Mike von Mutabor Tattoo, hatte dann die beste Idee. Wir scheren uns einen Dreck darum, ob es irgendwelchen Atheisten oder Christen missfällt, wie Jesus hier dargestellt wird. Ich denke mal, der brave Gläubige kotzt ab, weil Jesus an die Gitarre genagelt ist, und der Nichtgläubige kotzt ab, weil Jesus überhaupt mit ins Spiel kommt. Würde sagen, dann haben wir genau erreicht, was wir wollten! Weiter finden wir die Geschichte um Jesus schon sehr faszinierend, doch das hat mit Bayern und Religion gar nichts und mit Glauben sehr wenig zu tun.

Hat euch noch kein Mob die Hütte abgebrannt wegen eurer blasphemischen Cover? Was hat's mit dem Artwork der aktuellen Scheibe sowie der davor auf sich?

Wie gesagt: Das Artwork sollte zunächst ikonenhaft rüber kommen und zum Titel passen. Einfach sehr stylisch, wie man das ja von Tattoo-Motiven her kennt ... Das wirkte aber alles nicht richtig. Es war zu kitschig. Die Umsetzung des Covers überließen wir dann voll und ganz unserem Haus- und Hoftätowierer Mike. Er hat Tausende von Skizzen hingekritzelt und unter anderem auch diesen, wie ich sagen möchte, surrealen Entwurf. Das gefiel uns auf Anhieb. Aus Regensburg kommen ja schon das WIZO-Skandalschwein am Kreuz, eben von Fratz und Hulk, und dieser Frosch am Kreuz, der ja dazu beigetragen hat, dass die Stadt als Kulturhauptstadt disqualifiziert wurde - zum Glück! Es wurde ja ein Mordswirbel um diese beiden Sachen gemacht, aber bei uns blieb es bis jetzt ruhig. Und das Cover davor? Ich denke, du sprichst auch das Kreuz an?! Na ja, der Titel war ja "Nothing Left To Lose" und die Platte hat auch so einen Western- beziehungsweise Outlaw-Charakter - vor allem mit den zwei Western/Surf-Songs -, und somit haben wir uns gedacht, so ein Wüstengrab von einem Outlaw, der nichts zu verlieren hatte, wäre eine passende Sache.

Musikalisch ist eure neue Platte die bislang ausgereifteste und abwechslungsreichste. Wie kommt's?

Wir hatten ja auch zwei Jahre Zeit, an der Platte zu arbeiten. Wir konnten aus einer Vielzahl von Songs auswählen und die stimmigsten verwenden. Wir hätten gern noch den einen oder anderen Song mit drauf gepackt, aber das hätte den Geist des Albums zerstört. Dann war es auch so, dass wir viel freier an den Songs arbeiten konnten, was früher nicht der Fall war. Und man muss auch sehen, dass wir älter und etwas reifer geworden sind. Das hört man auch. Die Texte und die Musik sind viel ernster, wenngleich auch die Stilmittel die gleichen geblieben sind. Ich bin sehr stolz auf unser neues Album.

Wo liegen denn eure musikalischen Einflüsse, und welchen Vergleich wollt ihr nie wieder zu euch lesen, welchen würdet ihr gerne mal sehen?

Wenn mir irgendeiner mit den "bayrischen SUPERSUCKERS" kommt oder einen Vergleich zu Schweden anstellt, kommt mir die Galle hoch. Das kann ich langsam nicht mehr hören. Unsere Einflüsse sind sehr weitreichend. THE BOYS oder THE SONICS bis hin zu alten AC/DC- oder MOTÖRHEAD-Sachen könnte ich da nennen, aber auch Sachen aus den 50ern bis zu den 90ern ... Wie wär's mit POISON IDEA oder REAGAN YOUTH oder ANGRY SAMOANS oder ROLLING STONES oder BEATLES? Dass wir so klingen, wie wir eben klingen, liegt nicht daran, dass wir irgendeiner Band oder momentanen Richtung nacheifern. Vor kurzem musste ich ein paar Leute von einer jungen Band backstage dabei beobachten, wie sie sich die neue Danko Jones-Platte anhörten und dann meinten, so einen Song müssten sie jetzt gleich machen. Nachspielen ist doch nicht der Sinn der Sache, das wird allenfalls ein halbherziges Plagiat. Einflüsse sind ein Gefühl, das man mit Musik und Leben verbindet und das Neues entstehen lässt, deshalb möchte ich nicht unbedingt einen Vergleich mit einer anderen Band sehen. Mir fällt da jetzt auch nix ein, womit ich verglichen werden möchte ...