BRIGGS

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Back with a bang!

Vom neuen BRIGGS-Album "Back To Higher Ground" bin ich positiv überrascht, denn einen so großen Wurf hätte ich den Kaliforniern nicht zugetraut. Die Band um das Brüderpaar Joey und Jason La Rocca (beide Gesang/Gitarre) spielt zwar seit jeher okayen Streetpunk, ihrem Sound fehlte aber bisher eine eigene Note, ein Merkmal, das die BRIGGS aus der Masse der amerikanischen Irokesen-Bands hervorstechen lässt. Nun, mit "Back To Higher Ground" ändert sich einiges. Nicht nur, dass die Herren jetzt schnittige und ihnen sehr gut stehende Anzüge tragen, auch ihren Sound haben die BRIGGS aufgefächert. Das Album transportiert eine von SOCIAL DISTORTION gefärbte, melancholische Stimmung. Gleichwohl erkennt man hier auch sehr deutlich den Versuch der BRIGGS, sich vom Sound der Vorbilder (und vor allem von ihrem alten Sound) zu lösen und ein neues musikalisches Kapitel aufzuschlagen. Den geradlinigen Streetpunk-Sound ihrer ersten Alben federt die Band hier durch einer THE CLASH ähnlichen Poppigkeit ab. Schöne Melodien tragen zudem dazu bei, dass Songs wie "Insane" oder "Don't care" zu kleinen Hymnen werden. Während die BRIGGS in den USA mit TIME AGAIN und BLOOD OR WHISKEY tourten, ergab sich die Gelegenheit mit dem die Band führenden Brüderpaar zu telefonieren.



Jungs, wie seid ihr an "Back To Higher Ground" herangegangen?

Joey:
Das Verrückte ist, dass wir gerade so an das Album herangegangen sind, wie man eigentlich nicht an Platten herangehen sollte: Wir haben das Album sehr mechanisch geschrieben. Sprich: wir haben uns vorgenommen, dass dieses Album eben mehr nach Bands wie zum Beispiel THE CLASH klingen und sehr viel hymnischer sein sollte als die vorherigen BRIGGS-Platten.



Warum beschreibst du diese Herangehensweise als eine, wie man ein Album nicht schreiben sollte?

Joey:
Weil Musik an sich ja eher aus Emotionen heraus entsteht und nicht nach einem Plan gespielt wird, den man sich vorher ausgedacht hat. Aber hey, letztlich kann man an Alben herangehen, wie man will. Ich denke, dass ich mit der ersten Antwort zum Ausdruck bringen wollte, dass ich es bisher für unmöglich hielt, dass THE BRIGGS jemals Songs so bewusst schreiben werden.



Sprich: ihr habt das erste Mal so gearbeitet.

Jason:
Richtig. Zuvor haben wir fast immer die erste Songidee, die wir hatten, zu einem Song entwickelt. Ohne die Idee, den Grundstein des Songs und sein Herz, noch mal zu hinterfragen und zu überdenken. Für "Back To Higher Ground" haben wir zwar sehr viele Songideen hervorgebracht. Wir haben aber alle Ideen erst einmal gesammelt, Ideen eben nicht sofort zu Stücken weiterentwickelt. Dann haben wir sehr bewusst einzelne Riffs, hymnische Strecken oder Beats, die wir gesammelt hatten, zusammengefügt. So entstanden nach und nach die zwölf Songs des Albums. Zugegeben, das hat auch eine ganze Zeit länger gedauert, als wir zum Schreiben und Aufnehmen unserer ersten Alben brauchten.

Joey: Genau, aber aus heutiger Perspektive gesehen, finde ich, dass alle unsere früheren Alben zu schnell entstanden, wir haben sie übers Knie gebrochen. Das wollten wir mit diesem Album verhindern. Deswegen haben wir die Messlatte für "Back To Higher Ground" sehr hoch gehängt, wollten ein Album machen, das uns, auch sehr selbstkritisch betrachtet, wirklich umhaut. Die Prämisse war: Alles, nur keine durchschnittliche Wiederholung anderer Bands oder von uns selbst."



Gab es einen bestimmten Aspekt, auf dessen Veränderung ihr besonderen Wert gelegt habt?

Jason:
Ja und nein. Ja, weil es uns sehr wichtig war, den Gesang zu verbessern und weg von geradlinigem Streetpunk-Gesang hin zu einem melodischeren Gesang, vielleicht à la SOCIAL DISTORTION, zu gehen. Der Gesang ist, so hoffe ich, mit diesem Album denn auch ein unverkennbares Merkmal des Sounds unserer Band geworden. Und nein, weil wir trotz aller Soundveränderungen und -Entwicklungen nach wie vor wie die BRIGGS klingen wollten. Trotz neuer Elemente in unserer Musik sollte die Bandseele nicht verloren gehen, sondern ein Album entstehen, das zu hundert Prozent BRIGGS ist. Nur auf einem neuen Level.



Würdest du euch mit SOCIAL DISTORTION auch vergleichen, oder sie eher als Inspiration anführen?

Jason:
Oh, nur als Inspiration. Denn sich selber mit dieser Band zu vergleichen, das wäre, nun ja, komisch. Mit ihnen kommst du ohnehin nicht auf eine Ebene. SOCIAL DISTORTION sind genauso wie THE CLASH eine Band, die uns sehr geprägt hat und aus deren Schaffen wir viele Ideen beziehen. Zum Beispiel war jedes THE CLASH-Album ein Stück Kunst, was die Band selbst ja auch als solches verstand. Das hat mir sehr imponiert und mich sehr inspiriert.



Inwiefern findet sich dies auf "Back To Higher Ground"?

Joey:
Viele der Gitarrenlinien auf dem Album sind sehr an THE CLASH angelehnt. Diese für THE CLASH typischen Melodien, in denen eine gewisse Melancholie, Nachdenklichkeit und auch Energie mitschwingen, haben wir versucht auf "Back To Higher Ground" einzubringen. Neben THE CLASH oder eben SOCIAL D haben uns aber noch zahlreiche weitere Bands beeinflusst, viel zu viele, um sie hier jetzt zu nennen. Letztlich haben diese vielen Einflüsse dazu geführt, dass wir ein Album aufgenommen haben, auf dem unsere musikalischen Ursprünge deutlich werden, wobei wir diese aber auch mit einem eigenen Sound zusammenbringen.



Neben den rein musikalischen Aspekten - "Back To Higher Ground" beinhaltet sehr viel persönlichere Texte als eure alten Platten.

Jason:
Und auch dies war wieder ein sehr bewusster Vorgang. Dieses Album sollte mehr als andere BRIGGS-Veröffentlichungen Geschichten aus den Leben der vier Individuen, die diese Band bilden, erzählen. Es ging darum, dass wir den Hörer endlich einmal an uns heranholen, indem wir den Vorhang runterlassen und durch unsere Songs Verbindungen zu Menschen herstellen, die vielleicht ähnliche Situationen durchlebt haben, wie wir. Möglicherweise erkennen die Menschen, die das Album hören, dadurch ein wenig mehr, wer wir eigentlich sind, wie wir fühlen und wie wir ticken. Und jemand, der uns bisher noch nicht kannte, bekommt durch diese Texte einen sehr viel besseren Einblick in die Band, als er durch unsere früheren Texte bekommt.



Was hat euch daran gereizt, mit Joe Gittleman von den MIGHTY MIGHTY BOSSTONES/AVOID ONE THING zusammenzuarbeiten und ihn das Album produzieren zu lassen?

Joey:
Joe ist ein sehr guter und zugleich ehrlicher Produzent. Mit ehrlich meine ich nicht nur, dass Joe Gittleman ehrlich zu dir als Mensch ist, sondern auch, dass er gewissermaßen ehrlich zu Punkrock ist. So ist ihm die Message einer Band, die er produziert, sehr wichtig. Wenn er mit deinen Texten nicht konform geht, arbeitet er nicht mit dir. Hinzu kommt, dass er ein sehr gutes Gespür für Punk-Alben hat, was sich darin äußert, dass er Platten nicht aufbläst. Er nutzt die drei Instrumente und den Gesang, die einer Band zur Verfügung stehen, und macht daraus mit dir ein gutes Album. Ohne, dass er durch produktionstechnische Tricks deinen Sound unauthentisch machen würde. Das hat uns an der Kooperation gereizt.