MISERY SPEAKS

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Münsterländer Todesblei

Metalcore boomt immer noch, obwohl der Zenit dieses Genres wohl schon längst überschritten ist. MISERY SPEAKS aus Münster werden auch oft in die Metalcore-Schublade gesteckt, obwohl sie sich mit ihrer Musik eindeutig dem melodischen Death Metal verschrieben haben. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum wurde von der einschlägigen Metal-Presse durch die Bank weg hoch gelobt und auch mir gefällt das Album sehr gut. Während der laufenden Tour machten die Jungs auch in Paderborn Station und so ergriff ich die Gelegenheit, mich mit Schlagzeuger Janosch vor ihrem Konzert zu unterhalten. Dass der Laden, in dem das Konzert stattfand, "Zur Schinkenbäckerin" hieß, ließ mich schon nicht viel erwarten, aber als ich mich dann mit Janosch traf und er mir eröffnete, dass es keinen Backstagebereich für unser Interview geben würde, mussten wir kurzerhand unser Gespräch im Auto fortführen ... Nichtsdestotrotz konnten während unseres Interviews wohl einige Vorurteile in Bezug auf die musikalische Zuordnung aus dem Weg geräumt werden. Und obwohl der Laden nicht so ganz konzerttauglich war, haben MISERY SPEAKS als Headliner des Abends nachher noch ordentlich die Menge gerockt.

MISERY SPEAKS bestehen seit 1999 und soweit ich weiß, hast du auch schon das Demo "Psycho-Trauma-Phobia" von '01 mit eingespielt. Erzähl doch bitte ein wenig zur Bandgeschichte von Anfang bis heute.


Wir haben 2001 unser festes Line-up gefunden, das war aber erst nach dem Demo, welches du gerade schon angesprochen hast. Und das zweite Demo von 2003, "Things Fall Apart", das wir in Eigenregie veröffentlicht haben, spiegelte dann zum ersten Mal die musikalische Richtung wieder, die wir wirklich spielen wollten. Unser aktueller Release auf Alveran Records stellt uns nun endlich vollkommen zufrieden und wir als Band sehen dieses selbstbetitelte Album als unser eigentliches Debüt an. Alles, was davor war, diente eigentlich eher dazu, den Sound zu finden, den wir heute spielen.

Nicht selten werden THE BLACK DHALIA MURDER als musikalischer Vergleich bei euch herangezogen. Ich persönlich kann diese Meinung zwar nicht ganz teilen, aber wie steht ihr persönlich dazu?

Jeder in der Band mag THE BLACK DHALIA MURDER, aber ich glaube, dass wir allein schon von der Aufnahme her einen ganz anderen Sound haben. Das ist aber auch so gewollt, damit wir uns von den ganzen Metalcore-Produktionen unterscheiden. Wir sehen uns absolut nicht als Metalcore-Band, sondern als reine Death Metal-Band. Ich kann mit dem Vergleich auf jeden Fall leben, gerade weil wir ja auch viele Blastbeats spielen, aber ich glaube, dass wir uns schon eindeutig von deren Sound unterscheiden, denn wir haben genug melodische Parts, die es bei TBDM halt nicht gibt.

Ihr werdet von der Presse derzeit ordentlich gefeiert. Wie geht ihr mit dem plötzlichen Erfolg um? Was hat sich geändert?

Auf jeden Fall spielen wir mehr Konzerte und dadurch, dass wir jetzt eine Booking-Agentur haben, müssen wir uns um die Gigs halt nicht mehr selber kümmern. Obendrein spielen wir im Dezember eine sechstägige Tour und im März 2007 wird es auf jeden Fall eine Europatour geben. Natürlich wird man jetzt auf den Konzerten auch anders behandelt, als ohne Plattenvertrag und der Zuspruch der Fans ist auch recht hoch.

Apropos Tour: Ihr seid alle recht jung, wenn man euch so sieht. Wie klappt das dann mit der Band, dem Studium, der Ausbildung, oder was ihr gerade so macht?

Ja, das stimmt, wir sind alle zwischen 23 und 28 Jahren alt. Ich selber mache gerade noch eine Ausbildung und da wird das dann schon manchmal knapp mit dem Urlaub. Nach der Ausbildung möchte ich mich aber auf jeden Fall verstärkt auf die Band konzentrieren und muss mir dann halt einen Nebenjob suchen, weil man mit dieser Musik einfach nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Da wir aber alle noch jung sind, möchten wir jetzt mit der Band durchstarten und später kann man immer noch in einen festen Job gehen.

Ihr spielt nächste Woche auf der Hell On Earth-Tour mit und im Dezember auf der Persistance-Tour. Da sind ja schon sehr namhafte Bands dabei. Ist man dann aufgeregter als sonst und freut sich, ein paar alte Helden seiner Jugend mal persönlich zu treffen?

Alte Helden? Also auf keiner der beiden Touren spielt eine Band, von der ich sagen könnte, dass die unseren Sound maßgeblich beeinflusst haben. Natürlich spielen dort großartige Bands und besonders freue ich mich jetzt, die Jungs von HEAVEN SHALL BURN wieder zu treffen, aber als "alte Helden" würde ich eher andere Bands bezeichnen.

Welche?

Ich denke, dass jede Band, die heute melodischen Death Metal spielt, ganz klar AT THE GATES nennen muss, EDGE OF SANITY und AMON AMARTH. Und richtig klasse wäre es, ein paar Konzerte mit THE HAUNTED und HATESPHERE zu spielen.

Du hast gerade EDGE OF SANITY angesprochen, und deren Sänger Dan Swanö hat ja euer Album abgemischt. Habt ihr ihn auch persönlich getroffen oder habt ihr nur Material hin und her geschickt?

Nein, wir haben ihn leider nicht persönlich getroffen. Ich hatte nur über drei Wochen intensiven E-Mail-Kontakt mit ihm. Wir haben nicht das Budget wie große Labels und deswegen konnten wir da nicht hin. Aber trotzdem haben wir uns sehr gefreut, mit ihm arbeiten zu können, denn unser Management hat ihm zeitgleich mit unserem Demo auch noch drei andere Demos zukommen lassen und zum Glück hat er sich dann für uns entschieden. Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden, obwohl es auch Kritiker gab, die meinten, dass man im Jahre 2006 nicht mehr mit so einer Produktion aufwarten kann. Aber wir wollten es eben nicht so glatt poliert und klinisch haben wie bei den Metalcore-Bands. Aber natürlich wurden wir trotzdem in vielen Reviews in die Metalcore-Ecke gesteckt.

Nun hast du ja schon ein paar mal darauf verwiesen, dass ihr Death Metal spielt. Aber gerade die anstehenden Touren fahrt ihr ja zusammen mit Metalcore-Bands. Wie erlebt ihr folglich das Publikum? Sind das wirklich nur Metalcore-Kids, oder auch echte Metal-Heads?

Es ist relativ geteilt. Wir spielen schon viele Shows so wie heute Abend, wo viele Metalcore-Kids hinkommen, aber zum Beispiel auf der Record-Release-Show in Münster waren sehr viele Metal-Heads. Es ist wichtig, sich als Band eine Fanbase im Metal-Lager zu erspielen, denn wenn der Metalcore-Boom vorbei ist, und das dauert glaube ich nicht mehr lange, dann stehst du halt auf der Straße. Selbst viele Bands, die erst durch diese Welle groß geworden sind, werde dann umdenken müssen. Das ist genauso wie damals New Metal und da kräht heute auch kein Hahn mehr nach. Interessant ist auf jeden Fall, dass man bei diesen Shows viel mehr Merch verkauft. Die Kids sind viel leichter zu begeistern als ein reines Metal-Publikum. Da musst du schon zehnmal gespielt haben, bis die dich mögen und akzeptieren. Aber dann sind das auch viel treuere Fans.

NEAERA kommen genauso wie ihr aus Münster. Besteht da wirklich eine Freundschaft oder wird das immer nur so dargestellt?

Wir haben den gleichen Proberaum und das sind schon gute Kumpels von uns. Ich selbst habe bei denen auch schon für zwei Monate am Schlagzeug ausgeholfen und schon bevor es NEAERA gab, auch schon mit denen Musik gemacht.

Ihr wart lange auf Label-Suche. Wie kam der Deal mit Alveran Records zustande?

Wir haben sehr viele Labels angeschrieben und es waren auch einige Namhafte interessiert, aber zögerten immer, uns den Deal zu geben. Als wir dann fast schon keinen Bock mehr hatten auf diesen ganzen Umstand, kam Alveran auf uns zu und wir haben einen guten Vertrag bekommen. Wir sind inzwischen sehr zufrieden mit der Arbeit, die sie für uns leisten und die anfänglichen Zweifel, weil Alveran ja zum großen Teil Hardcore-Bands featuret und im Ansatz noch Metalcore, sind alle verflogen. Ich sehe es inzwischen für uns auch einfach als Chance, einen kleinen Sonderstatus zwischen den anderen Bands auf dem Label zu haben.

Geht der Vertrag über mehrere Alben? Oder war das nur ein Album zum Testen?

Ja, das sind mehrere. Wir haben jetzt schon das Studio für das nächste Jahr gebucht und das zweite Album wird dann im Herbst 2007 erscheinen.

Ihr habt nicht nur seit kurzem eine neu gestaltete und gut gelungene Homepage, sondern seit auch schon seit einem Jahr auf MySpace vertreten. Ein nicht ganz unumstrittenes und viel diskutiertes Portal. Wie wichtig ist euch der Auftritt bei MySpace?

Ob MySpace nun gut oder schlecht ist, das sei mal dahin gestellt, aber ich finde es heutzutage viel wichtiger, eine MySpace-Seite zu haben als eine Homepage. MySpace ist absolut genial, du verschickst eine Nachricht und jeder bekommt die sofort. Das ist ja bei einer Homepage nicht der Fall. Es gibt ja auch heute schon einen Großteil von Bands aus jedem Genre, die nur noch eine MySpace-Seite haben, weil eine Homepage fast überflüssig geworden ist. Wir wollen aber auf jeden Fall eine schicke Hompage haben, für die Leute, die bei MySpace eben nicht angemeldet sind oder die das nicht so mögen. Aber MySpace ist und bleibt auf jeden Fall sehr wichtig.

Danke für das Interview.