CELTIC FROST

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Extreme Metal Pioneers

Anfang der Achtziger Jahre schwappt von Großbritannien die so genannte New Wave Of British Heavy Metal (NWOBHM) auf den europäischen Kontinent und infiziert innerhalb weniger Jahre eine ganze Generation junger Musiker. Es dauert nicht lange und der eingangs melodiöse Heavy Metal entwickelt sich rasend schnell weiter. Diverse Subgenres wie Death, Speed oder Thrash Metal entstehen.




Eine Band, die sich vorzugsweise satanistischer Texte bedient und für damalige Verhältnisse mit zu den musikalisch extremsten Bands zählte, waren VENOM, die Urheber des Black Metal. Die Schweizer Tom Gabriel Fischer und Martin Eric Ain sind von diesen okkulten Themen und der extremen Musik fasziniert und gründen die Black/Death Metal-Pioniere HELLHAMMER. Schon bald aber bemerken die beiden hoch motivierten Musiker, dass sie in dieser Formation ihre Ideen nicht umsetzen können, und gründen Mitte 1984 CELTIC FROST, die vor allem mit den beiden Alben "To Mega Therion" (1985) und "Into The Pandemonium" (1987) mit dem amerikanischen Schlagzeuger Reed St. Mark den Grundstein für Extreme und Gothic Metal legen sollten. Für mich gibt es seit "To Mega Therion", der Platte, die nicht zuletzt durch das Giger-Artwork für Aufsehen sorgte, bis zum heutigen Tag keine Band, die in Sachen düsterer Atmosphäre CELTIC FROST das Wasser reichen kann. In den Jahren zwischen 1988 bis zum Split der Band 1993 waren CELTIC FROST Schatten ihrer selbst. Warum sich die Band so entwickelte, wie sich die Reunion von CELTIC FROST von 2001 bis heute gestaltete und warum erst Ende 2006 das Album "Monotheist" veröffentlicht wurde, das definitiv an die genannten Meisterwerke anknüpft, darüber unterhielt ich mich mit Sänger und Gitarrist Tom Gabriel Fischer vor ihrer Europatournee in einem nächtlichen Telefonat, das er als unangepasster Bürger aus einer unscheinbaren Wohnung in einem kleinen Ort nahe Zürich mit mir führte.



Mit HELLHAMMER wolltest du VENOM in Sachen musikalischer Brutalität schlagen, mit CELTIC FROST wiederum HELLHAMMER. Was fasziniert dich so an extremer Musik wie Heavy oder Black Metal?


Wir waren und sind nicht Black Metal. Uns hatten die Geschichte und der Okkultismus, aber nicht die Religion oder Satanismus fasziniert. Wir empfanden es zu Zeiten von HELLHAMMER bereits extrem kontraproduktiv, kategorisiert zu werden. CELTIC FROST besitzen Black Metal-Komponenten so wie auch Gothic- und Thrash-Elemente und ich weiß nicht, was noch alles. Ich habe mich immer zu harter Musik hingezogen gefühlt. Warum das so ist, müsste man mal psychologisch ergründen. Es ist definitiv so, dass ich mich bei radikaler Musik zu Hause fühle. Was anderen zu radikal war, war mir zu wenig radikal.



Erinnerst du dich noch an den Slogan "Harder, faster, louder"?

Die Testosteronwelle der Pubertät und der Unreife. Harter und dunkler Heavy Metal begleitete mich mein ganzes Leben lang und hat für mich eine philosophische Dimension erreicht. Eine persönliche Welt voller Emotionen wäre nicht mit Lautstärke oder Schnelligkeit möglich gewesen. Es gibt sehr viele schnelle Bands, die nicht heavy sind. Manche davon machen überhaupt keine Musik. Sie verwechseln Schnelligkeit mit Heavyness. Für mich muss Heavy Metal schwer und dunkel sein. Nicht ohne Grund heißt es ja "Heavy" Metal.



Die Achtziger Jahre waren eine sehr bewegende Zeit in Sachen Heavy Metal. Was davon blieb dir positiv, was negativ in Erinnerung?

Positiv war die Heavy Metal-Revolution durch die NWOBHM. Heavy Metal wurde praktisch neu geboren, kam aus dem Abseits wieder zurück und war frecher, frischer und wichtiger als je zuvor. Das Glück gehabt zu haben, Zeitzeuge und Heavy Metal-Musiker gewesen zu sein, daran denke ich fast jeden Tag zurück. Das hat das Leben von Martin und mir wesentlich beeinflusst, ohne melancholisch zu werden oder den Eindruck zu erwecken, dass ich in der Vergangenheit lebe. Diese Frische und Stärke hat Heavy Metal auch leider ab der zweiten Hälfte der Achtziger wieder verloren. Labels, die jede Band signten, ertränkten Heavy Metal in einer Flut von mittelmäßigen und schlechten Platten. Auch CELTIC FROST haben Ende der Achtziger schlechte Alben produziert. Diesen Niedergang von Heavy Metal in einem Strom von Kommerz und Nicht-Mehr-Wissen, was eigentlich Heavy Metal war, diesen verlorenen Fokus, empfand ich als sehr schlimm.



CELTIC FROST wurden als Black oder Death Metal-Band gesehen.

Absolut.



Was bringst du mit dieser Szene in Verbindung?

CELTIC FROST lassen sich nicht vom Black Metal trennen, auch wenn wir uns vehement dagegen gewehrt haben. Durch Black Metal-Elemente in unserer Musik haben uns die Journalisten in den Achtziger Jahren als Black Metal-Band abgestempelt. Das verstärkte sich Anfang der Neunziger, als all die skandinavischen Black Metal-Bands veröffentlicht wurden. Viele davon bezogen sich sowohl textlich als auch musikalisch und des Images wegen auf CELTIC FROST und HELLHAMMER. So schließt sich der Kreis. Deshalb haben wir keine Mühe, mit diesen Bands heute in Berührung zu kommen, mit ihnen zu spielen oder sogar zu kollaborieren. Das ist Teil unserer eigenen Geschichte. Heute bezeichne ich unsere Musik als Heavy Metal oder Heavy Rock, weil wir viele Stilmittel miteinander kombinieren. Willst du also unseren Stil beschreiben, ist es zwangsläufig CELTIC FROST. Meine persönliche Auslegung von Black Metal oder Satanismus ist eine radikale Rebellion gegen das Etablierte, gegen die Gesellschaft und ihre zementierten Strukturen, Machtgefüge und Mechanismen, angefangen von der Kirche über Politik bis hin zu Arbeitgebern und so weiter. In Diskussionen mit Black Metal-Musikern der heutigen Generation erfuhr ich, dass viele darin weniger eine religiöse, mehr eine persönliche Rebellion gegen bestehende Strukturen, die einen von Geburt an einbinden, sehen.



Diese Szene leidet aber unter dem Gedankengut der Ewiggestrigen.

Jetzt schneiden wir ein gigantisch komplexes Thema an. Mir missfällt, dass Bands sich der Bilder und Texte bedienen, ohne zu wissen, was sie hier predigen. Ich führe dieses Interview in meinem Wohnzimmer, das faktisch eine Bibliothek mit 2.000 Büchern über den Zweiten Weltkrieg aus deutscher Sicht ist. Seit 32 Jahren studiere ich sehr ernsthaft den Zweiten Weltkrieg aus deutscher Sicht, schließlich kommt meine Familie ursprünglich aus Deutschland. Bands mit selbst gestrickten Kombinationen aus Nationalsozialismus, Black Metal und was sonst noch alles, bewegen sich auf einer Ebene, von der man wissen sollte, was genau passiert ist, bevor man das Maul aufreißt. Auf der anderen Seite habe ich sogar Verständnis dafür: Auch ich war ein Teenager, dem es nicht radikal und rebellisch genug sein konnte, der alles tat, um diese Welt, diese Leute, die er so hasste, zu Tode zu erschrecken und faktisch auch hätte töten können. Diese Menschenverachtung ist heute noch Teil meiner Existenz. Sie ist weder politisch noch nationalsozialistisch oder religiös-satanistisch. Ein Nihilismus, basierend auf meiner Wahrnehmung, was die menschliche Rasse aus diesem Planeten gemacht hat. Wie kann ein denkender Mensch diese Rasse respektieren? Seit wir aus den Höhlen gekrochen sind, haben wir uns gegenseitig abgeschlachtet, belogen, bestohlen, betrogen, die Natur zerstört. Das ist der Mensch mit ganz wenigen Ausnahmen. Wie also kann man da keinen Hass gegen die Menschheit empfinden? Je nach Erziehung, Herkunft und Intelligenz äußert sich dieser Hass anders und der Mensch bedient sich verschiedener Instrumente. Es gibt sicher Bands, die absolut in Nationalismus und was es da sonst noch gibt, involviert sind. Ob es ihr Vorgehen rechtfertigt, das sei dahingestellt. Wenn man die Klappe aufreißt und mit diesen Bildern arbeitet, muss man wissen, dass man damit junge Leute erreicht, die sich vielleicht dadurch beeinflussen lassen. Da trägt man eine enorme Verantwortung. Und das alles missbrauchen? Ob man sich dies mit der Verantwortung nicht alles zu einfach macht, ob man diese nun akzeptiert, toleriert oder nicht?



Ihr seid weder Satanisten noch religiöse Fanatiker, wollt ihr dennoch mit eurer Musik eine ganze eigene spirituelle Atmosphäre schaffen?

Wir folgen keiner Religion. Eine persönliche Spiritualität lässt sich nicht vermeiden, selbst wenn du diese nicht beabsichtigst, wenn du dich mit Themen wie Religion, Okkultismus oder Geschichte auseinandersetzt. Bei Ansichts-, Glaubens- oder Verstehenssachen fließen eigene Gefühle in die Texte mit ein, schließlich bist du kein Sklave eines Priesters oder einer Religion, der du nachläufst und alles nachplapperst, was man dir vorgibt, sondern ein Mensch, der sich seine eigenen Gedanken macht.



Eure früheren Alben wurden von zeitbezogenen Entwicklungen beeinflusst. Wie ist das dieses Mal bei "Monotheist"?

Hier sind durchwegs persönliche Ereignisse verarbeitet. Schwierig, das alles in wenigen Sätzen zu erklären, ohne dabei in Klischees zu verfallen oder das Gefühl zu erwecken, das Album aufgrund diverser tragischer Geschichten zu verkaufen. Fakt ist, dass wir unabhängig voneinander in den letzten fünf bis zehn Jahren privat sehr schwierige Zeiten hatten. Wenn du jahrelang absolute Schwärze erlebst, du in der Band damit nicht alleine bist, dich öffnest und deinen Emotionen freien Lauf lässt, dann ist ganz klar, dass diese Ereignisse deine Musik beeinflussen. Da bedarf es keiner Einflüsse von außen. Unsere Ansichten zum Leben waren Thema genug für viele Lyrics.



"To Mega Therion" hat euch 1985 nicht zuletzt wegen des Coverartworks von H.R. Giger zu Kultstatus verholfen. Wer hat hier wen gefördert?

Wir kleinen Würstchen hätten Giger nicht fördern können. Vielleicht haben wir erreicht, dass Gigers Kunst mehr Heavy Metal-Fans vor Augen geführt wurde und ihm so eine zusätzliche Plattform für seine Kunst gegeben. Giger hatte genauso viel Einfluss wie VENOM oder ANGEL WITCH auf HELLHAMMER oder CELTIC FROST. Auch wenn Giger kein Musiker ist, war er doch Hauptinspiration für unsere Musik. Giger war schon vor uns und wird auch nach uns ein Genie sein. Er ist ein absolut außergewöhnlicher Mensch und ich kenne keinen anderen Künstler, der ihm das Wasser reichen kann.



Wie habt ihr H.R. Giger persönlich kennen gelernt?

Das war ein Fall von grandioser Selbstüberschätzung. Wir hatten mit HELLHAMMER zwei Demos, die barbarisch klangen und mangels Geld schlecht produziert waren. Wir haben die besten Songs zusammengestellt und diese gemeinsam mit einem langen Brief an Giger geschickt. Er wohnte in der gleichen Stadt wie wir. Wir haben ihm erklärt, wie wir unsere Musik verstehen und denken, dass es in der Dunkelheit seiner Bilder und in der Dunkelheit unserer Musik Parallelen gibt. Giger rief mich an und meinte, stimmt, es existieren zwischen den Bildern und der Musik Parallelen. So ist er darauf eingestiegen und stellte uns sogar zwei seiner Werke zur Verfügung. Wir waren so überrascht, wussten nicht, wie wir ihm danken sollten. Damit wurde Giger natürlich zu einem der wichtigsten Mentoren in unserer Karriere.



Neben der HELLHAMMER- und CELTIC FROST-Merchandise-Serie von Giger, gibt es jetzt auch einen Gitarren-Torso. Galt dieser Entwurf auch euch?

Nein. Aber es ist schon ein sehr komischer Zufall. Seit 1984 spiele ich eine Ibanez Iceman-Gitarre und zwanzig Jahre später bietet Ibanez eine Iceman-Gitarre an, die Giger mitgestaltet hat. Die Gitarre war fast wie gemacht für CELTIC FROST. Dabei war das so peinlich offensichtlich, dass ich gedacht habe, diese Gitarre werde ich nie spielen. Martin hat hinter meinem Rücken eine Gitarre gekauft und mir diese geschenkt. So war klar, ich werde sie spielen müssen. Hört sich jetzt blöd an, aber als ich bemerkte, dass diese Gitarre klingt wie das Artwork darauf, konnte ich mich nicht mehr von ihr trennen.



"Into The Pandemonium" wurde aufgrund eurer experimentellen Weiterentwicklung ein Kraftakt gegen die Plattenfirma Noise. Welche Pläne hatte das Label mit CELTIC FROST?

Die hätten am liebsten eine Band wie ANTHRAX, EXODUS oder METALLICA aus uns gemacht. Dagegen ist nichts einzuwenden, aber wir waren einfach nicht wie diese Bands. Noise wollten eine sehr harte, geradlinige Thrash Metal-Scheibe. Sie wollten keine Band, die aufgrund ihrer Art jedes Mal die Verkaufszahlen in Frage stellt. Sie wollten eine Thrash Metal-Band, die man mit herkömmlichen Marketingmethoden verkaufen kann. Man musste sich nichts Neues einfallen lassen und wusste, dass man uns mit dieser oder jener Band auf Tour schicken konnte. Das ging bis zum Schmieren von Toningenieuren, Auswechseln von Songs, Abändern von Artwork bis hin zu Vertragsbruch. Ideen der Band wurden ignoriert, kastriert und zerstört. Mit einer Band, die weniger fanatisch und stur gewesen wäre, hätte das funktioniert. Mit uns aber nicht.



Warum habt ihr Noise nicht den Rücken gekehrt?

Wir reden von 1985/86. Extremer Metal war erst im Kommen und die Haltung der Metal-Fans Extreme Metal gegenüber war sehr skeptisch. Die großen Bands waren AC/DC oder MÖTLEY CRÜE. Wir wären sofort abgesprungen, hätte es Alternativen gegeben. Weder hatten wir andere Angebote, noch hätten wir aufgrund der unzähligen Fallen im Vertrag aussteigen können. Unser Erfolg mit "To Mega Therion" war im Gegenteil sogar kontraproduktiv, weil das Label dieses Album wiederholt und auf keinen Fall experimenteller haben wollte.



Als dann eure Alben wieder veröffentlicht wurden, war das für dich nicht eine Art Genugtuung und Selbstbestätigung Noise Records gegenüber?

Definitiv. Wäre das Management in der Zwischenzeit nicht komplett ausgewechselt worden, wären wir nie darauf eingegangen. Antje Lange, die neue Geschäftsführerin von Noise, hatte damit nichts zu tun, wusste jedoch, was damals geschehen ist. Während wir die Reissues zusammengestellt haben, entschuldigte sich Noise in aller Form bei uns. Angesichts der Tatsache, dass Noise unsere Karriere zerstört haben, kam das zwar reichlich spät, aber dass eine Entschuldigung zu Lebzeiten dieser Plattenfirma, auch wenn es sich hierbei um andere Menschen handelte, kam, war für mich doch eine Art Genugtuung. Viele unserer Werke sind absolut miserabel veröffentlicht worden. Mit diesen Reissues wurde uns die Möglichkeit gegeben, alles zu reparieren. Wir bekamen jegliche Hilfe, die wir wünschten. Man hat sich richtig Mühe gegeben, um die Fehler der Vorgänger, soweit möglich, auszumerzen. Ein sehr wichtiger Schritt für CELTIC FROST und auch Grundlage, weshalb wir die Band wieder gegründet haben. Ohne diese Reissues wäre das nie gegangen.



Warum hast du erst 1993 CELTIC FROST auf Eis gelegt?

Ich war ein Idiot und hätte die Band schon viel früher auf Eis legen sollen, aber ich konnte mir ein Leben ohne CELTIC FROST nicht vorstellen. Deshalb habe ich viel zu lange weiter gemacht. 1988 war die Band geschäftlich, künstlerisch, musikalisch, textlich und persönlich durch die jahrelangen Kämpfe mit Noise Records kaputt. Wir waren einfach zu jung, schwach, unerfahren, hatten keine Kontakte, keine Anwälte. Und ich war zu eingebunden, um zu merken, dass die Band ausgebrannt war. So habe ich weitergemacht und katastrophale Alben auf den Markt gebracht. "Cold Lake" ist ein künstlerischer Fehler. Unabhängig von Presse oder Verkaufszahlen, ich will so eine Platte nicht in meinem Lebenslauf haben. Das werde ich mir nie verzeihen.



Warum kam es zu keiner Reunion mit Schlagzeuger Reed St. Mark?

Wir haben es versucht. Martin und ich konnten uns einen Neubeginn ohne Reed nicht vorstellen. Ich flog nach New York und sprach mit ihm. Der Reed, den ich vorfand, hatte nichts gemein mit der Person, die ich in den Achtziger Jahren kennen gelernt hatte. Ich fand einen Schatten seiner selbst vor. Mittlerweile aber ist Reed wieder die Person, die er einmal war. Er hat seine Dämonen, sprich den Alkohol, offenbar hinter sich gelassen. Aber damals traf ich einen Reed an, mit dem man unmöglich eine Band hätte starten können. Was also tun? Es benötigte ein grundsätzliches Umdenken, um zuzulassen, dass wir mit einem anderen Schlagzeuger arbeiten. Mit Franco haben wir jemanden gefunden, der jetzt mehr CELTIC FROST-Mitglied ist, als es Reed jemals war. Reed hat niemals einen Vertrag unterzeichnet, er hat nur einen Song geschrieben, es gibt so viele Facetten. Franco schreibt bei allen Songs mit, er trägt das volle Risiko und ist genauso Bandmitglied wie Martin und ich. Zum ersten Mal in der Geschichte der Band sind CELTIC FROST drei vollwertige Musiker, die gemeinsam arbeiten.



Nach fünf Jahren Arbeit ist "Monotheist" seit einigen Monaten erhältlich. Scheinen eure Erwartungen erfüllt zu werden?

Wir hatten keine Erwartungen. Wir wollten ein Album produzieren, das von A bis Z wirklich CELTIC FROST ist, keine Füllstücke enthält und hinter dem wir alle stehen können. Hätte es zwei Monate gedauert, hätten wir's in zwei Monaten gemacht. Hätte es fünfzehn Jahre gedauert, hätten wir fünfzehn Jahre daran gearbeitet. Wir veröffentlichen keine unfertige Platte oder stampfen diese aus dem Boden, nur um irgendwelche Reunion-Kohle einzusacken. Es wird nicht so sein, dass wir denken, scheiße, hätten wir besser machen können. Wir gingen damit erst aus dem Studio, als es schon besser gemacht wurde. Das Album verkauft sich sehr gut. Wichtig ist, dass ich mit der Platte leben kann, egal ob es eine Million, einer oder keiner gut findet. Als ich "Monotheist" fertig abgemischt in den Händen hielt, waren meine Erwartungen, ein CELTIC FROST-Album geschaffen zu haben, erfüllt.



Angesichts eurer Experimentierfreudigkeit im Studio bin ich überrascht, dass ihr live nur als Trio auftretet.

Es gab schon immer diese beiden Seiten von CELTIC FROST: Übermäßige Experimentierfreudigkeit im Studio und das absolut Minimalistische auf der Bühne. Seit 1984 wurde CELTIC FROST noch bei keiner Show von einer Sängerin, einem Keyboarder oder von klassischen Musikern begleitet. In naher Zukunft planen wir einige Konzerte, in denen wir experimentelle Stücke mit Gastsängerinnen und klassischem Orchester spielen werden. Es existieren bereits einige Alben, auf denen Metal-Bands mit klassischem Orchester gespielt haben. Ich fand so etwas immer an den Haaren herbeigezerrt und aufgesetzt, wenn Songs, die für Klassik nicht geschrieben wurden, auf Klassik getrimmt und von Bands, die mit Klassik absolut nichts zu tun haben, gespielt werden, um so ein paar Platten zu verkaufen. Seit "Morbid Tales" haben wir unsere experimentellen Songs für die Klassik geschrieben, aber ohne klassische Instrumente auf der Bühne gespielt. Eines Tages werden wir sicher so etwas auf der Bühne realisieren, filmen und veröffentlichen, damit nicht nur die wenigen Besucher an diesem Abend etwas davon haben. Wir haben zwei ambitionierte Live-DVD-Projekte in Arbeit. Beide tendieren in diese Richtung.



CELTIC FROST haben so viele Bands beeinflusst, die manchmal erfolgreicher sind oder waren als ihr. Bedeutet dir das etwas?

Für mich ist das schwierig zu akzeptieren. Da gibt es Bands, die viel erfolgreicher und technisch perfekter sind als wir, die mir persönlich gesagt haben, wie sehr sie von CELTIC FROST beeinflusst wurden. Auch wenn CELTIC FROST so einen Ruf besitzt, wir sind Nobodys. Wir haben keine Connections. Wir wurden von den Plattenfirmen nicht umgarnt. Ich komme aus einem Bauernkaff von 1.500 Leuten. In den Anfangstagen konnte ich keine Gitarrensaiten bezahlen. Wir haben diese Band mit den bescheidensten Mitteln aufgebaut. Wir mussten uns jeden Meter für unsere Ideen hart erarbeiten. Plötzlich kommen wir zurück und alle sagen, ihr seid so geil. Das ist schwer zu verstehen.



In dem Buch "Are You Morbid?" berichtest du über deine Erlebnisse mit CELTIC FROST im Heavy Metal-Business. Was davon würdest du aus dem ersten Teil übernehmen, wenn du eine Fortsetzung veröffentlichen würdest?

Das werde ich auch. Ich schreibe über die Realität. Viele können sich nicht vorstellen, was alles Unglaubliches passiert, da sie unglücklicher- oder glücklicherweise nicht hinter die Kulissen von Plattenfirmen oder Konzertorganisatoren blicken können. Als junger Heavy Metal-Fan hat mich so was interessiert. Fast manisch las ich die Artikel, die all die Mechanismen und Hintergründe beleuchteten. Deshalb wird das auch Teil der Fortsetzung meines Buches sein.



Es wird also eine Zukunft für CELTIC FROST geben?

Natürlich. Wir haben Blut geleckt. Wir sind so ambitioniert, dass wir ein Album machen können, das "Monotheist" wegbläst. Auch dann werden wir, unabhängig von einer Deadline oder ob uns jemand einen Scheck unter die Nase hält, die Platte erst veröffentlichen, wenn es wirklich nach CELTIC FROST klingt. Wir haben den Anspruch an uns selbst, ein Album aufzunehmen, das künstlerisch und musikalisch besser ist als "Monotheist". Ende 2006 waren wir neun Wochen für 46 Konzerte in Nordamerika auf Tour. Definitiv die schwierigste Tour bisher, aber andererseits super zu sehen, dass mindestens die Hälfte des Publikums so jung war, dass es uns unmöglich bereits in den Achtzigern hätten live sehen können. Die Band gefällt auch heute noch. Demnächst beginnt unsere Europatournee. Danach spielen wir weitere neunzehn Konzerte in Nordamerika. Im Sommer sind wir auf einigen Festivals vertreten. Es gibt definitiv eine Zukunft für CELTIC FROST. Wir haben nicht fünf Jahre Kosten und Mühen investiert, um kurz darauf wieder "Tschüss" zu sagen.

Tom, vielen Dank für dieses Interview.