HARMFUL

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Go For Gould!

Selten gelingt es einer Band, dass sie ähnlich beharrlich bei der Sache bleibt wie die Frankfurter HARMFUL. Seit knapp fünfzehn Jahren treibt der ehemalige Dreier sein Unwesen, erlebt dabei aufregende Sachen, arbeitet mit Ikonen zusammen - und alles längst nicht mit der Aufmerksamkeit, die ihm gebührt. Jetzt erscheint bereits das siebte Album, das von einer sensationellen Veränderung begleitet wird: Billy Gould, einst Gitarrist bei FAITH NO MORE, hat das Album produziert und ist gleich noch als Musiker eingestiegen. Bassist Chris Aidonopoulos beantwortete per E-Mail Fragen zur Vergangenheit und Zukunft seiner Band, die sich nun wohl endgültig zu einer Institution in der Kategorie "Wuchtige Rockmusik national" entwickelt hat.





Chris, HARMFUL gibt es seit 1992. Mit welchen Gefühlen blickt ihr zurück auf eure Karriere?


Ich denke sehr gerne an unsere Karriere zurück, weil man alles akzeptieren kann, was passiert ist. Gute und auch schlechte Erfahrungen, die wir im Laufe der Zeit gemacht haben, gehören jetzt einfach zu uns, die kann uns keiner mehr nehmen. Wir haben viele Menschen getroffen, die uns inspiriert haben oder Vorbilder waren. Das ist ein großes Glück. Und wir haben immer das kleine Glück wertschätzen können, auch wenn wir Bands oder Gruppen an uns vorbeiziehen gesehen haben. Uns war immer ein anderer Weg bestimmt. Das akzeptieren wir heute mehr denn je, und wir haben immer noch Spaß an der Musik. Das ist auch letztendlich der Grund, warum jemand wie Billy Gould auf uns trifft und gerne seinen Teil dazu beitragen möchte. Also alles in allem ist das eine sehr schöne Karriere, vom ersten Proberaum zum ersten Konzert, zur ersten Platte und jetzt beim siebten Album und noch einen Neuzugang im Line-up. Ist sehr spannend und passt zu unserer Philosophie der Unvorhersehbarkeit. Wir hätten auch nicht im Traum daran gedacht, dass Billy oder auch jemand wie Flemming Rasmussen, der mal METALLICA produziert hat, Teil der HARMFUL-Historie wird. Wer weiß, was noch kommt?



Was hält euch nach all dieser Zeit noch zusammen?

Definitiv die Liebe zur Musik. Das ist, was uns zusammen hält. Wir lassen das raus, was aus uns kommt. Es ist natürlich und fühlt sich gut an. Das haben wir bis jetzt immer so getan. Dass wir dabei das Gefühl haben uns weiterzuentwickeln, ist ein wunderschönes Gefühl. Wir möchten nicht stehen bleiben. Und das beim siebten Album zu fühlen ist etwas Besonderes, wie ich finde. Viele Bands schaffen es nicht mal bis dahin.



Der Legende nach hat Guido Lucas euretwegen bluNoise gegründet. Macht euch das stolz?

Was heißt stolz? Wir sind glücklich darüber, ihn überhaupt getroffen zu haben. Er hatte eine Vision und wir hatten eine Vision. Dass daraus ein Underground-Label mit Gütesiegel entstanden ist, das ist wunderbar und auch einzigartig in Deutschland, und wir als Band hatten eine Plattenfirma im Rücken. Eine Vision hatten auch ULME und BLACKMAIL, deswegen haben sie und wir alle damals prima zu dem Label gepasst. Uns verbindet das, und das ist etwas sehr Wertvolles. Irgendwie sind wir dann wohl doch stolz. Wir bleiben für immer ein Teil der bluNoise-Saga.



Was habt ihr heute noch mit "Noise" zu tun?

Der Teil von Noise, der noch in uns ist, äußert sich nur noch selten, da wir uns auch nicht mehr danach fühlen. Das ist für uns noch ein Teil von früher. Anstrengend sind wir auch heute noch für viele Menschen und wir landen dann auch sehr oft in dieser Kategorie. Aber ich denke, da passen wir nicht mehr hin. Live macht das Spaß, wobei wir da auch schon merken, dass wir gerne in eine andere Richtung wollen und diesen Schritt auch tun werden. Also Noise ist sozusagen passé.



Du hast Billy Gould gerade selbst angesprochen. Wie ist die Zusammenarbeit mit ihm entstanden, wohin führt sie noch?

Aren hat Billy einfach gefragt, ob er daran interessiert wäre, mit uns zu arbeiten. Nachdem er sich unsere bisherigen Alben angehört hatte, entschied er sich dafür. Wir haben uns sehr darüber gefreut, wieder mit einem Amerikaner zu arbeiten. Wir haben schon immer das Gefühl gehabt, von Amis besser verstanden zu werden. Was nicht heißen soll, dass es nicht auch sonst Menschen gab, die an uns geglaubt oder gerne mit uns zusammen gearbeitet haben. Das ist ja umgekehrt genauso gewesen. Es ist einfach anders mit Amis. Unsere Zusammenarbeit beinhaltet bis jetzt das Album und die kommende Tour. "7" wird europaweit über Billys Label Kool Arrow erscheinen. Was darüber hinaus passieren wird, weiß niemand und will auch niemand wissen. Wir halten das alles offen. Wir verstehen uns gut, und da steht einer weiteren Zusammenarbeit auch in Zukunft nichts im Wege. We will see.



Mit dem Albumtitel "7" für euer siebtes Album habt ihr ein besonderes Zeichen gesetzt. Warum zu diesem Zeitpunkt?

Es ist für uns in dem Sinne etwas Besonderes, dass die Sieben ihre Bedeutung einfach deswegen hat, weil es sich schlicht so ergeben hat. Wir hätten das Album ja auch früher oder später aufnehmen können und es wäre zu einem anderen Titel gekommen. Nein, es sollte so sein. Das sie 2007 erscheint war schon früh klar. Das wollten wir so. Dass wir Zahlen auch mit in unsere Titel integriert haben, ist auch nicht neu. Es gibt ja auch noch "das verflixte siebte Jahr" in einem anderen Zusammenhang. Wir fühlen, dass es ein ereignisreiches Jahr wird. Wir glauben an Ereignisse und ihre Bedeutung. Wie ein Kreislauf. Das eine führt zum anderen und so weiter. Dadurch bleibt auch ein natürlicher Fluss erhalten. Dass Aren zum Beispiel noch neben HARMFUL auch EMIRSIAN macht, finde ich wunderbar. Denn am Ende fließt diese Entwicklung auch wieder bei HARMFUL ein und umgekehrt. Das war schon damals so mit RINDERWAHNSINN, unserer früheren Band. Bei der Band war allerdings der Fluss irgendwann nicht mehr vorhanden. Die Entwicklung hatte keine weitere Zukunft vorgesehen. Das haben wir alle gefühlt. Das ist schön, dass man so etwas spüren und ohne Reue eine Entscheidung treffen kann. Wir treffen Entscheidungen wie zum Beispiel mit "7" einfach aus dem Bauch heraus. Den Umständen entsprechend. Wenn es sich gut anfühlt, dann bleibt das auch meistens so. Da macht man nichts falsch. Es gibt immer besondere Zeichen. Man muss sie ständig wahrnehmen.



Warum ist dieses Album euer bisher bestes?

Das ist schwer zu sagen, warum das aktuelle Album immer das beste sein soll. Klar ist, dass man ja aus dem Gefühl heraus, den nächsten musikalischen Schritt zu gehen, immer darauf hinarbeitet weiterzukommen und deswegen Songs anders angeht und anders versucht zu schreiben. Sich einfach nicht wiederholen und gleichzeitig eine natürliche Entwicklung zulassen, das ist die Kunst. Man muss den Kopf dabei rauslassen, sonst wird das nichts. Wir fühlen, dass wir dies jetzt sehr gut getroffen haben mit "7". Mehr als bei "Sis Masis" beispielsweise, wo wir vieles sehr spontan im Studio haben entstehen lassen und vieles auch nicht sicher war. Es blieb keine Zeit, einen Song noch zu ändern, wenn er stand. Das ist zeitlich bedingt immer schade. Die Songs konnten so nicht über eine gewisse Zeit reifen. Das Bild war gemalt, aber nicht abgesegnet. Bei "7" war es das. Allerdings kann man auch zuviel Zeit haben für so etwas, wenn man es sich leisten kann. Bei "7" war es genau richtig.