VOLXSTURM

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Gute Musik machen ist wichtig

Mit ihrem aktuellen Album "Lichter meiner Stadt" haben es VOLXSTURM zum ersten Mal in ihrer Bandgeschichte geschafft, mich vollkommen auf ihre Seite zu ziehen und mit dem von mir sonst so gescheuten deutschen Liedgut zu versöhnen. Okay, dass Biertrinken wichtig ist, da war ich mit den Jungs schon immer einer Meinung. Aber schön zu sehen, dass VOLXSTURM heute weitaus mehr draufhaben als Sauf- und Schunkel-Oi!. Tost, der Drummer der Band, stand mir per E-Mail Rede und Antwort, was das neue Album angeht und wie aus "Good Night White Pride" "Let's Fight White Pride" wurde.





Von "Lichter meiner Stadt" bin ich total begeistert. Meiner Meinung nach habt ihr musikalisch wie textlich einen riesigen Schritt nach vorn gemacht. Nehmt ihr das auch so wahr?


Wir sind sehr mit dem Ergebnis zufrieden. Bewusst anders gemacht im Sinne eines Masterplans "Wie veröffentliche ich eine gute Pladde" haben wir nichts, aber aufgrund der Erfahrungen aus den vorhergehenden Veröffentlichungen haben wir so einige Schlüsse gezogen und durch den Rückhalt unseres Labels konnten wir uns, was Studio, Sound, Layout und Aufmachung angeht, dann auch voll austoben. Durch Gespräche mit anderen Leuten haben wir festgestellt, dass die Midtempo-Songs in der Gesamtheit immer besser ankamen und mit den Jahren haben wir dann auch begriffen, dass Geschwindigkeit nicht gleich Kraft ist. Somit haben wir das Tempo etwas zurückgenommen, ohne die Power zu reduzieren, und verstärkt Wert auf griffige Melodien gelegt. Darüber hinaus haben wir ganz klar von unseren steigenden musikalischen Fähigkeiten profitiert. Textlich wollten wir auf keinen Fall durch plakative Phrasendrescherei mit allgemeingültigen, kritischen Aussagen bezüglich Gesellschaft und so weiter eine Sackgasse beschreiten, sondern eher über persönliche Erfahrungen singen, die sicher jeder zumindest ansatzweise teilen kann.



Sammy von den BROILERS hat ja das Coverlayout des aktuellen Albums gemacht und das nicht schlecht. Ihr habt ja auch letztes Jahr die Split-CD mit denen gemacht. Erzähl mal ein bisschen über eure Beziehung zu den BROILERS.

Die Junx und das Mädel kennen wir nun seit nahezu zehn Jahren und nach gemeinsamen Konzerten haben wir uns dann auch persönlich näher kennen gelernt und festgestellt, dass wir in vielen Dingen von der Grundeinstellung her eine Linie haben. Die "Goodfellas"-Tour 2002 hat uns darin bestärkt. Wir haben Telefonnummern getauscht, uns gegenseitig besucht und mittlerweile hat sich unabhängig von den Bands eine Freundschaft entwickelt. Daraus entstand dann die Idee, eine Split-CD/EP zu machen. Grundzüge waren schnell skizziert und jede Seite hat dazu beigetragen, dass das Projekt immer umfangreicher wurde. Hier konnten wir dann auch erstmals auf Sammys Fähigkeiten als Grafiker zurückgreifen und waren vom Ergebnis so angetan, dass er dann auch unser neues Album gestaltet hat.



"Lichter meiner Stadt" ist ja auch wieder bei DSS erschienen. Wie zufrieden seid ihr da?

"Lichter meiner Stadt" ist mittlerweile die dritte Veröffentlichung bei DSS Records und in Hinblick auf die Nachpressung älterer Scheiben sogar die fünfte Veröffentlichung bei Micha, und da wir nicht aus Mangel an Alternativen bei ihm sind, sagt das über die Zufriedenheit schon viel aus. Wir haben nach wie vor mit Micha keine schriftliche Vereinbarung, und wir konnten uns bezüglich der Einhaltung von Absprachen nie beschweren. Auch hier ist uns, unabhängig von der Zusammenarbeit, die persönliche Ebene sehr wichtig. Letzteres spielt in unseren Entscheidungen eh immer eine große Rolle, denn wir wollen Musik machen, die uns gefällt und nicht reich und berühmt werden. Somit haben wir auch kein Interesse mit Leuten zusammenzuarbeiten, die uns menschlich nicht passen. Um absolute Freiheit über unsere Entscheidungen zu haben, gibt es auch nach all den Jahren keine Booking-Agentur oder gar Management bei uns. Das Schöne bei Micha ist, dass er für jeden Schabernack zu haben ist und uns in unseren Spinnereien hinsichtlich Gestaltung der Veröffentlichungen immer unterstützt und darüber hinaus sogar eigene Ideen eingebracht hat. So haben wir für die CD ein Digipak in Inside-Out-Optik mit teillackierten Flächen gewählt, vier Live-Videos draufgepackt, und die LP hat anstatt der Videos eine 7" mit vollwertigem Hardcover als Beilage.



Ihr wohnt ja alle etwas weiter auseinander. Ich nehme mal an, dass sowohl Proben als auch andere Band-Angelegenheiten immer schwierig zu koordinieren sind. Habt ihr die Aufgaben in der Band irgendwie speziell verteilt oder wie macht ihr das konkret?

Na ja, in Zeiten von Internet, Telefon-Flatrates, Mobiltelefonen und digitalen Aufnahmegeräten ist es im Vergleich zu früher sicher ziemlich einfach, die Band zu koordinieren. Wir haben Sachen nicht bewusst aufgeteilt, damit es funktioniert, sondern je nach persönlicher Eignung und damit einhergehendem Interesse haben sich so spezielle Aufgaben ergeben. Das heißt einer kümmert sich um Homepage, Booking, Merch- und Labelarbeit, einer organisiert die Proben - auch keine leichte Aufgabe bei wachsenden Familien und zwei Schichtarbeitern -, einer erarbeitet vorzugsweise neue Songs und berät in Richtung Layout und so weiter. Das sind so die nötigen Fleiß- und Vorarbeiten, und Entscheidungen werden ganz klassisch im Sinne einer Zweidrittelmehrheit als Band getroffen. Proben finden bei uns alle ein bis zwei Monate statt und dann nutzen wir schon allein aufgrund der Fahrkosten die zur Verfügung stehende Zeit sehr intensiv.



Ihr wart meines Wissens nach ja eine der ersten Bands, die die "Good Night White Pride"-Kampagne unterstützt haben. Wie bewertet ihr diese im Nachhinein?

Wir wurden relativ früh darauf aufmerksam, da Hinkel in Leipzig wohnt und es in diesem Umfeld entstand. Wir fanden die Idee einer szeneübergreifenden Kampagne gut und waren daher neben zahlreichen Hardcore-Bands die erste Oi!-Band, die "GNWP" unterstützten, da wir in den verschiedenen Szenen ähnliche Probleme hatten und sich beide Seiten annährten. Die Grundaussage finde ich immer noch gut und die Verbreitung auf T-Shirts oder Flyern tut ihr Übriges, um die Kernaussage zu verbreiten. Insbesondere im Osten ist falsche Toleranz und Nichtstun in Bezug auf Nazis überhaupt nicht angebracht und einer Vereinnahmung der Hardcore- und/oder Oi!-Szene ist aus unserer Sicht aktiv entgegenzuwirken. Frei nach dem Motto: "Toleranz wird erkämpft und nicht erbettelt! Fight The White Power Movement!" Ich habe allerdings den Eindruck, dass es damit mittlerweile auch getan ist, denn die Homepage ist seit geraumer Zeit offline, und von einer gesteuerten Kampagne kann man in diesem Sinne nicht reden. Das Ganze hat sich einfach verselbständigt und auch nie den Anspruch eines ideellen Überbaus gehabt, sondern klassisch im D.I.Y.-Sinn sollte jeder die Logos verwenden dürfen. Mittlerweile gibt es Sektionen im Ausland und Securitys, die unter diesem Motto firmieren, um ihren Standpunkt klarzumachen. Die angesprochenen negativen Punkte scheinen auch die ursprünglichen Initiatoren zu sehen und es kam darüber hinaus zur Kriminalisierung einiger Leute in Verbindung mit dem Logo. Daher wurde das ursprüngliche Logo abgeändert, und um den aktiven Part der Kampagne zu unterstreichen, ist aus "Good Night White Pride" jetzt "Let's Fight White Pride" geworden.



Eure Alben werden ja auch teilweise im Ausland vertrieben und mich würde mal interessieren, wie ihr in anderen Ländern so ankommt, wo man die Texte ja nicht unbedingt versteht.

Das war auch für uns immer eine spannende Frage, und ein wenig mehr Klarheit haben wir, seit wir Gigs in Frankreich, Belgien, Griechenland, Italien und so weiter gespielt haben. Offensichtlich funktioniert unsere Musik auch unabhängig vom Text, und es ist schon faszinierend, wenn 200 durchgeknallte Griechen "Bi uns to Hus" lautieren. Viel Feedback aus dem Ausland bekommen wir auch über unsere MySpace-Seite und sind häufig erstaunt, in welchen Teilen dieser Welt man mittlerweile unsere Musik kennt.



Ich hab auch andeutungsweise was davon gehört, dass ihr bei einem RAMMSTEIN-Buch mitgewirkt haben sollt. Das schreit nach einer näheren Erläuterung.

Vor einigen Jahren kam eine französische Professorin für Deutsch auf uns zu, da sie gern ein Buch über RAMMSTEIN schreiben wollte. Hierzu wollte sie deren Wurzeln beleuchten, und da wir noch heute im Haus von Stevie/"First Arsch" proben und Till Lindemann dort langjähriger Schlagzeuger war, meinte sie wohl, dass sie über uns am ehesten die Brücke zum Punk schlagen konnte. Hierzu hat sie dann ein paar Infos aus verschiedenen Interviews herausgelöst und uns ein ganzes Kapitel gewidmet. Der ganze Beitrag ist auf unserer Bandpage nachzulesen.



Ich habe gehört, ihr und einige andere Oi!-Bands hattet Ärger mit MySpace, es wurden da wohl seitens My-Space einige Profile gelöscht, was ja schon in Richtung Zensur geht. Erzähl mal.

Das geht nicht in Richtung Zensur, sondern ist eher eine Neuausrichtung der Plattform und dient der Erschließung neuer Marktsegmente. Seit dem Kauf der Domain durch Rupert Murdoch zeichnet sich der Trend ab, die Website für andere multimediale Inhalte, vor allem für kommerzielle Filmprojekte zu öffnen. Während Tom, bekannt als erster "Freund", ursprünglich vorwiegend kleine, unbekannte Künstler für MySpace gewinnen wollte, zielt Murdochs Strategie auf die Großen ab, und da stört jede Art von Subkultur. Es gab also eine unreflektierte Löschaktion seitens MySpace, von der wir und auch andere Bands betroffen waren. Grundlage sind wohl mehrmalige negative Meldungen einer Seite. Das können dann eine besorgte Mutter, eventuelle Neider oder wer auch immer sein. MySpace hat ganz klar den Vorteil, dass eine Band sich international ganz gut eine Plattform schaffen kann. Und aufgrund der eingeschränkten technischen Möglichkeiten hat auch nahezu jedes Profil eine ähnliche Struktur. Es schafft außerdem ein Netzwerk mit einfachen Wegen für die Szenen und darüber hinaus. Somit ist es natürlich ärgerlich, wenn circa 4.000 Kontakte weg sind, die Einbettung ins Netz verloren geht und die gesamten Mails nicht mehr vorhanden sind. Die Löschung kam plötzlich und es gab auch keinerlei offizielle Vorwürfe von MySpace. Somit hatten wir also auch keine Chance, uns in irgendeiner Form dazu zu äußern.