DR. NORTON

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Vom Beat-Virus infiziert

Ende 2005 Jahren erschien die Debüt-EP der aus München stammenden DR. NORTON, seit kurzem ist der erste Longplayer raus und weiß zu begeistern. Von München haben sich die Ärzte mittlerweile nach Berlin abgesetzt, für sich und ihren Beatpunk mit dezentem Orgeleinsatz eine neue Homebase gefunden - und zu einem Film-Auftritt kam es auch: In der Uschi Obermayer-Biographie-Verfilmung "Das wilde Leben" sind DR. NORTON - wir sprechen ja von den angeblich wilden Sechzigern - als Liveband zu sehen. Nach TIGERBEAT und TRASHMONKEYS tritt hier eine weitere deutsche Band an, abseits des Szene-Undergrounds ein paar mehr Leute für schnieken, lässig shakenden Beat und Rock'n'Roll zu begeistern. Tobi Schärtl (Bass, Trompete, Gesang) und Max Franks (Gitarre, Gesang) beantworteten meine Fragen.

Wie habt ihr es bislang geschafft, der Aufmerksamkeit der Rechtsabteilung einer gewissen Softwarefirma zu entgehen?


Tobi: Wahrscheinlich machen wir nicht deren Sound.


Und warum Berlin und nicht mehr München? Genug von Weißwürsten und Brezeln?

Tobi: Rein kulinarisch ja leider ein sehr kurzweiliger Gewinn. Falls die Frage auf das "In Berlin geht musikalisch ja viel mehr"-Gerede abzielt, dann war das nicht der Grund. Denn das tut es zwar, aber in erster Linie auch nur quantitativ. Die Gründe waren eher ganz praktische: Wir mussten eine Stadt finden, in der wir alle auch unser nicht-musikalisches Leben irgendwie durchziehen können. Berlin war da erste Wahl, weil es einfach schon wegen seiner Größe sehr viele Möglichkeiten bietet. Und weil es die letzte Großstadt ist, die finanziell als Musiker machbar ist.


Ihr hattet einen Auftritt im Uschi-Obermayer-Biopic "Das wilde Leben". Wie kam's dazu, und hat euch das bekannter gemacht?

Tobi: Vor guten zwei Jahren hatten wir mal die Möglichkeit, auf der Premiere des - wohl zu Recht nicht sehr bekannten - Films "Aus der Tiefe des Raumes" aufzutreten. Das zog dann seine Kreise und so wurden wir gefragt, ob wir in dem "Uschi"-Film nicht Lust hätten, eine 60s/70s-Band zu spielen, was spontan natürlich erst mal gut klingt. Insgesamt lief das alles etwas anders als geplant, es wäre wahrscheinlich richtiger von einem "Kurzauftritt" zu sprechen. Aber nicht weiter schlimm, durch Uschi Obermayer bekannt/er zu werden, könnte man sowieso schwer vor sich selbst rechtfertigen.


Apropos Film: Euer Albumtitel "Your Plot - The Prison - My Escape" klingt wie ein Film in sechs Worten.

Tobi: Stimmt, das war die Idee dahinter. Der Titel soll unter anderem das zur Sprache bringen, was wir mit dem Album und auf der Bühne versuchen: Es gibt feste Schemen und Vorstellungen, wie Musik - vor allem Gitarrenmusik - funktionieren soll. Diese Erwartungen können manchmal durchaus wie ein Gefängnis wirken. Mit unserer Musik wagen wir den Fluchtversuch, was nicht heißt, dass wir das Rad neu erfinden. Wir wollen uns musikalisch nur einfach unsere Freiheit nicht nehmen lassen.

Max: Wobei der Titel diese Botschaft in einer größeren Allgemeinheit aussprechen soll: Es geht ganz generell darum, sich von Dingen und Leuten frei zu machen, die dich einschränken, sozusagen in ein Gefängnis stecken wollen ...


Und noch mal Film: Die Kurzbeschreibung der Doku über eure Band würde sich wie folgt lesen:

Max: Vier Jungen aus der oberbayerischen Provinz gründen eine Band - hängen sich rein - fallen auf - machen sich Freunde und Feinde - nehmen immer weitere Strecken auf sich - lassen sich nicht von ihrem Weg abbringen, obwohl niemand auf sie wartet - versprechen nichts und halten alles! Hier ist die Story einer der besten deutschen Live-Bands, die gemeinsam aus ihrer Kleinstadt auszog, zuerst nach München, dann nach Regensburg und schließlich in Berlin gelandet ist, um immer mehr Menschen von ihrer Musik zu begeistern!


Wo kommt ihr her, wo wollt ihr hin - rein musikalisch gesehen?

Max: Anfang des Jahrtausends startete die erste Platte der STROKES einen neuen Trend in der Popmusik. Mit den Grunge-Bands hatten wir wenig am Hut, skandinavische Indie-Bands trafen zwar unseren Geschmack, aber nicht unsere Lebenshaltung. Die Neugier nach neuen, ungewöhnlichen Bands brachte Platten von LES SAVY FAV und THE MAKE UP in unsere Sammlungen und dank unserer Eltern waren Lou Reed und THE VELVET UNDERGROUND keine Unbekannten. Mit der Bewegung in der Poplandschaft, die immer mehr Bands hervorbrachte, die leichtfüßigen, smarten Sound - angelehnt an den frühen Punk - kombinierten, konnten wir uns identifizieren. Der Wunsch, unsere Ideen, unsere Ängste und unsere romantische Vorstellung vom Immer-in-Bewegung-bleiben/unterwegs-sein auszudrücken, ist, was unserer Musik zugrunde liegt. Für das, was wir machen, ist es uns wichtig, Energie zu transportieren, expressive Musik zu machen und auszuleben. Ich will Menschen, die uns live sehen, begeistern und auf die Art dazu bringen, selbst eine Band gründen zu wollen.