FUNERAL FOR A FRIEND

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Mit dem Konzept ins Traumtheater

Man könnte meinen, dass FUNERAL FOR A FRIEND oft missverstanden werden. Nicht nur, dass der Bandname keinem Elton John-Song entstammt, sondern einem von PLANES MISTAKEN FOR STARS, auch musikalisch wurde die Band immer in die Emo-Schublade gesteckt, obwohl sie sich selbst doch als schlichte Rockband mit aggressiven Elementen sieht.

Ihr drittes Album, "Tales Don't Tell Themselves", ist ein Konzeptalbum, das der Band aus der internen Krise geholfen hat und wunderbar, aber dennoch ganz anders klingt. Ryan Richards (Schlagzeug), Kris Coombs-Roberts (Gitarre), Gareth Davies (Bass), Darran Smith (Gitarre) und Matt Davies (Gesang) sind wieder einem Schritt ihrem vermeintlichen Ziel näher gekommen, nämlich nochmals klar zu machen, was hier gespielt wird: und zwar ausgereifter Rock, jenseits einschränkender Genregrenzen. Mit dem sympathischen Darran sprach ich am Telefon über das, was hinter seiner Band und dem neuen Album steckt ...

Euer neuestes Album beginnt mit einem epischen Intro und entwickelt sich dann erstaunlicherweise zu einem fantastischen Pop-Album. Siehst du das auch so?


Ich würde nicht sagen, dass es ein reines Pop-Album ist. Es gibt definitiv viele Pop-Elemente auf der Platte, aber im Großen und Ganzen sehe ich "Tales ..." doch eher als Rock-Album mit einem großen und manchmal auch epischen Metal-Anteil. Im Gegensatz zu unseren vorherigen Alben hat sich unser Sound einfach weiterentwickelt. Aber du hast schon recht: Man kann doch viele Pop-Melodien hören.


Diese Weiterentwicklung, von der du sprichst: Kam sie von selbst oder habt ihr euch gedacht, dass ihr euch einfach weiterentwickeln müsst?

Das passierte ganz natürlich. Wenn man sich unsere Alben anhört, kann man immer irgendeine Veränderung hören. Wir sind, glaube ich, einfach besser in dem geworden, was wir machen ... Natürlich haben sich auch unsere Einflüsse geändert.


Erzähl mal mehr über die einzelnen Charaktere bei FUNERAL FOR A FRIEND und wer musikalisch in welche Richtung möchte.

Oh, bei uns ist das sehr verrückt. Das Spektrum bei uns ist riesig und unbegrenzt. Ich bin zum Beispiel ein riesiger Metal- und Death Metal-Fan, aber auf der anderen Seite mag ich auch Singer/Songwriter total gern. Es gibt ein paar bei uns in der Band, die mehr auf Metal stehen und welche, so wie unser Bassist Gareth, die mehr auf Indie-Musik abfahren. Kris ist ein unglaublicher Johny Cash-Fan und Matt mag eigentlich alles außer Metal. Dennoch haben wir alle einen Punk- und Hardcore-Einfluss in uns drin,schließlich sind wir mit diesen Bands groß geworden. Momentan stehen Ryan, Matt und ich total auf Progrock und Seventies-Sachen wie RUSH oder GENESIS. Diesen Einfluss kann man glaub ich auf dem neuen Album auch heraushören.


Andere Leute gehen zur Schule, um sich zu entwickeln, Musiker hören Alben von anderen Musikern. Was sagst du zu diesem Vergleich?

Bis zu einem bestimmten Grad hast du Recht. Ich sehe das so: Natürlich sucht man sich immer Vorbilder, die einfach besser sind in dem, was man selbst gerade macht. Es ist interessant zu sehen, wie andere Leute ihre Songs schreiben. Unterbewusst macht man so was ja immer. Du kommst ja auch nicht drum herum.


Wie wichtig sind euch Dinge wie Selbstverwirklichung beim Schreiben eurer Songs?

Das ist das Wichtigste. Schließlich muss die Musik, die wir machen, uns gefallen und vielleicht sogar wegblasen. Wir müssen ja schließlich die Songs verkörpern und das geht nicht, wenn man sich nicht voll und ganz in den Schreibprozess einbringt. Wenn da eine Band auf der Bühne stehen würde, deren Mitgliedern du es ansiehst, dass sie nur ihren Job machen, wäre das nicht nur total langweilig, sondern auch unglaubwürdig. Wenn wir nicht das Gefühl gehabt hätten, die besten Songs aufgenommen zu haben, die wir machen konnten, hätten wir sie auch nicht veröffentlichen müssen.


"Tales Don't Tell Themselves" ist ein Konzeptalbum. Kannst du mehr über die Geschichte erzählen, um die es geht?

Es geht um drei Charaktere: Den Fischer, seine Frau und deren Tochter. Der Fischer segelt aufs Meer und wird von einem schlimmen Sturm überrascht. Sein Schiff kentert und der Rest seiner Crew stirbt - nur er überlebt. Viele Songs sind aus der Sicht des Fischers geschrieben, andere aber auch aus der Sicht der Frau, die sich Gedanken darüber macht, ob ihr Mann noch am Leben ist oder nicht, und die dann herausfindet, dass die anderen ertrunken sind. Sie weiß nicht, ob sie ihr Leben ohne ihren Mann weiterleben oder ob sie die Hoffnung noch nicht aufgeben soll. Der Fischer versucht natürlich, nach Hause zu kommen, gerät aber in riesige Schwierigkeiten.


Gibt es eine ideologische Verbindung zwischen dem Fischer und euch?

Matt hat in den Songs viele metaphorische Bedeutungen verpackt. Man kann die Reise des Fischers vielleicht entfernt mit unserer Situation, wenn wir auf Tour sind, erklären. Wir vermissen natürlich auch unsere Familien, wenn wir unterwegs sind, und es ist immer wunderschön, wieder nach Hause zu kommen. Dazu kommt auch noch, dass Matt eine Heidenangst vor Ozeanen hat.


War es für euch als Band einfach, Songs für ein Konzeptalbum zu schreiben?

Ja, das war sehr einfach. Am Anfang, als wir Songs für unser neues Album schreiben wollten, lief alles ein bisschen schleppend an. Die Songs, die wir geschrieben haben, klangen für uns nicht ausgereift genug - wir konnten keine Entwicklung hören. Das war schon frustrierend und die Stimmung war auch ordentlich gereizt. Wir hatten den Wagen scheinbar vor die Wand gefahren und haben uns nicht sehr viel bewegt. Ryan hat dann erstmal eine kleine Auszeit genommen, um sich um seine Familie zu kümmern, und als wir uns wieder trafen, um zu proben, kam Matt mit diesem Konzept an. Es schien wie eine neue Herausforderung und gab uns genug Energie, wieder konzentriert Songs zu schreiben. Einmal angefangen, kam eigentlich alles sehr schnell zusammen. Kaum waren wir mit einem Song fertig, hatten wir auch den nächsten schon in unseren Köpfen entwickelt. Als eigentliche Wende sehen wir den zwölfminütigen Song "Reunion" an, den Matt mit in den Proberaum gebracht hat und der auf dem Album in drei Songs, "Into oblivion" am Anfang, "Raise the sail" in der Mitte und "Sweetest wave" am Ende untergebracht ist.


Ihr habt auch bei eurem neuen Album wieder den Produzenten gewechselt. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Gil Norton?

Als wir die neuen Songs geschrieben haben, haben wir gemerkt, dass sie eher schlichte Rocksongs sind anstatt Metal. Gil Norton hat viele Alben produziert, von denen wir große Fans sind, und da dachten wir, dass es vielleicht perfekt passen würde, wenn er unsere Songs aufnehmen würde. Unsere vorherigen Produzenten waren super Typen, aber die Musik auf "Tales Don't Tell Themselves" ist komplett anders als die auf den anderen Alben, und deswegen war es ein logischer Schritt, mit jemand anderem zusammenzuarbeiten. Durch seine relaxte Art hat er uns auch dabei geholfen, die Songs so lang zu bearbeiten, bis wir das Beste aus ihnen herausgeholt haben. Es hat riesigen Spaß gemacht.


War es seine Idee, ein Orchester in die Songs einzubauen?

Eigentlich war es eher unsere Idee. Wir dachten bei einigen Songs einfach, dass ein Orchester die dramatische Stimmung noch verstärken könnte und die Songs dadurch voller klingen würden. Gil hat schon bei den SMASHING PUMPKINS und FEEDER mit einem Orchester zusammen gearbeitet und fand die Idee toll. In gewöhnlichen Rocksongs wird ein Orchester für die Power-Balladen genutzt, wohingegen wir es besonders bei den heftigeren Teilen eingesetzt haben. Das war eine interessante Erfahrung, auf die wir bestimmt noch öfter zurückkommen werden.


Würdest du sagen, dass ihr jetzt eine richtige Rockband seid, die ihre Emo- oder Hardcore-Wurzeln hinter sich gelassen hat?

So gesehen würde ich nicht sagen, dass wir uns jemals selber als Emo-Band bezeichnet haben. Wir haben uns eigentlich immer als Rockband gefühlt, die einige aggressivere Elemente in ihre Musik einbaut. Aber es ist nun auch nicht so, dass wir das Emo-, Screamo- oder Metalcore-Genre nicht respektieren würden - wir fühlen uns einfach nicht damit verbunden. Wir sind, wie gesagt, immer noch Fans der Hardcore- und Punk-Bewegung, aber unser Musikgeschmack hat sich einfach über die Jahre geändert. Ich finde diese Einteilungen in Genres sowieso eher hinderlich. Natürlich versuchen Musikjournalisten mit Vergleichen oder Schubladen den Leuten, die Musik ein bisschen zu beschreiben. Dennoch kann dabei auch schnell ein falsches Bild entstehen. Im Nachhinein ist es jetzt aber auch egal. Wir denken im Moment einfach, dass wir mehr als nur eine Art von Musik machen können, also sowohl Metal als auch Hardcore und Rock.


Ihr seid über die Jahre immer bekannter geworden, spielt in größeren Hallen, habt einen Majorvertrag und seit schlichtweg berühmt. Wie wichtig ist euch dennoch der Kontakt zu euren Fans?

Wahrscheinlich wie bei jeder anderen Band sind die Fans das Allerwichtigste. Schließlich sind es die Leute, die es uns ermöglichen, die Welt zu bereisen und das zu tun, was wir von ganzem Herzen lieben: Musik machen. Ohne unsere Fans und natürlich auch deren Aufopferung wären wir bestimmt nicht so weit gekommen. Schlussendlich macht man Musik dann doch auch für andere. Um den Leuten ein bisschen was zurückzugeben, versuchen wir, einen möglichst engen Kontakt aufrecht zu erhalten: Wir betreiben unser eigenes MySpace-Profil, beantworten eigentlich alle E-Mails und reden nach den Shows noch mit den Leuten. Das wirkt dann meist auch wie Balsam für unsere Seelen.


Was sind eure weiteren Ziele?

Ich denke, dass wir als Band weiter wachsen und vielleicht noch ein bisschen größer werden wollen. So wie es ist, ist es natürlich unglaublich gut - aber wir wollen uns einfach immer weiterentwickeln. Ich selber möchte einfach die Möglichkeit behalten, Musik zu machen, ohne mir Gedanken über einen "Nine to five"-Job machen zu müssen. Schließlich lieben wir alle Musik über alles und wir wollen auch nicht unbedingt die größte Band der Welt werden. Obwohl das eigentlich super wäre ...