LAST DAYS OF APRIL

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Immer noch am Leben

Karl Larsson ist unbestritten ein großer Songschreiber. Ob als Solokünstler oder als Kopf der Band LAST DAYS OF APRIL, er schafft es immer, einem gleichzeitig Tränen in die Augen und ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. "Happy sadness" hat er das einmal selbst genannt. Lange war es still um den schmächtigen Schweden, sein letztes Lebenszeichen stammt aus dem Jahr 2005, und bezeichnenderweise handelte es sich dabei um sein Soloalbum. Das letzte Album seiner Band ("If You Lose It") ist sogar noch ein Jahr älter. Sogar die eigene Homepage war verwaist. "Might As Well Live", das neue Album, kommt daher in diesem Jahr etwas überraschend. Es ist anders als die anderen, trotzdem irgendwie vertraut, und auf jeden Fall zeigt es die Band in Hochform.

Aber was heißt hier überhaupt Band? Es hat sich eine Menge getan in der albumfreien Zeit. Karl Larsson ist nun das letzte verbliebene Gründungsmitglied, nachdem sich Daniel Svenfors am Bass und Lars Taberman an der Gitarre schon in den frühen Jahren verabschiedet hatten. Nun hat es auch Schlagzeuger Andreas Förnell erwischt, der immerhin fast ein Jahrzehnt mit dabei war. Das Leben hat ihn eingeholt, er wollte und musste nun andere Prioritäten setzen. Dennoch: Musiker kann man ersetzen, in anderen Bereichen sieht die Sache unter Umständen schwieriger aus.

Karl erklärt: "Andreas hat immer für Updates auf der Band-Homepage gesorgt, und seit er nicht mehr dabei ist, tut sich dort nichts mehr. Ich kann mit Computern kaum umgehen, also kann ich es nicht machen. Dafür habe ich die MySpace-Seite übernommen, die ein Fan eröffnet hat, und sie zu meiner Homepage umfunktioniert." Hier wie dort liegt nun die Verantwortung allein in den Händen Karl Larssons. Eigentlich keine große Sache: Er war schon immer die treibende Kraft hinter der Band und hat sich noch nie groß ins Songwriting quatschen lassen. Insofern hat es seinerzeit ziemlich überrascht, dass mit "Pale As Milk" ein Soloalbum veröffentlich wurde. In beiden Fällen hat Karl sowohl alle Songs geschrieben als auch fast alle Instrumente selbst gespielt, zudem war die Ähnlichkeit zwischen den Songs bemerkenswert. Warum also die formale Trennung zwischen Band und Soloprojekt? "Ich habe die Tour zu ?If You Lose It? mit Schlagzeuger Carl Wikman gespielt", erzählt Karl, "danach wollte ich unbedingt weiter mit ihm zusammenarbeiten. Also haben wir uns für zusammengetan und in drei Wochen ein Album geschrieben und aufgenommen. Dann haben wir Bad Taste gefragt, ob sie das nicht auch veröffentlichen wollten. Viele dieser Songs funktionieren live auch sehr gut, deshalb spielen wir sie jetzt auch mit LDOA."

Eben jener Carl Wikman aber ist nun nach dem Ausstieg von Andreas Förnell auch neues festes Bandmitglied neben Kristian Karlsson (ESKJU DIVINE). Auf dem Album selbst tauchen allerdings ganz andere, bekanntere Namen auf: Fredrik Granberg und Mathias Oldén nämlich, eigentlich in Diensten von RANDY und LOGH. "Während Andreas noch gezögert hat, hat mein Produzent Pelle Gunnerfeldt, ex-FIRESIDE, Fredrik vorgeschlagen. Er meinte, er wäre für die Songs geeignet, und das war er auch. Mathias Oldén hat schon auf ?If You Lose It? Bass gespielt, deshalb sollte er es auch diesmal wieder tun." Beide sind natürlich in ihren jeweiligen Bands eingespannt, weshalb ein langfristiges Engagement ausgeschlossen ist. Aber erstaunlich ist es schon, dass bei vielen Produktionen aus Schweden immer wieder dieselben Namen auftauchen, vor allem eben diverse Mitglieder von LOGH und Schwedens Starproduzent Gunnerfeldt. Beim Blick in diverse Booklets könnte man beinahe den Eindruck gewinnen, alle schwedischen Musiker würden einander kennen. "Nein, nicht wirklich", lacht Karl Larsson, "viele Bands nehmen aber bei Pelle auf, und das schweißt uns zusammen."

Die Formalitäten wären geklärt, die Band steht, Zeit also für Karl Larsson, sich um das Wesentliche zu kümmern: die Musik. Im Besten Sinne zwiespältig ist der Eindruck zum neuen Album. "Ich habe gerade ein Interview mit jemandem gemacht, der meinte, ?Might As Well Live? klänge genau wie das Album davor. Mir schien es, als hätte er gar nicht richtig hingehört", beklagt sich Karl Larsson. Wie aber beschreibt man den Unterschied? Es sind die gewohnt eindrücklichen Popsongs, getragen von der zerbrechlichen Stimme des Mittzwanzigers. Im Vergleich zum äußerst reduzierten und zurückhaltenden Vorgänger wird wieder Gas gegeben, ganz so opulent und überfrachtet wie zu Beginn der Bandkarriere wiederum ist es auch nicht geworden. Vielmehr lärmen LAST DAYS OF APRIL, was die Dreierbesetzung hergibt. In dieser Form soll dann endlich auch der Sprung über den großen Teich gelingen. Die Alben waren bisher auch in den USA erhältlich, die Band selbst hat es ihnen noch nicht gleichtun können. "Das ist leider wahr", gibt Karl zu, "aber diesmal müssen wir einfach hin. Wir wollen es einfach und haben uns schon seelisch darauf eingestellt. Wir bekommen so viel Feedback aus den Staaten, dass es einfach an der Zeit ist, dort zu touren."

Alles in allem sind LDOA doch ziemlich lebendig, auch wenn es zwischendurch nicht wirklich so aussah. So ist übrigens auch der Albumtitel zu verstehen: "Might As Well Live? - es soll heißen, dass die Band ziemlich lebendig ist, obwohl ich das einzige verbliebene Gründungsmitglied bin."