BOOZED

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One way ticket to BramscH-HELL

Zwischen Städten, Landkreisen und Gemeinden namens Ostercappeln, Wallenhorst, dem fast schon legendären Georgsmarienhütte und der einzig größeren Stadt Osnabrück vermuten wohl nur wenige eine Gemeinschaft aufgekratzter Partylöwen, deren Verhalten die Region zum deutschen Pendant von Sodom und Gomorrha und somit zum Mekka der Sünden machen könnte. Nun, auf den ersten Blick mag der Landstreifen heile Welt suggerieren und nicht ahnen lassen, dass gerade hier eine kleine Brutstädte wirklich guter Bands schlummert. Bei genauerem Hinschauen und Studieren der deutschen Musiklandschaft zeigt sich aber, dass hier einige der interessantesten Bands der Republik herkommen. Etwa die zu kleinen Helden gewordenen GOOD WITCH OF THE SOUTH, WATERDOWN oder - gerade jüngst wieder eindrucksvoll in Erscheinung getreten - die Bramscher Youngster von BOOZED, die den Rock'n'Roll-Appeal ihres Heimatnestes durch eine Umbenennung in "BramscHELL" hervorheben, sich aber sonst wenig klischeehaft geben.

Wer das deutsche Punkrock- und Rock'n'Roll-Geschehen schon eine Weile verfolgt, an dem sollten Sänger Markus Strothmann und seine vier Mitstreiter ohnehin nicht vorbei gegangen sein, ging es für sie doch recht schnell hoch auf der Karriereleiter. Im Jahre 2001 rauften sich die vier Buben zusammen, damals im Schnitt gerade 16 Jahre alt, und gründeten die Band. Wenig später, 2005, unterzeichnete man beim Hamburger Traditionslabel Bitzcore und veröffentlichte mit "Tight Pants" ein beachtlich gutes, zweites Album, das die richtige Medizin war, um den GLUECIFER-Split zu verarzten. Knappe zwei Jahre später liegt nun der dritte Longplayer vor, den man "Acid Blues" getauft hat und dessen zwölf Songs durch und durch Spaß machen. Allzu deutliche Skandinavien-Rock-Einflüsse hat man abgelegt. Vielmehr lässt man sie dezent im Hintergrund mitpendeln, während sich BOOZED in Songs wie "Stop your revolution" oder "Sooner or later" aufgepeppten Blueseinflüssen hingeben, die sie gelungen mit rotzigen Rocksounds zu einem groovigen Gesamtsound vermengen.

"Dass ?Acid Blues? etwas anders geworden ist als ?Tight Pants?, war eine sehr bewusste Entscheidung", holt Markus bei einem frühsommerabendlichen Telefonat aus. Frisch zurückgekehrt von BOOZEDs Supporttour für TURBONEGRO erfreut sich der Frühzwanziger allerbester Laune. Mit gutem Grund. Erlaubt ihm das Studium doch den gekonnten Spagat zwischen Bandleben und einem mehr oder weniger geregelten Alltag und hält er doch just auch eine der ersten Kopien des neuen Albums seiner Band in den Händen, auf welches er nachvollziehbarer Weise mächtig stolz ist.

"Durch die vielen Shows, die wir zu ?Tight Pants? gespielt haben, sind wir als Musiker ein Stück weit gewachsen und haben gelernt mit Elementen wie Grooveparts umzugehen und sie in unseren Sound einzubinden", gibt der Herr zu Protokoll. "Außerdem sollte ?Acid Blues? rauher werden als ?Tight Pants?, schnörkelloser klingen und stärker auf den Punkt gespielt sein. Dabei haben wir die Songs nicht in einem Abwasch herunter geschrieben, sondern zuerst Songgerüste aufgebaut und sie nach und nach durch den Einsatz weiterer Parts immer weiter verfeinert."

Ein Prozess, der sich, wie Markus erzählt, im Wesentlichen im Studio vollzog. Denn in selbiges verdrückte man sich gemeinsam mit Claus Grabke, der als Produzent die Aufnahmen von BOOZED überwachen und leiten sollte. Als jene ihm aber ihre bis dahin fertigen Songs vorspielten, stellten sich beiden Parteien die Nackenhaare auf und man verwarf den Großteil des bisher Geschriebenen. Was man behielt, waren Riffs und andere Songfragmente, um die herum man in nur wenigen Tagen zwölf sehr gute Songs schrieb und ein Album aufnahm, dessen Groove und Kernigkeit beachtlich sind. BOOZED kaschieren mit teilweise sehr detaillierten Songs nicht nur, dass sie das Album in Windeseile schrieben. Sie haben sich mit "Acid Blues" auch eine eigene Nische geschaffen, da nur wenige Bands Blues und dreckigen Rock'n'Roll so gelungen vereinen.

"Es ist doch schön, wenn Platten spontan im Studio entstehen. Es muss zwar nicht schlecht sein, wenn du deine Aufnahme von vorne bis hinten durchgeplant hast und genau das aufnimmst, was du dir vorgenommen hast. Bei vielen meiner Lieblingsplatten hört man aber diese ungeplanten Momente. Augenblicke, in denen etwas in einen Song hineinspielt, was nicht ganz tight klingt, dennoch den Song aber speziell macht. Daher hat es mir auch sehr gefallen, dass wir den Großteil des Albums tatsächlich erst im Studio haben entstehen lassen", klingt Markus' Gedanke aus.

Während sich der Abend langsam zur Nacht wendet, neigt sich auch das Telefonat dem Ende zu. Klar ist jedenfalls, dass auch niedersächsische Nester sehr gute Bands hervorbringen. BOOZED haben das Feuer mit "Acid Blues" jedenfalls mächtig angeheizt.