MUNICIPAL WASTE

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Thrashing is my business

Spielte man irgendwem eines der drei Alben der aus Richmond, Virginia stammenden MUNICIPAL WASTE vor und würde dabei behaupten, dies wäre eine verschollene Aufnahme aus dem Jahr 1985 von einer damals leider völlig unbekannten Band, bekäme man wohl ein anerkennendes Nicken für sein musikalisches Fachwissen. Zu perfekt hat das 2000 gegründete Quartett den Crossover der Achtziger in die Jetztzeit transferiert, als dass der Proband hinter der Behauptung eine Lüge vermuten würde. Jegliche musikalische Entwicklungen der letzten zwanzig Jahre werden von MUNICIPAL WASTE konsequent ignoriert, man hat sich eben voll und ganz der Zeit verschrieben, als Crossover nicht für musikalische Beliebigkeit, sondern für die homogene Verschmelzung von Thrash Metal und Hardcore stand.

"Hardcoremetalpunk. In Großbuchstaben." ist dann auch die einzige Definition von Crossover, die Sänger Tony Foresta zulässt. Er und Gitarrist Ryan Waste sind die verbliebenen Gründungsmitglieder, Bassist Land Phil und Drummer Dave Witte stiegen erst 2003 nach dem ersten Album "Waste 'em All" ein. Witte kennt man ja auch von Bands wie HUMAN REMAINS, DISCORDANCE AXIS, BURNT BY THE SUN, EAST WEST BLAST TEST, MELT-BANANA und noch ein paar anderen, so dass die Frage aufkommt, wie man einen so viel beschäftigten Mann in seine Band bekommt. "Wir mussten ihm dafür einen runterholen", sagt Tony. Selbige Behandlung erfuhr laut Tony auch Ed Repka, von dem man dafür das Coverartwork des 2005 veröffentlichten Albums "Hazardous Mutation" bekam.

Mindestens ebenso legendär wie Repka, der für seine Arbeiten für MEGADETH, MASSACRE, DEATH, EVIL DEAD und zig andere bekannt wurde, sind natürlich Earache Records, die nach "Hazardous Mutation" kürzlich auch das neue Album "The Art Of Partying" veröffentlichten. Tony ist von seinem Label begeistert: "Auf Earache zu sein, ist großartig. Die hatten LAWNMOWER DETH unter Vertrag. LAWNMOWER DETH, Mann!"

Ebenfalls recht neu bei Earache sind die Engländer SSS, deren erstes Album "Short Sharp Shock" jüngst erschien und die musikalisch MUNICIPAL WASTE recht ähnlich sind. Kündigt sich da ein Thrash Metal- oder Crossover-Revival an? "So was interessiert uns nicht. Wir machen einfach unsere Musik und wollen, dass die Leute nur davon begeistert sind, und nicht, weil es eventuell das "next big thing" ist. Wenn etwas als ?cool? gilt, zieht das eh nur die an, die jedem Hype hinterher laufen, die an der Musik selbst gar nicht interessiert sind. ?Schönwetter-Fans? hat Dave Mustaine von MEGADETH solche Typen mal genannt. Dennoch sind in der Tat in letzter Zeit viele gute Crossover-Bands wie MELTDOWN und TOXIC HOLOCAUST aufgetaucht."

Unüberhörbar orientieren sich MUNICIPAL WASTE an den großen Vorbildern der Achtziger. ANTHRAX, NUCLEAR ASSAULT, EVIL DEAD ("Fantastische Band, geiler Gesang, geniale Riffs."), D.R.I., THE ACCÜSED, C.O.C., GANG GREEN, WEHRMACHT ("Unser Freund Chris von DEPRESSOR hat das "Shark Attack"-Cover gezeichnet, als er fünfzehn war. Das habe ich gerade eben erst erfahren."), EXODUS und zig andere Thrash-Bands legten einst vor, was MUNICIPAL WASTE jetzt so genial rezitieren. Vor die Wahl gestellt, welchen der beiden klassischen EXODUS-Sänger er bevorzugt, Paul Baloff oder Steve Souza, entscheidet sich Tony für den verstorbenen Baloff. Eine nachvollziehbare Bewertung, die nur deshalb ein wenig verwundert, weil Tonys Stimme der von Souza bisweilen frappierend ähnelt.

Was fasziniert Tony und seine Band denn überhaupt an so altmodischem Kram? Was ist falsch an Eyeliner-Emo-Pop und schwarz gefärbten Haaren? "Wir stehen eben auf das gute alte Zeug. Auf Aggression, Spaß und Bier. Was braucht man mehr? Ich weiß noch nicht mal, was ?Emo-Pop? bedeuten soll, aber es klingt nach dem absoluten Schlimmsten auf der Welt. Und wer will schon Teil von so etwas sein?"

Dann doch lieber ganz vorne sein mit "The Art Of Partying", wenn es tatsächlich dazu kommen sollte, dass die Pubertierenden in naher Zukunft mit Bandanas, Baseball Caps, Flanellhemden und Shorts rumlaufen und ihr Bier mittels einer Beer Bong zu sich nehmen. Tony aber zieht die Water Bong der Trichter-Schlauch-Kombination vor und meint damit nicht das superschnelle Schlucken von Wasser. THC scheint neben Bier eine der wichtigsten Inspirationsquellen für MUNICIPAL WASTE zu sein, Land Phils Nebenprojekt nennt sich schließlich nicht umsonst CANNABIS CORPSE.

Und wo sieht Tony, der zwar zugibt, einst stolzer Träger eines "Mullets" gewesen zu sein, den Begriff "Kutte" aber nicht kennen will, obwohl er dieses klassische, unter diesem Namen durchaus auch in den USA geläufige Metal-Accessoire selbst gerne mal trägt, die Unterschiede zwischen "Hazardous Mutation" und "The Art Of Partying"?

"Das neue Album ist viel besser als das alte Zeug. Wir waren neun Wochen auf Tour mit GWAR und haben danach wie verrückt an den neuen Songs geschrieben und sie dieses Mal richtig ausgearbeitet, was man ihnen auch anhört. Und wir haben viel gefeiert." Man ist geneigt, dem Mann zu glauben.