PUBLIC TOYS

Die PUBLIC TOYS haben noch lange nicht den Zenit ihres Erfolges überschritten, so hoffen sie zumindest. Trotzdem befindet sich ihr Spiel in der zweiten Halbzeit. Auf jeden Fall sind sie in einer neuen Phase. Vielleicht wird es ja die alles entscheidende. Weiterhin 2. Punkliga, oder doch Aufstieg in die erste?! Der Anpfiff zur zweiten Spielhälfte wurde auf jeden Fall mit einem ausgewechselten Spieler besiegelt. Pascal Paranoia ist der neue Mann am Gesang. Ein klarer Vorteil ist sein deutlich besseres Englisch. Das hört man schon bei seinem ersten Ballkontakt, der "Safety Pins on Television"-EP. Das kommt übrigens von seiner zweisprachigen Erziehung, die er ja mit diesem gewissen Libero aus der ersten Kommerzliga gemeinsam hat. Jetzt macht sich das fünf Mann starke Düsseldorfer Team zum nächsten Angriff bereit. Die neue LP kommt. Steilpaß oder Abseits? Wenn sie da weitermacht, wo "Safety Pins on Television" aufgehört hat, gibt es wirklich großen Grund zur Freude, denn dann bleibt das Spiel der Toys spannend und unterhaltsam. Ein Gespräch mit Kapitän Uwe (Gitarre) und neuem Spieler Pascal (Gesang) über Vergangenheit, Zukunft, Kommerz, Neid und feuchte Höschen.

Warum hat euch euer alter Sänger Vossi verlassen?

Uwe: Weil wir anderen vier beschlossen haben, daß er uns bitte verlassen möchte.

Und wie ist Pascal dann dazugekommen?

Uwe: Vossi war mit seiner anderen Band auf Tour und da haben wir Pascal gefragt, ob er nicht in Frauenklamotten und unter anderem Namen für einen Gig mal mitmachen möchte. Pascal hat das dann gemacht und wir dachten uns: eigentlich können wir jetzt unseren alten Sänger mal so langsam rausschmeißen und Pascal komplett nehmen.

Pascal: Und ich hatte bei dem Gig die schönsten Beine! Alle Frauen waren neidisch. Leider hatte ich aber keine hochhackigen Schuhe. Die gab es nirgendwo in Größe 45, bzw. die sind dann in so bestimmten Tunten-Läden sehr teuer. Dafür fehlt mir aber das nötige Kleingeld, sonst würde ich mich da sowieso ständig aufhalten.

Ist das denn jetzt mit Pascal die 2. Halbzeit für die PUBLIC TOYS, hat sich da was geändert im Vergleich zu vorher?

Uwe: Nö, wieso? Wir sind doch immer noch dieselben Beknackten. Die Musik ist immer noch dieselbe, es sind halt nur jetzt nur englische und andere Texte. Das Publikum, wenn denn eins da ist, ist auch noch dasselbe.

Pascal: Stell mal unser Licht nicht so unter den Scheffel, was sollen denn die Leute denken, die das lesen?

Ihr arbeitet jetzt gerade an eurer nächsten LP, die im Januar oder Februar rauskommen soll. Wollt ihr in dem Stil euer "Safety Pins on Television"-EP weitermachen? Nehmt ihr die jetzt als Vorlage für die LP?

Uwe: Geht doch gar nicht. Bei mir richtet sich das immer irgendwie danach, was ich zu Hause für Musik höre und was ich klauen kann. Und nicht danach, wie die Single geworden ist.

Pascal: Jeder Song auf der Single ist anders; aber ich halte es doch für sinnig, da anzuknüpfen, wo wir aufgehört haben. Trotzdem wird das Album nicht so klingen wie die Single. Wir werden ja auch wieder ein anderes Studio nehmen. Und wir haben viele neue Ideen.

Uwe: Ja! Und vielleicht nehmen wir das nächste Mal auch inner Höhle auf. Hat, glaub ich, so ´n Ruhrpott-Typ mal gemacht, sich alle Equipment-Sachen inne Grube runtergeholt.

Wie soll denn eure Scheibe überhaupt heißen?

Uwe: Meinste jetzt ´nen Arbeitstitel? Das ist mehr so was für Bands wie TERRORGRUPPE, die brauchen so was.

Was kommt denn dann nach dem LP-Release? Tour? Samplerbeiträge?

Uwe: Eine Therapie vielleicht? Da haben wir gestern noch lange drüber gesprochen.

Pascal: Wir wollen im März eigentlich so richtig touren. Aber wahrscheinlich werden es eherso Wochenendgeschichten. Wir haben nämlich jemanden, der örtlich gebunden ist.

Uwe: Den Quoten-Studenten.

Wie war denn die letzte Tour im Frühjahr?

Uwe: Der Auftritt im "Wild At Heart" in Berlin war super. Aber Pascal sieht das wie immer anders.

Pascal: Ich bin immerhin zusammengeklappt!

Uwe: Ich sage doch: War ein großartiger Auftritt. Die Leute haben das geliebt. Die Leute dachten, das wäre ein Teil der Show. Dann mußte er reanimiert werden. Sauerstoff und so.

Pascal: Jemand nettes hat mir ein großes Glas mit Wasser gebracht.

Uwe: Und wir konnten die Zeit, in der du von der Bühne warst, nutzen. Wir haben dann "O Fortuna" gespielt. Und ich habe es gesungen.

Dann waren da im August zwei Konzerte mit den RHEINPIRATEN. Wurdet ihr auch gut behandelt?

Uwe: Besser als von jeder angesagten Punkband. Es gab super Essen. Und wir haben immerhin noch Geld bekommen. Die TOTEN HOSEN leben auch nur noch vom Starruhm ihres Sängers, bin ich geneigt zu sagen. Der war etwas merkwürdig. Aber die anderen waren wirklich nett.

Habt ihr denn zum Publikum gepasst? Das Hosen-Publikum ist doch entweder weit über 30 und hat nen Schnurri, oder tief unter 17. Die würden doch normalerweise nicht zu nem Toys Konzert gehen, oder?

Uwe: Dieses Publikum unter 17 ist ja auch das Publikum, was zumindest ich anpeile.

Pascal: Mit anderen Worten: kleine Mädchen mit großen Brüsten. Nee, also dieses typische Stadion-Publikum war das da ja bei den Rheinpiraten gar nicht. Es waren auch in Frankfurt richtige Punks da. Kein Standard-Publikum. Ich hatte ja gedacht, daß wir in Düsseldorf gut ankommen, weil wir da ja Lokalmatadore sind. Aber Frankfurt war noch besser.

Uwe: In Düsseldorf waren die Leute richtig am jubeln, als wir auf die Bühne gekommen sind. Die haben auch so Pappkartons mit "Backstreet Toys"-Beschriftung hochgehalten. War schon schnucki! Aber um BHs zu werfen waren die wohl noch zu klein.

Pascal: Die hatten auch alle feuchte Höschen.

Warum folgte dann das Konzert im Rahmen der Pop-Komm? Tribut an die Kommerzialität?

Uwe: Ja sicher. Ich meine, der Ausverkauf muß ja irgendwie vorangetrieben werden. Der Rubel muß rollen. Deswegen haben wir auch massig Kohle kassiert. Ich glaube, es waren 200 DM.

Pascal: Doch so viel? - Das war eins der unsinnigsten Konzerte, die ich je gespielt habe. Ich wollte da eh nicht spielen.

Uwe: War eigentlich nen Konzert wie jedes andere auch. Es waren ja auch keine Musikproduzenten oder was weiß ich für Trottel da.

Ihr habt euch während des Konzertes über Campino lustig gemacht. Purer Neid?

Uwe: Ja klar. Ja sicher. Was glaubst du denn? Alles andere wäre ja gelogen. Ich will das auch alles haben, was der hat. Vor allem weil wir ganz klar besser sind.

Willst du auch in jede zweitklassige Talkshow, um dich über Politik oder Schlimmeres auszulassen?

Uwe: Ich war schon mal bei Ilona Christen.

Welches Thema? "Hilfe, ich bin Punk"?

Uwe: "Gewalt". "Hilfe ich war bei den Chaostagen und ein Polizeibeamter wollte meine Gitarre klauen." Ich saß da unten und sah wie immer verdammt gut aus. Hatte aber eigentlich nicht viel zu sagen. Habe mir dann die 300 DM am Schluß gegriffen und bin abgehauen. Und der Roman hat für die Wortmeldung aus dem Publikum auch noch 300 DM bekommen.

Pascal: Uwe sagte neulich noch bezüglich der Sendung zu mir, und das sind ein paar unheimlich charakteristische Worte, die unglaublich viel über die Public Toys aussagen: "Wichtig war mir einfach nur, daß ich da sitze, gut aussehe und mich nicht verspreche".

Uwe: Und damit habe ich den meisten Gästen von Ilona Christen schon einiges voraus.

Pascal: Und als er in die Maske gebeten wurde, hat er gesagt: "Darf ich mich bitte selber schminken?"

Themawechsel. Warum labert ihr so viel auf der Bühne? Fühlt ihr euch als mittelmäßige Comedy-Truppe?

Uwe: Wir sind zumindest ´ne bessere Comedy-Truppe, als ´ne ernstzunehmende Punk-Band.

Pascal: Das seh ich ganz anders. Das seh ich komplett anders.

Von Pascal, der ja immerhin Frontmann ist, hört man zwischen den Liedern relativ wenig. Außer mal ´ne Ermahnung an euch Bandkollgen, die Melodie anzustimmen. Gibt es keine Übereinstimmung in eurem Konzert-Konzept?

Uwe: Es gibt kein Konzert-Konzept, glaub ich, oder? Manchmal nervt den Pascal das, aber ich finde das eigentlich ziemlich witzig.

Euch wird ja oft Posing vorgeworfen. Aber ich finde, daß ihr das live noch nicht mal schafft, weil ihr nicht einheitlich als Band rüberkommt.

Uwe: Wer das ernst nimmt, ist doch selber schuld. Man muß sich doch als Band nicht immer so ernst nehmen. Ich spiele doch nicht für die ganzen Dussel die da unten stehen und mich angucken, solange ich meinen Spaß habe!

Pascal: Wir posen außerdem schon. Wir posen jeder für sich. Ich pose auch anders als Uwe. Ich habe auch nicht den Anspruch an eine Band, daß es eine durchstrukturierte Einheit sein muß, die jetzt genau auf einer Linie läuft. Das ist ja Schwachsinn.

Uwe: Guck dir mal so Bands an wie SOCIAL DISTORTION. Der einzige, der das Maul aufmachen darf, ist Mike Ness. Und die anderen müssen die Klappe halten und Gitarre spielen. Das ist doch albern.

Bei euch, scheint mir, bist du der einzige, der das Maul aufmachen darf.

Uwe: Das stimmt doch gar nicht. Der Roman macht auch das Maul auf.

Pascal: Außerdem hat dem Uwe das auch keiner erlaubt.

Macht ihr denn ´ne Show?

Uwe: Nö, wir versuchen doch keine Show zu machen. Ich lauf doch auch immer privat so rum.

Pascal: Wir sehen am Montag immer gleich gut aus, egal ob wir am Wochenende gespielt haben oder in den Altstadt-Kneipen gesoffen haben.

Uwe: Ich benehme mich auf der Bühne nun auch nicht anders, als wenn ich in der Kneipe ´n paar Bier getrunken habe. Ich mache dann das Maul genauso auf und rede auch immer Scheiße. Dann ist halt die Kneipe die Bühne. Die Bühne ist immer da, wo man sie hinstellt.

Warum Kajal?

Pascal: Ich benutze keinen Kajalstift. Das wird mir zu teuer. Ich nehme Theater-Party-Schminke.

Wie soll es wirken, wenn du dir das Mikro vor den Kopf haust?

Pascal: Destruktiv.

Das erinnert mich an einen Song von eurer Single.

Pascal: Der Song ist übrigens nicht platt. Der Text ist sehr ironisch. Viele Leute haben gesagt, es sei ein Klischee-Text, weil er "Destroy" heißt. Aber genau das ist der Punkt. Ich werde ja oft unterschätzt.

Uwe: Was ist denn genau der Punkt?

Pascal: Der Text ist andersherum aufgezogen. Er bezieht sich auf die ganze Weltverbesserungsscheiße.

Ihr habt einen Song bei den letzten Konzerten gespielt, den ihr den "TURBONEGRO-Song" genannt habt?

Pascal: Titel kann sich ja kein Mensch merken. Aber viele Leute haben gesagt, daß der Song nach TURBONEGRO klingt. Dabei finde ich TURBONEGRO gar nicht so toll. Ich hab die vor ´n paar Jahren mal live gesehen, als die noch keiner kannte. Ich fand die zwar ganz niedlich, aber nach 10 Minuten hat man dann gemerkt, daß sich jedes Lied gleich anhört.

Uwe: Gewisse Leute rennen jedem Trend hinterher. Ich meine, das ist Musik, die gab es schon vor was-weiß-ich wie vielen Jahren, aber da hat sich keine Sau für die Musik interessiert. Jetzt kommen TURBONEGRO und plötzlich machen alle solche Musik. Das ist ganz schlimm. Aber uns wirft man so was immer vor.

Du rennst auf der Bühne immer im Kreis, um dann zum Singen anzuhalten und zu posen. Gibt es Kilometergeld?

Pascal: Ich bin dann geladen. Und wenn ich nicht singe, muß ich mich anders entladen. Geld kriege ich weder für die Kilometer noch fürs Singen.

Uwe: Geld kriegt eigentlich keiner, außer der Fahrer. Wir haben damals vor sieben Jahren angefangen, um ein bißchen Musik zu machen, damit wir all das kriegen, was andere auch haben: Weiber, Geld und Drogen. Und jetzt haben wir nichts von alledem. Ist doch toll, oder?