A WHISPER IN THE NOISE

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„Their Socialism Is Beautiful Yet Unpretty“

In Zeiten musikalischer Massenproduktion ist es relativ einfach geworden, tatsächlich gute Werke von den Schwachen zu unterscheiden - vorausgesetzt man findet die Guten. Dass das Label Exile On Mainstream die Suche erheblich vereinfacht, beweist das Album „Dry Land“ des Künstlerkollektivs A WHISPER IN THE NOISE aus Hanska, einem winzigen Ort in Minnesota. Mastermind West Thordson musste also vor der im März anstehenden Europatour noch einige Fragen beantworten.

A WHISPER IN THE NOISE - wenn man euren Bandnamen interpretieren will, seht ihr euch selbst als einen ruhigeren Seitenarm der lauten Hardcore-Szene?

Ich glaube ja. Obwohl unsere Musik von Natur aus dazu neigt, eher soft zu sein, finde ich, und so geht es auch einigen anderen AWITN-Mitgliedern, im Hardcore sowie im frühen Metal eine Möglichkeit mich auszudrücken. Wir haben da sicherlich gewisse Gemeinsamkeiten. Wir alle mögen MINDFLAYER und bewundern FUGAZI.

Kann man eure Wurzeln auch im Singer/Songwriter-Bereich finden beziehungsweise bei Pop-Bands mit Hang zum Sphärischen?

Wir haben auf jeden Fall ein breites Spektrum an Einflüssen. So hat Damien Jurados Musik einen großen Eindruck bei Matt, dem Drummer, und mir hinterlassen. Alan und Mimi mit ihrer Band LOW sind auch aus unserer Gegend und wir sind auf jeden Fall in ihrem Dunstkreis zu sehen.

Ihr sagt auch, dass Arvo Pärt einen erheblichen Einfluss auf eure musikalische Entfaltung hatte. Seht ihr einen Zusammenhang zwischen der heutigen modernen Hardcore-Szene und der minimalen zeitgenössischen Musik?

Auf jeden Fall gibt es da eine Verbindung. Es gibt ein gewisses Gefühl der Rückbesinnung, das von dem ganzen chaotischen und sinnlosen Geschwätz herrührt, das rings um uns vonstatten geht. Die Leute sterben innerlich. Die Bäuche sind voll vom vielen Essen, aber der Geist ist leer. Daher haben wir das Bedürfnis nach etwas Einfachem, Klarem, Bedeutsamem. Angesichts all dieser Ausbeutung um uns herum suchen viele den Weg nach innen, den Weg zu sich selbst. Ich persönlich versuche etwas zu erschaffen, das mir selbst einen Sinn gibt. Ich würde davon ausgehen, dass Menschen aus allen Schichten eben das tun. Der persönliche Hintergrund mag die Oberfläche des Klangs unterschiedlich wirken lassen, aber die tieferen Emotionen sind miteinander verwandt. Dies scheint für mich die Verbindung zu sein, und zwar im Inneren, nicht an der Oberfläche der Musik.

Ihr seht euch gerne weniger als Band, sondern als eine Art Kunstkollektiv. Kann es einen inneren Zusammenhalt zwischen den Musikern geben, wenn diese so oft wechseln?

Ja! AWITN ist zum einen Teil eine Soloarbeit, zum anderen Teil eine Gruppe von Musikern. Der innere Zusammenhalt ergibt sich meistens aus dem Aspekt der Einzelarbeit. Die Gruppe befindet sich in einem anhaltenden Zustand der Weiterentwicklung, und die Musik ist darauf ausgelegt, starken Veränderungen standzuhalten. Zumindest ist es der Versuch.

In Hinblick auf das gemeinsame Ziel verliert das Individuum im Kollektiv an Bedeutung. Gibt es eine sozialistische Tradition hinter diesen Kollektiven?

Auf jeden Fall. Kompromisse sind unendlich wichtig, wenn es um gemeinsames Arbeiten innerhalb einer Gruppe geht. Als Folge davon gab es bei uns seit den letzten zwei Alben größere klangliche Veränderungen. Beide waren trotzdem und gerade deshalb definitiv A WHISPER IN THE NOISE-Werke. Der Sozialismus der Lakato-Nation hatte einen direkten Einfluss auf AWITN. Their socialism is beautiful yet unpretty. Er hat tiefe Wunden in meinem Körper hinterlassen, die nie wieder verschwinden werden. Aber die schlimmste Gefahr ist der Stolz, er hat schon viele zu Fall gebracht.

Beschäftigt ihr euch auch mit anderen Feldern der Kunst?

Matt war ursprünglich bildender Künstler und nutzte dieses, um seine Ausdrucksmöglichkeiten zu finden. Es gibt aber auch viele andere Möglichkeiten, "Folk Art" zum Beispiel, die nicht in erster Linie zur Ausstellung gedacht war.

Ihr kommt aus Hanska, Minnesota. Braucht diese langsame und wunderbar melancholische Musik die offenen Weiten der ländlichen Regionen, um sich entfalten zu können?

Ich denke, dass diese Weiten den Musikstil auf jeden Fall beeinflussen. Trotzdem können sie einem auch gehörig auf das Gemüt schlagen. Das kann ein bisschen so werden wie in dem Film "The Shining", da es die Menschen im Allgemeinen beziehungsunfähig werden lässt. Zum Glück haben wir als Band die Möglichkeit, immer mal wieder zu reisen.

Und zum Abschluss: Was erwartet ihr von eurer Deutschlandtour im März?

Das kann ich gar nicht so richtig sagen. Ich bin überwältigt von all der Unterstützung, die wir bekommen haben und bekommen, und genauso geht es den anderen Mitgliedern. Ich danke dir und hoffe, dass am Ende für alle Beteiligten was Gutes dabei herauskommt. Take care.