YAKUZI

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Trompetenpunk auf dem schmalen Grat

Seit der Gründung im Jahre 2001 dem schweißtreibenden Gebräu aus Ska und Punk verschrieben, haben die sechs Musiker von YAKUZI aus Pforzheim mittlerweile schon einige Bühnen in Grund und Boden gerockt. Mit umjubelten Support-Gigs für gestandene Formationen wie etwa MAD CADDIES, ACROSS THE BORDER oder THE BUSTERS konnte dabei die Fanbase stetig vergrößert werden. Die hierbei gesammelten Erfahrungen und Kontakte waren natürlich für die positive Entwicklung der Band von unschätzbarem Wert. Dabei haben die Jungs ihr Schicksal stets in die eigenen Hände genommen, unzählige kostenlose Promo-CDs verteilt, sich die Finger nicht nur im Proberaum wund gespielt und das Debüt „Blow-Jobs“ in Eigenregie veröffentlicht - D.I.Y. als Prinzip. Bei dem Nachfolgealbum „One To All“, erschienen im Jahre 2006, konnte die Band dann bereits auf die Unterstützung von Rookie Records zählen und allerorten gute Kritiken ernten. Aber sich auf den bisher gesammelten Lorbeeren auszuruhen, käme der Band nicht in den Sinn. So schreiben wir das Jahr sieben der Bandgeschichte und das geht mit dem neuen Album „Thin Red Line“ gleich in die Vollen. Ich begab mich also mit einem Sack Fragen auf die Anhöhen des Nordschwarzwaldes, um den Jungs mal auf den Zahn zu fühlen.

Inwiefern seht ihr mit eurem neuen Album „Thin Red Line“ eigene Ansprüche, bezüglich Aufnahme, Sound und Umsetzung einzelner Songideen verwirklicht?

Marco: Es ist eigentlich ein recht typisches Album für uns. Es gibt punkige Stücke, mal mehr, mal weniger Ska, aber auch wieder unsere komischen Ausflüge, haha. Also zum Beispiel ein Lied im Westernstyle. Es ist aber schon so: da wo YAKUZI drauf steht, ist auch YAKUZI drin. Insgesamt ist der Sound aber viel stimmiger und kompakter, hat mehr Druck und ist auch reifer, irgendwie. Ich bin echt zufrieden damit. Die Songs stammen diesmal auch von vier verschiedenen Leuten - das merkt man schon -, umgesetzt haben wir aber alles zusammen im Proberaum.

Matze: Dazu muss ich erwähnen, dass wir mittlerweile wesentlich konzentrierter und routinierter an die Sache herangehen. Es ist bei uns so eine Art kultiviertes Chaos, aber der Plan nimmt zu. Früher haben wir uns beim Proben oft in „Everybody’s Solo“ verloren, haha! Von der Aufnahme war es auch definitiv anders als bei „One To All“. Wir haben diesmal eine Art Preproduction und vorher ein "Trainingswochenende" gemacht. Eine richtig lange Vorbereitung sozusagen. Da wir dann aber alles an verschiedenen Wochenenden, über einen längeren Zeitraum aufgenommen haben, war es schon stressig.

Marco: Uns war es auch wichtig den Sound so authentisch wie möglich hinzubekommen. Da wir vor allem eine Liveband sind, ist es uns wichtig auf der Bühne auch annähernd den Sound der Platte hinzubekommen. Für die Platte hatten wir schon auch verschiedene Gastmusiker im Studio, live würden wir die natürlich immer mit dabei haben wollen, ist aber leider nicht möglich.



Warum der Albumtitel „Thin Red Line“? Auf welchen schmalen Grat musstet ihr euch denn für das neue Album begeben?

Matze: Den Albumtitel haben wir ganz bewusst gewählt. Letztes Jahr haben wir uns echt gefragt, ob wir so weiter machen wie bisher, oder nicht. Wir haben uns und unseren Sound hinterfragt und ob wir das auch alles soweit richtig machen. Es ist bei sechs Musikern ja auch nicht immer einfach, alle Wünsche und Ideen umzusetzen. Deshalb ist unser Sound wahrscheinlich auch immer so breit gestreut, damit auch jeder zu seinem Recht kommt. Es hat jedenfalls viel Kraft gekostet, die neue Scheibe einzuspielen. Und das Layout hat uns noch mal viel Nerven gekostet. Das haben wir bisher alle zusammen oder über Freunde gemacht und diesmal haben wir da die Verantwortung abgegeben ...

Marco: Beim Layout ist es uns sehr wichtig, dass Idee und Konzept von der Band kommen. Und seine Wünsche einem „Fremden“ zu erklären, kann schon mal schwierig werden. Wir haben diesmal viel rumprobiert, nicht immer bewusst, aber wir haben gemerkt, dass wir an gewissen Stellen was ändern müssen, um den nächsten Schritt machen zu können. Ein wenig wie auf dem schmalen Grat eben. Bin mal gespannt, wie die Leute das alles so aufnehmen?

Pforzheim gilt ja nicht gerade als Inbegriff des Rock’n’Roll. Aus welchem Grund sollte der geneigte Musikfreund trotzdem mal in der „Goldstadt“ vorbeischauen? Wo trifft man sich, welche Bands rocken denn so die Szene?

Matze: Na wegen YAKUZI natürlich, haha! Nun, ich bin aufgrund meines Studiums in Karlsruhe nicht so im Bilde, die Woche über bin ich eben dort, muss aber auch sagen, dass in Karlsruhe definitiv mehr geht, ist alles viel lebendiger dort. Hier gibt es zwar auch ein paar Leute, aber das ist alles nicht so greifbar, die Orientierung ist schon irgendwie in Richtung Karlsruhe. Ab und zu geht was im Kupferdächle, da sind dann auch immer enorm viele Leute da. Da fragt man sich dann, wo die plötzlich alle herkommen. Unsere Fanbase ist schon gut, aber es mangelt hier definitiv am Support durch lokale Medien, auch die Stadt hält sich sehr zurück.

Marco: So etwas wie eine Szene gibt es hier definitiv nicht, geschweige denn einen ordentlichen Live-Club. Außer dem Irish Pub und ein, zwei netten Jazz-Cafés gibt es hier eigentlich nix Herausragendes. Auf dem neuen Album ist es übrigens eine kleine Hommage an den Pub, und ONE SIDE SMILE und SLAVE sind ganz coole Bands.

Wie sind eure bisherigen Erfahrungen im Musikbusiness?

Matze: Bisher sind wir eigentlich echt zufrieden. Richtig negative Erfahrungen haben wir kaum gemacht. Liegt vielleicht auch daran, dass wir bisher so viel wie möglich selber gemacht haben. Na gut, manchmal haben wir echtes Pech gehabt mit Veranstaltern. Da fehlte es an vernünftiger Technik und an der Versorgung, Absprachen wurden nicht eingehalten und so weiter. Oder man meinte es zu gut mit uns, wir sind ja keine Rockstars. Eines hab ich aber gelernt: manche Typen sind einfach Arschlöcher!

Marco: YAKUZI sind übrigens echte Streber. Wir sind immer pünktlich, zerstören auch keine Backstageräume! Und mit Rookie Records läuft es super.



Wie habt ihr euch als Band gefunden, gab es eine Art Initialzündung? Welche Bands und Künstler haben euch animiert, selbst zu den Instrumenten zu greifen, gibt es Vorbilder? Was für Musik läuft denn so zu Hause?

Marco: Angefangen hat das mit meinem Bruder Oli. Wir haben da einfach irgendwann zu zweit ein bisschen herumgedudelt, erste Texte geschrieben. So wirklich spielen konnten wir da natürlich noch nicht, wir wechselten auch ständig die Instrumente, so dass Oli jetzt singt und Gitarre spielt und ich Schlagzeug. Und nun sind wir eben sechs Leute. Persönlich hab ich früher viel Metal und so gehört, heute auch noch ab und zu. Da habe ich immer versucht, genauso schnell zu spielen wie die, aber je mehr du „Wissenschaftler“ wirst, umso mehr geht auch irgendwie die Seele verloren. Unterschwellig gibt es ständig eine Beeinflussung durch verschiedenste Songs. Da tauchen dann immer wieder Riffs auf, die eigentlich schon ewig existieren, man denkt zuerst, tolle Idee, merkt aber schnell, dass da schon jemand eher draufgekommen war. Die ganze Musik um einen herum, die saugt man irgendwie auf.

Matze: Jeder in der Band hat schon seinen eigenen Geschmack, persönlich fand ich das erste BILLY TALENT-Album super. Die haben das damals einfach gut verpackt, auch wenn es natürlich nichts wirklich Neues war, aber das fand ich spitze damals.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit liegen in der „Szene“ ja oftmals Welten. Wie versucht ihr, euch die Butter in punkto Glaubwürdigkeit nicht vom Brot nehmen zu lassen? Sind YAKUZI „more than music“?

Marco: Bei uns ist das vor allem so, dass wir in unseren Texten nur das singen, was wir alle vertreten können. Zum Beispiel thematisiert „Raise their voice“ vom letzten Album die Ausschreitungen beim G8-Gipfel in Genua. Das hatte mich alles so geschockt, also habe ich mich hingesetzt und einen wirklich aggressiven Text verfasst. Nach einer Weile hab ich mich aber selbst noch mal zensiert, denn ich hätte ich mich selber gar nicht getraut das umzusetzen, was ich da teilweise so geschrieben habe. Und Oli, der den Text ja schließlich singt, sollte ja auch dahinter stehen können. Wir machen auch keine „Zeigefinger-Songs“. Wir wollen niemanden bekehren, aber schon auf gewisse Missstände hinweisen. Wir wollen etwas schaffen, das echt ist und echt bleibt.

Matze: Es ist bei uns auch so, dass wir auf der Bühne das Gleiche anhaben, was wir auch privat anziehen. Wir sind da keine anderen Menschen, die sich dafür extra umziehen. Wir gehen hoch, so wie wir sind. Bandshirts hab ich eh schon ewig an, auch meine Chucks begleiten mich schon Jahre. Und so eine gespielte Heiterkeit gibt es bei uns auch nicht, obwohl das natürlich nicht immer so einfach ist.

Marco: Die Leute zahlen Eintritt und erwarten dann auch gute Laune auf der Bühne. Die haben vielleicht einen Scheißtag gehabt und wollen abends abschalten. Das ist schon eine Verantwortung den Fans gegenüber.



Punk ist kürzlich 30 geworden. Wie steht ihr denn persönlich zum Punk-Gedanken im jungen 2008? Sind YAKUZI Punk?

Matze: Ein schwieriges Thema ... Ich habe mir da schon oft den Kopf drüber zerbrochen. Es ist immer eine persönliche Sichtweise, die Fußgängerzonenpunks sind jedenfalls das glatte Gegenteil von dem, was ich für mich mittlerweile als Punk definiere. Ich mache mir keine Gedanken mehr darüber, was ich sein muss, auch nicht, was ich anziehen oder hören muss. Ich bin zu Hause kein anderer Mensch und brauche auch keine Glitzertotenköpfe auf der Brust. Das ist mein Punk!

Marco: Schublade auf, Schublade zu. Klar, wir haben uns ja auch dem Trompetenpunk verschrieben. Man kann es aber eh niemanden recht machen. Für mich selber existiert Punk, so wie er vielleicht mal war, nicht mehr. Für mich definiert es „alternativ“ mittlerweile irgendwie besser.

Und welche Ziele, Wünsche, Hoffnungen wollen 2008 erreicht und erfüllt werden?

Matze: Wir sind erst mal richtig froh darüber, dass wir unser neues Album im Kasten haben, das war schon stressig. Jetzt wollen wir vor allem raus, so viel live spielen wie möglich, vor allem auf Festivals, und noch besser an den Instrumenten werden, neue geile Songs schreiben.