BATTLES

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Im Ring mit dem Genre-Chamäleon

Wirkliche Innovationen sind heutzutage rar gesät. Vielerorts erfinden Bands Musikstile neu, kleiden sich nach Belieben in Secondhand-Schallgewänder. Da bilden die BATTLES nicht wirklich eine Ausnahme, aber sie packen ihre Songs in ein Klangoutfit, welches sich schwer in Worte fassen lässt: Ist das jetzt mehr mathematischer Experimental-Elektro-Punk oder doch eher progressiver Avangarde-Postrock mit elektronischen Jazzfacetten und Metallfärbung? Da treffen Ex-HELMET- und -TOMAHAWK-Schlagzeuger John Stanier, Ex-DON CABALLERO-Gitarrist Ian Williams, Avantgarde-Künstler Tyondai Braxton (der nebenbei auch noch Sohn der Jazz-Ikone Anthony Braxton ist) und Bassist Dave Konopka von LYNX aufeinander und reißen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, die musikalische Weltherrschaft an sich. Nun, noch nicht ganz, aber die Jungs aus New York sind auf dem besten Wege dahin. Im VIP-Zelt des Jazzfestivals zu Moers traf ich gegen Mitternacht auf einen noch recht fidelen Dave Konopka.



Das hier ist ja nicht wirklich euer Stammpublikum. Wie stehst du zum Jazz?

Ja, stimmt, es ist das erste Mal, dass wir auf einem Jazzfestival spielen. Es war schon sehr interessant für uns, die Reaktion des Publikums zu sehen. Das scheint hier eher wie eine Tagung zu sein, auf der sich die Musiker austauschen. Für mich ist es mehr ein Konvent, als ein normales Konzert oder Festival. Das Publikum hat uns sehr viel Rückmeldung gegeben, das war sehr beeindruckend. Das mit dem Jazz ist eigentlich eine schwierige Sache, denn er deckt ein sehr großes Feld ab. Manchmal ist Jazz zu sanft und du kannst nie wissen, ob du in dem Fall nicht zu anstößig oder zu rauh bist. BATTLES haben zum Glück die Eigenschaft verschiedene Formen anzunehmen. Wir haben Fans, die aus dem Rock-, Indie-, Elektro-, Rap- oder Experimental-Bereich kommen. Das macht es uns ein wenig einfacher. Wir waren sogar schon mal auf einem Metal-Festival in Brasilien.

Ist es ein Konzept eurer Band, alle Genres abzudecken, um womöglich von allen Festivalmachern dieser Welt eingeladen zu werden?

Nein, eigentlich nicht. Es ist nur ein Nebenprodukt von vier verschiedenen Menschen mit unterschiedlichem musikalischen Hintergrund. BATTLES sind ein Schmelztiegel der verschiedensten Ideen. Wir haben viele Dinge in unserer Musik vereint. Ich finde, das ist eine gute Sache für eine Band heutzutage. Die Menschen sind mittlerweile nicht mehr so auf eine Musikrichtung fixiert, das kommt uns natürlich zugute.

Wer hat die Sache ins Rollen gebracht?

Ian. Er spielte damals bei DON CABALLERO, als ich ihn kennen lernte. Tyondai kannte Ian durch seine Solo-Shows und John kannte Ian durch HELMET, sie spielten die eine oder andere Show zusammen mit DON CABALLERO. Ian und Tys arbeiteten damals an neuem Material. Ich traf Ian in New York und beschwerte mich über die Musikszene und gab ihm meine Nummer. So kam eins zum anderen. Zuerst spielten wir nur zu dritt, bis John die Sache abrundete. Seine Art Schlagzeug zu spielen ist unglaublich.

Ich hab euch letztes Jahr bei der c/o pop in Köln gesehen und im Vergleich zu heute war es damals etwas experimenteller, elektronischer. Ich fand, eure Show tendierte heute eher in Richtung Rock.

Nun, das ist unsere vierte Show auf dieser Tour. Wir haben vorher vier Monate nicht zusammen gespielt. Man muss natürlich erst wieder miteinander vertraut werden, sich annähern. Wir spielen die Songs schon eine ganze Weile, aber jedes Mal nach einer längeren Pause müssen wir es erst wieder üben, unsere Energien in die richtigen Bahnen zu lenken. Es ist ein beruhigendes und erlösendes Gefühl wieder zusammen auf der Bühne zu stehen. Wenn wir uns nach einer gewissen Zeit wieder sehen, sind wir oft in unserer Spielweise eher aggressiv, ja man kann ruhig sagen, wir rocken dann mehr, als dass wir experimentieren.

Kommuniziert ihr also nur über E-Mail und trefft euch, wenn es denn wieder mal auf Tour geht?

So ist es. Wir waren im letzten Jahr so lange zusammen auf Tour und da braucht man einfach auch mal eine Pause. Man versucht, in das normale Leben zurückzufinden, nachdem man fast ein ganzes Jahr aus der Reisetasche gelebt hat. Ich genieße es, dann auch mal einfach nur im Bett zu liegen. Natürlich brauchen wir auch Zeit, um an neuen Sachen zu arbeiten.

Was steht da Neues an?

Tyondai werkelt an einem neuen Solo-Album, John ist mit neuem TOMAHAWK-Kram beschäftigt, und Ian und ich werden wohl ein paar neue Sachen für das neue BATTLES-Album ausprobieren. Wir müssen bald mal wieder neue Sachen auf den Tisch bringen.

Warum, bekommt ihr Druck von eurem Label?

Nein, eigentlich nicht. Warp Records verstehen, dass wir unsere Zeit brauchen. Wir können keine Songs schreiben, wenn wir auf Tour sind. Nein, da kommen eher Stimmen aus anderen Ecken, die meinen, wir müssten jetzt unbedingt dranbleiben. Da bist du irgendwann kurz davor, dich selbst unter Druck zu setzen. Unsere Art zu arbeiten ist sehr intensiv, wir schreiben die Songs nicht an einem Stück. Da kommt ein Teil zum anderen, wie ein Puzzle.