COLD WORLD

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Zeitreise ins New York der Neunziger

Während es nach der zweiten 7" "Ice Grillz" lange Zeit veröffentlichungstechnisch still um COLD WORLD war, ist nun endlich die erste LP "Dedicated To Babies Who Came Feet First" auf Deathwish Records erschienen. Mit dieser sollten nun auch die letzten Nörgler, die COLD WORLD als reines Hype-Phänomen verschrieen haben, zumindest in diesem Aspekt eine Maulsperre verpasst bekommen. Denn mittlerweile scheinen die Songs vielschichtiger zu sein, neben Sänger Dan leihen auch Drummer Nick und Gitarrist Alex den Songs ihre Stimmen. Eben diesen befragte ich zur schweren Geburt der Platte und wie es denn so ist, nur für eine Show auf dem Pressure Fest nach Europa geholt zu werden. Obacht übrigens: Diese COLD WORLD nicht verwechseln mit den Wiener Hardcoreveteranen gleichen Namens.


Die LP hat ja einige Zeit auf sich warten lassen, was war der Grund?

Zuerst wollten wir Demos von den Songs aufnehmen, da wir auch raushören wollten, was wir an den Songs ändern sollten. Das hat auch alles sehr gut geklappt, Dan hat die Vocals damals richtig schnell rausgehauen, aber als er dann ins Studio ging, um den Gesang für die neue Platte aufzunehmen, hat er gerade mal die Hälfte des ersten Songs geschafft. Es war, als ob er aus zwei verschiedenen Leuten, mit unterschiedlichen Stimmen bestand. Er hatte eine Nebenhöhlenentzündung und musste operiert werden. Nach der OP konnte er nur 15 Minuten am Tag aufnehmen, und teilweise konnten wir auch nicht jeden Tag ins Studio, manchmal hat es nur an einem Tag pro Woche geklappt, und wir haben ja auch noch Shows in der Zeit gespielt. Dazu kamen dann noch Probleme beim Mastering, so dass ich irgendwann nicht mehr dachte, dass die Platte je rauskommen würde.

Mittlerweile findet man die Songs ja auch schon im Internet, obwohl die LP - zum Zeitpunkt des Interviews - noch nicht erschienen ist.

Es überrascht mich eher, dass es so lange gedauert hat. Einige von uns haben die Songs ihren Freunden gegeben, eigentlich fast jedem, der sie hören wollte. Ich natürlich nicht, weil ich noch nicht einmal weiß, wie man Songs per Internet verschickt. Ich habe in meinem ganzen Leben nie eine Platte runtergeladen, einfach weil ich nicht weiß, wie ich das machen sollte. Generell ist das aber okay für mich, das passiert ja jeder Band. BLACKLISTED haben damit richtige Probleme gehabt, weil die Platte durch Hacker ins Netz kam, und das war noch nicht einmal die gemasterte Version. Aber so ist das in der heutigen Musikwelt halt. Von Lil' Waynes letzter Platte wurden in einer Woche eine Millionen verkauft, und das war die Einzige in den letzten sieben Jahren, bei der das geklappt hat. Niemand verkauft mehr wirklich viele Platten, wie soll dann eine kleine Hardcore-Band das schaffen? Wir müssen halt hoffen, dass sich das Vinyl gut verkauft. Wir haben eine Menge Arbeit in das Layout gesteckt, während viele Bands halt sagen: So, das ist die Platte, hier ist ein Live-Pic, da ein Bild von einem Zombie, der ein Baby frisst, oder so eine Scheiße, während wir halt nach Bildern gesucht haben, die wirklich zur Platte passen. Wenn Kids die wollen, ist das okay, aber zu der Platte gehört einfach viel mehr als ein paar halbgare Songs.

Wo siehst auf dem neuen Album Unterschiede zu früher?

Musikalisch haben wir uns sehr weiterentwickelt. Der alte Kram war gut, es hat Spaß gemacht. Aber dieses Mal haben wir uns Zeit genommen, um weiterzukommen. Die alten Sachen sind sehr stark von LIFE OF AGONY, BIOHAZARD und den CRO-MAGS sowie ein paar Rock'n'Roll-Bands, die ich mag, beeinflusst. Die neuen Songs stehen aber mehr unter dem Einfluss von Sachen wie DINOSAUR JR. Wir spielen solange Hardcore, dass ich heute eine STONE ROSES-Platte höre und mich frage, wie ich das in einen Hardcore-Song reinbringe. Wir machen jetzt nicht auf einmal Weicheikram, aber versuchen, gewisse Grenzen zu erkunden. Als ich das erste Mal in unseren Songs gesungen habe, gab es kaum Bands, die so etwas gemacht haben, während das jetzt schon wieder anders aussieht. Jetzt versuchen wir halt, weiterzukommen und uns etwas stärker abzusetzen.

Das ist das zweite Mal, dass ihr für nur eine Show nach Europa rüberkommt, wie sieht es denn mit einer zweiten richtigen Tour aus?

Die wird es auf jeden Fall geben. Wir haben so viele Freunde hier, ein paar richtig enge Freunde von mir wohnen in Europa und es ist scheiße, dass ich sie nicht so oft sehen kann. Vielleicht werden wir mit NO TURNING BACK, RISE AND FALL oder RHYTHM TO THE MADNESS touren, mal sehen.

Wenn ich mich bei einer Show wie der hier so umgucke, sehe ich eine Menge Leute, bei denen ich denke, dass sie uns etwas stehlen, auch wenn es nur der Name der Musik ist ...

Da draußen gibt es Bands, die richtig groß geworden sind und keine Wurzeln im Hardcore haben. Aber da sie schreien und Moshparts haben, werden sie als Hardcore-Bands bezeichnet. Das sind keine Hardcore-Bands, und wenn du ein Hardcore-Kid bist, dann erkennst du den Unterschied. Wenn ich zu Hause auf eine Show gehe, ist da jedes Mal ein Haufen neuer Kids, die ich vorher noch nie gesehen habe. Und diese Kids wollen Teil des Undergrounds sein, sie kommen da vielleicht über Pop-Punk rein, der ja richtig groß ist, und irgendwer sagt ihnen dann: "Das ist noch mehr Underground", bis sich diese ganz normalen Typen, die sich vor zehn Jahren einen Scheiß um Hardcore gekümmert hätten, plötzlich Hardcore nennen.

Wie stehst du dann zu einer Band wie HATEBREED, die ja eindeutig aus der Hardcore-Szene kommen?

HATEBREED haben definitiv ihre Wurzeln im Hardcore. Bei ihrem oder auch TERRORs Sound ist es aber schwer, mal eine andere Platte zu schreiben. Alle ihre Platten sind hart und schnell. Jamey macht ja auch dieses JASTA-Ding, wo er herumfährt und für wenig Geld Shows spielt, so dass Kids auch mal HATEBREED-Songs auf einer Hardcore-Show hören können, und das finde ich echt cool. Er geht ja auch selbst noch zu Hardcore-Shows.

Wie sieht es denn mit WAR HUNGRY aus? Zuerst sah es ja so aus, als würdest du nur Platten mit ihnen aufnehmen, bist du jetzt fest in der Band?

Schwer zu sagen, wer wirklich festes Mitglied von WAR HUNGRY ist. In letzter Zeit haben sie Shows mit verschiedenen Line-ups gespielt, weil ich keine Zeit hatte. Hoodrack und Mook sind die einzigen wirklichen Mitglieder. Wenn wir diesen Sommer touren, werden Hoodrack, Mook, ich, Ian, der Basser von LION OF JUDAH, und Alex, ein Typ aus unserer Nachbarschaft, dabei sein. Ich bin immer dazu bereit, ihnen zu helfen, mit ihnen zu touren und die neue Platte zu schreiben, was aber eher langsam anläuft. Für die LP auf 1917 Records haben wir einige Parts geschrieben, es geht eigentlich nur darum, sie zu strukturieren. Da jeder Jobs hat und ich viel mit COLD WORLD unterwegs bin, ist es schwierig, zusammenzukommen und daran zu arbeiten.

Viele Hardcore-Bands sagen ja nach einer LP und einer Europatour, dass sie alles erreicht haben, was sie erreichen konnten. Was denkst du, wie lange ihr noch mit COLD WORLD weitermachen könnt oder wollt?

Es gibt noch eine Menge mehr, das ich erreichen will. Ich bin echt stolz auf die neue Platte und möchte sehen, wie die Leute darauf reagieren, ob wir damit mehr Kids erreichen können. Viele, die unseren alten Kram nicht mochten, mögen plötzlich unsere LP. Mal sehen, wo uns das hinführt. In Japan oder Australien touren, generell mehr touren, vor allem mit den Bands meiner Freunde, mit denen wir noch nicht getourt sind, das möchte ich erreichen. Wie lange wir das noch machen werden, weiß ich nicht - wenn der Lack ab ist, ist der Lack ab.