PETER & THE TEST TUBE BABIES

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30 Jahre "Pissed & Proud" in Brighton

Es gibt wenige Bands, die bereits so viele Jahre am Stück wie PETER & TTTB auf dem Buckel haben. Die Bezeichnung "Punkrockurgestein" trifft hier ausnahmsweise mal den Nagel auf den Kopf. Denn in diesem Jahr, genau genommen seit dem 14.07.08, darf die Band ihr 30-jähriges Bestehen zelebrieren. Dieses Ereignis nehmen PETER & TTTB als Anlass, um Ende des Jahres wieder durch Deutschland zu touren. Doch das war nicht der einzige Grund, weshalb sich Peter und der Autor dieser Zeilen am Geburtstag der Band im Prince Albert-Pub in Brighton getroffen haben. Ebenso ging es um jene wunderschöne Stadt an der Südküste von England, die vielen nicht nur aufgrund des Films "Quadrophenia" oder etwa aufgrund des BLOC PARTY-Songs "Waiting for the 7.18" bekannt sein dürfte.



Wenn du Brighton mit anderen englischen Groß- oder Millionenstädten vergleichst, worin siehst du das Besondere dieser Stadt?

Ich finde Brighton ist kosmopolitischer als andere Städte. Außerdem wohnen hier verhältnismäßig mehr jüngere Leute als in anderen Städte und wir haben viel mehr Clubs. Brighton liegt direkt an der Küste und gerade im Sommer sind die Leute hier glücklicher. Die Musikszene ist hier unglaublich groß, weshalb es ein phantastischer Ort für neue Bands ist. Übrigens ist Brighton die Schwulenstadt Nummer eins in Europa. Und damit geht einher, dass die Leute hier nicht nur gegenüber denjenigen toleranter sind, die eine andere Sexualität bevorzugen, sondern, dass die Leute hier generell toleranter sind. Besonders gut gefällt mir außerdem, dass es hier sehr viele hübsche Mädchen gibt.

Und was für Mankos hat die Stadt?

Eigentlich gefällt mir hier wirklich alles. Nur ist Brighton sehr teuer und nimmt sich in dieser Hinsicht nicht viel im Vergleich zu London. Vielleicht ist es hier sogar noch etwas teurer. Vor einigen Jahren hast du für ein Bier im Norden Englands nur halb so viel bezahlt wie hier. Inzwischen ist England jedoch insgesamt sehr teuer geworden, weshalb es nicht mehr ganz so große Preisunterschiede zwischen den Städten gibt.

Was muss man in Brighton unbedingt gesehen oder gemacht haben, wenn man schon mal vor Ort ist?

Natürlich sollte man die Brighton Pier, den Strand und den Royal Pavillon gesehen und verschiedene Pubs besucht haben. Es gibt hier eine lange Liste an Pubs, die ich mag, wie zum Beispiel das Prince Albert, The Basketmakers Arms ... es ist wirklich schwierig, sich auf ein paar festzulegen. In Clubs gehe ich nicht mehr so oft und kann diesbezüglich keine Empfehlungen aussprechen. Schließlich bin ich mittlerweile verheiratet, habe vier Kinder, vier Jobs und arbeite jeden Tag - da bleibt nicht mehr viel Zeit fürs "Clubbing".

Was für eine Bedeutung hatte Brighton, als sich Punk in England langsam entwickelt hat?

Kurz nach London war Brighton eine der ersten Städte in England, in denen sich Punk entwickelt hat. 1977 war ich 16 Jahre alt und lebte hier in der Nähe. Derek, unser Gitarrist, und ich fuhren an jedem Wochenende nach Brighton, um all die Punkbands zu sehen. Jede Woche gab es irgendeine neue phantastische Band. Brighton hatte eine richtig gute und große Punk-Szene. Wenn dich das mehr interessiert, kann ich dir die sehr gute Homepage brightonpunk.co.uk empfehlen, die über die alten Bands informiert.

Für mich war es damals eine ganz besondere Zeit. Ich hasste jeden: meine Eltern, die Schule, die Polizei, die Regierung. Bevor Punk existierte, hörte ich Heavy Rock wie zum Beispiel BLACK SABBATH, DEEP PURPLE, LED ZEPPELIN. Gewiss ist das großartige Musik, aber es steckte nicht wirklich Rebellion darin. Und dann kamen die SEX PISTOLS, CLASH und ich dachte: Yeah, genau das ist es! Das, was Punk damals ebenfalls ausgemacht hat, und meiner Meinung nach immer noch ein wichtiger Aspekt daran ist, ist, dass es viele Leute dazu bringt, Bands zu gründen und Musik zu machen. Wolltest du vor Punk ein Musiker oder speziell ein Gitarrist sein, wie zum Beispiel Jimmy Page oder Richie Black, musstest du jahrelang üben. Als es mit Punk losging, brauchtest du nur zwei Akkorde können und konntest deine eigene Band starten. Und ich denke, das ist auch das Wesentliche, was vom Punk von damals übrig geblieben ist: Du siehst zwar nicht mehr unbedingt viele Punks, aber du siehst viele Leute, die sich eine Gitarre schnappen und lernen zu spielen.

Was denkst du heutzutage über Brightons Punk-Szene? Mal abgesehen von der Größe, siehst du markante Unterschiede zu der in London?

Das kann ich nicht wirklich beurteilen. Ich bin zwar im Süden von London geboren, aber von dort mit elf Jahren in die Nähe von Brighton gezogen. Und nach London fahre ich nicht allzu oft - außer um dort zu arbeiten. Die Szene ist hier jedenfalls sehr aktiv. Und ich bin ständig sehr darüber überrascht, wie viele neue Locations hier entstehen.

PETER & TTTB gibt es seit den Anfängen von Punk. Wenn du die letzten 31 Jahre betrachtest, was hat sich deiner Meinung nach in "der" Szene verändert?

Es hat sich einiges getan. Vor 30 Jahren gab es beispielsweise keine Möglichkeit, in Ländern wie Serbien, Kroatien, Lettland oder Russland zu spielen. Punk ist dort zwar immer noch längst nicht so groß wie in England, aber die Szenen entwickeln sich immer mehr. In diesem Jahr haben wir zum Beispiel auch in Kroatien, Serbien und Griechenland gespielt. In immer mehr Ländern entwickeln sich Punk-Szenen. Für die Jugendlichen ist das total neu, weil sie eben so etwas dort noch nie gehabt haben, und nun hören sie THE EXPLOITED und PETER & TTTB. Für mich waren es früher SEX PISTOLS, CLASH oder X-RAY-SPEX. Abgesehen davon, kommen eben die Dinge dazu, die ich vorhin genannt hatte: Immer mehr Leute gründen Bands, veranstalten Konzerte, managen Bands oder machen Fanzines.

Ende dieses Jahres feiert ihr euer 30-jähriges Bestehen mit einer Tour durch Deutschland. Seitdem gab es mehrere Änderungen im Line-up. Wo nimmst du immer noch die Antriebskraft her, um 30 Jahre am Stück mit einer Band Musik zu machen?

Die Band mit ihren jetzigen Mitgliedern existiert bereits seit acht Jahren. Ich bin natürlich immer älter geworden, bin inzwischen verheiratet und habe Kinder. Mal so eben für fünf Wochen durch Amerika zu touren, kommt für mich nicht mehr in Frage. Wir sind bezüglich unserer Konzerten etwas wählerischer und vielleicht auch etwas fauler geworden. Allerdings sind wir schon immer eine sehr faule Band gewesen - und ich denke, das ist das Geheimnis, weshalb die Band überhaupt noch existiert. Wenn du all die Zeit zusammenrechnest, in der PETER & TTTB richtig aktiv gewesen sind, kommst du vielleicht auf sechs oder sieben Jahre. Ich denke, wenn wir jeden Tag oder meinetwegen ein halbes Jahr am Stück touren und ständig zusammen abhängen würden, weit weg von unseren Familien, würden wir uns alle jetzt gegenseitig hassen. Es wäre wie ein Job, den du jeden Tag machen musst. Und es soll in erster Linie um den Spaß bei der Sache gehen. Wenn du dafür noch etwas Geld kriegst, ist das phantastisch. Wie gesagt, ich habe vier andere Jobs und ich brauche nicht noch einen fünften. Und so haben wir immer noch viel Spaß miteinander und die Touren sind nach wie vor spannend für uns.

Wie viel Zeit steckst du denn derzeit noch in die Band?

Ich stecke schon mehr Zeit in die Band als die anderen Mitglieder, weil ich derjenige bin, der sich um unsere Shows kümmert und Interviews macht. Seitdem es Internet und E-Mail gibt, hat sich die Sache allerdings sehr vereinfacht und ich widme mich vielleicht eine Stunde am Tag Dingen, die sich um die Band drehen. Derzeit spielen wir auch nur circa zwei bis drei Konzerte im Monat.

Wann können wir ein neues Album erwarten?

Das Problem mit einem neuen Album ist das Problem mit dem letzten Album. Mit "A Foot Full Of Bullets" haben wir ein phantastisches Album mit wirklich guten Songs gemacht. Bevor wir das Album aufgenommen haben, waren wir auf Tour, haben die Songs live gespielt und dann wieder etwas verändert, um sie perfekt zu machen. Im Anschluss gingen wir ins Studio, haben dort viel Zeit verbracht und alles gegeben, was wir konnten. Dazu haben wir ein schönes Booklet gemacht und dann alles zu unserem damaligen Label, Locomotive aus Deutschland, geschickt. Das Erste, was das Label gemacht hatte, war das Booklet zu versauen: Du konntest den Titel von dem Album nicht mehr lesen! Der Sound ist okay geworden, aber das Problem war, dass die einen unglaublich beschissenen Vertrieb gehabt haben! Leute aus Frankreich schrieben mich an und fragten, wann das neue Album erscheinen würde. Und ich antwortete ihnen, dass es seit über zwei Monaten draußen ist und sie es in den Plattenläden finden würden. Aber es gab das Album dort nicht - genauso wenig wie in den Läden in Spanien, England oder sonst irgendwo. Und weil die Leute es nicht in den Shops finden konnten, haben viele es über Amazon bestellt - und das ist scheiße! Ich war wirklich unglaublich sauer auf Locomotive. Also warum sollen wir uns noch einmal so viel Arbeit und so viel Mühe machen, wenn uns das Label alles mit seinem schlechten Vertrieb versaut? Gegenüber Labels bin ich inzwischen grundsätzlich eher misstrauisch geworden. Deshalb denken wir darüber nach, ob wir, wenn wir ein neues Album machen sollten, es auf unsere Homepage stellen, damit es sich jeder herunterladen kann. Ich denke, das ist das Beste.

Ich denke da gerade an deine Beziehung zu We Bite Distribution ...

Das war ganz genau dasselbe! Wir machten ein phantastisches Album, "The Final Nail", wir tourten vorher durch Spanien und ... Ach, es war genau die gleiche Geschichte! Es ist ganz egal, wie groß ein Label ist, alles steht und fällt mit dessen Vertrieb.

Was habt ihr mit der Band für Zukunftspläne?

In diesem Jahr werden wir auf mehreren Festivals auftreten und die Deutschlandtour Ende des Jahres machen. Seit zwei Jahren sind wir dort nicht mehr auf Tour gewesen und ich denke, das 30-jährige Bestehen der Band ist dafür ein guter Anlass. Und ich habe einen Traum, eine wirklich gute Idee. Aber die Idee ist so gut, dass ich ein wenig Angst habe, sie dir zu erzählen, weil die jemand anderes aufschnappen und vor mir verwirklichen könnte ... stell das Gerät aus und ich erzähle sie dir!