ART N.R.

ART N.R. sind eine Newcomerband aus Essen und haben sich im Gegensatz zum momentanen New School-Hype dazu entschlossen, mit Hardcore der alten Schule gegen den Strom zu schwimmen. Dazu gesellen sich noch deutsche Lyrics, die in diesem Genre ja auch nicht auf dem Tagesprogramm stehen. Gegründet wurde die Band 1996 von Micha (Gitarre) und Dirk (Bass), wozu sich mit der Zeit Sänger Oliver und Schlagzeuger Niko gesellten. Zwei CDs hat man bisher in Eigenregie eingespielt und vertreibt sie bislang selbst, ist aber auf der Suche nach einem geeigneten Label. Nach diesjährigen Auftritten mit MADBALL oder den CRO-MAGS hielt ich ein kleines Pläuschchen mit Sänger Oliver.

Es ist nicht gerade alltäglich, schnell gespielten Hardcore mit deutschen Lyrics zu unterlegen. War das bei ART N.R. schon von Anfang an der Fall oder wie ist es dazu gekommen, durch die deutsche Sprache den eher "unkonventionellen" Weg zu gehen?


Oliver: "Zuerst hatten wir, wie alle Bands, englische Texte, aber schon der dritte Song wurde in Deutsch geschrieben und wir stellten fest, dass dies schon irgendwie etwas Besonderes ist. Die Stimme kommt irgendwie kraftvoller rüber und jeder kann direkt verstehen, was gemeint ist, und zwar ohne grossartig Texte übersetzen zu müssen. Da es kaum eine Band im Hardcorebereich gibt, die so etwas macht, sind wir einfach dabei geblieben."

Ich muss dir ein grosses Komliment für deine Texte aussprechen. Es passiert mehr als selten, dass eine Band mit deutschen Lyrics so "unaufgesetzt" und frei von jeglichem Pathos daherkommt. Ich stelle es mir unheimlich schwierig vor, klischeefreie Texte in Deutsch zu verfassen.

"Für diese Art Musik Texte zu schreiben, ist sehr, sehr schwierig. Zum einen muss man darauf achten, dass sich die Texte nicht zu blöd und dumm anhören, zum anderen auch darauf, nicht als Punkband abgestempelt zu werden und genau das passiert bei deutschen Texten schnell. Bei den vielen HC-Stilen, die es heute gibt, sollte es aber eigentlich auch egal sein, denn auf´s Gefühl und die Aussage kommt es an."

Die Texte sind teilweise unglaublich persönlich und sehr emotionell, verzichten aber auf typische HC Themen wie "Brotherhood" oder irgendwelches Rumgedisse. Wie entstehen die Lyrics, sammelst du wochenlang Gedanken oder gibt es Momente, in denen du dich einfach hinsetzt und ohne Probleme einen ganzen Song schreiben kannst?

"Meistens sind es Dinge, die mich gerade beschäftigen, meistens welche, die mich ärgern. Dann kann es passieren, dass ein Text in fünf Minuten steht und auch so bleibt, weil ich in dem Moment die Gedanken, die ich habe, einfach herunter- und gleichzeitig umschreibe. Manchmal dauert es auch Wochen, bis ein Text fertig ist. Themen gibt es viele, und die in deiner Frage genannten werden früher oder später sicherlich auch positiv oder negativ zur Sprache kommen."

Stilistisch habt ihr euch ja ohne Zweifel dem schnellen, traditionellen Hardcore ohne grossartige Metaleinlagen oder Sonstiges verschrieben. Hört ihr privat ausschliesslich diesen Musikstil oder wodurch fühlt ihr euch inspiriert?

"Es gibt natürlich noch mehr Lieder als auf den beiden CDs und dort kann man sicherlich auch die ein oder andere Metaleinlage entdecken, wie auch Punkeinflüsse oder Sonstiges. Wir sind da nicht so festgelegt, haben aber irgendwie schon unseren eigenen Stil. Privat hören wir auch alles Mögliche, halt alles, was gefällt. Das bewegt sich aber meist schon in Richtung Hardcore, Punk, Metal."

Im Song "Herz, Hirn und Verstand" von der ersten CD "Hardcore Essen" habt ihr geschrieben, dass die "wirklichen" Dinge, die zählen, nicht auf einem Kontoauszug oder dergleichen zu finden sind. Wie sieht´s denn in dieser Hinsicht bei ART N.R. aus? Würdet ihr für den "grossen Plattendeal" einige Ideale über Bord werfen und euren Stil trendmässig verändern?

"Für Veränderungen, die uns positiv beeinflussen, sind wir natürlich immer zu haben. Wenn wir unseren Stil insoweit verändern müssten, dass wir dies noch mit uns selbst vereinbaren könnten... wieso nicht? Wir versuchen, ständig Veränderungen in die Band zu bringen, sonst wird es langweilig. Solange man nicht versucht, uns musikalisch und textlich komplett umzukrempeln, sind wir für Verbesserungen immer offen. Vor allem, wenn dadurch mehr Fans erreicht werden... Um Geld geht es uns hierbei jedoch nicht. In dem Song, den du ansprichst geht es um Leute, die sich mit viel Kohle und dicken Autos versuchen, zu profilieren. Igitt!! Der Text ist aber allgemein und richtet sich nicht an Leute der Szene. Dort kann man so etwas - hoffentlich! - ausschließen."

Zuletzt habt ihr ja auch mit MADBALL gespielt. Wie war es, mit einer der HC-Bands überhaupt die Bühne teilen zu dürfen?

"Es war schon klasse, mal so eine Chance zu bekommen. Eine Erfahrung, die wir nicht missen möchten. Es gibt aber noch viele andere Bands, die wir bewundern und mit denen wir gerne mal spielen würden."

Im Zusammenhang mit eurem musikalischen Stil ist natürlich noch die Frage interessant, wie ihr über Straight Edge denkt. Seid ihr selbst Anhänger von dieser Bewegung?

"Wir hören zwar auch SE-Mucke, können aber mit der Lebensauffassung ansich nicht viel anfangen, tolerieren sie dennoch und erwarten diese Toleranz auch im Gegenzug. Es sollte in der ganzen Szene so sein, dass man auch mit unterschiedlichen Definitionen für sich selbst zusammen für das Ding "Hardcore" steht und sich gegenseitig akzeptiert. Wenn alle gleich wären, wäre es doch auch langweilig, oder?!"