ANFALL

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20 Jahre Punkrock und noch lange kein Ende in Sicht

Nachdem ich schon in den Genuss kam, die Rezension zum aktuellen ANFALL-Album „Und das Wasser steigt“ schreiben zu dürfen, ergab sich nun die Gelegenheit, mit der Hannoveraner Band mal eingehender über ihr aktuelles Werk und zukünftiges Schaffen zu sprechen. Dafür stand mir Martin Ruder, Sänger und Bandurgestein, als sehr auskunftsfreudiger Interviewpartner zur Verfügung.

Mittlerweile ist über ein halbes Jahr seit der Veröffentlichung eurer aktuellen Platte vergangen, wie zufrieden seid ihr rückblickend damit?


Äußerst zufrieden. Es freut einen, wenn man merkt, dass eine ganze Menge Leute abfahren auf diese Mischung aus melodischen Gitarren, brachialem Gesang und Texten, über die es sich hoffentlich nachzudenken lohnt. Wir waren uns alle von Anfang an sicher, dass es recht fett ist, was wir dieses Mal im Gepäck haben. Das klingt dann sehr selbstsicher, aber genau das Gefühl brauchst du ganz einfach, wenn ein Album im Kasten ist. Dann ist mir letztendlich sogar der Erfolg der Scheibe egal. Es geht ganz allein um das Erreichen dieses Gefühls. Wenn es dann auch noch gut ankommt, ist das natürlich wunderbar.

Im Jahr 2009 jährt sich eure Bandexistenz zum zwanzigsten Mal. Habt ihr zu eurem Jubiläum etwas Besonderes geplant, Konzerte, Partys?

Ja, aber wir wissen noch nicht genau, was, auf jeden Fall etwas Besseres, als die „tolle“ Idee, die wir zu unserem 10-Jährigen hatten: Eine befreundete Band, GIGANTOR, spielten auf einem Open Air-Festival in Hannover. So 1.000 bis 1.500 Leute waren auf dem Platz und wir enterten am Ende ihres Sets die Bühne, und da sich gerade ein befreundeter Wrestler, Robbie Brookside, in der Stadt befand, nahmen wir den spontan auch mit. Der positionierte den Sänger von GIGANTOR gleich mit einem beherzten Griff auf seinen ausgestreckten Armen und nahm Anlauf, als wolle er den armen Mann gleich in die zehnte Reihe katapultieren, während ich das Mikro an mich nahm, und den Song „The crusher“ ankündigte. In dem Augenblick ging eine kleine, aber sehr zielstrebige Gruppe von Ordnern und Freunden des malträtierten Sängers, die übrigens Kickboxer waren, wie sich im Nachhinein rausstellte, auf uns los. Das war ganz lustig.

Wie habt ihr euch in den letzten 20 Jahren verändert? Wahrscheinlich kann man nie leugnen, dass man nach so langer Zeit nicht auch einen anderen Stil entwickelt beziehungsweise sogar anstrebt ...

Unsere ersten beiden Alben zählen in den Augen einiger D-Punk-Fanatiker zu den düstersten und pursten D-Punk-Alben der 90er. Mit dem dritten Album kündigte sich ein Wandel an, der auf jedoch bei zwei bis drei Songs am Ziel vorbeischoss. Auf dem vierten Album „Zurück nach Nirgendwo“ kamen wir dem gewünschten Ziel verdammt nahe – und jetzt, mit „Und das Wasser steigt“ haben wir unserer Meinung nach den Vogel abgeschossen. Punkrock, wie wir ihn mögen, mit eigenem Charme. Also ordentlich Inhalt und die Verpackung nicht zu vergessen. Die Booklet-Grafik ist handgemalt und ohne Hilfe eines Computers entstanden.

Was habt ihr euch für die nächsten 20 Jahre vorgenommen?

Jetzt, da die Wirtschaftskrise kommt, können wir es ja zugeben. Der einzige Grund, warum wir so lange durchgehalten haben, ist folgender: Je härter die Zeiten, desto derber die Musik! Hier geht es in den nächsten Jahren ja schließlich nur den Bach runter, wie wir alle wissen, und die Massen werden natürlich dann nach genau solchen Sounds verlangen, wie eben den unserigen. Dann folgen die erste Stadiontour und der ganze andere Schnickschnack. Wird Zeit, dass jetzt endlich mal was rumkommt hier. Wir wollen jetzt Millionen sehen und bettelnde Hosen und Ärzte, ob sie für uns die Konzerte eröffnen dürfen und so weiter.

In dem Song „Lachen bleibt wichtig“ auf dem aktuellen Album geht es meines Erachtens darum, dass man sein Leben endlich genießen soll, und dazu gehört tatsächlich auch das eine oder andere Mal ein Lachen.

Das eine oder andere Mal? Ich lache ständig. Nicht die ganze Zeit, aber schon oft. Gut für das eigene Wohlbefinden und ein wichtiger Faktor im Umgang mit seinem sozialen Umfeld. Man lacht ja aus verschiedensten Gründen, ob über jemand anderes oder über sich selbst oder einfach nur ein Wortspiel. Für mich gibt es glücklicherweise unendlich viel zu lachen, wenn halt auch nicht immer. Es gibt aber auch Leute, die ständig lachen, mehr aus Unsicherheit. Das ist dann schon nervig. Die lachen dann auch ganz komisch ...

Mit welchen Veröffentlichungen kann man 2009 bei euch rechnen?

Es liegen ein paar Sampler-Anfragen vor, von denen wir bei ein bis zwei zustimmen werden. Nach Videoaufnahmen aus den vergangenen 20 Jahren wird auch schon des Öfteren gefragt, mal sehen. Gitarrist Jay geht gerne mal fremd und wirkt gerade an einem Projekt mit eher kalifornischen Punk-Klängen mit. Es gibt auch schon wieder erste Ideen für neue ANFALL-Songs, es will einfach nicht aufhören mit uns. Ansonsten stehen einige Konzerte und Festivals an, wir machen keine wochenlangen Tourneen am Stück, aber es liegt eigentlich immer irgendwas an.