PEN EXPERS

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Smokers outside the hospital doors

Die schwedische Formation PEN EXPERS hat sich 2004 in Göteborg gegründet und nach ihrem Debütalbum „Bring On The Heartache“, welches nur in Schweden veröffentlicht wurde, ist die Band nun bereit, mit dem neuen Album „Baby’s Gone Straight“ Europa für sich zu gewinnen. Schweden ist nicht wirklich die probate Referenz für die Musik der PEN EXPERS. Denn wer immer schon von der sinisteren Aura eines Simon Bonney von CRIME & THE CITY SOLUTION oder Nick Cave, zu dessen THE BIRTHDAY PARTY-Zeiten (der Song „Kellie Marie“ von den PEN EXPERS ist ihre perfekte Antwort auf „Jennifer’s veil“ von THE BIRTHDAY PARTY), und anderen Down Under-Blues-Performern fasziniert war, wird die Band, die ab und an eine INTERPOL-Hookline nicht ausspart, sehr zu schätzen wissen. Sänger Alexander Arvmann oszilliert zwischen der Virtuosität des in ausgetragenen schwarzen, spitzen Schuhen Katharsis zelebrierenden Nick Cave einerseits und Simon Bonney andererseits und man mag unterstellen, dass er dabei in Alkohol getränkte handschriftliche Notizen von Charles Bukowski in seinen Händen hält – kurzum: Urban Blues, Urban Decay, Cowboy-Mentalität und menschliche Untiefen prägen den Charme und Sound der PEN EXPERS. Bei den Songs wurde bewusst auf eine Coda voller verkaufskompatibler Echos und Streichern verzichtet. Der „geistige Ziehsohn“ von Simon Bonney in Gestalt von Alex Arvmann beantwortete einige Fragen.

Ab und an hänge ich der Musik von CRIME & THE CITY SOLUTION nach. Sänger Simon Bonney war so etwas wie ein gutes Referenzmodell für den unsteten, von Katharsis getriebenen Down Under-Blues-Performer. Ist Bonney, neben Nick Cave oder Tom Waits, auch eine Referenz für dich als Sänger? Gibt es andere Einflüsse?

Damit hast du gleich den signifikantesten Einfluss schlechthin für mich benannt. Simon Bonney ist einer meiner Lieblingssänger. Seine Stimme und die Art seiner Melodieführung im Gesang sind schlicht einmalig. Ich mag nicht nur die CRIME & THE CITY SOLUTION-Sachen sehr, sondern auch die Soloalben von Simon Bonney. Auch ich würde gerne wie du eine Reunion der Band erleben, auch wenn das wenig wahrscheinlich ist. Witzig, dass du Tom Waits erwähnst, denn er ist zwar ein großartiger Künstler, aber kein wirklicher Einfluss für mich als Sänger. Ich denke, wir sind von der Stimme her auch ziemlich weit auseinander. Jeder Sänger, der versuchen würde, wie Tom Waits zu klingen, muss doch verrückt sein. Nick Cave halte ich hingegen für einen wirklich großartigen Songwriter und Performer, aber ich denke nicht, dass er ein sehr guter Sänger ist. Ich sollte aber als Einfluss noch Alan Vega von SUICIDE erwähnen. Vega hat in der Tat eine große Wirkung auf mich, speziell was seine Einstellung anbelangt.

Simon Bonney äußerte sich einst kritisch gegenüber einer simplen Stilisierung oder Ästhetisierung von Depressionen, als er sagte „Manic depression is about as interesting as gout or diabetes. It’s on a par with trying to make heroin addiction charismatic.“ Gleichwohl war er mit seinem Bandkollegen, dem ehemaligen BIRTHDAY PARTY-Mitglied Rowland S. Howard, einer Auffassung, die Howard so formulierte „As a songwriter myself I’ve always found it much easier to write when you’re miserable.“ Brauchst du den tiefen emotionalen Fall, um gute Songs zu schreiben?

Da stimme ich mit Bonney überein. Ein kaputter Charakter und Drogenabhängigkeit machen einen Künstler nicht interessant. Musiker, die Songs voller Selbstmitleid schreiben, haben doch eine sehr armselige Ausstrahlung. Ich sage nicht, dass es generell falsch ist, über Themen wie beispielsweise Drogenabhängigkeit Songs zu schreiben, aber jeder, der dies tut, sollte sich bewusst sein, dass er sich auf dünnem Eis bewegt. Ob man bessere Songs schreibt, wenn es einem schlecht geht, kann ich nicht beurteilen, weil ich in solchen Phasen völlig unkreativ und zu gar nichts in der Lage bin. Wenn ich mich schlecht fühle, nervt es mich eher, dass ich eben nicht schreiben kann. Eine spezifische Inspiration brauche ich zum Songwriting nicht. Es ist der Arbeitsprozess selbst, der mich antreibt.

Ihr würdet perfekt in das Vorprogramm von Nick Caves GRINDERMAN passen. Mit welchen Bands würdest du denn gerne gemeinsam auftreten?

Sehr gut, das würde mir auch gefallen, mit GRINDERMAN zu spielen. Aber um ehrlich zu sein, ist mir das nicht so wichtig, mit wem wir spielen, Hauptsache die Band kann die Zuschauer begeistern. Dennoch würde ich gerne mit THE ICARUS LINE und THE BLACK HEART PROCESSION auf einer Bühne stehen.

Eure Musik sticht aus diesem MANDO DIAO-verseuchten Schweden-Sound-Klischee ziemlich positiv hervor. Die PEN EXPERS haben eher einen australischen Swamp Rock- und Blues-Hintergrund als einen typischen schwedischen Einfluss. Siehst du das auch so?

Ich glaube, ich habe deinen Verweis verstanden und sehe das auch so, obwohl ich jetzt keinen Song von MANDO DIAO im Kopf habe. Nein, mit der typischen schwedischen Musikszene haben wir nichts zu tun. Ich kenne auch keine Mitglieder von anderen Bands. Ich gehe auch nicht in Clubs. Früher war ich viel unterwegs, heute langweilt mich das. Aber vermutlich hast du Recht: wir klingen schon anders, wenngleich ich das jetzt nicht so richtig beschreiben kann.

Es schwingen doch ziemlich viele Achtziger-Jahre-Einflüsse bei den PEN EXPERS mit. Sag mal ein paar Worte zu deinen Top-Five-Veröffentlichungen aus dieser Zeit.

Das kann aber nur eine Momentaufnahme sein, die sich wöchentlich ändert ... THE BIRTHDAY PARTY „Junkyard“: Die Platte ist irgendwie „lustig“ und gleichzeitig unheimlich beängstigend. Die Songs sind einfach großartig und die Produktion von Tony Cohen eine der besten, die ich je gehört habe. THE BIRTHDAY PARTY ist eine Band, die mich immer begeistert hat und es auch künftig wird. SUICIDE „The Second Album“: Sehr innovativ und großartig. Der Begriff „Urban decay“ ist ja zu einem schlimmen Klischee verkommen, aber Alan Vega und Martin Rev wussten ziemlich gut, von was sie getrieben waren. Bruce Springsteen „Nebraska“: So klingt ein verzweifeltes Album! Nur eine Gitarre und die Stimme von Bruce Springsteen auf einem Vierspuraufnahmegerät. Nicht dieser Quatsch mit elf Synthesizern und drei Gitarren mit kathedralischem Hall. GUNS N’ ROSES „Appetite For Destruction“: Ich habe dieses Album zum ersten Mal mit zwölf Jahren gehört und es hat mich quasi zur Rockmusik geführt. Ich finde das Album heute immer noch sehr gut. THE CURE „Disintegration“: Im Grunde die perfekte Musik für verregnete Tage, an denen man nichts mit sich anzufangen weiß.

Was sollten wir noch über die PEN EXPERS wissen?

Wir arbeiten gerade an einem Nachfolgealbum zum aktuellen Album „Baby’s Gone Straight“. Es gibt zwar noch kein konkretes Datum für die Veröffentlichung, aber es wird sicher noch in diesem Jahr erscheinen.